Automatisiert, selbstkontrolliert, smart – das sind die Begriffe, die uns genannt werden, wenn es um das Internet der Dinge (IoT) geht. Dabei wissen die Wenigsten, was alles in dieses Paket geschnürt wird.
Das Internet der Dinge (IoT) hat zwei wichtige Aspekte: Zum einen die Vernetzung und Kommunikation von Geräten – der besagten Dinge – untereinander und zum anderen die Nutzung der Daten, die bei dieser Kommunikation abfallen. Heute geht es um die Nutzung der Daten.
Rückblick
Beim letzten Mal (4. industrielle Revolution) habe ich die Entwicklung der Industrie beleuchtet, die immer weiter automatisiert wurde und so das Internet der Dinge maßgeblich geprägt hat. Zusammengefasst werden immer weniger Handgriffe benötigt, um immer komplexere Aufgaben durchzuführen. Um das zu schaffen, werden viele Daten erzeugt, in Clouds gespeichert, an den verschiedensten Stellen zur Verfügung gestellt und auf unterschiedlichste Weise ausgewertet.
Und genau an diesem Punkt der Datenerhebung verlassen wir die industrielle Produktion und betreten die alltägliche Welt. Das Stichwort ist Big Data.
Infonainment zum Internet der Dinge
Ich habe hier ein Werbevideo von Intel herausgesucht, das das IoT benutzen möchte, um eine bessere Verkehrslenkung herbeizuführen.
Das große Stichwort ist Big Data
Damit das IoT (Internet der Dinge bzw. Internet of Things) funktioniert, müssen wir durch drei Bedingungen erfüllt werden: Daten-Erhebung, -Verfügbarkeit und -Analyse. In dem Video sind diese gut zu beobachten.
- Zu Beginn des Prozesses werden Daten erhoben und dabei gilt es, möglichst viele Daten aus möglichst vielen Quellen zu sammeln. Dabei ist es vollkommen egal, ob diese Daten auf den ersten Blick direkt dem eigentlichen Zweck dienen (im konkreten Fall also verkehrsrelevante) oder überhaupt “nützlich” erscheinen. Auch reichen anonymisierte Daten vollkommen aus – personenbezogene Daten spielen keine Rolle.
- Der nächste Schritt ist die zentrale Ablage aller Daten in leistungsstarken Datenbanken, die diese Daten sortieren, kategorisieren und schnell zur Verfügung stellen. An dieser Stelle können wir bereits von “Big Data” sprechen (auch wenn dieser Begriff nicht ganz sauber definiert ist – etwas platt kann man den Begriff als “Datensalat, der nicht mehr manuell auswertbar ist” bezeichnen). Der große Vorteil dieser zentralen und verknüpften Quellen ist auch, dass die Daten für alle Nutzer stets aktuell sind.
- Eine gute Analyse entscheidet, ob aus der großen Menge an Daten die richtigen Schlüsse gezogen werden können. Es ist vergleichbar mit einer Google-Suche: Welche Wörter muss ich in welcher Reihenfolge in den Browser hacken …
Als Mensch kann man per Try and Error solange variieren, bis einem das Ergebnis gefällt, aber bei einer automatisierten Analyse entfällt diese Option. Für eine erfolgreiche Analyse sind deshalb neben einer klaren Zielsetzung leistungsstarke Rechner notwendig, die über schnelle Datenverbindungen zu den Clouds verfügen.
Für das Beispiel der Verkehrslenkung sind nur lokale Daten relevant, jedoch ist zu erwarten, dass dies eher die Ausnahme sein wird. Denn der Zugriff auf Clouds macht nicht an der Stadt- oder Landesgrenze halt, und so kann die Erhebung von aktuell unnützen Daten später in einem anderen Kontext an einem anderen Ort doch zu interessanten Korrelationen führen – das Stichwort ist Marktanalyse.
Wenn Google weiß, wann es im Laden nicht so voll ist
Im Video ging es um smarte Verkehrsführung. In dem Beispiel wurden hauptsächlich die Daten von Kameras ausgewertet, aber natürlich liefert auch jedes mobile Endgerät laufend Daten an verschiedene Server – wie z.B. Navi-Apps. Sobald diese Daten erhoben wurden, stehen sie natürlich auch für andere Analysen zur Verfügung, wie z.B. Google hier erklärt.
Das ist nicht überraschend und auch in dem Video wird dies bereits angedeutet: “making shopping more enjoyable.” (0:54 min. Was das alles bedeuten kann, klären wir ein anderes Mal)
Mir ist es vor einigen Monaten das erste Mal bewusst geworden.
Das Straßennetz in Großstädten ist überaus unübersichtlich und so nutze ich eigentlich immer mein Smartphone, wenn ich das Haus verlasse. Man googelt dann schnell den Laden oder das Restaurant, ein Klick auf Route und los geht’s! Dabei fiel mir dann irgendwann der Hinweis über die Stoßzeiten auf, der bei einigen Läden ausgewiesen wurde:
Mein erster Gedanke war: “Oh, wie praktisch”, mein zweiter Gedanke: “Moment, woher bekommen die diese Daten?”
Wie Google auf seiner Support-Seite schreibt, werden “die Daten [.] mithilfe von Nutzern berechnet, die ihren Standort auf Google-Servern speichern. Stoßzeiten basieren auf den durchschnittlichen Stoßzeiten der vergangenen Wochen” [2]. Aber auch Sportstätten und andere Plätzen können erfasst werden, wenn Öffnungszeiten hinterlegt sind [3].
Das ist ein schönes Beispiel dafür, wie Daten, die eigentlich für einen anderen Zweck erhoben werden, für eine andere nützliche Analyse korreliert werden.
Natürlich kann man sich nun fragen, ob es ein Problem ist, wenn irgendwo Daten gesammelt und ausgewertet werden, die weitestgehend anonymisiert sind. Im Prinzip weiß schließlich niemand, wer da einkaufen geht oder einen Platz besucht, oder? Auf dieser Ebene ist es in der Tat erst einmal nur ein elegantes Mittel der Marktanalyse, um z.B. Geschäftszeiten zu optimieren oder zu prüfen, ob Werbekampagnen funktionieren.
Interessant wird es aber, wenn anonyme Daten dieser Schwarmintelligenz (smarte Datenanalyse aus einer beliebig großen Zahl an Usern) benutzt werden, um Schlüsse auf den Einzelnen zu ziehen.
Wenn die Schwarmintelligenz persönlich wird
Für den nächsten gedanklichen Schritt benötigen wir wieder ein Beispiel. Betrachten wir eine Autoversicherung. Diese hat bisher verschiedene Risikogruppen definiert, über die vor allem die Beitragskosten kalkuliert werden. Nun hat sie vom IoT gehört und hat die Idee, nicht mehr ihre eigenen alten Daten zu verwenden, sondern sich mit in die großen Clouds einzuklinken und quasi live Auswertungen über Unfallhergänge und -folgen zu machen (1:50min nicht nur die Leitzentrale wird informiert, sondern eben auch der Versicherer).
Wenn nun ein neuer Kunde kommt, könnten ihm gezielte Fragen gestellt werden, um aktuelle Trends zu erfassen, um so individualisierte Risikobewertungen zu erstellen. Erweitert man die verwendeten Datenquellen, lässt sich das Beispiel schnell weiter treiben und verfeinern.
Das Prinzip lässt sich leicht auch auf andere Bereiche übertragen, wenn man bedenkt, wie viele Leute mittlerweile mit Pulsmessern rumlaufen und sogar Kaffeemaschinen und Kühlschränke an die Cloud berichten. Und wer weiß, vielleicht wird man bei einer Bonitätsprüfung nicht mehr gefragt, ob man z.B. Beamter ist, sondern wie man seinen Kaffee trinkt, welche Farbe das eigene Auto hat oder welche Fantasybücher man in der letzten Zeit gelesen hat (überspitzt formuliert). Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt und im Moment ist es schwierig eine qualizierte Aussage darüber zu treffen, wie sich diese Technologie und die Datenschutzgesetze entwickeln werden. Sicher ist nur, dass die Clouds laufend mit unserem Life-Style gefüttert werden.
Es würde mich nicht wundern, wenn sich Firmen auf “smarte IoT-Analysen” spezialiseren. Und dass das keine Hirngespinste sind, beweist das große Interesse am IoT auf Messen von verschiedensten Firmen und die wachsende Zahl an Schulungen und Vorträgen. Man darf gespannt sein, was da alles auf uns zu kommt.
Beim nächsten Mal geht es dann um die Systeme der Systeme.
Von der Verkehrskamera über Marktforschung hin zu einer Bewertung
für eine Autoversicherung – und das alles ohne personalisierte Daten.
Es ist nicht so, dass wir uns aussuchen könnten, beim IoT mitzumachen.
Ganz im Gegenteil, das Internet der Dinge ist bereits unterwegs.
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Quelle:
[1] Screenshots aus dem YouTube-Video: Intel IoT — What Does The Internet of Things Mean? Abgerufen am 02.02.2016
[2] Google-Support: Google Anlasye zu Stoßzeiten. Abgerufen am 02.02.2016
[3] Heise : Auswertung von Standort-Daten: Google Maps zeigt Geschäfts-Stoßzeiten und andere “beliebte Uhrzeiten” (Version vom 14.12.2015)
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