Dieses ist der zweite Teil meines Reiseberichts aus London. Nachdem wir beim letzten Mal das Globe Theatre besucht haben, geht es heute nach Greenwich:
ein Teil Londons, der urenglischer nicht sein kann, aber doch irgendwie nicht nach London passen will …
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London ist eine sehr spannende Stadt, die vor allem durch das Zusammenspiel der alten und modernen Gebäude glänzt. Geschmäcker sind natürlich verschieden, aber mir gefällt dieser Mix ausgesprochen gut. Die allgegenwärtigen roten Doppeldeckerbusse, die sich in einer erstaunlich hohen Frequenz durch die Straßen schieben, komplettieren das bunte Bild der Stadt.
Die öffentlichen Verkehrsmittel sind gut organisiert, sodass die Stadt zwar sehr belebt und bewegt ist, aber dennoch nicht hektisch wirkt – es sei denn man traut sich zwischen 1700 und 1800 raus … das sollte man lassen, bringt weniger Spaß …
Da es in London kaum möglich ist, nicht über ein Postkartenmotiv zu stolpern, und die Stadt historisch und in der Pop-Kultur bereits gut erschlossen ist, habe ich mir einige Punkte ausgesucht, die vielleicht nicht ganz so totgetreten sind:
Rückblick zum ersten Teil: das Globe Theatre
Das letzte Mal habe ich das Globe Theatre vorgestellt: Holz, Lehm, Reet, eine Bühne so hoch wie ein Tresen und ein offener Himmel. Keine Lautsprecher, Lichter oder aufwendige Effekte. Wer es verpasst hat, kommt hier zum Bericht.
Von hier aus ging es mit der Fähre Richtung Greenwich. Während meiner Fahrt saß zufälligerweise eine Reisegruppe mit in der Fähre, sodass ich sehr viel über Hafenkneipen und Piratennester mitnehmen konnte 🙂
Greenwich
Was kommt einem in den Sinn, wenn man an London denkt?
– Banken, Busse, Hochhäuser, Enge, Gewusel, U-Bahn …
Zieht das alles ab und fügt einen geradezu ländlichen Charm hinzu und fertig ist Greenwich.
Das ist natürlich etwas überspitzt, aber nach zwei Tagen London Centre ist man doch etwas irritiert, wenn man durch einen Park läuft und nur Häuser sieht, die einstellige Stockwerke haben.
Greenwich ist eine andere Welt. Viel grün, niedrige Häuser, weniger Trubel. Eine kleine Ruheinsel innerhalb der Metropole.
Greenwich Observatory
Bekannt ist Greenwich natürlich für sein Observatorium. Man sollte etwas Zeit einplanen, weil der Fußweg durch den Park doch etwas länger ist – auch wenn es auf dem Stadtplan nur ein Stückchen ist…
Das Observatorium liegt erhöht im Park, sodass man einen grandiosen Blick hat, der einen daran erinnert, immer noch in London zu sein. Auf der anderen Seite ergibt sich dieser Blick:
Dort angekommen finden sich mehrere Gebäude, die neben Teleskopen und Ausstellungen auch ein Planetarium beheimaten. Die Zusammenstellung ist sehr abwechslungsreich und besonders bemerkenswert ist, dass sämtliche Ausstellungen kostenlos sind. Nur die Vorführungen im Planetarium sind kostenpflichtig (zu der anderen Ausnahme kommen wir gleich).
Und hier eine kleine Knobelaufgabe: Da steht ein großer Klotz auf dem Gelände und stellt ein Instrument dar. Schaut mal, ob ihr rausbekommt, wofür es gut ist und wie es funktioniert:
Kommen wir nun zum Highlight des Observatoriums: der Nullmeridian.
Hinter diesem Tor auf dem kleinen Platz wurde eine Leiste eingelassen, die den Nullmeridian markiert. Wenig überraschend ist, dass man für diesen eingezäunten Platz dann doch Eintritt zahlen muss. Es gibt dort auch nichts anderes zu gucken und nichts weiter zu tun als ein Foto zu schießen. 9,50 Pfund sind dafür ein stattlicher Preis, aber dafür dass der Rest kostenlos ist, ist es durchaus verschmerzbar – man muss es nur wissen. Mir war es dann doch zu viel und ich habe mir stattdessen ein T-Shirt aus dem mit vielen astronomischen Spielzeugen ausgestatteten Souvenir-Shop mitgenommen und mir die Linie einfach weitergedacht 😉
Hier noch ein Blick in den Innenhof – der Zaun ist übrigens noch recht neu, um es den Zwischengitterfotografen etwas schwerer zu machen.
Der Zeitball
Ist euch der rote Ball oben auf dem Observatorium aufgefallen? Merkwürdig auffällig, oder?
Dieses Konstrukt ist das, was das Greenwich Observatorium in den damaligen Zeiten ausgemacht hat.
Es geht um Zeitmessung, -abgleich und Navigation.
Das Prinzip ist dabei ganz einfach:
– Das Observatorium, dessen Ort bekannt ist,
misst die genaue Uhrzeit.
– Jeden Tag um 1300 Ortszeit wird die Kugel abgelassen (Ball Drop) und signalisiert so den Schiffen im Hafen, ihre Schiffschronometer zu synchronisieren.
– Je genauer die Uhren gestellt sind – bezogen auf den bekannten Bezugspunkt, desto besser funktioniert die Navigation.
Das Observatorium gab somit die Ausrichtung der Seekarten vor. Wie wir sehen, geht ohne Astronomie gar nichts 🙂
Das ist auch der Grund, warum der Nullmeridian nicht durch irgendeinen Prunkbau läuft.
Natürlich gab es solche Zeitbälle in jedem größeren Hafen und es gab auch einige Orte, die den Nullmeridian für sich beansprucht haben – was die Kommunikation und den Austausch von Koordinaten zwischen Schiffen aus unterschiedlichen Ländern entsprechend erschwert hatte. 1884 konnte sich London bzw. der Greenwich-Meridian schließlich international durchsetzen.
Das erste Mal habe ich in Hamburg den Zeitball kennengelernt. Da hier die Sternwarte in Bergedorf und nicht in hafennähe ist, wurde das Signal über Telegraphen übermittelt. Als Nordleuchte bin ich im Übrigen eh der Meinung, dass Hamburg auch ein würdiger Kandidat für den Nullmeridian gewesen wäre – denn ganz “objektiv” betrachtet, ist die Kombination aus Hamburger Hafen, Planetarium und Sternwarte nicht zu toppen 😉
Heutzutage werden diese Signalanlagen nicht mehr benötigt und sind längst abgebaut, aber einen bekannten Ball Drop gibt es noch: zu Silvester auf dem Time Square in New York.
Greenwich Market
Nach dem langen Spaziergang bekommt man schnell Hunger und so kann ich einen Besuch auf dem Greenwich Market empfehlen.
Er hat auch eine eigene Homepage und taucht in vielen Reiseführern auf – zu recht, wie ich finde. Neben Speisen finden sich auch Kunsthandwerker und andere Kleinhändler – besonders vom Vorteil ist, dass der Markt überdacht ist. Hier habe ich auch das abgefahrenste seit langem gegessen: Scotch Egg,
Wurstball in Knusperkruste mit eingebackenem Ei mit weichem Dotter. Die Kruste gab es in verschiedenen Ausführungen und es war unglaublich lecker – falls irgendjemand wissen sollte, ob es sowas auch bei uns gibt, bitte melden 🙂
Da der Markt in einem Innenhof liegt, wirkt alles etwas eng, aber dafür ist man gut vor dem Wetter geschützt, was durchaus seine Vorteile in London hat.
Nach der Stärkung ging es dann wieder zurück Richtung Fähre. Hier sollte man auf jeden Fall Zeit einplanen. Die Fähre fährt zwar jede halbe Stunde, aber an schönen Tagen kann es am frühen Nachmittag ungemütlich voll werden. Eine halbe Stunde Wartezeit wird da schnell zur Regel – netterweise zählen die Mitarbeiter die Fahrgäste ab, bevor man in die Schlange gelassen wird, sodass man weiß, wie lange man warten muss.
Bei zu langer Wartezeit befindet sich direkt am Pier noch das Royal Naval College, in dem sich u.a. The Old Brewery einquartiert hat und neben Bier auch Kaffee anbietet; eine nette Lokalität mit erstaunlich sauberen Restrooms – ein überaus wichtiges Detail bei Städtereisen…
Cutty Sark
Direkt am Pier gibt es dann noch ein weiteres Schmuckstück zu besichtigen: die trocken gelegte Cutty Sark.
Ich habe selten eine so gelungene Aufbereitung eines Museumsschiffs gesehen.
Bei Wiki ist zu lesen: “Die Cutty Sark ist ein englischer Tee- und Wollklipper. Sie wurde im Jahre 1869 fertiggestellt und war eines der schnellsten Segelschiffe ihrer Zeit. Sie war der letzte Klipper, der für den Seehandel gebaut wurde. 1954 wurde sie in einem speziellen Trockendock in Greenwich, London, als Museumsschiff aufgelegt, brannte jedoch im Mai 2007 nahezu vollständig ab. Nach der Restaurierung wurde sie am 25. April 2012 wiedereröffnet.”
Besonderes Merkmal ist die Galionsfigur. Sie stellt die Hexe Nannie dar, die mit einem leichten Hemd bekleidet einem Reiter hinterherjagte, aber nur den Schweif zu fassen bekam.
Seit der Besichtigung verspüre ich irgendwie den Drang ein Holzmodellschiff zu basteln…
Dann also wieder rauf auf die Fähre und zurück in die City.
Der Tower
Zum Abschluss des Berichts gibt es noch ein Bild vom Tower, bei dem es glücklicherweise auch einen Pier gibt, sodass man nicht lange laufen muss. Das Bild lasse ich ohne weitere Worte so stehen und wünsche noch einen schönen Tag .-)
Nett war’s.
Besonderes Highlight: Wurstball 🙂
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