Nachdem in Köln das historische Stadtarchiv eingestürzt ist, rief mich heute eine Journalistin an, um zu fragen, wie „sicher” denn das Archiv des Deutschen Museums wäre und wie wir unsere Schätze gesichert haben.


Das Archiv des Deutschen Museums zählt zu den bedeutendsten Spezialarchiven zur Geschichte der Naturwissenschaft und der Technik in Europa. Insgesamt verwahrt es rund 4,5 Regalkilometer an Archivalien, Quellen und Dokumenten zur Geschichte der Naturwissenschaft und Technik.
Besondere Schätze sind die ersten Deutschen Fotografien überhaupt, das original Laborbuch von Otto Hahn, dem Entdecker der Kernspaltung (1938), Originalzeichnungen von Otto Lilienthal für seine verschiedenen Gleiter, unter anderem dem Normal-Segelapparat (1894), original Handschriften von Albertus Magnus aus dem 13. Jahrhundert (übrigens die ältesten Stücke im Archiv), der komplette Nachlass von Konrad Zuse oder auch die Nobel Urkunde von Ferdinand Braun, dem Vater der Braunschen Röhre.

Kobell und Steinheil 1.jpg

Die ersten deutschen Photographien überhaupt sind diese photographischen Versuche von Kobell und Steinheil in München, um 1839 (Neuhauserstraße)

Insgesamt lagern im Archiv des Deutschen Museums:

  • 285 Nachlässe bedeutender Naturwissenschaftler, Techniker, Ingenieure, Erfinder
  • 22.000 Handschriften vom 13. bis 20. Jahrhundert
  • 160.000 Kataloge, Musterbücher, gedruckte Prospekte, Produktbeschreibungen, Anleitungen, Preislisten, Ersatzteillisten von ca. 14.000 Firmen
  • 430 Meter Firmenarchive
  • 100 Meter Institutionenarchive
  • 50.000 Dokumentarfotografien
  • 1.000.000 Originalfotografien, Dias, Negative und Glasplatten
  • 10.000 Akten der eigenen Verwaltung seit der Gründung 1903
  • 12.000 Ordner mit Fotografien, technischen Beschreibungen, Handbüchern, Zeitungs- und Zeitschriftenartikeln, wissenschaftlichen Berichten, grauer Literatur zur Luft- und Raumfahrtdokumentationen
  • 120.000 Pläne und technische Zeichnungen vom 18. bis 20. Jahrhundert
  • 10.000 Karten seit dem 16. Jahrhundert
  • 3.000 Filme und Videos, 600 Tonbänder und Schallplatten
  • 120 Meter Akten, Buntpapiere, Papiermuster, Fotos und Firmenschriften
  • 10.000 Porträts von Naturwissenschaftlern, Erfindern und Technikern
  • 3.000 Medaillen zu bedeutenden Persönlichkeiten und Ereignissen der Wissenschafts- und Technikgeschichte

Das Deutsche Museum steht auf über 1500 so genannten „Straußenpfählen” die bis zu sieben Meter in den Inselboden gerammt sind. Auch ist der massive Stahlbetonbau des Bibliotheksgebäudes, in dem das Archiv untergebracht ist und 1932 fertig gestellt wurde so stabil, das er einem Erdbeben in diesen Breitengraden standhalten müsste. Eine U-Bahn, wie in Köln, würde man nicht unter der Insel hindurch führen sondern an einer schmaleren Stelle des Flusses. Die größte Gefahr würde ein Feuer darstellen. Natürlich sind hier Brandschutzmaßnahmen getroffen. Den größten Schaden würden aber sowieso nicht die Flammen sondern das Löschwasser für die Archivalien bedeuten. Vorsorge hierfür ist auch getroffen. Es gibt eine Vereinbarung mit den Kühlhausbetreibern der Großmarkthallen in München, dass bei einem Brand und damit Löschfall, die Objekte gleich dort eingefroren werden können, um weitere Schäden wie Schimmel o.ä. zu vermeiden. Sobald dann die entsprechenden Restaurierungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen, würde man die Kartons vorsichtig auftauen und restaurieren. Aber zu so einem Fall wird es hoffentlich nie kommen.

Kommentare (5)

  1. #1 Anhaltiner
    März 5, 2009

    Und hoffentlich gibt es genügend Mikroverfilmungen in der Eifel

  2. #2 Martin
    März 6, 2009

    Ich hoffe doch sehr, dass heutzutage kein Geld mehr in Mikroverfilmungen verschwendet wird, sondern direkt digitalisiert wird.

  3. #3 Bernhard Weidemann
    März 6, 2009

    Mikrofilme sind in der Tat nicht mehr das Mittel der Wahl, da sie in relativ schlechter Qualität und nur in s/w ein gewisses Abbild liefern können. Soweit möglich werden die Archivmaterialien digitalisiert wobei der Mindeststandard unkomprimierte 300 dpi TIFF Dateien sind. Ein Aktenordner (ca. 30 Regalcentimeter) nimmt dabei knappe 200 MB in Anspruch. Hochgerechnet auf die 4,5 Regalkilometer Material im Archiv des Deutschen Museums ist das eine ganze Menge Daten. Die Prozedur ist nicht nur sehr Zeitaufwendig, sonder sie verschlingt auch sehr viel Geld, so dass leider bisher nur ein kleiner Teil der Bestände digital vorliegt.

  4. #4 Martin
    März 6, 2009

    Ein Aktenordner (ca. 30 Regalcentimeter) nimmt dabei knappe 200 MB in Anspruch. Hochgerechnet auf die 4,5 Regalkilometer Material im Archiv des Deutschen Museums ist das eine ganze Menge Daten.

    Das spannende ist: Das stimmt nicht (mehr)!

    Der technische Fortschritt hat dieses Problem überholt.
    Ich habe gerade nachgerechnet: Es sind ca. 3 Terabyte. Vor 10 Jahren eine gigantische Menge. Heute sind 1,5 Terabyte-Festplatten für unter 150 € in jedem Computerladen zu haben. Das heißt ich könnte mir das gesamte Archiv des Deutschen Museums in einer schuhkartongroßen Box auf den Schreibtisch stellen. Ein faszinierender Gedanke [1].

    Sieht so aus, als würde Futurama recht behalten:
    Die größte Literatursammlung des Universums: click!
    [Aus der Folge Mars University]

    [1] Ja, ich weiß, dass das kein Medium zur Langzeitlagerung ist. Obwohl man ja einfach ein Dutzend Kopien anfertigen könnte und alle paar Jahre auf neue Platten überspielen. Das Digitalisieren selbst ist natürlich sehr teuer, das ist klar. Aber Google scheint da ja sehr ambitioniert zu sein.

  5. #5 Bernhard Weidemann
    März 9, 2009

    Richtig, die Datenmenge an sich ist nicht das Problem, aber der Aufwand diese zu erstellen. Natürlich haben wir gewisse Sorgfältigkeitsstandards, die man nicht einfach so einkaufen kann. Jedes Aktenordnerblatt müsste einzeln aufgelegt und digital beschnitten werden, um gute Daten zu bekommen. Bei 1,5 Terabyte Handarbeit ist dies sehr viel Zeit und damit auch Kosten.
    Google ist sehr ambitioniert, weil das Unternehmen mit dem durchsuchbaren Inhalten sehr viel Geld verdient. Wie das der deutsche Steuerzahler sieht, der die Erstellung und den Betrieb des Archivs mit finanziert ist eine ganz andere Debatte.