“Mit einem Quadrat anfangen. Die untere Ecke auf die obere Ecke falten und wieder entfalten. Die rechte obere und die rechte untere Kante auf den Mittelbruch falten. Das Modell wenden. Die linke obere…”
Ach ich geb es ja schon auf. Einen Origami-Schwan werd ich wohl nie falten mit meiner Feinmotorik. Ehrlich gesagt war ja ein Papierhut das äußerste der Gefühle, ich bin ja schon am Schiffchen gescheitert, und meine Flugzeuge sind auch meistens Senkrechtstarter gewesen…senkrecht nach unten.
Naja, aber es gibt Leute die es können und da kleine Kunstwerke draus bauen können. Aber – auch in der Wissenschaft gibt es Leute, die die Faltkunst einsetzen.

i-d9d971454c7981a7388f51b76db918f5-origami_914456_o.jpg

Einer, der sich richtig professionell mit Origami beschäftigt, ist Robert J. Lang. Er beschäftigt sich seit 30 Jahren mit Origami, durfte als erster Westmensch auf der Tagung der japanischen Origami-Vereinigung sprechen und engagiert sich für die Übertragung der Falttechniken in die Wissenschaft. Auf seiner Seite kann man nicht nur kunstvoll gefaltete Papiertiere bewundern, sondern auch verschiedene Software herunterladen, die das Design von Origami-Figuren erlaubt.

Es gibt bereits einige Anwendungen für Falttechniken. Ein Paradebeispiel sind Faltungen für Dinge die man im Weltall entaflten muss, die aber natürlich für den Transport wenig Volumen einnehmen sollten. Sonnensegel z.B. müssen sich ausbreiten lassen, ohne Falten zu werfen – aber im Weltall gibt es keine Schwerkraft die das unterstützen würde. Noch spannender ist die Aufgabe, den Spiegel für das James Webb-Teleskop (Hubble-Nachfolger 2013) ins All zu befördern – denn der wird immerhin 6.5 m Durchmesser haben. Die Lösung – mit Origami-Technik gefaltet.

i-7c26d88698e82ac010088e5f00ad8a8b-296212main_JWSTmirror_HSTmirror_HI.jpg

Aber heute kann man bei e!scienceNews noch über eine weitere Anwendung auf weitaus kleinerer Skala lesen: Forscher vom MIT wollen Falttechniken entwickeln, um aus Nanostrukturen in 2D dreidimensionale Gebilde zu bauen. Bereits 2005 wurde ein Nanokondensator vorgestellt, der zunächst nur eine Faltung aufwies. Natürlich werden hier nicht die traditionellen Origami-Formen anzutreffen sein, das ganze ist mehr als Schlagwort zu betrachten für das, was die Forscher schaffen müssen: Eine Technik entwickeln, wie man kleinste Strukturen falten kann. Ein Kondensator, der Energie speichern soll, würde z.B. eine Akkordion-Struktur brauchen. Der vorgeschlagene Weg besteht darin, durch Metallablagerungen (Chrom) Faltstellen zu erzeugen, durch Bestrahlung mit Heliumionen unterschiedlicher Energie die Faltrichtung zu bestimmen und Goldfäden einzubauen, die unter externen Magnetfeldern ein Falten auslösen.
Ok, das kriegen wir mit unserem Papierschwan auch noch hin – aber das eigentliche Problem kennen wir doch: die Kanten passen nicht zusammen. Aber auch das wird gerade von den Forschern angegangen…

Kommentare (5)

  1. #1 Florian Freistetter
    03/02/2009

    Hey – Origami ist cool… Aber ne ziemlich hinterhältige Sache. Eigentlich sollte es ja eine klar algorithmische Angelegenheit sein: die einzelnen Schritte vom glatten Blatt bis zum fertigen Objekt müsste man doch klar und eindeutig angeben können. Aber dann sitzt man trotzdem stundenlang vor so ner Anleitung und wundert sich, wie man um Himmels Willen von Bild 4 zu Bild 5 gelangen soll 😉 (hat man es dann einmal raus, ist die Erklärung dann plötzlich sonnenklar).

    Aber nen Schwan kriegt jeder hin! Beim nächsten SB-Treffen zeig ich dir, wie das geht 😉 (Richtig fies ist der Delfin… Und der Eiffelturm. Da beginnt die Anleitung mit: Falten sie das Blatt in Zweiundreißigstel…)

  2. #2 Jörg
    03/02/2009

    Au na da wirst du dir etwas aufhalsen, aber vielleicht bin ich besser geworden. Das mit den Bildbeschreibungen kennt man außerdem von Billigmöbeln…wie die Couch an der man 3h sitzt um vier Schrauben zu positionieren^^

  3. #3 Fischer
    03/03/2009

    Am Schiffchen gescheitert? Da waren deine Vorlesungen wohl nicht langweilig genug… 😉

    Wo wir schon beim Falten sind, darf natürlich FoldIt nicht unerwähnt bleiben.

  4. #4 Martin
    03/03/2009

    GEO hat in der Ausgabe von Nov. 2008 einen sehr lesenswerten Artikel zu Origami gebracht, unbedingt mal durchschauen!

    Lang mit seinen computergestützten Entwürfen hat ja sowas wie eine Revolution ausgelöst und bis dahin unmöglich geglaubte Sachen gefaltet, insbesondere die berühmte Kuckucksuhr ( https://www.langorigami.com/art/gallery/gallery.php4?name=bfcc ; natürlich aus einem Blatt!).
    Auch genial: Eric Joisel ( https://www.ericjoisel.com/barbarians.html (unglaublich!) )

  5. #5 rolak
    03/03/2009

    🙂 mein erster beruflicher Kontakt mit Origami war als Werkstudent in den 80ern: es sollte eine ansehnliche 3D-Darstellung von Meßdaten erstellt werden. Einer der (nach dem abstract) vielversprechenden Artikel auf dem Weg zur Implementierung war ‘A Theory of Origami World’ eines gewissen =»Takeo Kanade [en. wg der Erwähnung des Artikels – hätte ich nie gedacht, hette in meinen ‘Andenken’ nachgeschlagen]. Dann kam endlich der Bescheid von der Fernleihe und mir wurde mit großem Grinsen die Kopie überreicht – lauter japanische Schriftzeichen tanzten vor meinen Augen. Zum Glück gab es den Text noch in einer englisch übersetzten Version – wirklich ein schöner Artikel, wenn auch schlußendlich für die Lösung der mir gestellten Aufgabe nicht förderlich.