Bisher habe ich ja die Grünen noch als Notlösung angesehen zur Wahl, aber die Wissenschaftsfeindlichkeit nimmt jetzt so arge Ausmaße an, dass ich die wohl zur Bundestagswahl endgültig zu den nichtwählbaren Parteien zählen muss 🙁

Dies ist eine Pressemitteilung von Biggi Bender, der gesundheitspolitischen Sprecherin der Bundestagsfraktion der Grünen:

Die klare Mehrheit für die Stärkung der Komplementärmedizin in der Schweiz sollte für Deutschland ein Ansporn sein, Behandlungsmethoden wie Anthroposophie, Homöopathie oder Akupunktur gleichberechtigt in der medizinischen Versorgung zu berücksichtigen. Notwendig für den Nachweis von Wirksamkeit und Qualität sind gut evaluierte Modellversuche sowie eine Versorgungsforschung, die komplementärmedizinische Ansätze berücksichtigt. Hierfür müssen Forschungskapazitäten aufgebaut werden.

Hier bei den ScienceBlogs ist die Entscheidung in der Schweiz auf heftige Ablehnung gestoßen. Hier oder hier oder hier. Unsere allgemeine Sicht dazu ist Verzweiflung und Entsetzen. Und noch entsetzlicher ist, dass gar die Anthroposophie des Rassisten Steiner direkt als erstes erwähnt wird und in den Kanon aufgenommen wird.

Und als nächstes wird dann der Eindruck erwähnt, dass es keine Versuche dazu gegeben habe. Im Gegenteil. Diese Methoden sind – obwohl teilweise jeder WIrkungsmechanismus fehlt – hundertfach untersucht worden. Leider waren weniger Studien davon qualitativ wertvoll, aber diese bescheiden Komplementärmethoden genau dies: Dass sie komplementär zur Medizin stehen, und nicht helfen außer durch den Placebo-Effekt. Den Placebo-Effekt aber unter dem Deckmantel von Voodoo zur Heilung einzusetzen, ist moralisch verwerflich.

Es müssen keine Forschungskapazitäten aufgebaut werden. Was herauskommt, wenn man das tut, kann man sich am amerikanischen NCCAM ansehen oder an den grauenhaft verzerrten und qualitativ minderwertigen Ergebnissen von Claudia Witt an der Charite Berlin, die aus unerfindlichen Gründen als Professor bezeichnet werden darf.

Im Rahmen der aktuellen Arzneimittelgesetznovelle kämpfen wir Grünen dafür, dass von der Bundesregierung vorgeschlagene Regelungen, die negative Auswirkungen auf die Verfügbarkeit von anthroposophischen, homöopathischen und traditionellen pflanzlichen Arzneimitteln haben, verhindert werden.

Schon wieder diese Anthroposophie. Medikamente, die Aura des Menschen wieder ins Gleichgewicht bringen sollen. Heilung durch Märchen?

Sehr kurios ist aber plötzlich der Einwurf von “traditionellen pflanzlichen” Mitteln. Natürlich gibt es Heilpflanzen, die wissenschaftlich nachweisbare Wirkung haben, wie Johanniskraut. Diese sind aber nicht durch Tradition, sondern durch Nachweis einer Wirkung wertvoll und werden selbstverständlich NICHT behindert werden. Vermutlich soll die Einreihung in die Liste hier mehrere Hintertürchen offenlassen. Oder Frau Bender hat tatsächlich keinen Schimmer.

Wir setzen uns dafür ein, dass patientenindividuelle Therapieoptionen, die insbesondere in der “Alternativmedizin” genutzt werden, und etwa bei Patientinnen und Patienten mit antibiotikaresistenten bakteriellen Infektionen eingesetzt werden, erhalten bleiben.

Die Grünen möchten also Patienten, die gegen Bakterieninfektionen kämpfen, euthanasieren, nur weil diese eine Antibiotikaresistenz haben. Denn nicht anders wird passieren, wenn man Homöopathie in so einem Fall anwendet: Dann bekämpft man die Infektion, indem die Bakterien ihren Wirt umbringen lässt.

Die Bundesregierung stellt diese Möglichkeit, für die sich auch der Bundesrat stark macht, ins Aus.

Gut für die Regierung und den Bundesrat, wenn sie ihre Bürger nicht durch Beliebigkeit in Todesgefahr bringen. Die medizinischen Methoden, angewandt zur bestmöglichen klinischen Forschung bringen die besten Erkenntnisse, und nichts anderes als die besten Erkenntnisse sollten gut genug zur Behandlung sein. Da braucht es keine Alternativen.

Wir können von der Schweiz lernen: Dort existieren an den Universitäten (wenige) ordentliche Lehrstühle, die sich mit diesen Methoden befassen. Das umfangreiche Evaluationsprogramm unter der Leitung des Schweizer Bundesamts für Gesundheit zur auf sechs Jahre befristeten Aufnahme der Komplementärmedizin in die Schweizer Grundversorgung zeigte auf, dass diese Behandlungsmethoden erfolgversprechend sein können.

Bait and Switch-Taktik? Jetzt heißt es um mögliche Erfolge, die sich wahrscheinlich auf den Placebo-Effekt bei Rückenschmerzen beziehen, aber eben noch ging es um die Behandlung von Antiobiotika-Resistenzen…

Dies zeigen auch die Ergebnisse der Modellversuche zur Akupunktur in Deutschland. Diese ist der schulmedizinischen Standardtherapie deutliche Überlegenheit bei Knie- und Rückenproblemen deutlich überlegen.

Placebo-Effekt. Die Grünen möchten sich also als Elite begreifen, die dem dummen Pöbel den Placebo-Effekt zur Heilung hinwirft, und tunlichst verschweigt, dass Akupunktur gar nicht für die Wirkung verantwortlich ist? Oder möchten sie lieber sich selbst im Dunkeln lassen um ihren schönen einfachen Glauben nicht überprüfen zu müssen? Wie dem auch sei, für mich ist beides intellektuell und moralisch unredlich.

Wenn schon Forschung, dann vielleicht eine die ehrliche Therapien vorschlägt, von denen dem Patienten kurzfristig durch Placebo, langfristig durch allgemein besseres Wohlbefinden (durch Bewegen etc.) geholfen wird?

Bei der Entscheidung zur Übernahme in den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen stellte sich jedoch die Frage, ob mit zweierlei Maß gemessen werde. Zwar scheiterten die Versuche, der Akupunktur die Aufnahme zu verweigern, jedoch führte dies nicht dazu, die bestehende – im Behandlungsergebnis deutlich schlechtere – schulmedizinische Behandlung in Frage zu stellen.

Nebelkerzen. Es wird allerdings mit zweierlei Maß gemessen: Die Akupunktur scheitert spektakulär an einem Wirkungsnachweis im Vergleich mit Placebo-Behandlung. Die einzig mögliche Konsequenz: Keine Zulassung als Therapie. Das wäre mit einem Maß gemessen.

(via Brightsblog und Aufklärung 2.0)

Kommentare (220)

  1. #1 Andreas Lichte
    06/02/2009

    Hallo Till Westermayer,

    könnten Sie sich dafür engagieren, dass das Thema “Das Verhältnis Bündnis 90/Die Grünen zu Esoterik” z.B. von der Heinrich-Böll-Stiftung aufgegriffen wird?

    Wär doch am überzeugendsten, wenn das Thema von einem GRÜNEN selbst vorgeschlagen würde, und nicht von Kritikern von aussen.

  2. #2 radicchio
    06/02/2009

    »Letztlich würde das für eine Demokratie ja bedeuten …«

    das bedeutet lediglich, dass man von vielen personen, politiker wie wähler, keine rationalen entscheidungen erwarten darf. das ist alles. demokratie ist letztlich – ich schrieb es bereits irgendwo – die diktatur des durchschnittes. eine qualifikation für rationale denkfähigkeit würde eindeutig den rahmen sprengen, denn demokratie ist per definition ein »alle dürfen mitmachen«.

    die konsequenz der verortung von glauben und wissen ist eine andere: man kann mit gläubigen nicht auf der ebene der vernunft debattieren. den praxistest besteht diese these immer wieder.

  3. #3 Till Westermayer
    06/02/2009

    @Andreas Lichte: ich schaue mal, was ich machen kann

  4. #4 Elke
    06/02/2009

    @TW

    Sie sprechen davon, dass man, wenn man die Anthroposophie kritisiert, auch das Christentum kritisieren müsste. Sie können davon ausgehen, dass viele Skeptiker das auch tun. Nur: wir reden hier von den Auswirkungen anthrosophischer Einflüsse auf das praktische Leben in unserer Gesellschaft; von einer geschauten “Medizin” und einer geschauten “Pädagogik”, die beide niemals eine wissenschaftliche Anerkennung erlangt haben. Die offizielle Forderung der GRÜNEN lautet diesen Irrsinn von der Solidargemeinschaft finanzieren zu lassen, wobei Waldorfschulen bereits zu ca. 80% staatlich finanziert werden und dies für Kritiker in keiner Weise nachvollziehbar ist. Ihr Toleranz-Bedürfnis in Ehren, aber wohin führt eine entsprechende Einstellung, wenn man jeden “Schwachfug” gesellschaftlich verankert sehen möchte, um es noch dem Letzten recht zu machen. Zuerst die Komplementärmedizin, dann Homeschooling für Evangelikale, Einzug der Schöpfungslehre in den Biologieunterricht, etc. M.E. gehört jeglicher Glaube zur Kategorie Privatanliegen und es kann nicht angehen, dass die gesamte Gesellschaft auch noch verpflichtet wird für Glaubensinteressen zu bezahlen. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um unwirksame Heilmethoden, aus welchem Bereich auch immer, oder um fundamentalistische religiöse Konzepte handelt. Wer sich derartigem widmen möchte, hat auch persönlich dafür aufzukommen. Wer hier keine Grenze ziehen kann, öffnet Tür und Tor für die abstrusesten Interessen, denn wer eine Glaubensrichtung propagiert, kann es anderen kaum verbieten mit ihren eigenen Glaubens-Forderungen zu kommen.

  5. #5 Till Westermayer
    06/02/2009

    @Elke: Ganz kurz: mit meinem Christentums-Verweis wollte ich zweierlei erreichen. Zum einen darauf hinweisen, dass eigentlich z.B. die öffentlich finanzierten katholischen Kindergärten und die in kirchlicher Hand befindlichen Krankenhäuser nach dem selben Maßstab kritisiert werden müssten. Und zum anderen deutlich machen, warum es alltagspraktisch sein kann, dass massive Kritik zwar eigentlich sinnvoll wäre, aber in bestimmten konkreten Kontexten dann doch nicht geäußert wird.

    Um’s konstruktiv zu wenden: die Debatte hat mich zumindest davon überzeugt, dass es Bündnis 90/Die Grünen gut tun würde, eine innerparteiliche Auseinandersetzung um den esoterischen Anteil zu führen. Das ist aber nichts, was von heute auf morgen möglich ist.

  6. #6 Elke
    06/02/2009

    @TW

    Es freut mich, dass Sie den Sinn einer innerparteilichen Auseinandersetzung zum Thema erkannt haben.

    Ich möchte Sie trotzdem noch daraufhinweisen, dass der Vergleich zwischen katholischen und anthroposophischen Einrichtungen sehr hinkt. Punkt A, gibt es in kathol. Krankenhäusern keine eigene Heilslehre. Punkt B, weiß man, was einen in kathol. Kindergärten und Schulen erwartet. Was die kathol. Kirche lehrt ist transparent.
    Und genau dies kann man von Waldorf-Einrichtungen nicht behaupten. Machen Sie doch mal eine Umfrage bei Leuten, die sich nicht näher damit beschäftigt haben, dazu gehören auch die meisten Eltern, die ihre Kinder in diese Einrichtungen schicken. Schlagworte wie Reformpädagogik, individuelle Förderung auch der kreativen Talente, keine Notengebung und kein Druck, prägen die Werbung von Waldorf und werden von der Allgemeinheit auch so übernommen.

    Die Realität ist jedoch eine komplett andere, denn die Lehrvorgaben Steiners sind in jeder Beziehung dogmatisch. Dazu lässt sich vieles nachlesen:

    https://blog.ebook-insel.de/category/waldorfpadagogik-anthroposophie/

    Zudem ist die Verschleierung der konkreten Waldorf-Erziehungs- und Lehrmethoden absolut gewollt. In der Debatte um unser staatl. Schulsystem geht es schließlich ständig darum, dass man z.B.den Frontalunterricht und die zu geringe pädagogische Lehrerausbildung bemängelt. Dies lässt sich auch bei den GRÜNEN nachlesen.
    Waldorf lebt jedoch zu 100% von Frontalunterricht und Lehrer, die alle Fächer bis zur 8.Klasse unterrichten müssen nicht mal eine universitäre Ausbildung nachweisen, weder fachbezogen, noch pädagogisch.

    Fühlt man sich da nicht ganz schön veräppelt, wenn man hinter diese Kulissen schaut?

  7. #7 Anke Becker
    06/02/2009

    Hallo Herr Westermayer,

    Vielleicht liegt das an Ihren Fragen – und meiner Abneigung gegen Multiple-Choice-Test-Interpretationen der Wirklichkeit.

    Nein, es ist Ihre Abneigung gegen klare Aussagen und Ihre Liebe zu Ausflüchten.

    … oder der Umsetzung seiner Gefolgschaft — Ja, aber [s.o.]

    Es gibt nichts unterstützenswertes in der Theorie, wohl aber in deren Praxis? Das ist doch erstaunlich. Aufgeschriebener Wahnsinn taugt nichts, aber dessen Realisierung ist eine prima Sache.

    Aber nochmal zum Thema Fragen konkret beantworten: Sie dürfen’s mir gerne vormachen — nehmen Sie Ihre Frage von weiter oben, schreiben Sie statt “Anthroposophie” “christliche Weltbilder” hin (oder irgendetwas anderes, was in dem Kontext, in dem Sie arbeiten oder leben, verbreitet ist

    Bei mir persönlich wäre es das Wort Wissenschaft und ganz so schlimm ist es noch nicht, dass ich fragen würde, ob Sie es für richtig halten, die Forschung zu tolerieren.

    Das Argument, wenn Sie die Anthroposophen kritisieren, dann müssen Sie aber auch den Einfluss des Christentums und anderer „Weltbilder“ anprangern, wird immer wieder vorgebracht. Was ist das für ein Unsinn? Ich kann doch nicht bei jeder Aussage stets hinzufügen, was mir sonst noch so alles nicht behagt.

    Der Vergleich ergäbe hier nur einen Sinn, wenn Abgeordnete der Grünen sich für christliche Fundamentalisten („Bibeltreue Christen“ etc.) stark machen würden und ich der Ansicht wäre, dagegen spräche nichts, nur die Anthroposophen dürften nicht gefördert werden. Das sagt aber kein Mensch.

    Ihre „Argumente“ bestehen leider überwiegend aus bereits bekannten rhetorischen Abwiegelungen, die durch ihre Wiederholung nicht überzeugender werden.

  8. #8 Till Westermayer
    06/02/2009

    @Anke Becker: mein s.o. bezog sich darauf, dass die Produkte von Demeter-Betrieben, auch anthroposophisch verbandelete Konzerne wie dm, Weleda-Pflegeprodukte und Alnatura, und (auch: @Elke – die Negativseiten der Waldorfschulen sind mir bekannt) in einigen wenigen, von mir benannten Punkten Waldorfschulen sinnvoll erscheinen. Ich erlaube mir also, diese “Produkte” (teilweise) gut zu finden, obwohl ich die dahinter stehende Ideologie falsch finde. Aber falls Ihnen das zu komplex ist, muss Sie das auch nicht interessieren. Ich habe nicht den Eindruck, dass es für die Diskussion ergiebig wäre, das Muster “Sie müssen konkret sagen, dass Anthroposophie Teufelszeug ist und was Sie dagegen unternehmen!” – “Ich finde, dass es wichtig ist, das differenzierter zu betrachten” noch ein paar Runden zu drehen – es gibt ja keinen Zwang, das wir uns einig werden, oder?

  9. #9 Christian W
    06/02/2009

    For Godwin’s sake:

    Ich erlaube mir also, diese “Produkte” (teilweise) gut zu finden, obwohl ich die dahinter stehende Ideologie falsch finde.

    AUTOBAHNEN!!! Raaaaaaaaaaaaaaaaaah…

  10. #10 Christian W
    06/02/2009

    Falls obiger Beitrag Ihnen zu polemisch erscheint, formuliere ich ihn ein wenig um:

    Wie verträgt sich eine partielle Akzeptanz anthroposophischer “Produkte” und Aspekte der Steinerschen Schul-Lehre in den Waldorfschulen bis hin zu Toleranz mit Ihrer früheren Aussage:

    Meine ist es nicht, und es gibt Grenzlinien, die ich auch sehr klar ziehe (z.B. in Richtung rechtsextremer Positionen).

    ?

    Verstehen Sie unter “klaren Grenzlinien zu rechtsextremen Positionen” etwas anderes als eine klare Grenze zu rechtsextremen Positionen – wie etwa alles rings um Steiners rassistische und nicht nur deshalb menschenverachtende Ideologie? Vielleicht sind ja doch Sie auf dem Holzweg oder wenigstens in der falschen politischen Organisation; in einer wo Bundesgesundheitszuständige antroposophischer Euthanasie (in letzter Zeit mal nachgelesen, wer zwischen 1929 und 1945 so alles zu Steiners Anhängern gehörte?) das Wort reden?

    Und das alles ist nicht einmal ein bißchen Empörung innerhalb und außerhalb Ihrer berühmten Partei wert. Ist das Ihr voller Ernst?

    Grüße
    Christian W

  11. #11 Anke Becker
    06/02/2009

    mein s.o. bezog sich darauf, dass die Produkte von Demeter-Betrieben, auch anthroposophisch verbandelete Konzerne wie dm, Weleda-Pflegeprodukte und Alnatura, und (auch: @Elke – die Negativseiten der Waldorfschulen sind mir bekannt) in einigen wenigen, von mir benannten Punkten Waldorfschulen sinnvoll erscheinen. Ich erlaube mir also, diese “Produkte” (teilweise) gut zu finden, obwohl ich die dahinter stehende Ideologie falsch finde.

    Die Unternehmungen, die Sie hier nennen, machen „Anthroposophie“ zu einem einträglichen Geschäft. Die Schulen werden weitgehend aus öffentlichen Mitteln finanziert und sorgen dafür, dass die sichere Kundschaft nicht ausstirbt. Das finden Herr Alberts und Sie ganz in Ordnung, dafür bezahlen Sie gerne, weil Sie der „dahinter stehenden Ideologie“ ganz differenziert vollkommen unabhängig davon sehr „kritisch“ begegnen. Das kann ich nur mit Bedauern zur Kenntnis nehmen, ist aber auch etwas anderes als die Frage nach der offenen und versteckten Lobbyarbeit der Grünen für eine menschenverachtende Sekte im philanthropischen Gewand.

    Aber falls Ihnen das zu komplex ist, muss Sie das auch nicht interessieren.

    Das ist nicht komplex, das ist bestenfalls einfältig. Es interessiert mich nur beiläufig, wo Sie und Herr Alberts einkaufen. Meine Fragen zielten (wie mehrfach gesagt) auf die politische Förderung der Anthroposophen durch die Parte Bündnis 90 / Die Grünen.

    Ich habe nicht den Eindruck, dass es für die Diskussion ergiebig wäre, das Muster “Sie müssen konkret sagen, dass Anthroposophie Teufelszeug ist und was Sie dagegen unternehmen!” – “Ich finde, dass es wichtig ist, das differenzierter zu betrachten” noch ein paar Runden zu drehen – es gibt ja keinen Zwang, das wir uns einig werden, oder?

    Nein, es gibt auch keinen Zwang, sinnvolle Argumente statt sinnfreies Geschwafel vorzutragen.

    Ich werde mal abwarten, ob Ihrem Parteikollegen noch etwas Besseres einfällt. Viel Hoffnung habe ich nicht. Sie ist nach Ihren Worten hier noch etwas geringer geworden.

  12. #12 Till Westermayer
    06/02/2009

    @Christian W: Das ist mein voller Ernst, genauso wie es mein Ernst ist, dass ich es wichtig finde, dass Bündnis 90/Die Grünen sich damit auseinandersetzen. Dass ist aber etwas, was sich nicht hopplahopp übers Knie brechen lässt. (Zum Dritten-Reich-Argument: Hitler war angeblich Vegetarier. Bin ich auch. Ich habe andere Gründe dafür).

    Aber zurückgefragt: Sie selbst setzen Ihre weitgehende Empörung (fast hätte ich Hass geschrieben) über die Anthroposophie doch hoffentlich in die Tat um? Sie kaufen also nie bei der Drogeriemarkt-Kette DM ein? Nie beim Öko-Discounter Alnatura, auch nicht dessen Produkte, die in anderen Läden verkauft werden? Sie boykottieren alles, wo das Demeter-Label draufklebt? Bevor Sie zum Arzt gehen, fragen Sie nach, ob der nicht vielleicht auch mal naturheilkundliche Mittel verschreibt, was ein Grund wäre, Ihn zu wechseln (ebenso wie die Apotheke, die auch Weleda verkauft)? Ihren Bekanntenkreis sortieren Sie ordentlich? Und wenn Sie einen Exponenten der Uni Witten-Herdecke sehen (z.B. Birger Priddat), schalten Sie ab und protestieren? Sie wählen keine Partei, bei der Anthroposophen führende Rollen einnehmen (Konrad Schily, FDP; Otto Schily, SPD; die Grünen wurden ja lang und breit diskutiert …)?

    Ist Ihnen Ihr Anliegen so wichtig?

  13. #13 Anke Becker
    06/02/2009

    Ist ein Leben ohne Anthroposophie überhaupt vorstellbar? 😀

  14. #14 radicchio
    06/02/2009

    »Bevor Sie zum Arzt gehen, fragen Sie nach, ob der nicht vielleicht auch mal naturheilkundliche Mittel verschreibt …«

    nicht alles naturheilundliche ist hokuspokus.

    ich bin zwar nicht gefragt, aber ja, ich kaufe keine produkte von demeter & co., ich meide homöpathen und heilpraktiker und ich wähle keine parteien, bei denen anthroposophen was zu melden haben. ich gehe nicht mal in einen film mit tom cruise.

    was fragen sie eigentlich leute, die bei demeter kaufen, homöoathie anwenden, grüne wählen und anthroposophen sind? ob ihnen ihr anliegen so wichtig ist?

  15. #15 Hokuspokus Fidibus
    06/02/2009

    „Blauäugig. Na und?“

    von Harry Rowohlt

    live – aus dem großen Saal der Berliner Volksbühne, 6. Januar
    2005, auf der Hör-CD: „Der Paganini der Abschweifung“ [CD 2,
    Stück 2, 1:40 Minuten]:

    „(…)

    Wenn hinten, in Hitlers „Mein Kampf“, ein Quellenverzeichnis
    stünde, müsste da ganz oft Rudolf Steiner erwähnt werden.

    [Pause]

    Ich hab’ neulich von Rudolf Steiner gelesen, dass
    Blonde-Blauäugige Brünetten-Braunäugigen intellektuell überlegen
    sind, weil bei letzteren zuviel Geisteskraft in die Pigmentierung
    geht.

    [Lachen, Pause]

    Ist doch schön, wenn man’s mal so erklärt kriegt, dass man’s
    auch versteht.

    [Lachen, Pause]

    Ich hab’ neulich in „Brisant“ gesehen – was ich nie sehe …

    [Pause]

    In Berlin ist der Musiklehrer einer Waldorfschule gefressen
    worden.

    [Pause]

    Der hatte im Internet einen Gespielen für Sado-Maso-Sachen
    gesucht und hat auch einen gefunden und das machte ihn überhaupt
    nicht stutzig, dass dessen Künstlername „Metzger“ war.

    [Pause]

    Und dann hab’ ich mir so vorgestellt, wie der Sohn des Hauses zu
    früh nach Hause kommt und sagt:

    „Ja, Musik ist ausgefallen – äh – unser Musiklehrer ist
    gefressen worden.“

    [Lachen, Pause]

    Und die Eltern sagen: „Das kannst du deiner Omma erzählen!“

    „Ne, E C H T W A H R – wir haben auch nix auf!“

    [Lachen, Pause]

    Und dann die gewundene Trauerrede des Schulrektors:

    „Äh – wir verabschieden uns – teilweise …“

    [Lachen, Pause]

    Und an dieser Stelle, neulich in Leipzig, aus einer der hinteren
    Reihen, rief ein Mann – oder Herr:

    „Ich verbitte mir, dass Sie in so polemischer Weise über
    Anthroposophen herziehen!“

    [Lachen, Pause]

    Das ist ja nun wirklich ein Pleonasmus der tautologischsten
    Schattierung …

    [Lachen, Pause]

    Entweder man spricht polemisch über etwas oder man zieht über
    etwas her – na ja …

    Und er sagte:

    „Außerdem ist das vor dem Hintergrund der 20iger Jahre zu
    verstehen!“

    Ich hab gesagt:

    „Ja, genau wie ‘Mein Kampf’ auch.“

    [Lachen, Pause]

    Und jetzt kommt’s – und da habe ich diesen Mann wirklich geliebt:

    „Und außerdem war das in den Ferien!!!“

    [das Publikum tobt vor Lachen, Pause]

    Es ist also keine einzige Unterrichtseinheit ausgefallen.

    [Lachen]

    Und nur das zählt.

    [Lachen, Pause]

    Nö, ich mein’, wenn man sich in den Ferien fressen lässt, das
    ist dann Privatsache.

    [Lachen, Pause]

    Der war grad so schön am Gewinnen gewesen und dann kam das mit
    den Ferien.

    (…)“

  16. #16 Christian W
    06/02/2009

    Herr Wedemayer, die kurze Antwort lautet: Ja.

    Ausführlicher: Es ist mir keineswegs ein Anliegen, gegen die Antroposophie zu agitieren, genausowenig wie es mir ein Anliegen ist, gegen überbordende Dummheit (bitte keine Interpretationen, das ist jetzt eine völlig willkürliche Assoziation und unabhängig von dieser Diskussion) vorzugehen. Ich bin mir beider Existenz bewusst, halte beides für schlimme Übel und bemühe mich nach Kräften, meinen Anteil zur Verbesserung des status quo zu leisten.
    Hier nun habe ich festgestellt, dass es Mitglieder einer Partei gibt, die pseudowissenschaftlichen Quark zumindest nicht in Gänze ablehnen und obendrein noch Teile einer höchst unmenschlichen, aus längst überholten rassischen und okkulten Vorstellungen hervorgegangenen Lehre (und ich rede im Moment gerade nicht von christlischen Amtskirchen) für akzeptabel befinden, einer Partei, die sich über Aufklärung, Humanismus, Freiheitlichkeit, Menschenrechte und kulturelle Gleichberechtigung definiert – oder sich zumindest ursprünglich einmal definiert hat.

    Was würden Sie sagen, wenn Sie ein Wahlwerbeplakat mit der Aufschrift “Für das Abitur nach 4 Schuljahren und ohne Deutsch, Englisch, Mathematik und Geschichte – Mehr Bildung und bessere Forschung mit BÜNDNIS90/DIEGRÜNEN” sehen? Würden Sie dann auch bis nach der Wahl abwarten und das danach in Ruhe ansprechen? Würden Sie das auch mit Unglaublichkeiten anderer Parteien vergleichen? Würden Sie auch jedem, der dazu meint “Also das ist doch ausgemachter Blödsinn, was soll das?”, ein grundsätzliches Anliegen irgendeiner façon bescheinigen?

    Grüße
    Christian W

  17. #17 Christian W
    06/02/2009

    Ich bitte vielmals um Entschuldigung. Ich habe Ihren Namen nicht absichtliche falsch geschrieben, Herr Westermayer. Leider kann ich das nun nicht mehr editieren.

  18. #18 Christian W
    06/02/2009

    Achja, ich warte übrigens immer noch auf Ihre Definition der “sehr klaren Grenzlininen in Richtung rechtsextremer Positionen”.

  19. #19 Till Westermayer
    06/02/2009

    @Christian W: wenn meine Partei damit werben würde “Schulmedizin abschaffen – Homoöpathie heilt alles” – ja, dann würde ich dagegen vorgehen. Dass in einem Absatz im Wahlprogramm drinne steht, dass neben der Schulmedizin auch “Komplementärmedizin” und Naturheilkunde unterstützt werden sollen – wohlgemerkt, als Wahloption für PatientInnen, nicht als Zwang für irgendwen – das ist für mich die Aufregung nicht wert. Wenn wir beim Bildungswahlplakat bleiben, entspricht das vielleicht dem fiktiven Wahlplakat “GRÜNE wollen weiter Religionsunterricht” vergleichbar. Wäre ärgerlich, sicherlich auch Auslöser dafür, sich langfristig innerparteilich für eine Positionsänderung einzusetzen, aber trotz meiner atheistischen Überzeugung kein Grund für öffentliche Aufregung im Stile von “das Maß ist voll”.

    Aber vielleicht erklärt ein Blick in die Parteiengeschichte von Bündnis 90/Die Grünen, warum ich hier eher ruhig bleibe. Es ist nämlich keineswegs so, wie sie darstellen, dass wir es mit “einer Partei, die sich über Aufklärung, Humanismus, Freiheitlichkeit, Menschenrechte und kulturelle Gleichberechtigung definiert – oder sich zumindest ursprünglich einmal definiert hat” zu tun haben. Auch hier ist die Sache komplizierter. Zwar würde ich selbst die Grünen durchaus – und auch weiterhin! – so definieren. Das sind die Themen, die für mich diese Partei weiterhin wichtig machen. Gleichzeitig ist es aber so, dass Grüne sich vor 30 Jahren als wildes Sammelsurium aller möglichen Protestbewegungen gegründet haben. Etwa so, wie wenn heute Tierschutzpartei, Rentnerpartei, Piratenpartei, Volksbegehrensbewegungen … sich zusammentun würden. Aus dieser Gründungszeit resultiert der merkliche Einfluss der Anthroposophie in der Partei. Das von Ihnen ins Spiel gebrachte Narrativ “wie eine einstmals gute Partei korrumpiert wurde” passt also gar nicht. Ich sehe eher eine gegenteilige Entwicklung: mit dem innerparteilichen Generationenwechsel nimmt auch die Bedeutung “sektiererischer” Gruppen innerhalb der Partei ab.

    Wie gesagt: Diese Gründungsgeschichte zu reflektieren, in gewisser Weise auch aufzuarbeiten, ist ein Anliegen, dass ich unterstütze. Die tagespolitische Skandalisierung – die ja beispielsweise dieser Blogbeitrag versucht – halte ich dagegen für Unsinn.

  20. #20 Till Westermayer
    06/02/2009

    Achja, ich warte übrigens immer noch auf Ihre Definition der “sehr klaren Grenzlininen in Richtung rechtsextremer Positionen”.

    Eine Person, die beispielsweise versuchen würde, die rassistischen Elemente aus dem Steinerschen Werk – die es gibt – in grüne Programmatik umzusetzen, hätte in der Partei Bündnis 90/Die Grünen nichts verloren.

    Und wenn, um auch das gleich dazuzusagen, Hiltrud Breyer der EU-Fraktion eine einhellige Unterstützung der Anthroposophie unterstellt, dann ist das vermutlich eher naiv als böswillig, aber definitiv falsch.

  21. #21 Anke Becker
    06/02/2009

    Eine Person, die beispielsweise versuchen würde, die rassistischen Elemente aus dem Steinerschen Werk – die es gibt – in grüne Programmatik umzusetzen, hätte in der Partei Bündnis 90/Die Grünen nichts verloren.

    Meine Güte!

    Auch die NPD beschreibt sich als ökologisch, ethnopluralistisch und basisdemokratisch.

    Nö, und dagegen ist doch noch nun wirklich nichts einzuwenden.

  22. #22 Christian W
    06/02/2009

    Bezugnehmend auf beide Antworten:
    Aha, dann läuft alles darauf hinaus, dass Ihre “sehr klaren Grenzlininen in Richtung rechtsextremer Positionen” gar nicht sehr klar sind. Ich würde es eher “irgendwie selektiv-schwammige Grenzlinien in Richtung rechtsextremer Positionen” nennen. Aber bitte sehr, Sie dürfen das Etikett gerne nennen, wie Sie wollen.

    Mit dem Übrigen kann ich mich anfreunden, auch wenn ich eine andere Meinung habe. Das ist ja das Schöne in unserem tollen Land. Vielen Dank auch für die kurze Erläuterung zur Parteigeschichte, das vergisst man heute tatsächlich immer wieder.

    abschließende Grüße
    Christian W

  23. #23 Till Westermayer
    06/02/2009

    @Anke Becker: klar ist dagegen was einzuwenden – gegen einen “völkisch” verstandenen Ökologie-Begriff ebenso wie gegen den unsäglichen Ethnopluralismus. Das brauche ich hoffentlich nicht auszuführen, oder? Jedenfalls finde ich es doch etwas dreist, aus meiner – konkreten! – Antwort auf die Nachfrage von Christan W zu Grenzziehungen irgendwie eine Nähe zur NPD konstruieren zu wollen. Geht’s noch?

  24. #24 Christian W
    06/02/2009

    Ach Mist, ich sollte doch genauer lesen, bevor ich mich aus einer Diskussion verabschiede:

    Dass in einem Absatz im Wahlprogramm drinne steht, dass neben der Schulmedizin auch “Komplementärmedizin” und Naturheilkunde unterstützt werden sollen – wohlgemerkt, als Wahloption für PatientInnen, nicht als Zwang für irgendwen – das ist für mich die Aufregung nicht wert.

    Herr Westermayer, genau das ist heute schon der Fall. Worüber reden wir denn hier?
    Doch nicht darüber, dass okkulte Heilpraktiken legalisiert werden sollen, es geht darum, dass eine verantwortliche (naja, in Verantwortung stehende) Parteikollegin von Ihnen vorschlägt, dass diese okkulten, unwirksamen Praktiken gleichberechtigt mit wirksamer Behandlung in das Portfolio der Krankenkassen aufgenommen und damit von uns allen zwangsweise bezahlt werden soll. Nix Wahlfreiheit, Zwang. Ich und viele andere hier sind gegen diesen Zwang.

    Grüße
    Christian W

  25. #25 Anke Becker
    06/02/2009

    Nein, das unterstelle ich Ihnen nichts dergleichen.

    Sie argumentieren damit, was in Parteiprogrammen und auf Plakaten steht, um damit die tatsächliche Politik zu erklären bzw. in schöne Worte zu kleiden.

    Wie absurd das ist, zeigt das Beispiel NPD.

    Anthroposophen leben noch weit mehr von einer sprachlichen Camouflage.

    Allein Ihre Hinweise darauf, dass die Grünen nicht kürzlich unterwandert wurden, sondern Anthroposophie von Beginn an dabei war, sind richtig.

  26. #27 Till Westermayer
    06/02/2009

    @Christian W

    Im Bundestagswahlprogramm (S. 7) steht das, was die Partei dazu beschlossen hat. Das habe ich irgendwo weiter oben schon mal verlinkt. Der Absatz zu “Komplementärmedizin” wird Ihnen nicht gefallen. Ich kann mir gut vorstellen, dass Sie das als “Zwang” im Sinne der Kostenumlage in der Krankenkasse wahrnehmen, auch wenn’s m.E. nicht ganz so weit geht wie die Forderung von Biggi Bender. Ich kann jedenfalls damit leben, dass diese Position im Wahlprogramm steht.

    Wie es mit Parteibeschlüssen so ist: dieses Bundestagswahlprogramm für die Wahl im Herbst 2009 steht jetzt so, und bildet die Grundlage der parlamentarischen Arbeit 2009-2013. Wenn Sie deswegen meinen, dass Bündnis 90/Die Grünen für Sie nicht wählbar ist – dann ist das so. Wenn Sie glauben, dass es der Partei gut tun würde, wenn sich die Position im Wahlprogramm 2013 anders darstellt — dann ist jetzt (bzw. im Herbst 2009) ein guter Zeitpunkt, um damit anzufangen, diese Position zu verändern. Parteien sind in dieser Hinsicht sehr langsam.

    Ich möchte mich jetzt jedenfalls aus dieser Debatte verabschieden, nicht ohne nochmal zu versichern, dass da trotz aller Polemik durchaus ein paar Gedanken angestoßen wurden.

  27. #28 Christian W
    06/02/2009

    Wenn Sie deswegen meinen, dass Bündnis 90/Die Grünen für Sie nicht wählbar ist – dann ist das so. Wenn Sie glauben, dass es der Partei gut tun würde, wenn sich die Position im Wahlprogramm 2013 anders darstellt — dann ist jetzt (bzw. im Herbst 2009) ein guter Zeitpunkt, um damit anzufangen, diese Position zu verändern. Parteien sind in dieser Hinsicht sehr langsam.

    Ja, genau das meine ich. Und mir war natürlich auch von vornherein klar, dass nur weil wir hier nicht mit Teilen des Wahlprogramms und/oder Frau Benders Vorschlägen einverstanden sind, dies schon morgen sämtlichst geändert sein würde.
    Was mir und einigen anderen so aufstößt, ist nicht das sondern eben bspw. Ihre Reaktionen darauf. Ich denke, Sie haben nun mittlerweile erkannt, dass es dort (mindestens) einen Punkt gibt, an dem es vernünftigerweise etwas auszusetzen geben könnte. Warum hat es so lange gedauert, bis Sie das erste Mal konkret eingestanden haben “Ja, da könnte etwas nicht in Ordnung sein.” osä.? Warum musste es erst über “Och, ist doch eigentlich alles ganz Okay.” über “Naja, sooo schlimm ist es doch nun auch wieder nicht.” bis “Mmmh gut, das muss und wird noch einmal überdacht werden.” gehen? Streben Sie vielleicht doch eine Karriere als Berufspolitiker an? 😉

    Es wäre – zmd. aus “unserer” Sicht – viel angenehmer und beruhigender gewesen, wenn Sie oder jemand sonst gleich von Beginn an gesagt hätte “Ja, Teile der Partei sehen da genauso wie ihr/Sie ein mögliches Problem, aber auch bei den GRÜNEN entscheidet die Mehrheit und nicht die Vernunft.” Das hätte mir (und wohl noch anderen) zwar genauso eine letzte Illusion geraubt, wäre aber deutlich weniger anstrengend (und ich habe ja bis kurz vor Schluss nur mitgelesen und nicht kommentiert) gewesen.

    jetzt aber wirklich abschließende Grüße
    Christian W

  28. #29 Anke Becker
    06/02/2009

    Genau. Gut, dass wir mal drüber gesprochen haben. 😉

    Gruß, Anke

  29. #30 FD
    06/03/2009

    Ihre Aussage,
    Zitat:”wenn meine Partei damit werben würde “Schulmedizin abschaffen – Homoöpathie heilt alles” – ja, dann würde ich dagegen vorgehen. Dass in einem Absatz im Wahlprogramm drinne steht, dass neben der Schulmedizin auch “Komplementärmedizin” und Naturheilkunde unterstützt werden sollen – wohlgemerkt, als Wahloption für PatientInnen, nicht als Zwang für irgendwen – das ist für mich die Aufregung nicht wert.”Zitatende
    ist von einer beispiellosen Unverfrorenheit.
    Natürlich zwingen Sie niemanden sich von Scharlatanen behandeln zu lassen, aber Sie zwingen mich als Kassenbeitragszahler und Steuerzahler, mit meinem hart erarbeiteten Geld, einen staatlich sanktionierten Betrug zu unterstützen, wenn sie die sog. Komplementärmedizin unterstützen. Und dagegen darf ichmich doch wohl mit allen mir zur Verfügung stehenden Mitteln wehren.

  30. #31 Anke Becker
    06/03/2009

    Freie Impfentscheidung, freie Schulwahl, freie Wahl der Behandlung …

    Das sind die Parolen der Anthroposophen, um Rudolf Steiners Programm in die Tat umzusetzen und sich das als Wohltäter von der Öffentlichkeit bezahlen zu lassen.
    Das klappt ganz gut.

  31. #32 Till Westermayer
    06/03/2009

    Naja, darf er ja, Hausrecht und so, feiner Stil ist es nicht. Ich habe jedenfalls in meiner Mailbox auch noch eine Benachrichtigung des Blogs liegen, dass soeben folgender Kommentar von Albert Wilfert hier veröffentlich wurde:

    —-
    @ FD

    Das müssen sie aber einmal beweisen. Das ist bis jetzt nur ihre Meinung.
    Und zwar so beweisen, dass es für Menschen anderer Ansicht schlüssig ist. Und da haben sie noch viel zu tun.
    Autor: Albert Wilfert
    —-

    – und der ist nun definitiv nicht mehr da. Gerade nach der doch für beide Seiten anstrengenden Debatte oben (in die ich mich jetzt nicht nochmal einklinken werde, liebe Frau Becker …) fände ich es schade, wenn hier nun willkürlich entschieden wird, wer weiterdiskutieren darf und wer nicht.

    Aber vielleicht war’s ja auch nur ein Versehen. Auch das soll vorkommen.

    ((Doppelposting aus Formatierungsgründen – das erste darf gerne gelöscht werden))

    /edit Joerg: Albert Wilfert ist hier wegen fortwährendem uneinsichtigem Beleidigen gesperrt. Das interessiert ihn leider aber nicht und er trollt hier auf widerlichste Weise weiter alles zu. Antworten ist vergebens, ich lösche das eh alles.

  32. #33 Nikolaus
    06/03/2009

    newsticker:

    Bündnis 90/die Grünen haben soeben die Wahl zum “Dodo des Monats” gewonnen.

    Roland Koch hatte nicht den Hauch einer Chance gegen Hiltrud Breyer:

    https://brightsblog.wordpress.com/2009/06/03/dodo-des-monats-mai-2009/

  33. #34 FD
    06/04/2009

    @albert wilfert
    Sie wurden gesperrt, schade aber vielleicht lesen Sie ja noch mit.
    Ich muss gar nichts beweisen, die ganze Antroposophische “Medizin” muss ihre Wirksamkeit beweisen, dann erst bin ich bereit dafür zu löhnen. Den Beweis der Wirksamkeit ist zB die Homöopathie bis heute schuldig geblieben.
    Beweis heisst für den intelligenten Menschen:
    Doppelblindstudie mit nachvollziehbaren, statistisch signifikanten und wiederholbaren Ergebnissen. Ich bin niemandem einen Beweis schuldig und die grosse Aufgabe, die Sie hier postulieren, sehe ich im Bereich der alternativen Medizin. Hier gibt es viel zu beweisen, fangt schon mal an.
    Gruss
    FD

  34. #35 AlteWeser
    06/04/2009

    Erst jetzt entdeckt und danke. Damit sind die Grünen für mich unwählbar.

  35. #36 Anke Becker
    06/04/2009

    Peter Alberts sieht hier die Inquisition am Werke:

    Im Übrigen habe ich mir noch einmal den Diskussionsfaden in dem in Ihrer ersten Frage an mich verlinkten Forum angesehen. Ich muss sagen, dass ich befremdet bin, mit welchem geradezu inquisitorischen Eifer dort auf AnhängerInnen der Anthroposophie eingeprügelt wird. Die Inquisition war eine der ärgsten Feindinnen der Aufklärung, wenn nun Menschen, die sich explizit auf die Aufklärung und auf ein rationales, wissenschaftliches Weltbild berufen, einen derart hasserfüllten Eifer in der Kritik an einer in meinen Augen harmlosen esoterischen Lehre an den Tag legen, dann stimmt da etwas nicht. Nach meinem Verständnis der Aufklärung gehört zu den elementaren Menschenrechten auch die Bekenntnisfreiheit, und die beinhaltet ausdrücklich, dass alle Menschen selbstverständlich das Recht haben und haben müssen, an Dinge zu glauben, die andere Menschen, die Naturwissenschaft oder andere Bekenntnisse und Weltanschauungen für Aberglauben oder Spinnerei halten. Diese für mich selbstverständliche Toleranz vermisse ich in vielen der Statements dort.

    https://www.kandidatenwatch.de/peter_alberts-602-21164–f190161.html#q190161

  36. #37 JörgR
    06/04/2009

    Mir fehlen die Worte, ehrlich. Ne ehrlich fehlen mir die Worte nicht für so jemanden, aber sie sind zu teuer.

  37. #38 S.S.T.
    06/04/2009

    Dem lieben Herrn Peter Alberts sei ins Stammbuch geschrieben, dass es nicht um Glaubenfragen geht, soll er doch an den Weihnachtsmann glauben solange er will, sondern um Geld und Gesundheit. Es gibt in der Tat eine ganze Reihe von tödlichen Opfern bei der sog. Alternativmedizin und ich soll soetwas nach seiner Ansicht auch noch mit meinem Geld unterstützen.

  38. #39 Shin
    06/04/2009

    Deshalb (unter anderem) wähle ich FDP, die einzige wirklich wissenschaftsfreundliche Partei in Deutschland.

  39. #40 Anke Becker
    06/04/2009

    Ja, NRW-Wissenschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP) zum Beispiel, der die von Konrad Schily (FDP) gegründete anthropososopßhische Uni Witten-Herdecke rettete.

    Ein reichlich unsinniger Kommentar. Argumente zum Thema Wissenschaft sind in einem Science-Blog sinnvoller als Apelle für parteipolitische Präferenzen.

  40. #41 FD
    06/05/2009

    Nochmals an Herrn Willfert

    Wie Sie sicher wissen, erreichen ihre Postings jeden, der die Benachrichtigung für diesen Thread aktiviert hat. Damit ist das Argument der Unterdrückung wiederlegt. Man will nur Ihre standardisierten “Ich armes Opfer” Antworten hier nicht dem Publikum zumuten, weil Sie nicht wirklich zur Diskussion beitragen. Posten Sie weiter und ich bin sicher, wenn Ihre Beiträge weniger paranoid und dafür inhaltlich relevant werden, so werden Sie auch hier erscheinen. Ausserdem kann jeder, der ihre Beiträge in den Benachrichtigungen liest, daraus zitieren, sofern sie irgendetwas Themenrelevantes enthalten. Bis jetz habe ichin dieser Hinsicht allerdings noch nichts gefunden. Sorry
    @shin u.a.
    Die antroposophische Masche zieht sich in Deutschland durch die komplette Parteienlandschaft in mehr oder weniger heftiger Ausprägung. Wenn das ein Argument für die Wählbarkeit einer Partei für Sie ist, können Sie niemanden wählen, dann bleibt Ihnen nur noch die Flucht ins Ausland. Sie wissen ja, es ist immer da am schönsten wo gerade die anderen sind.
    FD

  41. #42 Anke Becker
    06/05/2009

    Frauer Breyer lebt,

    und findet sich ganz ungerecht behandelt:

    https://www.abgeordnetenwatch.de/hiltrud_breyer-651-12439–f177736.html#q177736

  42. #43 Peter Alberts
    06/06/2009

    Frau Reihl hat mir bei kandidatenwatch.de eine neue Frage zu diesem Thema gestellt. Da kandidatenwatch noch etwas Zeit braucht, um meine Antwort freizuschalten, poste ich hier schon einmal meine Antwort, wer Frau Reihls Frage dazu auch lesen möchte, möge in ein paar Stunden in meinem Profil auf kandidatenwatch.de nachlesen.

    @Herr Rings, das müsste eigentlich auch Ihre Frage an mich, die von kandidatenwatch nicht freigegeben wurde, beantworten. Ich habe weder Sie, noch Ihr Blog noch irgendjemandem in diesem Blog mit der Inquisition verglichen. Ich habe von “inquisitorischem Eifer” gesprochen, der aus vielen der Statements hier – weniger aus Ihren – in meinen Augen hervorgeht. Dabei bleibe ich, dazu stehe ich.

    @Till Westermeyer: Danke! Ich hatte zwischenzeitlich keine Zeit dazu, mich weiter um diese Diskussion zu kümmern. Vielen Dank, dass Du Dich hier so eingebracht hast.

    —-
    Sehr geehrte Frau Reihl,

    Sie haben recht, auf die von Ihnen zitierte Pressemitteilung von Biggi Bender bin ich bisher in keiner Weise eingegangen. Und zwar aus mehreren Gründen: Erstens weil Frau Becker nicht danach gefragt hatte, bitten lesen Sie sich die Fragen von Frau Becker noch einmal durch, da war an keiner Stelle etwas dazu zu lesen. Stattdessen fragte Frau Becker nach meiner Haltung zur Anthroposophie allgemein, und das habe ich zweimal beantwortet. Zweitens: ich bin nicht Biggi Bender und auch nicht Hiltrud Breyer. Wenn ich immer alles, was meine ParteifreundInnen sagen, kommentieren sollte, müsste ich mich mehrfach klonen lassen. Drittens: ich bin weder Arzt, noch Apotheker, noch Gesundheitsfachmann. Ich bewerbe mich mit den Themen Europäischer Nachbarschafts-, Außen- und Friedenspolitik für das Europäische Parlament. Der von Ihnen angesprochene Themenkomplex hat damit herzlich wenig zu tun. Viertens: Ich bin mittlerweile nicht nur befremdet, sondern ziemlich erschüttert von der Intoleranz in dem entsprechenden Diskussionsfaden auf http://www.scienceblogs.de. Zum Beispiel wird mir unterstellt, ich hätte das Blog mit der Inquisition verglichen. Das habe ich nicht. Ich habe geschrieben, dass ich von dem inquisitorischen Eifer der Diskussion dort befremdet war und bin. Und dass ich gerade von Menschen, die ein rationales Weltbild im Sinne der Aufklärung für sich in Anspruch nehmen, Toleranz erwarte. Zudem erwarte ich, dass solche Menschen auch einigermaßen genau formulieren und lesen können. Das scheint mir in der besagten Diskussion oft auch nicht der Fall zu sein.

    So, und nun zu Ihren Fragen, die im Gegensatz zu den Fragen von Frau Becker genau gestellt sind. Ich kann nichts Schlimmes daran finden, alternative Behandlungsoptionen offenzulassen, wenn – und dieses wenn ist dabei für mich eine notwendige Bedingung – einE PatientIn mit einem Antibiotika-resistenten Infekt gleichzeitig unter ständiger Beobachtung einer/s approbierten Ärztin/Arztes steht, deren/dessen ärztliche Pflicht es ist, bei bedrohlichen Situationen einzugreifen und notwendige, schulmedizinische Therapien einzuleiten und vorzunehmen, wenn sich eine alternative Behandlungsmethode als unwirksam erweist. Nach meinem Verständnis von Frau Benders Pressemitteilung wird genau das mit dem Wortbestandteil TherapieOPTION ausgedrückt. Allerdings gebe ich gerne freimütig zu, dass ich diese ganze Diskussion nicht intensiv verfolgt habe und dementsprechend weder den Kontext, noch die Vorgeschichte, noch mögliche weitere Äußerungen von Frau Bender und Reaktionen darauf kenne. Und da ich keine Gesundheitsfachmann bin, ein solcher auch nicht werden will und um Ihre Stimme bei der Europawahl explizit NICHT wegen meines Wissens oder Nicht-Wissens auf diesem Gebiet werbe, hätte es auch wenig Sinn, dass ausgerechnet ich mich in dieses Thema vertiefen sollte. Darum kümmern sich bei uns andere KollegInnen.

    Eine innerparteiliche Auseinandersetzung um dieses Thema würde den Bündnisgrünen sicher nicht schaden, da haben Sie recht.

    Ich hatte an anderer Stelle schon geschrieben, dass ich persönlich nicht an die Wirksamkeit von klassischer Homöopathie glaube. Ich nehme aber, im Gegensatz zu vielen Kommentierenden in besagter Diskussion auf scienceblogs.de, zur Kenntnis, dass viele Menschen das tun, und das respektiere und akzeptiere ich. Frau Becker und Sie wollen mich nun, so kommt es mir jedenfalls vor, zu dem klaren Bekenntnis drängen, zu sagen, dass das alles “Quacksalberei” sei und bekämpft werden solle. Das lehne ich ab. Ich kann hervorragend damit leben, selbst nicht daran zu glauben, aber anderen ihren Glauben zu lassen. Ich würde mich freuen, wenn Sie auch zu dieser Toleranz in der Lage wären. Und natürlich spielt der Wille der/des Patientin/en eine große Rolle. Das wird aber in der gesamten Diskussion auf scienceblogs.de völlig ausgeblendet.

    Zu der Frage, ob die Solidargemeinschaft für alternative Behandlungsmethoden aufkommen sollte oder nicht, muss ich mehr oder weniger passen. Dazu müsste ich auch erst einmal eine Definition haben, was genau mit “Alternativer Behandlungsmethode” gemeint ist. Chakrenmassagen sollte meiner Meinung nicht die Allgemeinheit bezahlen, naturheilkundliche Therapien einer/s approbierten Ärztin/Arztes oder Akkupuntur hingegen schon. Ich wiederhole mich: das ist nicht mein Fachgebiet. Auch die Krankenversicherung ist nicht mein Fachgebiet. Bevor ich mir dazu eine fundierte Meinung bilden könnte, ist die Europawahl vorbei.

    Mit freundlichen Grüßen

    Peter Alberts

  43. #44 JörgR
    06/06/2009

    @Herr Alberts:
    Danke für Ihre gute und ausführliche Antwort, auch wenn ich keinen großen Unterschied zwischen “Vergleich mit Inquisition” und “inquisitorischem Eifer” sehe, aber ich denke, dass Sie nicht in beleidigender Absicht gesprochen haben.
    Aber ich muss anmerken, dass Sie sich zu einfach aus der Affäre ziehen. Ich bin auch kein Gesundheitsexperte und kann trotzdem die Unwirksamkeit von Homöopathie beurteilen indem ich die Zusammenfassung der klinischen Studien lese. Und wenn es darum geht, diese Methoden für bekannt schwere Infektionen einzusetzen und diese reale Gefahr der ganzen Partei vorgeworfen wird, dann würde wenigstens ich ein Interesse haben, mich einmal damit zu befassen (z.B. “Trick or Treatment” von Singh&Ernst lesen).
    Es ist mir auch sehr ernst damit und allen Kommentatoren, dass dies nicht durch Ereiferung, sondern durch Wissen dazu führt, dass sich jetzt einige hier von den Grünen abgewandt haben.

  44. #45 Peter Alberts
    06/06/2009

    Hallo Herr Rings,

    in der Tat habe ich nicht in beleidigender Absicht gesprochen, was mensch leider nicht von allen KommentatorInnen hier sagen kann. Aber geschenkt.

    Wenn das jetzt Leute davon abhalten sollte, die Grünen zu wählen, kann ich dazu nur sagen: schade! Und ich würde diese Leute fragen, ob sie nicht glauben, dass es möglicherweise auch noch ein paar wichtigere Probleme auf der Welt gibt. Ich sage nur Klimawandel, Renaissance der Aufrüstung und der Waffenexporte, globale Hungerkrise und Finanz- und Wirtschaftscrash aufgrund von neoliberaler Ideologie und ihrer Umsetzung, verbunden mit massiver sozialer Ungerechtigkeit. Darauf haben wir Grüne, wie ich finde, die besten Antworten gefunden. Aber wenn Ihnen die Homöopathie bzw. der Kampf gegen sie wichtiger ist, bon – das ist Ihre Sache.

    Und wie oft soll ich eigentlich noch sagen, dass ich nicht an Homöopathie glaube? Wie wäre es, wenn Sie stattdessen mal zur Kenntnis nehmen würden, dass es eine ganze Menge anderer Menschen gibt, die das tun? Glauben Sie wirklich, dass Sie mit Ihrem Hau-Drauf-Stil der Sache der Aufklärung – ich bleibe dabei, dass ich denke, dass Sie sich ihr verpflichtet fühlen, was mir ausdrücklich sympathisch ist – einen guten Dienst tun? Ich glaube das nicht. Ich denke, dass es schwierig ist, Menschen von der Vernunft zu überzeugen, wenn mensch ihnen vorher gesagt hat, dass sie an gefährliches Teufelszeug glauben und nur Grütze im Hirn haben. Und ich bleibe auch dabei, dass alle Menschen das Recht haben, Unsinn glauben zu dürfen. Und – letzter Gedanke dazu – dass es nicht die Aufgabe von PolitikerInnen ist und sein darf, Menschen in weltanschaulichen Dingen vorzuschreiben, was sie glauben dürfen und was nicht.

    Deswegen halte ich auch gar nichts davon, homöopathische Behandlungen zu verbieten. Ob die Allgemeinheit finanziell dafür aufkommen soll, ist in der Tat eine spannende und wichtige Frage. Da gibt es aber nun mal ein ganz breites Spektrum von Akkupunktur bis hin zu esoterischem Hantieren mit Zaubersteinen oder Ähnlichem. Das will und kann ich als ausdrücklicher nicht-Fachmann nicht konkret und fundiert beantworten.

    Insofern würde ich mir wünschen und Sie bitten, dass Sie und die andern KommentatorInnen hier vielleicht erstens ein wenig von Ihrem hohen Ross wieder herunterkommen und zweitens Ihre Wahlentscheidung bei der Europawahl nicht von einer wirklich nicht zentralen Sachfrage abhängig machen. Bitte denken Sie zumindest auch an das große Ganze, bevor Sie wählen gehen.

  45. #46 JörgR
    06/06/2009

    Aber es ist meine entscheidende Sachfrage. Mein wichtigstes Thema ist Bildung. Bildung, Bildung, Bildung. Was kann man gegen Aufrüstung und zunehmende Konflikte tun? Bildung. Gegen Klimawandel? Bildung.
    Es passt ausdrücklich nicht in ein aufgeklärtes Weltbild, es gutzuheißen, dass Patienten mit unwirksamen Methoden behandelt werden. Ich finde es ausdrücklich ethisch verwerflich, für die Verwendung des Placebo-Effektes ohne Information des Patienten zu sein. DAS ist vom hohen Ross runteragiert. Wenn man so für den Patienten ist, warum kann man sich nicht dafür einsetzen, dass es zu mehr Zeit für den Patienten kommt und einem umfassenden, ordentlich zusammengestellten und erforschten Begleitprogramm, das auf erwiesen wirksamen Maßnahmen beruht? Wo ist denn die Aufklärung, wenn man nicht das Wissen, dass die Menschen sich angeeignet haben, auch verwendet um jeden Patienten aufzuklären?
    Jeder darf glauben was er will, das ist eines der höchsten Güter. Aber jeder muss dann auch damit klarkommen, wenn ihm deutlich vor Augen gestellt wird was Faktum ist. Ich will niemandem seinen Glauben absprechen, aber ich will dass jeder informiert ist, was er da glaubt. Ich will außerdem, dass keine Entscheidungen durch Glauben begründet werden. Nicht durch religiösen Glauben – also keine Parteien mit C im Namen, nicht durch esoterischen Glauben, also kein Lobbyismus für Homöopathie.
    Entscheidungen müssen rigoros auf Basis von Fakten durchgesetzt werden, wenn diese existieren. Die Grünen machen es doch beim Klimaschutz – natürlich, da passen die Fakten ins Weltbild. Das finde ich ja gut – bei der Gentechnik dagegen sieht es plötzlich wieder anders aus. Da sind die Fakten egal und die große Nebelbank des Glaubens bricht aus. Diese Kröte hab ich ja noch unter Würgen geschluckt – mein Briefwahlkreuz steht ja bei den Grünen. Aber diesen Esoterikeinfall – das verzeihe ich nicht. Das ist wissenschaftsfeindlich.
    Das ist meine zentrale Sachfrage – schaffen wir es, die beste Methode zur Wissensfindung zu respektieren? Schaffen wir es auch, sie zu verbreiten? Schaffen wir es, Ergebnisse zu akzeptieren die uns nicht schmecken? Die Grünen stehen für ein Weltbild. Ich mag das nicht mehr.
    Schauen Sie doch hier auf den scienceblogs zu Primaklima. Wollen wir auch sagen, hey jeder darf glauben dass es den Klimawandel nicht gibt, und dann zählen wir wer was glaubt und machen unsere Politik danach. Hey, der Mann glaubt an saubere Kohle – na dann mal los.
    Ne, werden Sie sagen, ist ja keine Weltanschauung. Doch ist es. Oder wenn es keine ist, dann ist Medizin auch keine. Zweiteres wäre mir lieber.

  46. #47 Peter Alberts
    06/06/2009

    Wer sagt, dass PatientInnen nicht informiert werden müssen? In der Realität ist es doch so, dass es PatientInnen gibt, die ausdrücklich nach unwirksamen Behandlungsmethoden verlangen. Was machen Sie denn mit denen? Ihren Wunsch und ihre explizite Entscheidung ignorieren? Fördert das dann das Vertrauensverhältnis zwischen Ärztin/Arzt und PatientIn, das ja bekanntermaßen nicht unerheblich für den Heilungserfolg ist? Glauben Sie nicht, dass einE guteR Ärztin/Arzt möglicherweise jemanden besser heilen kann, wenn dann auch zusätzlich ein Köcher von anderen Methoden zur Verfügung steht? Sollten wir den ÄrztInnen diese Möglichkeit nicht öffnen? Wissen Sie als Physiker, wie ÄrztInnen am besten mit esoterisch glaubenden Menschen umgehen? Ich als Osteuropahistoriker und Slawist weiß das nicht.

    Und wenn es nur der Placebo-Effekt ist, aber auch der heilt doch oft genug. Natürlich kann bei lebensbedrohlichen Infektionen nicht auf den Placebo-Effekt vertraut werden, das ist doch völlig logisch, aber das habe ich doch mehrfach schon klar genug betont.

    Und zum Thema “Die Grünen stehen für ein Weltbild” hat mein geschätzter Parteifreund Till Westermeyer das Passende gesagt, die Parallele zu den C-Parteien ist absolut nicht zutreffend. Es gibt bei uns AnthroposophInnen – ja, aber das macht uns doch nicht zu einer anthroposophischen Partei. Wir haben in NRW beispielsweise eine Landesarbeitsgemeinschaft Muslime bei den Grünen, wir haben flächendeckend Arbeitsgemeinschaften von ChristInnen, wir haben viele Menschen anderer Bekenntnisse, und mehrheitlich sind wir vermutlich (dazu habe ich keine Zahlen) AtheistInnen bzw. AgnostikerInnen.

    Sie stellen mit “schaffen wir es, die beste Methode zur Wissensfindung zu respektieren?” ein kluge Frage. Ich hoffe doch sehr, dass wir das schaffen. Ich will dazu gerne beitragen, so weit ich das kann. Wissensfindung ist aber immer auch ein diskursiver Prozess. Mit schwarz-weiß Malerei ist ihm nicht gedient. Davor die Augen zu verschließen, dass viele Menschen offenkundig ein Bedürfnis daran haben, an Metaphysisches oder an Esoterisches oder auch einfach an Mumpitz (schwarze Katzen von links oder rechts, Horoskope, Freitag der 13., etc.) zu glauben, dient meiner Meinung nach diesem Prozess nicht. Der Mumpitz wird nicht dadurch richtiger, dass ihn Menschen glauben. Aber Menschen, die trotzdem an Mumpitz glauben wollen, haben auch ein Recht, von uns respektiert zu werden, so lange sie nicht andere schädigen.

    Das Fass Gentechnik mache ich jetzt hier nicht weiter auf, ich habe beschlossen, jetzt Feierabend zu haben. Gute Nacht.

  47. #48 JörgR
    06/06/2009

    Ja, wenn ein Patient ausdrücklich nach so einer Behandlung verlangt, soll er sie bekommen. Für sich, nicht für sein Kind oder sonst jemanden. Und er muss unterschreiben, dass er informiert wurde, so wie ich es vor einer Operation auch tun muss; das heißt natürlich dass der Homöopath oder Heilkundler ihm auch sagen muss: Die Wissenschaftler zeigen: Das hier ist ein Placebo/eine Glaubenssache.
    Der Placebo-Effekt wirkt auch wenn der echte Arzt seinen weißen Kittel trägt – ich selbst kann mir auch selbst etwas einreden und mich selbst ein bißchen manipulieren. Aber das kann man doch erwachsen und auf Augenhöhe tun – und nicht sagen: Hey, wenn der Patient nicht weiß dass Homöopathie = Voodoo ist, wirkt es besser.
    Dabei ist natürlich das Problem: Kein Homöopath wird je zugeben dass er ein Placebo verabreicht – er glaubt ja selbst dran dass es heilt. Da die Ansätze zu finden schiebe ich dann liebend gerne auf die Politiker – aber ich finde niemanden der sich dafür einsetzt.

    Und zum Thema “Die Grünen stehen für ein Weltbild” hat mein geschätzter Parteifreund Till Westermeyer das Passende gesagt, die Parallele zu den C-Parteien ist absolut nicht zutreffend.

    Nein, ich meine keinesfalls die Anthroposophie. Mehr ein romantisiertes Bild der Natur, die immer Recht bekommt. Aber das Fass können wir zulassen.

    Und bei der Wissensfindung: Klar ist das diskursiv, das ist ja die Stärke. Aber das wird nicht verstanden. Das muss vermittelt werden: Dass es deswegen stark ist, und wenn dann mal ein Konsens da ist, dann ist der belastbar und lässt sich wenig von Meinungen und Glauben erschüttern oder dehnen.
    Wenn eine Partei käme und Wissen, Bildung und Neugier ehrlich verteidigen würde, das wäre mal was.

    An der Form und der Schärfe der Kritik daran wird sich auch nichts ändern bei den ScienceBlogs, an der Form schon (bei mir, da spreche ich nicht für die anderen, die es auch besser machen). Ich bin ja auch überwältig, dass plötzlich Leute lesen was ich schreibe…aber an deutlicher Kritik an Unwissenschaftlichkeit wird sich nichts ändern.

    Das Fass Gentechnik mache ich jetzt hier nicht weiter auf, ich habe beschlossen, jetzt Feierabend zu haben. Gute Nacht.

    Ja das bleibt zu, das gabs schon in anderen Blogs vor zwei Monaten.

  48. #49 radicchio
    06/06/2009

    »… Sollten wir den ÄrztInnen diese Möglichkeit nicht öffnen? (…)

    Aber Menschen, die trotzdem an Mumpitz glauben wollen, haben auch ein Recht, von uns respektiert zu werden, so lange sie nicht andere schädigen.«

    damit meinen sie doch, daß man auch den mumpitz zu respektieren hat. oder verstehich das falsch?

    meine haltung wäre: die menschen respektiere ich, den mumpitz nicht. den kann man gern in den wellness-bereich verschieben, gleich neben die kristall-sauna. aber im medizinischen betrieb hat das nix verloren. wenn schon placebo in der medizin, dann ausgeübt von menschen, die sich dessen auch bewusst sind.

  49. #50 Peter Alberts
    06/06/2009

    “Und bei der Wissensfindung: Klar ist das diskursiv, das ist ja die Stärke. Aber das wird nicht verstanden.”
    Geht’s vielleicht noch überheblicher? Haben Sie vielleicht auch schon mal bemerkt, dass die Menschheit nicht nur aus NaturwissenschaftlerInnen besteht?

    “und wenn dann mal ein Konsens da ist, dann ist der belastbar und lässt sich wenig von Meinungen und Glauben erschüttern.” Genau, und deswegen wissen wir ja seit Ptolemäos, dass die Erde des Zentrum des Universums ist. /zyn off

    Jetzt aber wirklich: gute Nacht.