Heute ist es bei unseren großen Brüdern von ScienceBlogs.com das Tagesthema, und das ist eine Gelegenheit hier einen kurzen Überblick zu geben.
Zuerst berichtete die Zeitung kurz darüber im Rahmen der Berichterstattung eines Vioxx-Prozesses. Dann beschäftigte sich The Scientist (kostenlose Registrierung erforderlich) weiter damit und brachte ans Tageslicht:
Im Jahre 2003 und 2004 publizierte der Zeitschriftengigant Elsevier ein Journal namens Australasian Journal of Bone and Joint Medicine, das komplett von Merck bezahlt war und nur erneut abgedruckte oder zusammenfassende Artikel zu Merck-Produkten beinhaltete, scheinbar um sich den guten Ruf des Peer Review zu Werbezwecken zunutze zu machen.
Bei The Scientist kann man zwei Exemplare des Journals ansehen, das ansonsten nicht in Journal-Indizes auftaucht und auch keine Webseite hatte.
Es sollte wohl der Anschein erweckt werden, eigenständige peer reviewtes Backup für die eigenen Produkte zu haben. In Wahrheit gab es entweder Reproduktionen echter Artikel, die vorher in anderen Elsevier-Publikationen erschienen waren (also tatsächlich früher einmal das Peer Review durchlaufen haben), oder aber zusammenfassende Artikel die aber nur ein bis zwei Referenzen enthielten, völlig unüblich für solche Artikel. In einer der beiden Ausgaben, die The Scientist vorliegen, bezogen sich beispielsweise von 29 Artikeln 12 auf das Medikament Fosamax und neun auf Vioxx – natürlich ausschließlich positive Darstellungen.
Elsevier acknowledged that Merck had sponsored the publication, but did not disclose the amount the drug company paid. In a statement emailed to The Scientist, Elsevier said that the company “does not today consider a compilation of reprinted articles a ‘Journal’.”
Elsevier betont weiterhin, dass sich seit 2003 die Standards gebessert hätten und dass Ihnen nicht bewusst war, wie weit das Journal verbreitet wäre.
Was sagen amerikanische Blogger dazu?
First off, if there’s one thing most physicians and scientists know, it’s that there are numerous “throwaway” journals out there. “Throwaway” journals tend to be defined as journals that are provided free of charge, have a lot of advertising (a high “advertising-to-text” ratio, as it is often described), and contain no original investigations.
Er schreibt, dass diese Wegwerf-Journals nicht in offiziellen Journallisten wie PubMed geführt werden, aber oft gelesen werden, da sie einfache lesbare, kurze Artikel publizierten. Aber: diese enthielten normalerweise originäre Artikel und nicht einfach Sachen, die eh von Merck geschrieben worden seien.
Er benennt auch einige weitere Journals von Elsevier, die Sachen mit wenig oder keinem Peer Review veröffentlichen und von Homöopathen und Impfgegnern verwendet würden. So viel zu Elseviers “Code of Ethics”…
Schließlich prangert Orac auch noch die Arglosigkeit der Mitglieder des Editorial Boards an, die ihren Namen hergegeben haben, ohne offensichtliche notwendige Gedanken dran zu verschwenden. Es gibt auch ein Zitat in dem The Scientist-Artikel, der das deutlich macht.
Orac sagt dazu:
Doctors like Dr. Brooks are every bit as guilty as Merck and Elsevier for deceptive pharma marketing like this. We physicians are supposed to represent the best interests of our patients, and, as far as I’m concerned, to defend science-based medicine. Our credibility depends upon it.
In “Ethics and Science” schreibt Janet Stemwedel:
Clearly putting together something that looked like a medical journal and that contained articles (and excerpts from articles) that had only good things to say about Merck products reflects an intent to deceive. A real medical journal, one would assume, contains articles that have been scrutinized by scientists who are concerned to uphold standards of evidence and sound scientific reasoning. Peer review by experts lets the consumer of the articles in the journal regard the articles as legitimate contributions to a body of scientific knowledge. Moreover, real medical journals consider manuscripts examining the safety and efficacy of drugs from a number of competing manufacturers, and, presumably, manuscripts reporting problems with drugs, not just successes with them.
Sie fragt sich weiterhin, ob das Modell des Veröffentlichen von Journals zum Profit eine Zukunft hat – wo doch offensichtlich hier ein Wille vorgelegen habe, den guten Ruf den das Peer Review hat in betrügerischer Absicht zu Geld zu machen.
Bei “Bioethics” schreibt Summer Johnson u.a.
It is this attitude within companies like Merck and among doctors that allows scandals precisely like this to happen. While the scandals with Merck and Vioxx are particularly egregious, we know they are not isolated incidents. This one is just particularly so. If physicians would not lend their names or pens to these efforts, and publishers would not offer their presses, these publications could not exist.
Es herrscht also Einigkeit in der Bewertung – und da möchte auch ich mich anschließen. Peer Review ist nicht umsonst der beste Prozess zu haben, um Mist auszufiltern. Er funktioniert nicht immer, aber er ist eine verdammt hohe Hürde, die zurecht einen guten Ruf genießt. Das auszunutzen, ist schändlich und von allen beteiligten Seiten – Merck, Elsevier und den Doktoren die ihren Namen als Editor hergaben – Betrug an der Wissenschaft. Im Falle Merck und Vioxx bewerten ja gerade die Gerichte, ob hier der Profit über Menschenleben gestellt wurde.
Es sollte aber auch noch gesagt werden: Das ist keinesfalls ein Argument gegen Peer Review. Im Gegenteil: Es zeigt dass Peer Review sehr gut funktioniert und etabliert ist. Aber durch Tricks und Gewissenlosigkeit wurde hier dieser Ruf ausgenutzt.
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