Seit ich mich mehr damit befasse, merke ich: Homöopathika sind hochwirksame Mittel. Denn nach und nach wird mein Ironie-Detektor immer stärker beschädigt dadurch. Neben Vittel ist die Homöopathie die einzige Industrie, die Leitungswasser abfüllt und ein Heidengeld dafür nimmt. Und daneben scheint es noch ein regelrechter Sport zu sein, allen möglichen und unmöglichen Krempel da dann reinzuverdünnen, bis nichts mehr übrig bleibt. Der Gipfel der Beliebigkeit, bei dem ich mich frage ob es im Hirn einen Bereich für Selbstironie gibt, der autonom handeln kann und bei diesen Menschen entsetzt aufschreit und eingreift. Ich sitze immer da und denke: Das kann doch nicht sein! Das kann doch kein Mensch wirklich glauben, der es schafft, seine Hose in zwei von drei Fällen unfallfrei anzuziehen. Aber, scheinbar glauben es doch manche, und wie die ihre Hosen anbekommen will ich gar nicht wissen.
Andreas Kyriacou hatte vor kurzem eine Liste der 100 leckersten homöpathischen Mittel erstellt, mit Highlights wie ganzen Gartenschnecken, Kuhmist, Eurocents und Witwenspinnen. Quasi alles was rumliegt. Natürlich, wenn man das erst einmal verdünnt hat bis selbst der penibelste Statistiker abwinkt und Blumen am Grab von Avogadro niederlegen geht, dann ist es eigentlich egal was reinkommt.
Aber lustig ist es! Bei Andreas fehlen noch zwei Dinge, die Orac jetzt entdeckt hat: Plutonium und Antimaterie.
Junge, Junge, das ist schon jetzt ein Klassiker.
Also nun gut, Plutonium. Jemand, der Proben aller Elemente verkauft, war auf der Suche nach Plutonium, und hey, dieser Laden wollte ihr welches verkaufen. Leider etwas verdünnt…und so kam Orac auf die Spur. Hier, es ist gar nicht so teuer. Gut, in Anbetracht dessen, dass man bloßes Wasser und ein Fläschen kauft, ist es natürlich ein Vielfaches zu teuer, aber im Vergleich zu echtem Plutonium…
Natürlich muss jedes homöopathische Mittel erst erprobt werden. Dazu gibt man für gewöhnlich etwas des Ausgangsstoffes an einen Patienten und schaut wie er reagiert. Ja, es wird vermutlich niemand Plutonium geschluckt haben, aber – hey – wenn eine Gruppe Menschen durch Rationalisierungen seit 200 Jahren ihren gesamten Lebensinhalt auf groteskem Selbstbetrug aufbauen, sollte es eine leichte Übung sein, sich da argumentativ herumzuwinden. Scheinbar hat es ein netter Mensch ( der auch großzügigerweise AIDS mit Homöopathie behandeln möchte) geschafft und über 300 Seiten dazu zusammenphantasiert – hier ein Review. Beachtet, wie der Reviewer beeindruckt ist, weil das Buch so dick ist….
Die Erprobung hat wohl Träume von Pluto ergeben (oh diese mangelnde Phantasie – Termin steh mir bei!). Was man damit wohl behandeln kann? Vieles, anscheinend. Da Plutonium so energiereich ist (ja, das mit E = mc² kapieren die natürlich auch nicht), hat die Arbeitsgruppe Freie Assoziation ermittelt, dass man damit wohl manisch-depressive Störungen behandeln kann.
Und scheinbar gibt es auch deutsche Beschreibungen zu diesem “plutonium nitricum”. Die Homöopathieforschung von Dr. (!!) Hans Eberle und Dipl. theol. (!!!!) Friedrich Ritzer hat dazu ein deutschsprachiges Buch verfasst. Da dort auf der Seite auch “uranium metallicum”, “excrementum caninum”, “aqua hochstein”, “scorpio europaeus” und “placenta humana” besprochen sind (alle verlinken nur auf das Buch, klar), läutet jetzt seit einer halben Stunde mein Ironiedetektor, und ich würde so gerne die Batterie herausnehmen…
Aber das ist ja noch nichts alles. Am nächsten Tag hat Orac noch einen draufgelegt mit Antimaterie. Das scheint eine clevere Sache zu sein – bei Elementen besteht ja wenigstens noch eine rechnerische Chance dass etwas drin sein könnte. Wie schön ist da Antimaterie, die annihiliert garantiert mit dem Leitungswasser und man erhält endlich reines klares Wasser.
Ja, jemand behauptet, Positronium erprobt zu haben. Direkt nachdem er Illuminati gesehen hat, vielleicht. Nein, es war schon 1998.
Beim Positronium wird in einem Wasserstoffatom das Proton, das den Kern bildet, durch ein Anti-Elektron, das Positron, ersetzt. Ein physikalisch hochinteressantes Mini-Sternensystem, hat nur den Nachteil dass es nach 4.6 Nanosekunden annihiliert.
Homöopathen haben also ein bißchen schneller gearbeitet als sonst, haben sich ein paar Positronium-Atome vom Teilchenbeschleuniger um die Ecke geholt und losgetestet. Und wie das so ist – man gibt es einer Testperson und die schreibt einfach auf was sie empfindet. Freies Assoziationstheater.
“Genitals felt shrunken- drawn into my body.”
“Felt really fat and repulsive. Loathed my body.”
“Appetite poor, not hungry even at lunch time.”
Alles, was einem halt so durch den Kopf geht.
Und hier ist – sogar unter Creative Commons – eine Ergebnisliste verschiedener Erprobungen. Neben Positronium wurde auch Blut eines AIDS-Kranken getestet, Teile eines trainierten Falken, Lava, ein Latexkondom, ein Buckminster-Fulleren, frisch entstandenes Wasser und Kakerlaken.
Nur “Bullshit” wurde anscheinend noch nicht erprobt…der fließt bei Homöopathen so dick dass man niemals eine Verdünnung schaffen wird.
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