Nach drei Tagen Konferenz muss ich wieder einmal feststellen, die meisten Vorträge sind in der Vortragsqualität eher lauwarm. Also gar nichts zum Inhalt – ich meine nur den Vortragsstil. Ich will auch nicht behaupten, dass ich der Heldenvortragende bin, aber ich denke wenigstens, dass ich auf einige Dinge achte (ob es dann klappt weiß ich nicht), die man mit ein wenig gutem Willen durchaus machen kann.
Daher jetzt – aus der Sicht des Zuhörenden – ein paar Tipps, wie man seinen Inhalt besser vermitteln könnte:

1. Haltet den Vortrag vorher komplett um einen Fluss zu haben. Besonders, wenn ihr neue Sachen vorstellt, ist das sehr wichtig. Ihr könnt, müsst es aber nicht vor Publikum machen. Alleine im Kämmerchen, oder auch nur still im Kopf sprechend, aber hauptsächlich mit Uhr daneben einmal komplett durch. Denn dann merkt man wo der Erzählfluss handelt. Auch ein Vortrag sollte durchlaufen und aufbauen, und wenn ihr nicht einmal durchsprecht (oder auch fünfmal wenn es sein muss), merkt ihr nicht wo die Übergänge haken, wo Folien in falscher Reihenfolge stehen für euren Erzählstil.
Das Publikum sitzt da und ihr kommt: Hey, schaut mal was ich gemacht habe … und da muss die Erzählung durchlaufen.
und außerdem: Wenn ihr den Vortrag 3-4mal vorher aufgesagt habt, wird die Zeit automatisch sitzen – aber nur wenn ihr euch gezwungen habt, den Vortrag ohne neu zu formulieren durchzuziehen und im echten Vortrag nicht hektisch werdet.

2. Ihr braucht keine Inhaltsangabe. Euer Vortrag sieht wie folgt aus: Einleitung, Methode, Experimentaufbau, Ergebnisbilder, Diskussion, Ausblick. Stimmt fast immer, und wenn nicht stört es bei 12-15 Minuten Vortrag niemand. Ok, ein längerer Vortrag darf eine Inhaltsfolie haben, aber auch dann müsst ihr nicht sagen: Die Einleitung hatten wir grade, oder dass am Schluss die Zusammenfassung kommt. Benennt lieber schonmal wichtige Stichworte aus den Teilen.
Für einen kurzen Vortrag ist aber klar, was passieren wird. Viel besser finde ich am Anfang eine Beschreibung der Aufgabe. Drei Sätze – das wollten wir machen, und zwar unter der Bedingung und mit der Methode. Dann ist das Feld eröffnet. Ich spiele sogar mit dem Gedanken, noch weiter zu gehen und beim nächsten Mal mit dem wichtigsten Bild aus den Ergebnissen zu eröffnen. Die Überschrift des Vortrags hat schon die Information, dass jeder weiß worum es grob geht. Dann kommt das Ergebnis und die Leute wissen wo es hingeht und wissen, ob sie aufmerksam bleiben wollen. Im Paper ist es auch so: Da kommt das Abstract und man weiß, was das Ergebnis ist. Muss ja kein Krimi bleiben.

3. Ihr seid der Mittelpunkt des Geschehens. Eure Folien enthalten Zusammenfassungen dessen, was ihr erklärt. Und Bilder, die ihr zeigen wollt. Nicht mehr. Der Mittelpunkt seid ihr, die Leute sollen euch anschauen und zuhören, wenn sie etwas erfahren wollen. Ich würde sagen, mindestens 80% der Vortragenden beachten das nicht. Versucht, dass nicht ein Monitor in eurem Sichtfeld liegt, um nicht da drauf zu gucken. Stellt euch locker aber solide hin, und nehmt beide Hände aus der Tasche. Eure Hände sind euer visuelles Hilfsmittel. Ihr dürft damit ruhig Formen malen und an wichtigen Stellen Betonungen setzen. Das hilft nicht nur dem Publikum, vor allem ist das auch ein sehr starkes Mittel, um euch an vorbereitete Erklärungen zu erinnern. Sprecht so viel wie möglich in Richtung Publikum. An den Folien müsst ihr eigentlich nur Bilder und Formeln zeigen, und auch da nur die entscheidenden Stellen zeigen. Ihr solltet knapp neben der Projektionsfläche stehen, damit es keinen Weg für die Augen gibt, nur auf die Folie zu sehen. Wenn ihr ständig etwas auf der Folie zeigen müsst, habt ihr vielleicht eh zu viele Formeln und Bilder. Oder ihr habt nicht den Mut, trotz Bildes an der Wand den erklärenden Satz wieder ans Publikum zu richten.

4. Bedankt euch knapp am Ende. Ich habe mal irgendwo gelesen, am Ende soll man bloß nicht danke sagen. Das halte ich für Blödsinn. “Thank you for your attention” ist höflich und das allgemein anerkannte Endzeichen. Den allerersten Satz solltet ihr mit einem Viertelsatz Floskeln einleiten und dann allgemein beschreibend um den Titelsatz sprechen. Die ersten 2-3 Sätze sind eh dafür da, dass das Publikum sich an eure Stimme/eure Aussprache gewöhnt. Lest bloß nicht den Titel vor, dass hat der Chair wahrscheinlich eh schon getan. Den ersten Satz müsst ihr 2-3 mal im Kopf aufsagen bevor ihr nach vorne geht, damit ihr beim Einstieg auf euren Stand, die Lautstärke und Position achten könnt und trotzdem einen selbstsicheren Einstieg findet.

5. Seht euch kurz die Hilfsmittel und den PC an. Ihr müsst den Vortrag eh vorher aufspielen. Klickt unbedingt alle Folien einmal durch, seht euch an wo ihr stehen wollt. Meistens gibt es jetzt einen Klicker mit eingebautem Laserpointer. Benutzt den unbedingt vorher schon einmal, um nicht aus Versehen in die falsche Richtung zu drücken und Doppelklicks macht, manche Klicker sind leider sehr sensibel. Die meisten Klicker haben auch den Laserpointer-Knopf zwischen den Folientasten oder irgendwo versteckt. Dann müsst ihr den Finger auf dem Pointer lassen oder im Vortrag kurz schielen, bevor ihr ihn drückt – besser als die Folie umzuschalten.
Achtet auch bewusst auf die Sprecher vor euch, um herauszufinden, wo ihr stehen wollt, wie gut die Mikrofone sind oder was man sonst noch beachten sollte, weil es euch beim Vorgänger nicht gefällt.

Oje, denkt jetzt nicht dass ich das alles toll beherrsche, aber ich gebe mir Mühe immer besser zu werden. Es erhöht eure Chance, wahrgenommen zu werden. Ihr habt hart an den Daten gearbeitet, jetzt habt ihr selbst es verdient, eure 15 Minuten Aufmerksamkeit zu bekommen.

Kommentare (4)

  1. #1 Christian A.
    09/11/2009

    Ich war im Sommer als Hilfskraft auf einer Konferenz, zu meinen Aufgaben gehörte unter anderem auch, während der Vorträge die Laptops zu wechseln, das Anklippmikro zu wechseln und auszurichten usw. Das war allerdings auch die erste große Konferenz, die ich gesehen habe (geht aber bald weiter ;), aber ich denke, einen kleinen Tipp (Erweiterung Punkt 5) kann ich auch beisteuern: Hört euch kurz und in Ruhe (!) an, was die wuselnden HiWis in Bezug auf Mikro und ähnliches zu sagen haben. Dadurch, dass die Leute möglichst schnell anfangen wollten, konnte ich teilweise die Mikros nicht vernünftig anbringen. Die Leinwand war zur Linken, so dass das Mikro links ans Hemd musste, und diejenigen, die sich das selber rangefummelt haben, habens immer mittig platziert. Diese waren dann teilweise nicht mehr zu verstehen, wenn sie selber den Kopf gedreht hatten, um auf die Leinwand zu schauen.

    Punkt 1 und Punkt 3 gefallen mir besonders gut.

  2. #2 Relaxation
    09/11/2009

    Danke. Sehr schön auf das Wesentliche konzentriert. Manche Hilfestellungen kann man gar nicht oft genug geben.

    Aus persönlicher Erfahrung mit Kollegen und Studenten, denen eben besonders der Gewöhnungseffekt fehlt, denke ich, dass ein Probevortrag LAUT vor Bekannten in einem entsprechend großen Saal immer angestrebt werden sollte. Es sei denn natürlich, jemand hält im Schnitt sowieso einen Vortrag pro Woche. Die echten Vortragskatastrophen bis hin zum Abbruch habe ich jedenfalls immer bei Leuten erlebt, die nicht üben wollten/konnten.

    Die “Zusammenfassung” in Punkt 3 würde ich richtig fetten. Der ausformulierte Text gehört in ein Paper. Ich persönlich halte es sogar für eine Frechheit, wenn mir jemand eine komplette Buchseite an die Wand wirft, die dann noch in 30 Sekunden vorliest und schnell weiterzappt.

    Aber mal etwas ganz positives, vielleicht geht es nur mir so: vor vielleicht 5 Jahren gab es mal eine Welle von Animationen, die durch die Powerpointlande schwappte. BlingBling hier, Wolken dort und Schafe schoben den Kram durch die Gegend. Soweit ich das sehe, ist diese Unsitte (in der Pharmazie) ausgestorben oder hat da jemand andere Erfahrungen, vielleicht auch in anderen Bereichen, gemacht?

  3. #3 Florian Freistetter
    09/11/2009

    Ich kann den Punkten nur zustimmen! Sind äußerst gute Tipps! Und einen möchte ich vielleicht noch hinzufügen: Macht wirklich für jeden Vortrag eine eigene, neue Präsentation. Ich habs schon oft erlebt, das Leute irgendwelche alten Vorträge zusammenkopiert haben – das funktioniert nie! Erstens ist es unhöflich gegenüber dem Publikum (das merkt ja, das es hier nur aufgewärmte Kost bekommt), zweitens schaut so ein Mix auch optisch schlecht aus und vor allem 3) bekommt man so relativ leicht Zeitprobleme. Ich hab schon Kollegen erlebt, die tatsächlich einen 50min-Vortrag nochmal 1:1 für einen 20min Vortrag übernommen haben. Sowas klappt nicht – das muss man neu strukturieren!

  4. #4 MartinB
    09/12/2009

    Das meiste finde ich super, bis auf
    “Ihr braucht keine Inhaltsangabe. ”
    Doch. Ihr braucht eine Inhaltsangabe. Sie darf nur nicht trivial sein. Also nicht:
    Einleitung
    Messmethode
    Ergebnis
    Zusammenfassung

    sondern spezifisch zum Thema passend, so was wie
    Das Problem XY
    Lösungsmethode: ABC
    Ergebnisse: DEF
    Und Packt ein paar Schlüsselbilder auf diese Folie. Die können dann in der Zusammenfassung wieder auftauchen.

    Damit kann man den Rahmen setzen. Allerdings muss man dann das Thema schon vorher soweit einführen, dass die Zuhörer das auch verstehen können.

    Und, auch ganz wichtig: Die Zusammenfassungsfolie ist die wichtigste im Vortrag. Nicht überspringen, nicht hinterher noch eine “Dank an die Sponsoren”-Folie – die Leute sollen die Zusammenfassungsfolie gern dreimal lesen, dann ist die Chance größer, dass sie was vom Vortrag behalten.

    Und den Monitor im Sichtfeld finde ich immer hilfreich, dann muss ich mich nämlich nicht zur Projektionsfläche drehen, um zu sehen, was auf der Folie ist. (Und perfekt auswendig kann ich meine Folien normalerweise nicht.)

    Und schließlich noch der wichtigste Tipp: Weniger ist mehr. Ihr müsst nicht alle Feinheiten und Details erklären – merkt sich eh keiner. Erzählt eine einfache Geschichte mit nem roten Faden, wo die Leute wissen, woran sie sind.

    Weia, wenn ich jetzt noch weitermache, dann kopiere ich all meine Folien aus meinen “richtig-Präsentieren”-Veranstaltungen hier in den Blog-Kommentar…