Was ist es, das Radioaktivität so mysteriös macht? Ist es, dass man sie nicht riechen, schmecken oder fühlen kann? Ja, zu einem Teil sicher, ich erinnere mich noch gut wie wir uns im Praktikum hinter Bleiziegeln vor einem eigentlich harmlosen Präparat versteckt haben, nur weil der Geigerzähler so doll getickt hat. Aber auch Luft kann man nicht schmecken, riechen oder fühlen – und trotzdem fühlen wir uns ziemlich wohl damit. Warum? Weil wir wissen was es ist und wie wir damit umgehen müssen. Daher denke ich auch, dass ein Mangel an Wissen zur Radioaktivität besteht und möchte hier wenigstens auf die drei wichtigsten Strahlungsarten eingehen.
Grundlegendes
Unter Radioaktivität versteht man den Zerfall instabiler Atomkerne unter Aussendung von Strahlung. Diese Strahlung kann Teilchen (Protonen, Neutronen, ganze kleinere Atomkerne, Elektronen) oder elektromagnetische Wellen bedeuten.
Warum aber werden Kerne instabil? Um das zu verstehen, muss man zuerst einmal fragen: Warum werden Kerne überhaupt stabil? Denn plausibel ist das erstmal – mit den Kräften die wir makroskopisch kennen – nicht. Im Kern gibt es zwei Arten von Nukleonen – elektrisch neutrale Neutronen und elektrisch positive Protonen. Also müssten sich doch die Protonen abstoßen? Ja, aber es gibt eine weitere Kraft, die man als Starke Wechselwirkung oder Kernkraft bezeichnet, und die zwischen den Nukleonen wirkt (also nehmen auch die Neutronen daran teil und sind daher so wichtig für den Zusammenhalt des Kerns).
Warum erfahren wir die Starke Wechselwirkung nicht selbst? Weil ihre Reichweite so kurz ist. Im Gegensatz zur elektromagnetischen Wechselwirkung, die durch Teilchen ohne Ruhemasse übertragen wird (Photonen), wird die Starke Wechselwirkung durch massive Teilchen getragen, und dadurch ist ihre Reichweite beschränkt. Ihre Reichweite liegt bei nur wenigen Femtometern (fm), und bei 2,5 fm Entfernung zwischen Nukleonen werden elektromagnetische Abstoßung und Kernkraft etwa gleich stark – aber mit entgegengesetztem Vorzeichen. Da diese Entfernung der Größe schwererer Atomkerne entspricht, kann man sich vorstellen, dass zwei Nukleonen in einem Kern eventuell schon nichts mehr voeinander spüren. Wenn man sich alle Terme überlegt, die die Bindungsenergie pro Nukleon bestimmen, erhält man eine solche Beziehung:
Zunächst nimmt die Bindungsenergie je Nukleon stark zu, bis hin zum Eisenkern. Danach nimmt sie jedoch stetig wieder ab – und führt dazu dass schwere Atomkerne instabil werden können.
Alphastrahler
In der obigen Grafik kann man auch einen Zacken gleich am Anfang erkennen, das ist der Heliumkern mit zwei Protonen und zwei Neutronen. In einem schweren Kern kann so ein Heliumkern sich sammeln und nach draußen tunneln – und als Alphastrahlung den Kern verlassen.
Das Bild zeigt, was so ein Heliumkern innerhalb eines schwereren Atomkerns an Kräftepotential sieht: Links der tiefe Topf, in dem es gebunden durch die anziehende Starke Wechselwirkung sitzt. Um daraus zu springen, muss es den Potentialwall überwinden, der sich nach rechts anschließt. Da aber die Reichweite der Starken Wechselwirkung beschränkt ist, wird dorthinter die elektromagnetische Abstoßung bemerkbar. Dadurch wird die Barriere des Potentialwall nach außen kleiner. Und hier hat der Heliumkern gut in Quantenmechanik aufgepasst, denn er kennt den Tunneleffekt. Während klassisch der Heliumkern nicht über den Potentialwall käme, kann er hindurchtunneln – also sontan, ohne die Strecke wirklich zurückzulegen, weiter außen auftauchen, wo das Potential wieder abnimmt – und so den Kern verlassen.
Dass er auch wegkommt, liegt daran dass Bindungsenergie frei wird. Im Heliumkern sind die Nukleonen stärker gebunden als vorher im Atomkern. Dadurch nimmt seine Masse ab – das nennt man den Massendefekt, denn nach E=mc² fehlt das, was in zusätzlicher Bindungsenergie steckt, an Masse. Man kann ausrechnen, dass ab einer Nukleonenzahl von 165 durch die Trennung eines Atomkerns in Alphateilchen und Restkern die Gesamtmasse der zwei Teile geringer ist als die des vorigen Gesamtkerns. Somit gewinnt der Atomkern durch Trennung den Massenunterschied als kinetische Energie hinzu (wieder nach E=mc²).
Aufgrund der hohen Masse der Teilchen sind Alphastrahlen eher harmlos und nach wenigen Zentimetern Luft haben sie ihre Energie bereits verloren. Solange man sie nicht verschluckt, stellen sie keine Gefahr für den Mensch dar. Schließlich ist die Gefahr für den Menschen, dass durch die Energie ein Stück DNA zersetzt wird. Der Alphastrahler ist aber ungefährlich, weil die Haut die Teilchen bereits stoppt.
Halbwertszeit
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