Auf dem Weg zu immer größeren Energien kollidierender Teilchen war es irgendwann nötig, das Konzept des Linearbeschleunigers hinter sich zu lassen und einen Weg zu finden, längere Beschleunigungsstrecken zu erreichen ohne maßlos lange, gerade Strecken bauen zu müssen. Die Lösung ist natürlich im Prinzip nicht so schwer – man macht einfach einen Ring draus! Aber wie bekommt man ein Teilchen dazu auf einer Kreisbahn zu fliegen, wo es sich Newton-konform verhalten und daher eher geradeaus fliegen möchte? Magnete!

Schauen wir aber zunächst noch einmal auf das Prinzip der Beschleunigung zurück: Man nimmt ein elektrisch geladenes Teilchen, Elektron oder Proton etwa, und lässt es eine Spannungsdifferenz durchlaufen. Dadurch bekommt es Energie gleich seiner Ladung mal der Spannungsdifferenz – daher drückt man die Energie auch am einfachsten direkt in Elektronenvolt (eV) aus. Ein Elektron oder Proton trägt eine Elementarladung, also 1 e. Durchläuft es eine Spannungsdifferenz von 1000 V, hat es 1 keV Energie. Im Limit sehr hoher Geschwindigkeiten nahe der Lichtgeschwindigkeit setzt man dann aus praktischen Gründen Energie und Masse gleich. So kann ein im Vergleich leichtes Proton, ist es erst einmal beschleunigt, eine Masse annehmen aus der bei einer Kollision mit einem anderen Teilchen neue Elementarteilchen entstehen können, die eine wesentlich höhere Masse haben als ein ruhendes Proton.

Um keine gewaltige Spannungsdifferenz aufrecht erhalten zu müssen, setzt man beim Linearbeschleuniger darauf, die Beschleunigungsstrecke aufzuteilen, und immer nach dem Durchflug des Teilchens durch eine Strecke die Spannung umzupolen. Da man sehr schnell umpolen muss, liegt die Frequenz im Bereich von GHz, also steuert man die Umpolungen durch Radiofrequenz.

Kreisverkehr

Jetzt schließen wir den Kreis: Die moderne Form des Ringbeschleunigers oder Synchrotrons hat ein einfaches Prinzip. Wir nehmen keine offene, gerade Beschleunigerstrecke sondern führen sie rund und bauen eine oder mehrere Beschleunigerstrecken ein, die nach dem gleichen Prinzip wie beim Linearbeschleuniger funktionieren. Im Allgemeinen ist das Synchrotron nicht kreisrund, sondern es verfügt über gerade Strecken, auf denen die Teilchen beschleunigt werden oder Experimente stattfinden, und über Kurvenstrecken, auf denen es durch Magnete auf Kurvenbahnen abgelenkt wird. Im Prinzip sieht es also so aus:

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Bildquelle: Uni Bonn

Man braucht einen Vorbeschleuniger, die die Teilchen erstmal “von 0 auf 100” bringt…damit das Synchrotron etwas damit anfangen kann. Im Bild könnten z.B. oben links ein Linearbeschleuniger als Vorbeschleuniger sein und dann oben und unten Beschleunigerstrecken sowie links und rechts Ziele/Detektoren für Experimente.

Ein schöner Aspekt ist, dass man entgegengesetzt geladene Teilchen gleichzeitig beschleunigen kann – die laufen dann einfach in entgegengesetzte Richtungen um den Kreis. In den Detektorstrecken kann man sie dann aufeinandertreffen lassen – am LHC-Vorgänger LEP z.B. Elektronen und Positronen.

Eine spezielle Form ist der Speicherring. In ihm werden die Teilchen nicht weiter beschleunigt, sondern auf einer Kreisbahn und bei gleicher Energie gehalten – gespeichert eben, bis man sie für ein Experiment braucht.

Für Ablenkung sorgen

So, einen Teil müssen wir uns noch ansehen, wie man die Teilchen auf der Kreisbahn hält. Dafür sind speziell geformte Magneten zuständig. Außerdem kreist ja normalerweise nicht ein einzelnes Teilchen, sondern eine ganzes Bündel von Teilchen. Dieses droht, auseinanderzulaufen. Daher braucht man eine weitere Art Magnete zur Fokussierung des Strahls.

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Bildquelle: Wikimedia Commons unter freier GNU-Lizenz

Der Dipolmagnet lenkt den Strahl um die Kurve. Die kleinen grauen Pfeile deuten die Magnetfedrichtung an – die Kraft wirkt senkrecht dazu, also nach rechts ablenkend wenn die Teilchen in die Bildebene hinein fliegen. Etwas komplizierter geformt sind die Quadrupolmagneten, die für die Fokussierung zuständig sind:

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Bildquelle: Wikimedia Commons unter freier GNU-Lizenz

Es gibt also jeweils zwei Nord- und zwei Südpole, die in den Ecken sitzen und ein Feld erzeugen. Dieses übt auf ein geladenes Teilchen die Kräfte aus, die durch die blauen Pfeile angedeutet sind. In der Horizontalen wirken hier die Kräfte zum Zentrum hin. Der Strahl wird also dadurch horizontal fokussiert. Allerdings sieht man auch, dass die Kraft in der Vertikalen vom Zentrum wegzeigt. Das ist der Grund, warum man immer zwei Sätze an Quadrupolmagneten braucht. Ein zweiter, um 90° gedrehter, wirkt bündelnd in der Vertikalen.

An modernen Beschleunigern kommen Magneten höherer Ordnung (also mit 6, 8… Polen) zum Einsatz. Hier zum Abschluss das Bild eines Sextupolmagneten vom LEP, der Abweichungen in Flugrichtung korrigiert:

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Bildquelle: CERN PhotoLab 1984

Kommentare (4)

  1. #1 Chiron McAnndra
    10/11/2009

    Wäre es nicht vorteilhaft, statt eines Ringe mit 8 Magneten besser mehrere Quadrupolmagneten-Ringe hintereinanderzuschalten, die jeweils um ein paar Grad gedreht sind? Das würde doch bei der Fokussierung die Bahngeschwindigkeit besser berücksichtigen … ?
    CMA

  2. #2 Jörg
    10/11/2009

    Also es reicht ja aus, wenn man zwei Quadrupolmagnete hintereinander um 90° gedreht anbringt – dann sind alle Richtungen abgedeckt (2 Dimensionen).
    Ich bin mir aber sicher, dass in der Praxis das ganze doch komplizierter ist, aber aus mehrstufig gedrehten Quadrupolmagneten würde man wohl keinen zusätzlichen Nutzen ziehen.

  3. #3 Tronje
    10/11/2009

    Sind die grauen Pfeile beim Dipolmagneten nicht die Magnetfeldlinien? Und müsste dann die Kraft/Beschleunigungsrichtung nicht nach rechts zeigen (bzw. links). Das Bündel soll sich doch in oder aus der Ebene herausbewegen, oder?

  4. #4 Jörg
    10/12/2009

    @Tronje: Stimmt, danke, das sind die Magnetfeldlinien, nicht die Kraftlinien. Habs geändert im Text.