Über den (Quanten-)Hall-Effekt habe ich gestern berichtet. Dass das weiterhin ein spannendes Thema ist, zeigt eine aktuelle (Vorab)veröffentlichung in Nature. Die Forscher aus New Jersey und New York zeigen darin erstmals, dass der fraktionale Quanten-Hall-Effekt auch in Graphen existiert.

Graphen (mit langem eeee) ist ein hochinteressantes Material. Beim Quanten-Hall-Effekt ist ja die Zweidimensionalität des Leiters eine Vorraussetzung, und das liefert Graphen frei Haus. Denn eine Graphenschicht ist eine nur ein Atom dicke Schicht aus Kohlenstoff-Atomen, die noch weitere spannende Eigenschaften aufweist.

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Graphenschicht. Bildquelle: gemeinfrei bei Wikipedia.

Neben einer hohen Härte und äußerst großen Reißfestigkeit (gerolltes Graphen bildet die berühmten Kohlenstoff-Nanoröhrchen) des Materials ist es besonders die Quantenwelt, die Graphen für die Physik interessant macht. In diesem Material gibt es nämlich eine ganz besondere Bandstruktur (als “Band” bezeichnet man einen fast kontinuierlichen Bereich an möglichen Elektronen-Energien), die dazu führt, dass die Elektronen sich verhalten wie Teilchen ohne Ruhemasse. Zusammen mit durch den speziellen Gitteraufbau bedingten Symmetrien im Energiespektrum führt das dazu, dass man die Elektronen als relativistisch betrachten muss. Da man dazu die berühmte Dirac-Gleichung für masselose Fermionen verwenden kann, spricht man auch von Dirac-Elektronen.
Die Zweidimensionalität des Graphen wurde erstmals dadurch bestätigt, dass man den ganzzahligen Quanten-Hall-Effekt beobachten konnte (z.B. Zhang et al., Nature 2005, arXiv). Allerdings ist er im Graphen durch die speziellen Verhältnisse der Elektronen nicht ganzzahlig, stattdessen liegen die Stufen bei Teilern, die sich durch n+1/2 ausdrücken lassen (für ganzzahliges n).

Ferner erwartet man, dass es starke Interaktionen zwischen den Elektronen geben müsste, die aber bis jetzt nicht nachgewiesen werden konnten. Der fraktionales Quanten-Hall-Effekt ist ein maßgebliches Beispiel für solche Interaktionen, entsteht er doch erst dadurch, dass die Elektronen zusammen mit Flußquanten des Magnetfeldes zu einem bosonischen Grundzustand kondensieren, dessen Anregungen dann Quasiteilchen gebrochener Ladung sind, die dann zu gebrochenen Teilern für die Stufen im Hall-Widerstand führen.

Dass der fraktionale Quanten-Hall-Effekt jetzt im Graphen gefunden werden konnte, schreiben die Forscher der Verwendung besonderer neuer, besonders reiner Graphen-Strukturen zu. Die Proben wurden im Bereich von 1.2 K bis 80 K und bei Magnetfelder bis zu 12 T untersucht.
So wurde zunächst der normal-anormale Quanten-Hall-Effekt gefunden, dann im Bereich über 2 T und bei geringen Temperaturen ein Plateau bei 1/3. In der Theorie entspricht das einer Kombination von einem Elektron mit zwei Magnetquanten, und Anregungen mit einer Ladung von e/3. Zusätzlich sei der Effekt wesentlich robuster als z.B. beim MOSFET, denn er sei bis hinauf zu 12 K beobachtbar. Im Bild kann man das Plateau klar erkennen:

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Reproduced from Du et al., Nature 2009

Dank der Robustheit des Effektes besteht die Hoffnung, den fraktionalen Quanten-Hall-Effekt im Graphen besser untersuchen und verstehen zu können.