Über Licht nachdenken ist ein toller Weg um sich klar zu machen, was wir eigentlich anstellen, wenn wir in der Physik ein Phänomen beschreiben: Wir basteln uns ein Modell davon. Für Licht gibt es nicht nur eine, sondern mindestens drei Modellvorstellungen, die unterschiedliche Gültigkeitsbereiche haben und von denen mindestens zwei gleichzeitig unsere Theorie davon darstellen, was Licht ist. Man könnte philosophische Tonleiterübungen machen darüber, was ein Modell ist, ob es wenn es die beste Theorie ist etwas über die Existenz aussagt usw. Das ist aber gähnend langweilig und führt zu nichts. Freuen wir uns lieber, dass wir mit den greifbaren Modellen vom Licht einen Weg haben, das Phänomen zu beschreiben und für unsere Zwecke zu formen.
Lichtstrahl
Die einfachste Vorstellung vom Licht ist der gerade Lichtstrahl. Man könnte sagen, diese Vorstellung ist falsch. Aber “falsch” und “richtig” sind wiederum keine Begriffe von furchtbar großer Bedeutung hier. Das Modell des Lichtstrahls funktioniert für vieles hervorragend, und reicht z.B. völlig aus, um Schülern eine Einsicht vermitteln zu können, wie man das Phänomen Licht greifbarer macht. Mit der Vorstellung des geraden Strichs, der von der Lichtquelle zum Auge des Beobachters führt, tut man das einzige was die Physik jemals tut: Man reduziert das Phänomen auf das Wesentliche. Mit diesen geraden Linien kann man beispielsweise durch eine Zeichnung ermitteln, wie eine Linse funktioniert:
Beliebig komplizierte physikalische Prozesse heruntergebrochen auf ein paar Striche. Und es reicht aus.
Welle
Solange man also nicht fragt: “warum?” sondern eher “wie?” ist das Modell des Lichtstrahls ein gutes Konzept. Wer Erklärungen möchte, muss aber dann irgendwann doch nach dem Modell der Welle greifen. Dann lässt sich Licht erklären als die Abfolge magnetischer und elektrischer Felder, die sich gegenseitig anregen. Denn die Maxwell-Gleichungen , die die Elektromagnetik beschreiben, geben uns Auskunft, dass zeitlich veränderliche Magnetfelder elektrische Felder erzeugen und umgekehrt. Die zeitliche Veränderung drückt sich in der Wellenform aus. (Nur damit ihr nicht verwirrt seit, fern vom Erreger der Welle habn sich die magnetischen und elektrischen Felder verschoben und Wellenberge und -täler beider Felder liegen an der gleichen Position. Das nennt man das “Fernfeld”.)
Wie schwingt diese Welle? Ihr könnt es im Bild sehen oder euch so verdeutlichen: Streckt eure Hand aus und dreht die Handfläche parallel zum Boden. So schwingt z.B. das magnetische Feld. Dreht die Hand nun um 90 Grad. Das ist die Schwingungsebene des elektrischen Feldes. Und eure Finger zeigen in die Ausbreitungsrichtung.
Die Achse des Bildes entspricht dem Modell des Lichtstrahls. Aber damit könnte man so etwas nicht erklären:
Der Spaltversuch ist ein berühmtes Modell, das die Wellennatur des Lichtes zeigt. Man schickt Laserlicht durch eine Apparatur durch einen sehr sehr dünnen Spalt auf einen Schirm. Auf dem Schirm ergeben sich Muster, wie man sie unten im Bild sieht. Die Erklärung? Stellt euch den Weg vor, den eine Welle vom oberen und unteren Rand des Spaltes bis zu einem Punkt auf dem Schirm zurücklegen. Der Weg ist ganz leicht unterschiedlich lang, und so kommt vielleicht von der einen Welle genau der Wellenberg an, aber die andere Welle befindet sich gerade an einem anderen Teil, z.B. vielleicht sogar gerade im Wellental. Man kann dann die Positionen aufaddieren. Wenn sich ein Wellenberg und ein Wellental treffen, bleibt kein Licht übrig. Daher die dunklen Flecken in dem Muster auf dem Schirm.
Teilchen
Aber das Licht ist besonders rätselhaft. Mit Wellen kann man fast alles erklären, außer wenn man in die Quantenwelt schaut. Unserer alltäglicher Erfahrung bleibt die Quantenwelt verborgen, aber sie darf euch nicht egal sein. Immerhin lest ihr das hier auf einem Computer, und die Bauteile, die Transistoren, im Kern des PC sind so winzig, dass dort die Quantenwelt nicht mehr egal ist.
Wir müssen damit leben: Ein Modell – Welle oder Teilchen – reicht nicht aus um Licht zu beschreiben. Vielmehr müssen wir neben der Wellennatur, die uns oben so geholfen hat um den Spaltversuch zu erklären, auch noch damit leben, dass es eine kleinste Energiemenge an Licht gibt – man sagt das elektromagnetische Feld ist gequantelt. Diese kleinsten Energiepakete, die Photonen, sind Anregungen des elektromagnetischen Feldes. Für uns sind es aber vor allem Teilchen. Im photoelektrischen Effekt kann man die Teilchennatur nachweisen, aber es gibt einen besonders eindrucksvollen Versuch, der die Teilchennatur nachweist. Dazu baut man einen Versuch ähnlich wie oben, aber mit zwei Spalten. Dann ergibt sich wieder ein ähnliches Muster, das man nur mit der Welleneigenschaft erklären kann.
Jetzt senkt man die Intensität des Lichtes so stark ab, dass zu jeder Zeit höchstens ein Photon, die kleinste Lichtmenge die möglich ist, in der Apparatur unterwegs sein kann. Wenn jetzt Licht entweder Welle oder Teilchen wäre, dürfte es nicht das gleiche Muster geben – schließlich kann das Photon nicht durch beide Spalte gehen, oder?
Das Ergebnis: Doch, anscheinend geht das einzelne Photon gleichzeitig durch beide Spalte – denn das Muster bleibt gleich. Nur wenn man beide Modelle – Teilchen und Welle – kombiniert kann man den Versuch erklären. Man darf sich das Teilchen offenbar doch nicht streng als kleines Kügelchen vorstellen – auch wenn diese Vorstellung beim photoelektrischen Effekt geholfen hat.
So ist die Physik – nur zwei Modelle gleichzeitig erklären das Phänomen Licht. Man nennt das den Welle-/Teilchen-Dualismus, und er entzieht sich wirklich unserer makroskopischen Vorstellung von Erklärbarkeit. Warum verwenden wir ihn trotzdem? Weil er funktioniert.
“Fundamentales” versucht in kurzen Beiträgen, einen wichtigen Begriff aus der Physik in wesentlichen Zügen zu erklären.
Mehr Fundamentales findet ihr hier.
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