Florian hat schon darauf hingewiesen, ich will es auch noch einmal tun: Es sind jetzt nur noch 4 Tage Zeit, bei Geben Gibt für den Publikumspreis zum Deutschen Engagementpreis abzustimmen. Es gibt viele tolle Projekte dort, z.B. die Sozialhelden denen wir alle die Daumen und Votingbuttons drücken, und deren Initiatior Raul Krauthausen hier bei der GWUP interviewt wurde.
Eines dürft ihr nicht tun: Für die Homöopathen wählen, die auf Platz 2 lagen, bevor die Abstimmung am 1. November verblindet wurde. Dieser Verein nimmt nachweislich unwirksame Mittel und möchte sie in Länder verbreiten, denen es schon grad schlecht genug geht. Was in einem Wohlstandsland wie Deutschland, wo es eine fantastische medizinische Versorgung gibt, nur eine intellektuelle und moralische Störung ist, kostet in armen Ländern Menschenleben. Dafür darf es keinen Preis geben. Der Verein ist sich auch nicht zu schade, damit Schwerstkranken helfen zu wollen.
Ich habe dazu auch Mails geschrieben an die Köpfe, die ihr Bild als Schirmherr und Fürsprecher auf der Geben Gibt-Seite herhalten: Ursula von der Leyen, Michael Stich bzw seine Stiftung und Eckart von Hirschhausen. Außerdem noch an die Projektleitung. Die Bischöfin hab ich mir gespart. Von der Stiftung habe ich nur eine Antwort bekommen, die mir für meine ehrliche Meinung dankte und dass man meinen Brief weiterleiten würde. Vom BMI habe ich eine Antwortmail erhalten, aber hier zunächst mein Brief:
Sehr geehrte Frau von der Leyen,
ich schreibe Ihnen als Schirmherrin der Kampagne “Geben Gibt”. Ich möchte zunächst sagen, dass ich die Abstimmung zum Deutschen Engagementpreis sehr gut finde. 19 der Nominierten zeigen fantastische Beispiele, was mit sozialem Engagement zu erreichen ist, und auf welch verschiedene Weisen wir Menschen uns helfen sollten und müssen. Jeder dieser 19 hat Unterstützung und Anerkennung sehr verdient.
Ich muss nun aber leider meine tiefe Erschütterung über den 20ten Nominierten, den Verein “Homöopathen ohne Grenzen”, ausdrücken. Homöopathie ist eine dogmatische Methode, deren Ideen der Heilwirkung jeglicher physikalischer, chemischer und medizinischer Erkenntnis überragend widersprechen. Nichtsdestotrotz ist Homöopathie in wissenschaftlichen Studien oft und rigoros untersucht worden. Die Ergebnisse aller Studien nach dem höchsten klinischen Standard mit doppelter Verblindung und Kontrollgruppen hat gezeigt: Homöopathie ist unwirksam. Es gibt keinen vernünftigen Zweifel, dass Homöopathie nichts weiter ist als Wasser oder Zucker und etwaige Wirkung nur über den Placebo-Effekt oder unspezifische Effekte zeigt.
Der Verein Homöopathen ohne Grenzen geht in arme Länder oder Katastrophengebiete und bildet dort z.B. Krankenschwestern in diesen Techniken aus. Es lässt sich sogar ablesen, dass damit Menschen die an schwersten Krankheiten wie AIDS leiden, mit homöopathischen Mitteln versorgt werden. Es wird nicht darauf verzichtet, auf die teure, übermedikamentierende Schulmedizin hinzuweisen – als ob nicht jeder Dollar für unwirksame Heilmittel zusätzliche Geldmittel abgraben würde.
Die guten Intentionen zählen hier für mich nicht – ich finde dieses Vorgehen zutiefst widerlich und möchte nochmals meine Fassungslosigkeit ausdrücken, solch einen Verein für diesen Preis nominiert zu sehen.
Und hier die Antwort vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend:
Sehr geehrter Herr Rings,
im Namen von Frau Bundesministerin Ursula von der Leyen danke ich Ihnen für Ihre E-Mail. Frau Ministerin hat mich gebeten, Ihnen direkt zu antworten.
Sie drücken Ihr Missfallen über die Nominierung des Vereins Homöopathen ohne Grenzen e. V. für den Deutschen Engagementpreis aus und begründen dies mit der wissenschaftlichen Ablehnung der Homöopathie.
Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) kann jedoch keine Aussage zu inhaltlichen Aspekten der Homöopathie treffen bzw. in die Kontroverse um den Stellenwert der Homöopathie eintreten. Dem BMFSFJ geht es bei der Förderung der Kampagne “Geben gibt.” des Bündnisses für Engagement darum, dass Engagement der vielen freiwillig Aktiven anzuerkennen. Alle im demokratischen und freiheitlichen Gemeinwesen vertretbaren Inhalte des Engagements sind willkommen und dürfen nach unserer festen Überzeugung nicht ausgeklammert werden, soweit andere fachliche Überzeugungen bestehen.
Zum Hintergrund: Frau Ministerin hatte im Jahr 2007 die Initiative ZivilEngagement gestartet. Unter dem Schwerpunkt “Danke allein genügt nicht” soll den 23 Millionen engagierten Menschen in unserem Land Aufmerksamkeit und Anerkennung zuteil werden. Die Kampagne ist ein Baustein der Initiative ZivilEngagement. Menschen, die sich aktiv für das Gemeinwohl einsetzen, erfahren persönliche Anerkennung vor allem im Rahmen ihres Engagements, die breite Öffentlichkeit aber nimmt eher selten davon Notiz. Mit dem Deutschen Engagementpreis, der am 5. Dezember in Berlin feierlich überreicht werden wird, soll sich dies ein weiteres Stück ändern. Die Auszeichnung soll engagierten Personen und beeindruckenden Projekten ein Gesicht geben und die Anerkennungskultur für bürgerschaftliches Engagement in Deutschland nachhaltiger ausbauen. Wir sind fest davon überzeugt: Über bürgerschaftliches Engagement muss mehr gesprochen werden, Vorbilder und gute Beispiele müssen vorgestellt und der Einsatz der Freiwilligen stärker sichtbar gemacht und gewürdigt werden.
Es würde mich freuen, wenn Sie für diese Sichtweise Verständnis aufbringen könnten.
Mit freundlichen Grüßen
Im Auftrag
Erstaunlich, das Ministerium kann nicht in eine Debatte über fundiertes, geprüftes, reproduzierbares Wissen eingreifen. Ich finde, gerade ein Ministerium sollte wissenschafts-basierte Politik machen und deswegen dafür sorgen, dass so etwas eben kein im “demokratischen und freiheitlichen Gemeinwesen vertretbare[r] Inhalt[] des Engagements” ist.
Der Rest des Briefs wird dann leider gefüllt damit, zu sagen wie wichtig freiwilliges Engagement ist, was ich ja ausdrücklich gelobt und erwähnt hatte.
Tja, wie zu erwarten bei einem Ministerium, heiße Luft, wir halten uns raus.
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