Heute habe ich eine Anwendung für euch, die mich völlig verblüfft hat, als ich zum ersten Mal davon gehört habe. Wer hätte gedacht, dass man sich kosmische Strahlung zunutze machen kann, um den Wassergehalt im Boden zu bestimmen?
Kosmische Strahlung habe ich hier schonmal beschrieben. Es handelt sich dabei um Teilchen, die aus dem All zu uns kommen und in der Erdatmosphäre mit Gasmolekülen kollidieren. Meistens sind es Protonen, die oft eine hohe Energie haben und dabei in dieser Kollision einen ganzen Too an Sekundärteilchen erzeugen, die dann auf die Erdoberfläche treffen. Darunter befinden sich auch Neutronen, die dann in erneuten Kollisionen im Boden weitere Neutronen erzeugen, die dann eine Energie von 1-2 MeV haben. Man spricht von schnellen Neutronen. Solche schnellen Neutronen können durch elastische Stöße an Atomen “abkühlen”, also Energie abgeben und langsamer werden. Sie werden “thermalisiert”, denn die Neutronen deren Bewegungsenergie der Energie entspricht die in der Raumtemperature steckt (1/40 eV) nennt man dann auch “thermische Neutronen”.
Weiter muss man noch wissen, dass Neutronen ganz besonders oft mit Wasserstoff stoßen, und daher Wasser Neutronen gut “abkühlen” kann. Nicht umsonst ist Wasser ein Moderator für Kernreaktoren. Die Überlegungen im folgenden wurden zunächst von Bethe 1940 theoretisch hergeleitet, dann in Messungen bestätigt, von Hendricks und Edge 1966, und dann von Kodama et al. 1985 in Bezug zur Bodenfeuchte gesetzt. Letztes Jahr dann haben Zreda et al. in den Geophysical Research Letters die Methode genauer untersucht und zur praktischen Anwendung gebracht.
Die Sache ist ja die: da Wasser so ein bedeutender Moderator ist, und in der oberen Bodenschicht (einige Dezimeter) schnelle Neutronen entstehen, kann man zeigen dass mit zunehmendem Wassergehalt die Neutronen die dem Boden entweichen im Schnitt stärker abgebremst sind. Und umgekehrt kann man dann eine Messmethode draus machen: Man nimmt einen Neutronendetektor und bestimmt den Anteil schneller Neutronen über dem Boden. Sind weniger schnelle Neutronen da, hat man mehr Wassergehalt. Nun muss man mit einer anderen Methode, z.B. geophysikalischen Messungen, den Wassergehalt bestimmen um den Sensor zu kalibrieren. Hat man das aber erst einmal getan, hat man eine Messmethode, die einen gewaltigen Vorteil bringt: Ihr “Fußabdruck”, also die Fläche die sie sieht, liegt bei einigen Hundert Metern. Das ist eine wichtige Skala: Denn hier hat man eine Lücke bei dauerhaften Messungen: Lokale Messungen müsste man erst hochskalieren, was nicht trivial ist, da der Boden ein sehr komplexes, heterogenes Medium ist. Satellitenmessungen dagegen haben einen Fußabdruck von mehreren Kilometern. Sonden wie Neutronenzähler könnten also wertvolle Informationen liefern. Für eine Messung muss man einige Stunden sammeln, aber für Tageswerte wäre das absolut ok.
Sehr spannend, mal sehen was draus wird!
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