Gestern im WDR 5-Westblick gab es einen aufschlussreichen Bericht (hier im Podcast ab 21 Minuten). Es ist eine neue private Realschule eröffnet worden, und aufschlussreich ist dass man 3 Jahre kämpfen musste bis die Schule eröffnet werden konnte. Warum 3 Jahre? Es waren doch Eltern zusammengekommen, die guten Unterricht und gute Bildung für ihre Kinder wollten. Nun, der Trägerverein war aber türkisch. Und so wurde vorverurteilt, man wolle eine Koranschule aufbauen.
So weit, so diskrimierend. Jetzt ist die Schule aber da und wird normal von deutschen Kindern besucht, hat kleine Klassengrößen und super Förderung. Klingt super.
Aber was mich jetzt außerdem gestört hat, ist dass WDR 5 auch diskriminiert in ihren Berichten. Da heißt es nämlich:
…auch die muslimischen Kinder lernen evangelische und katholische Religion
Muslimische Kinder? Evangelische Kinder? Katholische Kinder? Gibt es alles nicht. Oder gibt es etwa auch demokratische Kinder? Oder kapitalistische Kinder?
Später heißt es dann:
Die meisten Schüler sind muslimischen Glaubens, aber die Schule steht allen Kindern offen, ganz egal welcher Religion und Nationalität.
Ja? Egal welcher Religion? Und die ganzen Kinder konfessionsloser Eltern? Atheisten dürfen nicht auf die Schule? Wird kein Ethikunterricht angeboten?
Den nachfolgenden Bericht über Islamlehrer-Ausbildung an deutschen Unis habe ich weggeschaltet, aber da hat sich ja Andreas Müller schon zu ausgelassen.
Ich habe also WDR 5 eine Mail geschickt:
Hallo WDR 5,
mit Interesse habe ich gestern Ihren Bericht zu einer neuen privaten Realschule mit türkischem Trägerverein im Westblick gehört. Das klingt nach einem guten Projekt, und es ist bedauerlich, dass diese Eltern sich gegen Vorwürfe wehren mussten, eine Koranschule aufzubauen.
Leider aber war der Bericht nicht weniger frei von diskriminierenden Äußerungen. Da hieß es “…auch die muslimischen Kinder lernen evangelische und katholische Religion”.
Es gibt keine muslimischen Kinder, es gibt keine katholischen und auch keine evangelischen Kinder. Das ist ein Stempel, der ihnen aufgedrückt wird. Oder denken Sie, es gäbe auch demokratische Kinder? Oder kommunistische Kinder? Oder wertkonservative Kinder?
Lässt sich kein anderer Begriff finden, der den Kinder die Freiheit lässt, eine eigene Meinung zu entwickeln und sich dann zu entscheiden wenn sie alt genug sind?Später im Bericht hieß es “Die meisten Schüler sind muslimischen Glaubens, aber die Schule steht allen Kindern offen, ganz egal welcher Religion und Nationalität.”
Ist das so? Sind das alle Kinder? Haben alle Kinder eine Religion? Was ist mit Eltern, die ihre Kinder nicht mit einem Glauben abstempeln möchten, sei es weil sie Atheisten sind, oder auch nur weil sie ihre Kinder später selbst entscheiden lassen möchten? Dürfen die die Schule nicht besuchen? Zählen die nicht unter “alle Kinder”?
Wenn Sie jetzt sagen, ach das ist doch keine Diskriminierung, man weiß ja was gemeint ist. Dann möchte ich zum einen sagen, dass ich mich durch solche Wortwahl als Atheist diskrimiert fühle; und möchte weiterhin fragen ob sie grundsätzlich auch nur männliche Formen verwenden oder etwa “Lehrer und Lehrerinnen” sagen. Denn mit nur “Lehrer” weiß man doch, was gemeint ist, oder?
Bitte beachten Sie, dass ich diesen Brief und Ihre Antwort in meinem Blog https://www.scienceblogs.de/diaxs-rake veröffentliche.
Mit freundlichen Grüßen,
Ob man vom WDR viel erwarten muss? Bei dem heftigen Kirchen-Sponsoring? Und am Freitag kommen auch die “Gedanken zum Schabbat”, ironischerweise wird dafür die Wissenschaftssendung um 10 Minuten gekürzt…
/edit 03.02.2010:
Ich habe eine Antowrt bekommen, Respekt das ging schnell. Die Antowrt ist freundlich, aber ich glaube ich habe meinen Kernpunkt noch nicht recht vermitteln können. Daher habe ich gleich nochmal geantwortet
vielen Dank für Ihr Interesse an unserer Sendung WDR 5 Westblick. In
Ihrer Mail vom 2. Februar 2010 kritisierten Sie einen Beitrag über die
Gründung einer privaten Realschule in Wuppertal.
Mit dem Bericht über die Schule, die von einem türkischen Verein
gegründet wurde, wollten wir Sie keinesfalls als Atheisten
diskriminieren oder Ihre Gefühle verletzen.
Ob und an welchem Religionsunterricht Grundschulkinder an staatlichen
Schulen teilnehmen, entscheiden in Nordrhein-Westfalen die
Erziehungsberechtigten. Dies gibt auch atheistischen Eltern die
gleichberechtigte Möglichkeit, sich für einen oder gar keinen
Religionsunterricht zu entscheiden. Die Träger privater Schulen können
im religiösen Bereich Pflichtfächer anbieten.
Das Wort “alle” haben wir wörtlich gemeint, im Sinne von jede und jeder
kann sich dort anmelden.
Desweiteren fragten Sie noch nach, ob wir nur die männlichen Formen
verwenden. Nein, dass tun wir nicht. In diesem Fall war es jedoch
zulässig, da zwei Interviewaussagen der Schulleiterin belegten, dass
im Kollegium auch Lehrerinnen sind.
Ich wünsche Ihnen noch viele informative und unterhaltsame Radiostunden
mit WDR 5.
Mit freundlichen Grüßen
vielen Dank für Ihre Antwort, leider befürchte ich dass mein Kernpunkt
nicht ganz durchgekommen ist.
Mein Beispiel mit den Lehrern und Lehrerinnen war vielleicht schlecht
gewählt, ich wollte nicht fragen ob Sie das tun, sondern nur etwas
verdeutlichen.
Aber vielleicht kann ich einfach vorschlagen, wenn Sie ausdrücken möchten> Das Wort “alle” haben wir wörtlich gemeint, im Sinne von jede und jeder
> kann sich dort anmelden.dann dürfen sie nicht sagen “Kinder egal welcher Religion”. Denn a)
sollten Kinder eigentlich noch gar keine Religion haben sondern
darüber später frei entscheiden und, das ist der wichtige Punkt, b)
sind dann Kinder “ohne Religion” ausgeschlossen. Wenn sie “alle”
meinen, wäre vielleicht eine Formulierung wie “alle Kinder, unabhängig
von Glaube oder Nationalität” treffender. Da wird deutlich, dass egal
ist ob das Kind eine Religion hat oder wenn es eine hat, welche.Ich wünsche mir nur ein bißchen Sensibilisierung für diese Problem.
Daher das Beispiel mit den Lehren/Lehrerinnen: Dort hat man auch diese
Bezeichnung eingeführt, weil sich Lehrerinnen durch die männliche Form
des Sammelbegriffes ausgegrenzt fühlen. Nur ist das Beispiel
ungünstig, da ich eigentlich nicht möchte, dass man jetzt Atheisten
namentlich erwähnen muss. Genau das Gegenteil, ich wünsche mir dass
man selbstverständlich so formuliert dass es nicht relevant ist ob
jemand glaubt oder nicht.
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