Irgendetwas ist seltsam an Antimaterie – sonst wären wir nicht hier. Am Anfang des Universums sollte gleich viel Antimaterie und Materie entstanden sein – und die löschen sich eigentlich sofort wieder aus. Aber wir sind hier, also muss es irgendwo eine kleine Asymmetrie gegeben haben. Das ist seltsam – aber der Anti-Wasserstoff, um den es heute geht, der ist aus einem anderen Grund seltsam: weil eines seiner Nukleonen ein Strange-Quark beinhaltet.
Hergestellt worden ist der seltsame Antikern am Relativistic Heavy Ion Collider (RHIC), also einem Teilchenbeschleuniger. Er ist mit 2,4 km immer noch ein gewaltiger Ringbeschleuniger, und steht am Brookhaven National Laboratory. Wenn man Daten von Kollisionen an einem solchen Ring auswertet, kann man nicht einfach jede Kollision auswerten, da es so viele sind. Stattdessen legt man fest, was man sucht und sucht dann nach Kollisionen, die das gesuchte Teilchen zum Ausgang haben. In dem jetzt bekannt gegebenen Fall hat man 70 dieser Antikerne aus Hunderten Millionen Kollisionen herausgefischt. Gut dass es Computer dazu gibt, denn wer möchte so etwas von Hand auswerten:
Irgendwo in diesem Knäuel stecken die beiden (dick gezeichneten) Teilchenspuren, nach denen man sucht: Ein leichter Antihelium-Kern und ein Pion. Zeichen dafür, dass dort vorher kurz der gesuchte seltsame Antiwasserstoff war und zerfallen ist.
Normalerweise besteht ein Atomkern aus Neutronen und Protonen. Diese wiederum sind ausschließlich aus Up- und Down-Quarks zusammengesetzt, aber es gibt ja noch weitere Quarks. Das nächst schwerere ist das Strange-Quark, also das seltsame Quark. Teilchen, die ein Strange-Quark haben statt einem up oder down, sind die Lambda-Teilchen. Ist jetzt ein solches Lambda statt einem Neutron oder Proton in einem Kern, ist dieser Kern sehr viel schwerer.
Andersrum gibt es natürlich die Antimaterie-Gegenstücke dazu. Schauen wir doch mal auf ein dreidimensionales Periodensystem (anklicken zum Vergrößern):
Das ist natürlich kein Periodensystem im normalen Sinne, stattdessen sind in der Ebene die Anzahl an Protonen (Z) und Neutronen (N) aufgelistet. Das sind natürlich die bekannten Atomkerne und ihre Isotopen. Aber in die dritte Dimension ist die Strangeness aufgetragen. Man nennt Kerne mit Strange-Quarks auch Hyperkerne, und im ersten Stock leben die Hyperkerne mit einem Strange-Quark; und man hat auch welche mit 2 strange beobachtet.
Uns interessiert aber die Ecke unten links. Dort leben die Antikerne, und im Keller darunter, da steckt (violett) der neu beobachtete Anti-Wasserstoff-Hyperkern. Während man mittlerweile einfachen Antiwasserstoff fast routiniert erzeugen und in kleinen Flaschen mit Blinklicht und Batterien speichert, lebt so ein Hyperkern nicht lange. Daher musste man nach den Zerfallsprodukten suchen dieses schwersten je beobachteten Antikerns suchen, wie im ersten Bild zu sehen war.
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