10 Millionen Kollisionen Proton gegen Proton haben sie gesammelt, und jetzt haben sie das erste Teilchen der Klasse gefunden, die sie interessiert: Die LHCb-Kollaboration hat das erste B gefunden. Die wahre Schönheit liegt sicherlich im Auge des Betrachters, aber auch im Namen der gesuchten Quarks.

As I’m lifted from where I’ve split my life
I hear an innocent voice
I hear kindness, beauty and truth
— DREAM THEATER

Schaut, da stehen sie, die Beteiligten am Detektor LHCb des Beschleunigers LHC am Forschungszentrum CERN. Wenn ihr genau hinschaut, erkennt ihr sie neben ihrem Werkzeug, mit dem sie dem Namen nach Schönheit (das ‘b’ in LHCb steht für “beauty”) suchen und vielleicht auch die wahre Schönheit in der Welt enthüllen werden:

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Gebrochene Symmetrien

Symmetrien werden oft als schön wahrgenommen; und in der Physik haben sie ganz handfeste, fundamentale Bedeutung. Als ganz grundlegend galt dass die Natur die drei wichtigen Symmetrien erhält – Ladungsumkehr (C), Raumspiegelung (P) und Zeitumkehr (T). Das war auch so, bis man die Schwache Wechselwirkung untersuchte, zunächst theoretisch und später im Experiment. Das Wu-Experiment konnte es zeigen: Die P-Symmetrie ist gebrochen. Und nicht nur das, die Schwache Wechselwirkung bricht die P, und die C-Symmetrie maximal!
Aber damit nicht genug, das Standardmodell sagt auch voraus, dass die Kombination von beiden, CP, gebrochen ist.

Die Arbeitstiere der Quarkwelt sind die ups und downs: Diese leichten Quarks sind die Bausteine aller Materie. Nur gelegentlich, und kurz, lassen sich mal die anderen Quarks blicken. Sie können auch innerhalb eines Prozess kurz auftauchen und wieder verschwinden; und außerdem können sich Quarks ineinander umwandeln. 1964 beobachteten Cronin und Fitch Kaonen, das sind Teilchen die auch noch ein Strange-Quark tragen. Sie zeigten nicht nur dass die Umwandlungen von Kaonen stattfinden, sie konnten außerdem eine Brechung der CP-Symmetrie zeigen. Denn auch die Raten, mit denen sich Quarks und Antiquarks umwandeln, sind leicht unterschiedlich. CP ist aber nur ein bißchen gebrochen, nicht maximal wie C oder P einzeln. Dieser indirekten Messung der CP-Symmetriebrechung folgten erst in den 90ern direkte Messungen – also in Zerfällen.

Generation B

Bislang spielte sich alles in Kaon-Systemen ab, bei denen das strange aus der zweiten Quarkgeneration den Ton angibt. Es existiert aber noch eine dritte Generation, die die neuen, stärkeren Beschleuniger erreichen können. Hier wohnen b/t – bottom/top oder auch beauty/truth genannt. Die Teilchen mit bottoms sind der Namensgeber für einen ganzen Zweig der Teilchenphysik – die B-Physik (Mesonen die bottoms enthalten werden B genannt). Die ersten Experimente dazu waren BaBar am SLAC und Belle an der B-Fabrik des KEK in Japan. Tevatron hatte Experimente dazu, und jetzt eben der LHC. LHCb ist grade darauf ausgerichtet, aber auch die anderen Detektoren können dazu beitragen.
Warum nun das B? Im Vergleich zu Kaonen bieten B-Mesonen mehr mögliche Zerfallskanäle und eine stärkere Brechung von CP. Es sollen vor allem die Zahlen gemessen werden, die bestimmen wie stark sich die Quarks umwandeln können. Deswegen braucht man aber auch mehr Kollisionen für ausreichende Statistik, aber die wird der LHC wohl liefern.

Langer Rede, kurzer Sinn: LHCb hat das erste B rekonstruiert:

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Man sieht die Teilchenspuren in der XY- und YZ-Ebene. Dieses erste Ergebnis hat man aus den Daten von 10 Millionen Proton-Proton-Kollisionen herausgefischt. Und auch in diesem einzelnen Ereignis muss man die richtigen Spuren aus 100 Teilchenspuren herausfinden. Das B+ das man hier beobachtet hat, ist ein Meson aus up und anti-bottom. Es zerfällt in ein J/ψ und ein K+, und das J/ψ zerfällt wiederum in zwei Myonen . Detektieren kann man dann die Myonen und das Kaon und ihren Weg zurückrechnen. Dabei stellt man fest, dass sie nicht am Ort der Kollision entstanden sind, und somit und mit der berechneten Masse ist klar dass in der Kollision ein B entstand und ein Stück flog und dann zerfiel.

Dass Symmetrien gebrochen sind, mag zunächst nicht so schön sein. Aber es ist doch das Wahre, denn ohne eine Brechung hätte sich nie die Materie gegen die Antimaterie behaupten können – und wir wären nicht da.

Kommentare (7)

  1. #1 Arnd
    04/23/2010

    Toller Artikel. Was mir als Laien dabei ein bissl fehlt ist eine Bewertung, wie wichtig diese Entdeckung ist. Repräsentiert das gefundene Teilchen das erste seiner Art überhaupt oder war es absolut vorhersehbar, dass sie es gefunden haben?

  2. #2 Biologe
    04/23/2010

    Obwohl ich aufmerksam deinen Artikel gelesen habe muss ich gestehen dass ich fast nichts verstanden habe 😉

  3. #3 Jörg
    04/23/2010

    @Arnd: Das B ist nicht neu, es ist ja schon fleißig B-Physik betrieben worden an BaBar, Belle, am Tevatron. Es ist nur das erste dass der LHCb gesehen hat, das ist natürlich aufregend, weil man erst jetzt weiß dass der Detektor funktioniert und das finden wird was man finden will.

    Das bottom wurde übrigens erst theoretisch vorhergesagt, genau um die CP-Verletzung zu erklären. Experimentell wurde es 1977 von Leon Lederman gefunden (der auch den unseeligen Term ‘Gottesteilchen’ für das Higgs erfunden hat).

    @Biologe: Ja der war jetzt etwas fortgeschritten. Es ist immer ein bißchen schwierig, wo man anfängt und wo aufhört. Ich glaube die verlinkten Artikel sind etwas einfacher.

  4. #4 Ronny
    04/23/2010

    @BIologe
    DIe Teilchennamen und Zerfälle habe ich verstanden, aber dieses ganze Symmetriezeugs hat sich mir noch nicht so ganz erschlossen.

    Vor allem der Term ‘Symmetriebrechung’ (vor allem bei höheren Energien) macht mir Schwierigkeiten.

    Wenn man sich mal die Quantenchromodynamik und Quarktheorie angesehen hat, dann ergeben sich die Teilchen daraus quasi automatisch und nachvollziehbar. Wenn man dann noch akzeptiert, dass virtuell alle Teilchen immer da sind (müssen bei Berechnungen auf Quantenebene auch immer miteinbezogen werden) und bei passenden Energien kurzzeitig real werden, dann denke ich hat man es halbwegs kapiert.

    Und übringens, hört auf in ‘Kugeln’ zu denken. Hat mir sehr geholfen.
    Da kann man fast ein bißchen den esoterischen Ansatz wählen und sich Kraftfelder und Schwinungen vorstellen 😀

    Kein Wunder, dass die Quantenmechanik auf Wunschdenker so großen Eindruck macht.

  5. #5 schlappohr
    04/23/2010

    Wenn ich das richtig verstanden habe dann bedeutet z.B. C-Symmetrie folgendes: Wenn es einen Prozess gibt, der einen Ladungszustand C1 in einen Ladungszustand C2 verwandelt, dann kann dieser Prozess auch andersherum verlaufen, d.h. er kann C2 in C1 verwandeln. Wenn man z.B. ein Elektron in ein Positron verwandeln kann, dann geht es auch umgekehrt. Wenn die Symmetrie gebrochen ist, dann geht das nicht. Stimmt das so in etwa? 🙂

    Was bedeutet jetzt maximal gebrochen? C2->C1 geht niemals?
    Bzw. wenn die Symmetrie _nicht_ maximal gebrochen ist, geht C2->C1 nur manchmal?

  6. #6 Jörg
    04/24/2010

    @schlappohr: Die Umwandlung ist mehr eine Fähigkeit der Quarks und Neutrinos, die von der Symmetriebrechung beeinflusst wird. Die Beobachtung im Kaonen-System hängt mit den Umwandlungsraten indirekt zusammen. Aber direkt beobachtet man das in Zerfällen. Und z.B. bei den Neutrinos/Anti-Neutrinos beobachtet man, dass es nur eine Händigkeit gibt (siehe Wu-Experiment).
    Jetzt hab ich ungefähr drei Beispiele gefunden, wo man C-Symmetriebrechung sieht, aber irgendwie gehen die alle nicht auf. Muss nochmal suchen und denken, wie man das zeigt.

  7. #7 Jörg
    04/24/2010

    Ein einfaches Argument: Man sieht dass P maximal gebrochen ist, CP aber nur ein bißchen. Also muss C auch stark gebrochen sein.