Es gibt deutlich weniger Physikerinnen als Physiker, aber warum ist das so? Eine schwierige Frage, die nicht so eindeutig zu beantworten ist wie eine physikalische Frage. Kein Resultat wird sich in einer Zeile oder einer Zahl ausdrücken lassen, und nur eine Vielzahl von Studien wird die wirklichen Faktoren ans Licht bringen. In Physics World berichtet Amy Bug von einer Studie, die sie durchgeführt hat um die Theorie zu untersuchen, ob eine stetige leichte Voreingenommenheit gegenüber Physikerinnen in der Summe die Karriere stark erschwert – wie ein steter Gegenwind.
Die These scheint erst einmal plausibel: Jeder Mensch, du und auch ich, hat eingebrannte Vorurteile, ob er will oder nicht. Und einer davon ist eben die Assoziation zwischen Männern und Wissenschaft. (Diese Vorurteile kann man nicht einfach loswerden; stattdessen kann aber das Bewusstsein dass man sie hat helfen Gegenmaßnahmen zum Ausbalancieren zu ergreifen).
Außerdem, Evaluationen sind integraler Bestandteil jeder wissenschaftlichen Karriere. Und bei jeder dieser Beurteilungen könnten die Frauen im Schnitt etwas schlechter abschneiden weil die Vorurteile mit hineinspielen. Das kann z.B. auch bei der Bewertung der Lehrtätigkeit der Fall sein, und die haben Amy Bug, Kris Lui und Etsuko Hoshino-Browne untersucht. Es gibt durchaus schon Studien dazu, die nicht alle diese Voreingenommenheiten zeigen, und vor allem aber auf einen Unterschied zwischen den Disziplinen hindeuten.
Bug ist selbst Physikerin am Swartmouth College, daher konzentriert sich die Studie auf Physikvorlesungen. 126 Studenten wurden die Aufgabe gestellt, eine 10minütige Vorlesung von 4 Vortragenden zu bewerten. Die Vortragenden, 2 Frauen und 2 Männer, waren Schauspieler die genau die gleiche Vorlesung einstudiert hatten. Leider gibt der Artikel keine weiteren relevanten Informationen zum Aufbau des Experimentes, wie ob alle Studenten alle Vorlesungen sahen, oder wie die Geschlechterverteilung der Studenten war.
Die Studenten bewerteten dann die Vorträge in 15 Fragen. Im Durchschnitt zeigte sich, dass männliche Professoren von männlichen Studenten deutlich höhere Noten erhielten als die weiblichen Professoren. Professorinnen erhielten von Studentinnen höhere Noten als die Professoren, aber der Unterschied war deutlich kleiner als bei den männlichen Studenten.
Bei Fragen, die besonders starke geschlechtsspezifische Voreingenommenheit vermuten lassen, fiel der Unterschied auch besonders auf. Das betraf Fragen wie nach Eindruck, dass der Professor oder die Professorin das Thema fest im Griff hatte. Hier bewerteten sowohl Studenten wie auch Studentinnen die männlichen Vortragenden besser – wenn der Unterschied auch nur bei den männlichen Studenten signifikant war.
Bei Fragen z.B. danach, ob der Unterricht in einer Weise erfolgt, die dem Verständnis hilft; oder gut organisiert ist, bevorzugten die Studenten wieder den Professor gleichen Geschlechts.
Die Schlussfolgerung der Studie ist also, dass das Geschlechte des Professor bei der Bewertung einer Vorlesung eine Rolle spielt; aber auch das Geschlechte des Studenten.
Bug schließt aber mit einer positiven Aussicht. In der Medizin z.B. hätten Studien einen deutlichen Vorteil in den letzten 15 Jahren gezeigt. Durch fortwährendes Untersuchen der Probleme und gezielte Gegenmaßnahmen kann die Chancengleichheit von Frauen verbessert werden. Wir müssen uns nur des Ungleichgewichts bewusst sein (siehe auch z.B. hier) und den Mund aufmachen.
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