Die Relativitätstheorie sagt vorher, dass Zeit unterschiedlich verläuft, wenn man sich relativ zur Erde bewegt oder relativ zu uns weiter von der Erde entfernt ist (oder näher, aber ich sitze grad auf der Erde). Um diese Effekte zu messen braucht man – logisch – sehr genaue Uhren. Um sehr genau Zeit zu messen, braucht man eine sehr schnelle Oszillation, also etwas das sehr sehr oft pro Sekunde einen Bezug gibt. Wie z.B. eine elektromagnetische Welle sehr hoher Frequenz, wie sie in (hyper)feinen Übergängen von Elektronen in Atomen erzeugt wird. Bislang funktionierten die besten Standarduhren mit Rudeln von Atomen. Die Uhren waren an Mikrowellenresonatoren gekoppelt, sodass man an einem Caesiumschwarm erkennen kann, ob man Abweichungen in der Zeit hat und nachstellen muss. Jetzt aber übernehmen optische Uhren die genaueste Zeitmessung, denn sie beseitigen Fehlerquellen durch die notwendige Statistik, wenn man viele Atome verwendet und verwenden genau ein Atom als Frequenzgeber.

ResearchBlogging.orgEin einzelnes Aluminum-Atom wird in eine Falle eingesperrt und ein sehr hoch frequenter Elektronenübergang als Taktgeber für die Uhr benutzt – so erreicht man eine Verbesserung um den Faktor 10 bis 100. Solche Uhren bauen meistens nationale Stellen für Standardisierung und Vermessung, wie das amerikanische National Institute of Standards and Technology (NIST) in Boulder, Colorado.
Tests der allgemeinen Relativitätstheorie brauchen Höhenunterschiede. Die Rekordmessungen dazu brauchten immer noch einen Höhenunterschied von vielen hundert Metern. Aber weil die Uhren jetzt so genau sind, reichen zwei große Tische und eine Hebebühne.

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Foto: J. Burrus/NIST

Das im Foto ist die optische Atomuhr, und daneben James Chin-wen Chou, einer der Autoren eines neuen Papers in Science, in dem die zwei Vorhersagen der Relativitätstheorie erstmals erfolgreich im Labor getestet wurden. (Mit “echten” Uhren, mit Atominterferenz kann man höhere Genauigkeiten erreichen.)

Der erste Teil ist die Vorhersage dass ein bewegter Körper langsam altert als ein ruhender. Dazu wurde das Aluminiumatom in der Uhr mit einem harmonischen elektrischen Feld in eine ganz gleichmäßige Schwingung versetzt – es reicht eine Geschwindigkeit von wenigen Metern pro Sekunde für eine Bestätigung.
Um die Vorhersage der allgemeinen Relativitätstheorie zu bestätigen, reichte ein Höhenunterschied von nur 33 cm! Man nahm zwei dieser Uhr in zwei benachbarten Laboren, verband sie über ein ganz spezielles Kabel und musste einfach nur den Unterschied in der Laufzeit anschauen.

Dies ist aber nicht nur eine Fingerübung, solch genaue kompakte Uhren könnten wirklich eingesetzt werden um äußerst genau Gravitation zu vermessen, vielleicht in einem Nachfolger von GOCE. Wenn man einen Weg findet, weltweit viele dieser Uhren zu verbinden, könnte man auch versuchen ein Netzwerk zu bauen, das ständig sehr genau vom Boden aus die Form der Erde vermisst.


Chou, C., Hume, D., Rosenband, T., & Wineland, D. (2010). Optical Clocks and Relativity Science, 329 (5999), 1630-1633 DOI: 10.1126/science.1192720

Kommentare (8)

  1. #1 Zeitwurm
    10/04/2010

    Das ist doch ein alter Hut. Einstein wurde doch schon am Kölner Dom bewiesen. Dort stellte man eine Atomuhr in 80m Höhe auf und verglich nach einer Woche Laufzeit die Uhr mit der Anzeige einer Vergleichsuhr.

    Der Sachverhalt ist hier sehr schön dargestellt:
    https://s8.directupload.net/images/091112/bl8w9ehn.png

    Im Gravitationsfeld der Erde ändert sich laut Einstein der Gang der Zeit so:

    dZ = gh/c²

    Zwischen zwei unterschiedlichen Höhen der Höhendifferenz h zeigt sich daher nach einer Zeit t eine Zeitdifferenz von

    dt = t*dZ oder eben dt = t * gh/c²

    Bei 33cm Höhendifferenz und nach einer Zeit t von 4,56 Mrd. Jahren muß daher eine Präzisionsuhr die 5,1815 Sekunden Zeitdifferenz leicht feststellen können. Dies sollte sogar mit einer Küchenuhr funktionieren, welche man einmal um 33 cm höher hebt und wieder absenkt. Bedarfsweise kann man sie auch vom Boden in 2 m Höhe kurz hochheben und den Sekundenzeiger genau beobachten. Die 31,4 Sekunden Zeitunterschied werden leicht erkennbar sein. Insbesonders, wenn man von oben her die Uhr wieder auf den Boden legt und das Rückwärtslaufen des Sekundenzeigers genau im Auge behält.

    Hat man zwei Küchenuhren, deren Sekundenzeiger man genau abgestimmt hat, sodaß deren Anzeige identisch ist, kann man die eine Uhr als Referenzuhr auf den Boden legen und die andere so oft wie man will rauf und herunter heben und wieder zur Referenzuhr am Ende legen. Beide Uhren werden überraschenderweise die dortige Bodenzeit exakt gleich anzeigen, während in 2 m Höhe die 31,4 Sekunden Differenzzeit beobachtet werden.

    Falls man diese Feststellungen nicht treffen kann, kann die Küchenuhr eben keine Zeit messen. Aber mit einer Atomuhr, welche garantiert die Zeit messen kann, wird das bestimmt gelingen.

    Falls sich die Werte dennoch nicht ergeben sollten, liegt das nur daran, daß t eben nicht 4,56 Mrd. Jahre beträgt sondern eher 1-2 Minuten. Je nach Messgenauigkeit der Atomuhren. Mit ein bis zwei Atomuhren und einem exakten Zollstock kann man daher auch das Erdalter messen.

    Einstein sei Dank.
    https://s5.directupload.net/file/d/2301/qdh9i6x5_png.htm

  2. #3 Ben
    10/06/2010

    Das rückwärtslaufen des sekundenzeigers; aha

  3. #4 Bullet
    10/06/2010

    Voynich: gut gemerkt. Ich hab mir gerade nochmal diesen Müll von damals durchgelesen… Mannmannmann…

  4. #5 Zeitwurm
    10/06/2010

    “Sehr geehrtes PTB,

    Ich weiss nicht ob ich bei ihnen richtig bin, aber vielleicht können Sie oder einer ihrer Experten mir weiterhelfen (vielleicht können Sie mir auch eine email Adresse geben, die mir weiterhilft).

    Ich habe eine Frage, bezüglich des Atomuhrexperiments am Kölner Dom. Wenn man die Ungenauigkeit der Uhr die im Artikel verwendet wird, auf die Zeit des Experimentes umrechnet, fällt auf, dass die verwendete Atomuhr keine genügend hohe Genauigkeit besitzt, um ein aussagekräftiges Resultat zur Vorhersage der Zeitdilatation zu erreichen.

    Die verwendete Atomuhr (HP 5071A high performance) hat laut Artikel, eine Ungenauigkeit von +/- 1s in 100000 Jahren. Umgerechnet auf die Dauer des Experiments von 10 Tagen, ergibt dies eine Ungenauigkeit von +/- 274ns.

    Nach 10 Tagen stellte man eine Abweichung von 7ns zur Schwesteruhr am Boden fest. Wie kann dies mit einer solch hohen Ungenauigkeit festgestellt werden?

    Hier noch ein Link zum besagten Experiment. https://www.quarks.de/relativ/04.htm

    Ich habe auch schon bei quarks.de nachgefragt, doch die “erklärten” sie hätten keine Zeit für solche Fragen.

    MfG

    Hier ist die Antwort der PTB von Herrn Bauch zu lesen. Die Genauigkeit spielt doch gar keine Rolle:
    https://forum.quanten.de/read.php?f=1&i=53064&t=53010&v=f

    Das ist richtig. Mit einem Reisewecker kann man das eben auch demonstrieren. Dann schätzt man eben die 7 ns für die ganz doofen Blöden ab.

    7 ns sind eben viel leichter mit einer 274 ns genauen Atomuhr demonstrierbar als ein zeitschlürfender rückwärtslaufender Stundenzeiger eines Reiseweckers bei der Landung am Urlaubsort.

  5. #6 Frank Wappler
    10/06/2010

    Jörg Rings schrieb:

    > Ein einzelnes Alumin[i]um-Atom wird in eine Falle eingesperrt und ein sehr hoch frequenter Elektronenübergang als Taktgeber für die Uhr benutzt […]
    Dazu wurde das Aluminiumatom in der Uhr mit einem harmonischen elektrischen Feld in eine ganz gleichmäßige Schwingung versetzt

    > Man nahm zwei dieser Uhr in zwei benachbarten Laboren,

    Zwei voneinander getrennte Uhren!
    Mit zwei einzelnen Aluminium-Atomen; jedes mit seinem eigenen Elektronensystem und (harmonischen) elektrischen Schwingungs-Feld.

    > Um die Vorhersage der allgemeinen Relativitätstheorie zu bestätigen […]

    Die ART enthält keinerlei Aussagen oder Vorhersagen dazu, ob irgendwelche zwei Aluminium-Atome in gleiche Schwingungs-(Eigen-)Frequenzen versetzt wurden, oder ob deren Schwingungs-(Eigen-)Frequenzen in irgendeinem bestimmten Verhältnis zueinander stünden.

    Die ART besagt lediglich, wie (Eigen-)Frequenzen verschiedener, voneinander getrennter Oszillatoren überhaupt miteinander verglichen werden können; nämlich insbesondere unter Berücksichtigung der Dauern (auch “Eigenzeit”-Integrale genannt) der entsprechenden Schwingungs-Perioden. Deren Ermittlung und Vergleich hängt wiederum ggf. mit dem Höhenunterschied und den Bewegungen der zu vergleichenden Oszillatoren zusammen.

    > Die Rekordmessungen dazu brauchten immer noch einen Höhenunterschied von vielen hundert Metern.

    In der Messung von Pound und Rebka vom Jahre 1959, zum Vergleich der Emissionsfrequenz von Co57-Emittern und der Absorbtionsfrequenz von Fe57-Absorbern, waren Emitter und Absorber keine 30 m voneinander getrennt.

  6. #7 Jörg
    10/06/2010

    Für den Test der allgemeinen Relativitätstheorie wurden die Uhren/Atome nicht in Schwingung versetzt, das war um eine Bewegung für die spezielle Relativitätstheorie zu haben.
    Und der Mössbauer-Effekt zählt nicht, es geht darum die ART mit Uhren zu testen.

  7. #8 Frank Wappler
    10/07/2010

    Jörg schrieb:

    > Für den Test der allgemeinen Relativitätstheorie wurden die Uhren/Atome nicht in Schwingung versetzt

    Da ich den originalen Science-Artikel z.Z. nicht einsehen kann, beziehe ich mich auf den Link im obigen Text:
    https://www.2physics.com/2010/09/aluminum-atomic-clocks-reveal-einsteins.html
    (“Aluminum Atomic Clocks Reveal Einstein’s Relativity at a Personal Scale”).

    Dort liest man:

    [… These] clocks are each based on the “ticking” of a single aluminum ion […] as it vibrates between two energy levels […]
    The clocks operate by shining laser light on the ions at optical frequencies […]

    (

    Jede [dieser] Uhren basiert auf dem Ticken eines einzelnen Aluminium-Ions, […] das zwischen zwei Energieniveaus schwingt […]
    Die Uhren werden dadurch angetrieben, dass Laserlicht im optischen Frequenzbereich auf die Ionen scheint […]
    )

    (Dass diesen wesentlichen “harmonischen elektro-magnetischen Schwingungs-Feldern” jeder einzelnen Uhr auch noch weitere Felder überlagert gewesen sein mögen, die Du wohl besonders hervorheben wolltest, war für meine obigen Bemerkungen recht nebensächlich.)

    Um das Entscheidende zu wiederholen:
    Die ART enthält keinerlei Aussagen oder Vorhersagen dazu, ob irgendwelche zwei Aluminium-Atome in gleiche Schwingungs-(Eigen-)Frequenzen versetzt wurden, oder ob deren Schwingungs-(Eigen-)Frequenzen in irgendeinem bestimmten Verhältnis zueinander stünden.

    Gegenstand der Messungen ist folglich, überhaupt herauszufinden, ob und in wie fern die jeweiligen Schwingungs-(Eigen-)Frequenzen einander glichen oder sich unterschieden. Die RT besagt, wie solche Messungen durchzuführen sind, und wie insbesondere Bewegungen der Uhren oder Höhenunterschiede zwischen ihnen dabei zu berücksichtigen sind.

    (Resultat: diese Uhren tickten offenbar mit ganz außerordentlich gleichen (Eigen-)Frequenzen — herzlichen Glückwunsch an die Konstrukteure und Betreiber!)

    > Und der Mössbauer-Effekt zählt nicht, es geht darum die ART mit Uhren zu testen.

    Nein, es geht darum, durch Einsatz der ART falsifizierbare Modelle zu formulieren und (sofern diesbezügliche Beobachtungsdaten vorhanden sind) diesbezügliche Messwerte zu gewinnen.

    Das Modell “beide Al-Ion-Uhren behielten während ihrer Trennung gleiche (Eigen-)Frequenzen”, beruht in ganz analoger Weise auf der RT wie das Modell “Die (Eigen-)Anregungsenergie eines Co57 hier, für den Übergang in ein Fe57, gleicht der (Eigen-)Energiefreisetzung eines Fe57 dort, beim Übergang in ein Co57”;
    und ebenso die entsprechenden Testergebnisse.