Die Umstellung des LHC läuft durch die Medien, und allenorts liest man jetzt vom “Mini-Urknall” der simuliert werde. Spiegel schreibt es, sogar Spektrum direkt hat nichts besseres gefunden.
Dabei erzeugt der LHC keinen Urknall, sondern ein Quark-Gluon-Plasma. Ich behaupte, das ist eine lange lange lange Zeit nach dem Urknall, während unsere heutige Zeit lediglich eine lange lange lange lange Zeit nach dem Urknall ist. Das Quark-Gluon-Plasma beherrschte das Universum so um eine Picosekunde bis eine Millisekunde nach dem Urknall. Was rede ich da also wieder für einen Schrott?

Schauen wir uns mal diese Abbildung der Geschichte des Universums an:

i-b9c446d30ea88b307c247b97e2cd31b2-big-bang-timeline-thumb-300x457.png

Normalerweise sagen wir, ach 10-12 s nach dem Urknall, das ist ja eine wahnsinnig kurze Zeit, das ist ja quasi der Urknall noch.
Schön an dieser Abbildung ist, dass die Zeitskala logarithmisch ist, also nur die Zahl die da oben steht. Das fängt unten irgendwo bei -43 an, das heißt dann 10-43 s. Das Quark-Gluon-Plasma liegt in der Quark-Epoche zwischen -12 und -6, also zwischen einer pikosekunde und einer Mikrosekunde.
Jetzt schauen wir uns das aber mal anders an: Stellt euch doch mal vor, ihr seid ein junges, frisch geborenes Universum, quasi noch ganz heiß drauf, loszulegen. Zusammen mit euch ist die Zeit entstanden, also habt ihr noch gar keinen Vergleich wieviel Zeit lange ist. Aber eventuell ist Zeit auch diskret, und es gibt eine kleinste Zeitlänge, die Planckzeit, die 10-43 s beträgt. Das kommt uns echt wenig vor, aber für uns als junges Universum ist es unsere grundlegende Zeiteinheit, nennen wir es eine Ursekunde. Als Universum empfinden wir eine Ursekunde wie diese Menschen eine Sekunde wahrnehmen, als kurze aber bedeutende Zeiteinheit. Und interessante Dinge passieren, wenn sich viele dieser Ursekunden anhäufen. Die Menschen erleben Sekunden, Tage, Jahre. Ein Jahr hat mehrere zehn Millionen Sekunden, also logarithmisch eine ’10’. Das Alter des Universums hat etwa (logarithmisch) ’17’ dieser Zeitsprünge. Ein Zeitsprung bedeutet, dass sich man 10 einer Untereinheit abgewartet hat. Ein längerer Moment ist ein Sprung von der Sekunde, anderthalb Minuten sind zwei Sprünge von der Sekunde, ein Jahr sind 10.

Für uns als junges Universum passiert nach einiger Zeit interessante Dinge. Nach einigen Urtagen bis zu einigen Urjahren trennen sich die Kräfte auf – während die Gravitation sich schon abgetrennt hat und dafür sorgt dass wir uns stark ausdehnen, verabschiedet sich irgendwann durch die Abkühlung die Starke Kraft. Es beginnt eine sehr, sehr lange Zeit in der die elektromagnetische und schwache Kraft noch zusammen sind und alle Teilchen die in uns so herumschwirren noch masselos sind. Wo endet das? Erst mit der Quark-Epoche, die aber erst bei -12 beginnt. Das sind 30 Zeitsprünge!
Für uns Menschen sind 17 Zeitsprünge eine Ewigkeit, das Alter des Universums, so viel Zeit wie eir uns gerade vorstellen können. Sagen wir aus praktischen Gründen mal, wenn wir 17 Zeitsprünge unserer Ursekunde angehäuft haben, ist für uns gewaltig viel Zeit vergangen. Wir als Universum fühlen uns steinalt, aber aus Sicht des Menschen sind erst 10-24 s vorbei. Und jetzt müssen wir unsere Phantasie noch mehr strecken: Sagen wir, wir als Universum erleben, dass das noch nicht alles ist – wir beginnen zu begreifen dass Ewigkeit auf Ewigkeit folgt. Und wir definieren eine neue Sekunde, die so lange ist wie eine Ewigkeit in Ursekunden. Und dann warten wir wieder. Laaaaaange Zeit. Eine neue Ewigkeit. Nach vielen Millionen neuen Jahren beginnen sich Quarks zu bilden, und mit Erstaunen beobachten wir das neue Phänomen der Masse! Und erst nachdem wir wieder eine neue Ewigkeit abgewartet haben, beginnen sich langsam aus den Quarks andere Teilchen zu bilden. Wir haben ein paar Ewigkeiten Ewigkeiten abgewartet bis das Zeitalter der Protonen und Neutronen beginnen konnte.
Und es geht weiter so. Das was wir Menschen eine Sekunde nennen sind 10 Millionen Ewigkeiten Ewigkeiten für unser Universum. Atome bilden sich erst nach einer Ewigkeit neuen Ewigkeiten an Ur-Ewigkeiten.
Dreimal also haben wir eine Ewigkeit abgewartet und dann den gewaltigen Gedankensprung gemacht, eine ganze Ewigkeit als unsere neueste kleine Zeiteinheit zu definieren. Uns Menschen ist nur eine Ewigkeit Sekunden bekannt, das Gesamtalter des Universums.
Jetzt verstehen wir, warum das Quark-Gluon-Plasma eine lange lange lange Zeit nach dem Urknall geschah, während heute im Vergleich eine lange lange lange lange Zeit nach dem Urknall ist.
Der LHC simuliert keinen Urknall. Was dort simuliert wird ist (auch wenn es hochspannend ist), so lange nach dem Urknall, dass
Äonen vergingen und wie Sekunden erschienen…
Äonen vergingen und wie Sekunden erschienen…
Äonen vergingen und wie Sekunden erschienen…


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Kommentare (35)

  1. #1 Maxim
    11/09/2010

    Die Erklärung ist echt verwirrend…. Ich vermute du willst deutlich machen, dass der Exponentendifferenz der Zeit zwischen dem Urknall und dem simulierten Ereignis am LHC größer ist, als die Exponentendifferenz zwischen dem gleichen Ereignis und der der heutigen Zeit.
    Bsp: Wenn das Experiment die Situation nachbildet, die sich nach dem Urknall zur Zeit 10^-12s abspielte: 43-12 > 12+17
    Also dass man theoretisch nur den Zustand nachbildet, der in etwa in der Mitte des Universumslebens liegt und nicht ganz am Anfang.
    Ich hoffe ich habe es richtig verstanden. Notfalls bitte korrigieren.

  2. #2 Jörg Friedrich
    11/09/2010

    Sie schreiben, die Zeit verliefe logarithmisch. Dann würde ich gern wissen, über welcher Achse diese Zeit abgetragen wird.

    Anders gefragt: Welche “äußere Zeit” verwenden Sie zur Messung des Verlaufes der Zeit im Universum?

  3. #3 Jörg
    11/09/2010

    @Maxim: Ja, das ist schon ganz richtig, nur dass das QGP eher bei drei Vierteln liegt als bei der Hälfte.

  4. #4 Ludmila
    11/09/2010

    Jörg, das find ich total geil. Sehr schöne Vorstellung. Also ich find’s anschaulich, aber ich bin ja auch vorbelastet 😉

  5. #5 Threepoints...
    11/09/2010

    Die Versuche im LHC werden mit Materie als Ursache durchgeführt. Daraus ergibt sich die Tatsache, dass der versuch erst Abläufe nachbilden kann, deren Bedingungen erst nach dem Urknall bestanden. Eben als es Materie im Raum gab. Der Schluß wäre hier leichtfertig: Materie kann keinen Urknall erzeugen….

    Aber wenn nun diese ganzen Abläufe im LHC irgendwo auch den Ablauf eines Urknalls wiedergeben, deren zeitspanne wir aber nicht wahrnehmen können, weil wie oben beschrieben, eben die Zeit in diesem Prozess aus ganz anderen Bezugsgrößen entsteht …?

    Will sagen, dass der Augenblick der Kollision unserer Wahrnehmung nach sehr kurz ist, aber auf seine Bezugsgrößen angelegt viel mehr Prozess enthält. Zum Beispiel den Wechsel von Materie zu dem, über dessesn Zustand wir nichts wissen (die Ursache des Urknalls) wieder zu Materie… DerUrknall ist also einmal oder mehrere male simuliert bei einer Kollision. Nur, das er nicht vergleichbar mit der Idee des Uknalls erscheint, weil es sich nur um ein paar Teilchen handelt, die da durch die Röhre schiessen und zusammenstossen.

    Kurzer Aubenblick in der Wahrnehmung des Menschen, aber fundamentales Eregnis unter vollkommen eigenen Zeitdimensionen. Es entsteht ein hoher Druck, enorme Energie wird frei und atemberaubende Reaktionen folgen der Kollision.
    Des Menschen Mittelwert sind ~1000 mBar und 20 grad Celsius (auf der Erde als seine Lebensumgebung) Die Bedingungen des Knalls sind halt “etwas” anders.

  6. #6 AndreasM
    11/09/2010

    Das Problem an dem Artikel ist, dass versucht wird, Aussagen zu machen über Begriffe, die man nicht vorher definiert hat.
    Insbesondere den “empfundenen Zeitverlauf” in Aussagen und Begriffen wie:
    “Zeit läuft logarithmisch”
    “eine lange lange lange Zeit”
    “Als Universum empfinden wir eine Ursekunde wie diese Menschen eine Sekunde wahrnehmen, als kurze aber bedeutende Zeiteinheit.”
    “Äonen vergingen und wie Sekunden erschienen…”

    Damit handelt es sich um eine philosophische Abhandlung darüber, wie es wohl wäre, wenn wir ein Unversum wären und Zeit logarithmisch wahrnehmen würden. Aufgrund dessen sollte man aber keine Ist- oder Warum-Aussagen wie in der Überschrift treffen.

    Unabhängig davon ist die Vorstellung natürlich interessant.

  7. #7 Jörg
    11/09/2010

    Damit handelt es sich um eine philosophische Abhandlung darüber, wie es wohl wäre, wenn wir ein Unversum wären und Zeit logarithmisch wahrnehmen würden.

    Der zweite Teil des Satzes ist genau richtig. Aber deswegen muss man das ja jetzt nicht direkt als “philosophisch” verunglimpfen 😀

    Aufgrund dessen sollte man aber keine Ist- oder Warum-Aussagen wie in der Überschrift treffen.

    Warum nicht? Die Käseblätter treffen ja auch Ist-Aussagen über das was der LHC simuliert…

  8. #8 Maxim
    11/09/2010

    @AndreasM
    Also an der Rechnung gibt es überhaupt nichts philosophisches. Das ist reine Mathematik.
    Jörg will nur deutlich machen, dass wir nicht mal ansatzweise den Zuständen, die sie während des Urknall geherrscht haben, nahe kommen. Menschen hören 10^-43s und dann 10^-12s und meinen, dass die Differenz ja so minimal (im Vergleich zu den 13.6Mrd a) ist, so dass wir praktisch schon den Urknall simulieren. Das ist aber nicht der Fall. Es ist eine falsche Wahrnehmung, weil wir kein Gefühl für solche Größenordnungen haben. Dafür ist die oberen Darstellung ganz deutlich und hat wie gesagt nichts philosophisches.

  9. #9 threepoints...
    11/09/2010

    “… so dass wir praktisch schon den Urknall simulieren. Das ist aber nicht der Fall.”

    -> Aber vielleicht ist es eben doch der Fall. Nur das die Energie im Bezugssystem nicht ausreicht um ein neues “universum” anzustoßen. Der Ablauf, der sich auftut, wenn die Kollision beginnt und bis zur Bildung neuer Teilchen führt kann in diesem Sinne als ein urknall angesehen oder zumindest im Resultates als Prinzip verglichen werden.

    Mann versucht noch die letzten in der Theorie fehlenden Teilchen durch die versuche zu entdecken. Was also sollte es sonst darstellen, als ein Ablauf-/Funktionsprinzip des urknalls?

    Zumindest kann man nichts anderes annehmen, wenn man den Stand der Wissenschaft betrachtet und sich erklärt, was sie damit bezweckt (also die derzeitigen Forschungsstrategien verfolgt).

    Und philosophieren heisst ja nicht, Geschichten zu erzählen, sondern zusammenhangsloses ohne die Sicherheit der Erkenntnis darüber in einen Zusammenhang zu bringen. Das kann gelingen – muß es aber nicht.
    Und selten wird es in seinem Umfang die ganze “Wahrheit” darstellen. Es würde das darüber Philosophieren unnötig machen, wäre die Wahrheit schon bekannt.

    Und ist sie es?

  10. #10 Jörg
    11/09/2010

    Aber vielleicht ist es eben doch der Fall. Nur das die Energie im Bezugssystem nicht ausreicht um ein neues “universum” anzustoßen. Der Ablauf, der sich auftut, wenn die Kollision beginnt und bis zur Bildung neuer Teilchen führt kann in diesem Sinne als ein urknall angesehen oder zumindest im Resultates als Prinzip verglichen werden.

    Kann es eben nicht, das ist doch grad der Sinn des Artikels. Mal abgesehen ist “reicht die Energie nicht aus” ein leichtes Understatement…auch da sind Mengen an Größenordnungen dazwischen. Aber das ist egal, der Urknall kam nicht zustande weil es sehr heiß war. Es war stattdessen eine Quantenfluktuation im Nichts. Oder war es vielleicht – wir haben ja keine Theorie der Quantengravitation. Das ist ein ganz anderes Problem als die Untersuchung des QGP, die vor allem die Starke Kraft testet. Was bedeutet dass erstmal eine Starke Kraft überhaupt da sein muss…

    Mann versucht noch die letzten in der Theorie fehlenden Teilchen durch die versuche zu entdecken

    Es gibt sogar Frauen die das versuchen.
    Aber welche Theorie? Quantenelektrodynamik? Quantenchromodynamik? Elektroschwache Vereinigung? Standardmodell der Teilchenphysik? Georgie-Glashow-Model? Technicolor? String-Theorie? Quantum Loop Gravity? Quantum Graphity? Alles Theorien die Aussagen über verschiedene, sehr unterschiedliche und sehr weit entfernte Energieskalen machen.
    Man sucht das letzte fehlende Teilchen zur elektroschwachen Vereinigung, bzw. zum Standardmodell. Das ist eine Ewigkeit vom Urknall entfernt…und hat nichts, aber auch gar nichts mit den QGP-Exerimenten zu tun. Da kennt man die teilnehmenden Teilchen, sucht aber ihre Interaktion.

    Und philosophieren heisst ja nicht, Geschichten zu erzählen

    Eben, deswegen habe ich ja nicht philosophiert.

    Und selten wird es in seinem Umfang die ganze “Wahrheit” darstellen. Es würde das darüber Philosophieren unnötig machen, wäre die Wahrheit schon bekannt.
    Und ist sie es?

    Ok, ein Sinngehalt dieser Sätze ist endgültig nicht mehr erkennbar.

  11. #11 AndreasM
    11/09/2010

    Der zweite Teil des Satzes ist genau richtig. Aber deswegen muss man das ja jetzt nicht direkt als “philosophisch” verunglimpfen 😀

    Philosphische Betrachtungen sind nicht per se schlecht 🙂
    Will man aber im Bereich Naturwissenschaften bleiben, sollte man die verwendeten Begriffe definieren.
    Was also ist Empfinden und insbesondere Zeitempfinden?

    Warum nicht? Die Käseblätter treffen ja auch Ist-Aussagen über das was der LHC simuliert…

    Will man sich wirklich auf den Anspruch und das Niveau jener Käseblätter hinabbegeben? 😀

    @AndreasM
    Also an der Rechnung gibt es überhaupt nichts philosophisches. Das ist reine Mathematik.

    Was an dem Artikel ist denn wirklich Mathematik ausser der Verwendung einer logarithmischen Zeitskala?

    Jörg will nur deutlich machen, dass wir nicht mal ansatzweise den Zuständen, die sie während des Urknall geherrscht haben, nahe kommen. Menschen hören 10^-43s und dann 10^-12s und meinen, dass die Differenz ja so minimal (im Vergleich zu den 13.6Mrd a) ist, so dass wir praktisch schon den Urknall simulieren. Das ist aber nicht der Fall. Es ist eine falsche Wahrnehmung, weil wir kein Gefühl für solche Größenordnungen haben.

    Die Argumentation über die Zustände und in welchen Zeitgrössenordnungen sie sich geändert haben ist da schon die naturwissenschaftlichere Herangehensweise als die Argumentation über das Zeitempfinden eines Universums (wobei eine Definition dieses Zeitempfindens durchaus Zustandsänderungen mit einbeziehen kann und damit dann in eine ähnliche Richtung gehen würde).

    Ich hab mal die Quotes repariert. Du kannst <blockquote> verwenden um zu zitieren.

  12. #12 Jörg
    11/09/2010

    @AndreasM: Ich schreibe hier keine wissenschaftlichen Paper, sondern erzähle eine Geschichte die ein Konzept verdeutlicht das ich als falsch verstanden oder ungenügend empfinde. Ist das so schlimm?

  13. #13 schlappohr
    11/09/2010

    Ich versuche mal, das mit meinen eigenen Worten zusammenzufassen: Die großen, umfassenden Ereignisse im Universum haben fast alle in den ersten 20 Minuten nach dem Urknall stattgefunden. Danach ging die Entwicklung immer langsamer und hat später Jahrmilliarden gedauert.
    Wenn man nun die Zeitskala so verformt, dass die Frühzeit stark “gezoomt” und die späteren Zeitalter “geschrumpft” werden, dann erhält man einen zeitlichen Ablauf, auf dem alle Ereignisse seit dem Urknall halbwegs gleichverteilt und damit auf einen Blickk erkennbar sind.
    Der Zeitpunkt, zu dem im Universum ein Zustand herrschte, wie er jetzt im LHC reproduziert wurde, hat auf dieser verformten Zeitskala einen deutlichen Abstand zum Urknall, da vorher noch eine Menge anderer Ereignisse stattgefunden haben. Insofern verursacht der LHC keinen Mini-Urknall, sondern etwas, was lange danach kam.

    Stimmt das so in etwa?

  14. #14 AndreasM
    11/09/2010

    @Jörg: Ich entschuldige mich, falls ich den Eindruck erweckt haben sollte, dass das schlimm ist. Das ist es definitiv nicht. Es ist eine interessante Vorstellung, eine philosophische Betrachtung, die versucht, die für uns nicht naheliegenden Zeiträume zu verdeutlichen (und nein, philosophisch ist nicht negativ hier).
    Was mir ein bisschen gefehlt hat, ist eigentlich das, was schlappohr in seinem Kommentar anführt, also warum logarithmisch hier eine “sinnvolle” Wahl für das Zeitempfinden des Universums ist.

  15. #15 Jörg
    11/09/2010

    @schlappohr: Passt.

    @Andreas: Vielleicht habe ich dich auch falsch verstanden. Meine Motivation war, dass ich mir schon öfters überlegt habe, wie es im Ohr des Laien klingen muss, solch unanständig kleine Zeiträume zu betrachten. Das klingt dann immer so wie “Ja wir wissen alles was ab 1 Sekunde nach dem Urknall passiert ist, das reicht doch wohl?”. Und daraus entstehen dann auch so sehr falsche Vorstellungen wie die vom Mini-Urknall (was wahrscheinlich aber auch auf dem Mist irgendeines CERN-Kommunikators gewachsen ist und sich verselbständigt hat). Ich habe einen Weg gesucht das Gefühl zu vermitteln, dass es ganz anders klingt, wenn wir unser (subjektives) Zeitempfinden auf ein Universum übertragen. Starke Anthropomorphisierung inklusive.

  16. #16 Sören
    11/09/2010

    Welch geradezu putzige Art, sich diesem Thema zu nähern.

  17. #17 threepoints...
    11/09/2010

    @ Jörg· 09.11.10 · 15:44 Uhr

    Kann es eben nicht, das ist doch grad der Sinn des Artikels

    -> Also den urknall beinhalten – im LHC-Versuchablauf. … Ja, weil er “lange” nach dem Knall die Abläufe simuliert.
    Aber das ist mir nach deinem Artiekl und meinen anderswo erfahrenen beschreibungen noch nicht eindeutig. Was dein Artikel gut beschrieben hat, ist die Tatsache, dass man mit unserem Zeitbegriff von heute nur schwer die Ereignisse in den frühen Abläufen der Theorie erklären kann.

    Aber das ist egal, der Urknall kam nicht zustande weil es sehr heiß war

    -> Wo war es heiss? beim Urknall oder bei der Kollision im LHC…? Es war doch bestimmt bei beiden Ereignissen heiss. Nur im LHC wird das Gerät aktiv und sehr kalt gekühlt. Die an der Kollision beteiligten Teilchen sind bestimmt trotzdem sehr heiss geworden, bevor sie auseinanderflogen.

    Das ist ein ganz anderes Problem als die Untersuchung des QGP, die vor allem die Starke Kraft testet.

    -> Im Detail ist es eine andere Fragestellung. Nur warten quasi fast alle Physiker auf eben diese Ergebnisse – welche dieses Probelm hoffentlich aufklären wird. Woraus sich dann ergeben wird, dass die Wartenden mit einer weiteren Sicherheit an das nächste Problem herangehen können.

    So ganz andere Baustelle ist es dann doch nicht. Viele fragen hängen an noch viel zu viele unklarheiten – die vielleicht irgendwann wie beim Domino bei Erkenntnis über ein Problem den Rest mitreisst. Das hoffen doch bestimmt alle…!

    Vielleicht aber wird es ja auch überhaupt keine Lösung finden…? Zumindest keine, welche das Urknallphenomän und dessen Ursache erklärt…!

    Und mir ist wohl ein n bei “man” zuviel hereingerutscht. Und hier muß das ja sofort quotiert werden. Das ist recht so…

  18. #18 threepoints...
    11/09/2010

    Was ist denn jetzt passiert?…

    Ich gebs auf.

    Du musst die Blockquotes mit </blockquote> beenden. Ich habs repariert

  19. #19 threepoints...
    11/09/2010

    Danke.

  20. #20 Jörg
    11/09/2010

    Wo war es heiss? beim Urknall oder bei der Kollision im LHC…? Es war doch bestimmt bei beiden Ereignissen heiss. Nur im LHC wird das Gerät aktiv und sehr kalt gekühlt.

    Temperatur ist ein Maß für die mittlere Energie, die für äußerst kurze (nach unserer Zeitempfindung) Momente im Mittelpunkt der Kollision entsteht. Und weit weit von der Temperatur nach dem Urknall entfernt ist. Und mit der Kühlung des LHCs hat das gar nichts zu tun.

    Der Rest ist mir zu schwammig, es klingt als ob du Wissen vortäuschst aber in Wirklichkeit keine gute Vorstellung hast wovon du eigentlich redest, sorry.

  21. #21 threepoints...
    11/09/2010

    danke.

  22. #22 threepoints...
    11/09/2010

    Ich schrieb von der Kühlung des Gerätes – nicht der kollision.

    Ich habe von Teilchenphysik kein wirklich brauchbrares Wissen. Mich interessiert allerdings die Interpretation der Ergebnisse – möglichst viele/unterschiedliche.

  23. #23 Jörg
    11/09/2010

    Ich schrieb von der Kühlung des Gerätes – nicht der kollision.

    Ja aber letzteres ist die interessante Größe 🙂

    Ich habe von Teilchenphysik kein wirklich brauchbrares Wissen. Mich interessiert allerdings die Interpretation der Ergebnisse – möglichst viele/unterschiedliche.

    Das ist doch super! Die Ergebnisse fangen natürlich gerade erst an hereinzuströpfeln. Ich versuche natürlich regelmäßig darüber zu schreiben, aber es gibt auch Blogs die sich wirklich darauf verstehen, vor allem
    https://blogs.uslhc.us/
    oder
    https://www.guardian.co.uk/science/life-and-physics

  24. #24 noch'n Flo
    11/13/2010

    Kurze Frage: spricht eigentlich irgendetwas dagegen, dass sich die Zeit nach dem Urknall ähnlich ausgedehnt hat, wie der Raum? Oder es (in sehr geringem Mass) immer noch tut? Messen könnte man das zwar nicht (mangels äusserer Bezugsgrösse – oder vielleicht doch?!?), aber wäre doch ein spannendes Konzept.

  25. #25 Jörg
    11/14/2010

    Im Gegenteil, die Zeit hat sich sicher auch ausgedehnt, denn spätestens seit der Relativitätstheorie sind Raum und Zeit für uns vierdimensional verzahnt als Raumzeit. Das bedeutet natürlich auch, dass man angeben muss von welcher Zeitlinie man eigentlich spricht, da die ja unterschiedlich ablaufen könnte je nach Beobachter. Die Zeitlinie nach dem Urknall wird i.A. für einen mitbewegten Beobachter angegeben, das heißt man rechnet den Effekt durch die Raumzeitexpansion heraus.

  26. #26 noch'n Flo
    11/14/2010

    @ Jörg:

    Das heisst dann also: hätte jemand den Urknall von “aussen” betrachtet, quasi aus einer Art Raum-Zeit-Blase heraus (ich weiss, dass ich jetzt sehr unwissenschaftlich und noch hypothetischer) dann wäre die Expansion des Universums für ihn zeitlich in etwa so abgelaufen, wie Du es in Deinem Blogeintrag beschrieben hast?

    Kann man dann davon ausgehen, dass die Zeit im Moment des Urknalls (t=0) quasi eine Singularität war?

  27. #27 Jörg
    11/14/2010

    @noch’n Flo:

    Unwissenschaftlich wäre mir ja egal, aber es gibt halt kein “außen”, das hilft uns nicht weiter. Raum und Zeit sind Eigenschaften des Universums. Viel mehr hilft die Vorstellung eines Beobachters, der sich einfach genauso mit ausdehnt wie die Raumzeit es tut. Die Zeit, die er erleben würde ist diese Zeitlinie.

    Kann man dann davon ausgehen, dass die Zeit im Moment des Urknalls (t=0) quasi eine Singularität war?

    Das wäre das Ergebnis unserer besten (fertigen) Theorien, macht aber wenig Sinn da unendlich hohe Energiedichten nicht so begehrenswert sind. Stattdessen können wir vermuten, dass auch Zeit gequantelt ist, und dass es z.B. keine Zeiten kleiner als 10^-43 Sekunden (Plank-Zeit) gibt. Aus manchen Quantengravitationstheorien ergibt sich dann vielleicht, dass der Urknall keine Singularität war.

  28. #28 noch'n Flo
    11/14/2010

    @ Jörg:

    Viel mehr hilft die Vorstellung eines Beobachters, der sich einfach genauso mit ausdehnt wie die Raumzeit es tut. Die Zeit, die er erleben würde ist diese Zeitlinie.

    Da kann ich jetzt nicht ganz folgen. Wenn ich mich mit der Raumzeit ausdehne, nehme ich doch subjektiv die Zeit genauso wahr, wie heute auch. Also die Zeit des Quark-Gluon-Plasmas wäre für mich kaum wahrnehmbar (1ms). Nur wenn ich unabhängig von der expandierenden Zeit wäre, würde ich die Zeit auf einer logarhythmischen Skala wahrnehmen können, oder verstehe ich das jetzt total falsch?

    Ich versuche mir das wie einen halb aufgeblasenen Luftballon vorzustellen, auf den ich ein Bild und eine Zentimeterskala male und ihn dann weiter aufblase. Bild und Skala dehnen sich dann gleichermassen aus – also kann ich, als Mitexpandierender, überhaupt nicht wahrnehmen, dass Raum und Zeit expandieren. Das könnte ich nur, wenn ich eine Skala hätte, die nicht der Expansion unterworfen ist, also quasi “ausserhalb der Raumzeit” steht.

    Stattdessen können wir vermuten, dass auch Zeit gequantelt ist, und dass es z.B. keine Zeiten kleiner als 10^-43 Sekunden (Plank-Zeit) gibt.

    Also würde es aus diesem Grund auch keinen Sinn machen zu fragen, was vor dem Urknall war, weil es mangels Zeit auch kein “davor” gegeben hat?

    Nur: wenn der Raum vor der Zeit existiert hat, muss es zumindest ein “vor dem Beginn der Zeit” gegeben haben – zwar nicht im Sinne einer zeitlichen, wohl aber einer räumlichen Existenz. Was wiederum die Frage aufwirft, woher all diese Masse gekommen ist, die dann plötzlich expandierte (warum?). Oder war die einfach “schon immer da”, wobei ja ein Begriff wie “immer” wiederum die Existenz von Zeit voraussetzt. Ich erinnere mich aus meinem Schulunterricht noch ganz flüchtig an eine Theorie, dass sich das Universum in Zyklen ausdehnt und dann wieder kollabiert – um dann wieder in ein neues Universum zu expandieren. Wäre dies hier eine brauchbare/sinnvolle Erklärung?

    Und warum ist dann eigentlich nach gaaanz kurzer “Zeit” (die es ja eigentlich noch nicht gab) so etwas wie Zeit überhaupt entstanden? Für 10^-43 Sekunden ging es ohne ja anscheinend auch ganz gut.

    Hmmm, die Zeit hat sich also beim Urknall verspätet…

  29. #29 Jörg
    11/15/2010

    Wenn ich mich mit der Raumzeit ausdehne, nehme ich doch subjektiv die Zeit genauso wahr, wie heute auch. Also die Zeit des Quark-Gluon-Plasmas wäre für mich kaum wahrnehmbar (1ms). Nur wenn ich unabhängig von der expandierenden Zeit wäre, würde ich die Zeit auf einer logarhythmischen Skala wahrnehmen können, oder verstehe ich das jetzt total falsch?

    Naja, stell dir vor du bist ganz neu, wie das Universum, hast festgestellt dass 10^-43 s die kleinste Zeiteinheit sind die Sinn macht. Dann ist eine Millisekunde verdammt lange.

    Ich versuche mir das wie einen halb aufgeblasenen Luftballon vorzustellen, auf den ich ein Bild und eine Zentimeterskala male und ihn dann weiter aufblase. Bild und Skala dehnen sich dann gleichermassen aus – also kann ich, als Mitexpandierender, überhaupt nicht wahrnehmen, dass Raum und Zeit expandieren.

    Richtig, das ist der mitbewegte Beobachter. Und für den vergeht die Zeit wie im Bild gezeigt.

    Das könnte ich nur, wenn ich eine Skala hätte, die nicht der Expansion unterworfen ist, also quasi “ausserhalb der Raumzeit” steht.

    Ohne Raumzeit keine Skala. Du kannst nur verschiedene Koordinatensysteme wählen.

    Also würde es aus diesem Grund auch keinen Sinn machen zu fragen, was vor dem Urknall war, weil es mangels Zeit auch kein “davor” gegeben hat?

    Die konservative Antwort wäre ja, es macht keinen SInn von vor dem Urknall zu sprechen, weil die Zeit dortdann anfing. Aber zumindest Martin Bojowald ist da eventuell anderer Ansicht. Auch wenn das Buch nicht gut ist, die Idee dass durch die gequantelte Zeit die Singularität wie auf einer Leiter übersprungen werden könnte und dass es eine Zeit vor dem Urknall gab ist schon sehr interessant.
    Und woher die Masse/Energie gekommen ist? Wieder: Nirgendwoher, es gab kein “irgendwo” ohne Raumzeit. Aber die beste Antwort auf die Frage: Warum gibt es etwas statt nichts stammt von Frank WIlczek: Weil nichts instabil ist. “Nichts” ist der Zustand höchster Ordnung, und das Universum hasst Ordnung.

    Und warum ist dann eigentlich nach gaaanz kurzer “Zeit” (die es ja eigentlich noch nicht gab) so etwas wie Zeit überhaupt entstanden? Für 10^-43 Sekunden ging es ohne ja anscheinend auch ganz gut.

    Ohnt Zeit kann es nicht “nach” einer Zeit entstanden sein. Das ist die gleiche Frage warum Licht nur gequantelt vorkommen kann – wir wissen es nicht, so ist halt unsere Beschreibung der Natur. Mehr schafft die Physik nicht (reicht aber auch). Ob Zeit gequantelt ist, wissen wir natürlich auch nicht. Ob Zeit sich aus irgendwas ergeben hat oder nicht – wissen wir nicht, gibt es Vermutungen, Sean Carroll hat z.B. ein neues Buch darüber. Und wenn, dann ist die Raumzeit gequantelt, also Raum und Zeit. Die kommen nicht getrennt vor.

  30. #30 noch'n Flo
    11/15/2010

    @ Jörg:

    Aber wie kann man, wenn zwischen dem Urknall (t=0) und dem Beginn der Zeit (t=10^-43 sec.) keine Zeit gegeben hat überhaupt sagen, dass der Abstand zwischen diesen beiden Ereignissen eben 10^-43 sec. betrug?

    Richtig, das ist der mitbewegte Beobachter. Und für den vergeht die Zeit wie im Bild gezeigt.

    Moment mal, ich hab da irgendwo den Faden verloren… wir reden doch immer noch von der Grafik oben im Blogartikel, oder? Also nimmt der mitbewegte Beobachter die Bruchteile von Sekunden trotzdem so wahr, wie wir heute Äonen?

  31. #31 maximo
    11/15/2010

    “Nichts” ist der Zustand höchster Ordnung.
    Hmm, blöde Frage, aber warum eigentlich?

  32. #32 noch'n Flo
    11/15/2010

    das Universum hasst Ordnung

    Genau das habe ich jahrelang meinen Eltern klarzumachen versucht, wenn es wieder einmal hiess, ich solle mein Zimmer aufräumen. 😉

  33. #33 Jörg
    11/15/2010

    Aber wie kann man, wenn zwischen dem Urknall (t=0) und dem Beginn der Zeit (t=10^-43 sec.) keine Zeit gegeben hat überhaupt sagen, dass der Abstand zwischen diesen beiden Ereignissen eben 10^-43 sec. betrug?

    Prffu, also ich stelle mir das vor wie eine Bahnhofsuhr: Da springt der Minutenzeiger auch zur vollen Minute nach vorne, was nicht heißt dass dazwischen keine Zeit existiert. Die Zeit existiert zwar, aber sie kann sich nur sprunghaft vorwärts bewegen.

    Moment mal, ich hab da irgendwo den Faden verloren… wir reden doch immer noch von der Grafik oben im Blogartikel, oder? Also nimmt der mitbewegte Beobachter die Bruchteile von Sekunden trotzdem so wahr, wie wir heute Äonen?

    Ja, die Darstellung hat sich immer auf den mitbewegten Beobachter bezogen. Er empfindet (unsere) Bruchteile von Sekunden als Äonen, wenn sein Zeitgefühl durch das geprägt ist was er so kennt: Ganz kleine Zeiträume, auf denen schon interessante Dinge passieren. Und selbst wenn er superlange wartet bis neue interessante Dinge passieren, sammeln sich noch nicht viele dieser Zeiträume an – verglichen zu wievielen unserer Sekunden das Alter des Universums ausmachen.

    @maximo

    “Nichts” ist der Zustand höchster Ordnung.
    Hmm, blöde Frage, aber warum eigentlich?

    Ne, blöd ist die nicht. Der zweite Hauptsatz der Thermodynamik lehrt, dass die Unordnung immer weiter zunehmen muss, vor allem weil es einfach mehr Möglichkeiten zur Unordnung gibt als zur Ordnung (Ganze Tasse im Vergleich zur Anzahl Möglichkeiten sie in Scherben zu schlagen). Das Universum strebt also immer mehr Unordnung an. Und der denkbar geordnetste Zustand ist der, in dem nichts die Ordnung stören könnte. Alles was existiert – Felder und Teilchen, wird irgendwelche Symmetrien zerstören und mehr Unordnung anrichten.
    Das ist natürlich nur eine Anschauung, keine Theorie, aber eine schöne.

  34. #34 ThomasS
    01/03/2011

    Wie wäre die Vorstellung das sich ein neues Universum im LHC erschafft mit einer neuen Raumzeit die von der jetzigen entkoppelt wäre. Was das wohl für Materie die in der nähe einer solchen Kollision bedeuten würde 🙂

  35. #35 Steffen Eitner
    Mitteleuropa
    11/22/2012

    Sei es wie es sei, eine Beschleunigung der Entwicklung findet immer wieder neu statt. Zieht man Holzwege bei Technologien und Lebensweisen ab, dann zeigt sich, daß es doch immer wieder weiter geht. Eine logarithmische Zeitleiste ist hier zu sehen:
    https://www.steffen-eitner.homepage.t-online.de/mi.htm
    https://www.steffen-eitner.homepage.t-online.de/mi/zeitleisteabknalleng.png
    https://www.steffen-eitner.homepage.t-online.de/mi/zeitleisteabknalleng.png