Angesichts des extremen Erdbebens von gestern, den noch nicht abschätzbaren Folgen (aber auch – das muss man erwähnen – den durch Forschung, Ingenieurskunst und strenge Bauauflagen vielleicht Millionen verhinderten Verletzten und Toten) ist es schon sehr schwierig, sich ordentlich zu informieren. Leider befinden sich zwei Atomkraftwerke in der Fukushima-Region in kritischem Zustand, und bei einem ist sogar das Außengebäude explodiert.
Leider ist es sehr schwierig, an gute Informationen zu kommen. Gerade die deutschen Medien scheinen begierig Greenpeace-Meinungen zu verbreiten. Diese überschlagen sich seit gestern in ihrer Schwärze und scheinen grad den Weltuntergang herbei zu schreien. Diese Instrumentalisierung der Katastrophe für primitive Anti-Atompropaganda finde ich einfach nur noch widerlich. Ehrlich, egal was dort passiert, wer nach dieser Panikmache noch zu Greenpeace hält ist nicht mehr mein Freund.
Stattdessen wäre es wichtiger denn je, ordentliche Informationen zu sammeln. Ich bin auch kein Experte und auch dieses Wochenende vermutlich wenig am Computer, aber vielleicht ist es ganz gut, hier Links zu echter Information zu sammeln.
Was z.B. nicht passieren kann ist eine Explosion wie in Tschernobyl, da der Reaktorkern (Graphitkern) brannte und deutlich schlechter eingepackt war. Bessere Vergleiche hört man zu Three Mile Island, wo es 1979 tatsächlich eine teilweise Kernschmelze gab, die aber mit Mühe und Glück in den Griff zu bekommen war.
In den Fukushima-Kraftwerken arbeiten die Leute auch noch und versuchen, die Situation in den Griff zu bekommen. Nochmal: Die Situation ist sehr ernst und kann Menschenleben kosten, aber Panikmache ist fehl am Platz und die Instrumentalisierung für Anti-Atomkraft-Stimmung ist absolut daneben.
Also, wenn ihr Links zu echten Informationen und Einschätzungen habt, ladet die doch bitte hier ab; ich werde versuchen den Beitrag unregelmäßig upzudaten. Vielleicht schaffen wir es gemeinsam, ein bisschen Einordnung zu betreiben.
Bei Nature’s The Great Beyond gibt es eine Übersicht zur Situation. Kritisch sind zwei Reaktoren in Fukushima Daiichi und einer in Fukushima Daini. Die Explosion hat sich in Daiichi 1 ereinigt, es ist unklar ob der Behälter beschädigt wurde, was von der Regierung aber als unwahrscheinlich angegeben wird.
Die Sueddeutsche hat eine gute FAQ-Sektion zur möglichen Lage in Fukushima.
World Nuclear News hat eine längere Einschätzung, aber die Seite ist überlastet.
Also, bitte, wenn ihr aktuellere Links habt her damit; wenn ihr echte Fragen habt her damit, es findet sich hoffentlich hier eine Antowrt dazu. Bitte postet mit Augenmaß.
Update 12:35:
Gute Berichterstattung gibt es grundsätzlich beim englischsprachigen Al Jazeera, das man online ansehen kann.
Update 13:20: Viele Informationen über Sicherheitskonzepte und Maßnahmen im Störfall hat arclight getwittert.
Update 13:30: Modellierungen der Windrichtungen ab Fukushima – aufs Meer hinaus.
Auch wenn sie “AntiAtompiraten” heißen, sie sammeln mit Augenmaß Nachrichten.
Vielleicht ganz interessant, hab ich mal vor ein paar Jahren geguckt, eine Dokumentation, wie die Katastrophe in Tschernobyl zustande kam (ist vierteilig, Link geht auf den ersten Teil).
Update 13:45: Die Meldungen sind uneins, zwischen Kernschmelze und “Es gab gar keine Explosion” in Daiichi ist alles dabei. Der letzte Stand war meines Empfindens weiterhin, dass der Reaktorbehälter unbeschädigt ist aber das Gebäude drumherum. Ich denke, es hilft jetzt nur mal eine halbe Stunde zu warten.
Wegen Überlastung der Server verteilt die IAEO auch auf Facebook Informationen.
Update 14:00: Unbedingt lesen! Wie Dampf- und Siedewasserreaktoren funktionieren im physikBlog.
Update 14:30Al Jazeera zitiert den Kabinettsprecher Yukio Edano:
The nuclear reactor is surrounded by a steel reactor container, which is then surrounded by a concrete building.
The concrete building collapsed. We found out that the reactor container inside didn’t explode.
Also, es stimmt, der Reaktorbehälter ist nicht beschädigt (ein Stahlcontainer), aber das Betongebäude drumrum ist kollabiert.
Anscheinend plant man Seewasser einzuleiten um den Kern zu kühlen. Das würde fünf bis zu Stunden dauern und insgesamt 10 Tage.
Die Explosion war eine Knallgasreaktion durch Wasserstoff, der durch den fallenden Kühlwasserspiegel entwichen ist.
Update 14:40: Hier kann man die Unterschiede zwischen dem Tschernobyl-Reaktor und Siedewasserreaktoren ansehen. Der hatte vor allem keinen Sicherheitsbehälter – eben der in Fukushima noch intakt ist.
Update 17:30: Keine neuen Nachrichten, auch die Fernsehberichte geben jetzt eigentlich den Stand von 14:30 wieder. Das CNN-Liveblog bietet auch eine gute Übersicht über alle Geschehnisse rund um die Naturkatastrophe.
Hier sieht man angeblich die Strahlungsmessungen um Fukushima. Weiß jemand mehr ob die angegebene Energiedosis größenordnungsmäßig Sinn macht?
Die Kommentare hab ich aufgegeben, poste meinetwegen jeder was er will für oder gegen Greenpeace und darüber was für eine Schande für die Scienceblogs ich bin.
Dass es immer noch heftige Nachbeben gibt kann man sich beim US Geological Survey ansehen, der sowieso zu allen Aspekten von Erdbeben tolle Informationen und Datenbanken bietet.
Wenn auch solche Katastrophen ein guter Anlass sind, etwas an Hilfsorganisationen zu spenden: Denkt dran dass z.B. Chile noch lange nicht mit den Folgen des Erdbebens vom letzten Jahr fertig geworden ist; wenn ihr spendet schickt es doch allgemein an eine Hilfsorganisation und nicht zweckgebunden, die wissen besser wie sie das Geld einsetzen sollten.
Schließlich noch eine Einschätzung beim Physikblog.
Update 17:50: Al Jazeera bringt jetzt (in ihrem Blog) leider auch mehr Spekulationen, aber ohne Belege.
Update 18:10: Etwas zur Kontroverse um die Analysen der Stabilität des Brennstoffes und des Sicherheitsbehälters bei Reuters, was aber kaum einzuschätzen ist, weil nicht dabei steht wie die verschiedenen Experten zu ihren Schlüssen gekommen sind. Ich würde eher konservativ sagen: Wer nicht vor Ort ist kann nur mutmaßen – also weiter Geduld.
Ein Querschnitt durch den einen Reaktor mit ähnlichem Sicherheitsbehälter.
Update 21:30: Auch der Internationalen Atomenergiebehörde ist gemeldet worden, dass die Explosion außerhalb des Sicherheitsbehälters stattfand und dieser unbeschädigt sei. Es wird auch bestätigt, dass bereits mit Seewasser gekühlt wird. In der Nähe des Kraftwerks seien die radioaktiven Substanzen Caesium-137 und Iod-131 gemessen worden und erhöhte Level an Radioaktivität, aber mit abnehmender Stärke.
Auf der Internationalen Skala für nukleare Zwischenfälle INES wird der Unfall als Stufe 4 (‘Accident with Local Consequences’) eingestuft. Die Skala läuft von 0 bis 7; Three Mile Island war 5, Tschernobyl eine 7.
Update 22:00: Prof. Paddy Regan hält die gemessenen Isotopen (Caesium-137 und Iod-131) für konsistent mit geringer Leckage durch Ablassen von Dampf aus dem Reaktor. Hinter dem Link gibt es weitere Informationen und Einschätzungen von Physikern, die konsistent mit den bisherigen Informationen sind.
Warum man Iodtabletten gibt – um durch die Iodblockade zu verhindern, dass radioaktive Iod-Isotopen in der Schilddrüse angereichert werden und dort Krebs verursachen kann.
Update 22:50: Anscheinend spricht grad ein Offizieller, BBC und Al Jazeera melden übereinstimmend, dass auch in Daiichi 3 die Notkühlung ausgefallen sei (1, dessen Hülle explodiert ist wird ja bereits mit Seewasser gekühlt). Außerdem wurde bekannt, dass bis zu 160 Personen verstrahlt sein könnten und bei 9 erhöhte Strahlung festgestellt wurde.
Sonntag, 13. März 2011, 10:55Eine sehr übersichtliche animierte Grafik bei der New York Times erklärt, was bislang passiert ist.
Der IAEA wurde gemeldet, dass wenigstens an den drei Daini-Reaktoren keine Notablassungen von Dampf vorgenommen werden mussten. Acht Arbeiter in Daiichi wurden verletzt: vier bei der Explosion, drei in anderen Unfällen, ein weiterer bekam eine erhöhte Strahlendosis ab. In Daini wurde ein Arbeiter bei einem Kranunfall getötet und vier weitere verletzt.
Update 11:05: Einige Überlegungen zu Strahlenschutzanzügen der Arbeiter.
Update 11:10BBC meldet in ihrem Live-Blog, dass die japanischen Behören in Daiichi 3 keine Kernschmelze annehmen, wie vorher behauptet wurde. Aber in 1 wird jetzt wohl offiziell eine partielle Kernschmelze angenommen – das würde wohl heißen dass die Messungen der Caesium- und Iod-Isotopen dies bestätigt haben müssen. Bleibt nochmal drauf hinzuweisen dass eine (partielle) Kernschmelze noch nicht unbedingt das Austreten aus dem Sicherheitsbehälter bedeutet (siehe auch Three Mile Island) oder eine gewaltige Explosion wie in Tschernobyl. Bleibt wohl aber auch wieder nur darauf zu warten, dass die IAEA die Meldung bestätigt.
Mehr als 2,5 Millionen japanische Haushalte sind ohne Strom und 1 Million ohne Wasser. Das ist die größere Gefahr für die Japaner, also ich befürchte, dass meine Sorgen um den Atomunfall sich vor allem um mich drehen und nicht um die Japaner!
Update 11:30: Eine Übersicht über die Geschehnisse in Three Mile Island. Fünf Tage hat es dort gedauert und 50% des Kerns schmolzen dabei.
Update 11:40: Auch in Daiichi 3 wurde Dampf abgelassen und jetzt wird mit Seewasser gekühlt, meldet World Nuclear News unter Berufung auf die Betreiber TEPCO. Weiß jemand wie die Kühlung mit Seewasser eingeplant war, war das immer als Notfallmaßnahme vorgesehen/vorbereitet?
Update 12:40: Ob die Kühlung mit Seewasser immer vorgesehen war habe ich nicht herausgefunden, aber warum man es nicht immer tut und wieso jetzt doch:
Saltwater is corrosive and can damage pipes so it has never been used for cooling a nuclear core, experts said. But when the explosion destroyed the system for circulating freshwater through the core, company officials thought they had little choice left but to inject cold seawater into the containment vessel. At this point, damage to the pipes is inconsequential.
von hier (Detroit Free Press/Los Angeles Times). Salzwasser kann die Rohre korrodieren, daher kann man es nicht immer einsetzen, aber jetzt wo die Kiste eh kaputt ist und nichts anderes mehr geht ist es folgenlos wenn die Rohre beschädigt werden.
Update 16:15: Um das Kraftwerk Onogawa, 155 km von Fukushima entfernt, wurden erhöhte Level Radioaktivität festgestellt, man sucht nach der Quelle. Es ist noch nicht klar, ob dies bedeutet dass der Reaktor in Gefahr ist.
Ein Diskussionsbeitrag von Josef Oehmen (der leider jetzt nach Astroturfing riecht, Nachtrag 15.03., 13:00), der ziemlich anschaulich und ruhig erklärt was vorgefallen ist und wie man vorgeht. Er ist der Ansicht, dass die Kühlung mit Seewasser klappt und da die Reaktoren ja abgestellt sind, es auch dabei bleiben wird; wo die gemessenen Isotopen Caesium und Iod herkommen (teilweise beschädigte Brennstäbe). Eine genaue Inspektion des Reaktors und der Brennstäbe wird 4-5 Jahre dauern.
Die Einleitung von Meerwasser war wohl laut Pressekonferenz gestern nicht vorgesehen gewesen.
Update 18:00: Es wird gemeldet, dass eine Pumpe in einem dritten (!) Reaktorkomplex, Tokai, ausgefallen sei. Das hieße aber dass die Notpumpen noch funktionieren/existieren?
Update 18:15 Tagesschau Newsticker:
“Der Betreiber des Atomkraftwerks Tokai hat Berichten über technische Probleme mit dem Kühlsystem dementiert. Zwar seien zwei Dieselgeneratoren, die Kühlpumpen antreiben, ausgefallen. Der dritte Generator laufe aber störungsfrei. Damit sei die Kühlung des Reaktorblocks 2 ausreichende gesichert. ”
Danke MartinB.
Also Vorsicht vor dem Reporting Bias, jetzt wird leider alles gemeldet was irgendwie in die Richtung geht, und vielleicht ohne ausreichende Prüfung.
Update 18:25: Noch zwei interessante Links aus der Mail gefischt, danke:
Wie entstand eigentlich der Wasserstoff der die Explosion der Außenhülle ausgelöst hat? Das findet sich in Kapitel 3 dieser Dissertation. Kurz: Der Wasserspiegel sinkt und legt Teile der Brennstäbe frei, und Wasser reagiert mit dem Zirkon der Hülle und wird reduziert.
Und bei Joe drüben auf den SciLogs gibt es Infos zur Bewertung des gesundheitlichen Risikos.
Update Montag, 14.03.2011, 09:25: Die Außenhülle ist explodiert aber der Sicherheitsbehälter intakt, bei der SB-Datenbank wie auch bei Daiichi Reaktor 3. Die SItuation schien ähnlich zu sein wie in Daiichi 1: Es ist Wasserstoff in der Außenhülle explodiert. Es wurden sechs Personen verletzt, aber der Kontrollraum blieb intakt, man kann vermuten dass es ähnlich wie bei Einheit 1 weiter geht mit der Seewasserkühlung; das klang wenigstens gestern abend vorsichtig positiv: Der Druck war im Reaktor gefallen, aber man war nicht sicher ob die Wasserstandsanzeige funktioniert.
Was mir noch nicht klar ist, wie der Wasserstoff aus dem Behälter in die Außenhülle gelangt, hängt das mit dem Druck ablassen zusammen? Hat da jemand etwas zu?
In Onogawa hat man keine Schäden am Reaktor gefunden, und vermutet dass die kurzfristig erhöhten Strahlenmessungen aus Fukushima stammen? Das kann schon sein da man ja Wind nach Nordosten erwartete und Onogawa nördlich von Daiichi liegt, aber immerhin 155 km!
Update 11:25: Mehr zum Aufbau des Reaktors und der Timeline der Geschehnisse. Ja, der hat ein “Atomkraft – Ja bitte”-Badge. Das finde ich genauso albern wie “Anti Atomkraft”-Sticker, aber der Artikel enthält doch gute Informationen. Und wo wir dabei sind: Der CDU/CSU-Twitteraccount hat hierher verlinkt, schön mit genehmen Zitat. Alles was die grad twittern ist Beschönigung in die andere Richtung. Auch nicht weniger widerlich.
Leider meldet jetzt auch Einheit Daiichi 2 Verlust der Kühlfunktion.
Update 11:40: Offizielles PDF mit dem aktuellen Status der Fukushima-Reaktoren.
Wie und wo der Wasserstoff herkam, scheint nicht ganz klar zu sein!
Update 13:25: Eine kleine Sammlung an Informationen des Bundesamt für Strahlenschutz.
An Daiichi 2 herrscht plötzlich Aufregung und sogar Vermutungen dass gar kein Wasser mehr im Reaktor sei und die Brennstäbe exponiert seien. Aber die Meldungen sind noch nicht einig und wahrscheinlich hilft wieder nur Warten, was tatsächlich vorliegt.
Update 17:00: Die offizielle Meldung an die IAEA bezüglich Reaktor 2 ist wenig ergiebig aber auch weniger dramatisch als manches was in der ersten Unsicherheit herumgeisterte (und vielleicht auch zu früh gemeldet wurde). Lediglich dass der Wasserstand abgesenkt vorgefunden wurde und mit Seewasser nachgefüllt wird. Es bleibt abzuwarten, wie so vergleichsweise plötzlich aus ersten Pumpenproblemen ein möglicher vollständiger Trockenlauf wurde.
Aber neu ist, dass gestern kurz der Seewasser-Vorrat für Einheit 1 und 3 knapp wurden – und die Einspeisung unterbrochen wurde, aber inzwischen wieder aufgeholt wurde.
Außerdem gibt es eine Liste der evakuierten Ortschaften. Etwa 185000 Einwochner wurden evakuiert.
Update 18:00: Die Situation in Einheit 2 scheint wirklich ernst gewesen zu sein, die Brennstäbe müssen je nachdem wo man liest ganz oder teilweise freigelegt worden sein; weil eine Seewasser-Pumpe kein Benzin mehr hatte. Man hat Druck abgelassen, und dann erhöhte Strahlungslevel gemessen die auf eine wenigstens teilweise Beschädigung der Brennstäbe schließen lassen. Wie stark die gemessene Strahlungsdosis war wird vielleicht im nächsten IAEA-Report stehen.
Update 18:35: Nature berichtet über das globale Radioaktivität-Messnetzwerk, das die Daten permanent bereitstellt, aber nur den Mitgliedsstaaten direkt. Nach dem Tsunami 2004 wurden die Erdbebendaten frei verfügbar, aber die Mitgliedsstaaten stellen die Radioaktivitätsmessungen leider noch nicht zur Verfügung!
Update 19:10: Snopes enttarnt die gefälschte Karte der Verbreitung möglichen Fallouts.
Dienstag, 15. März, 7:50: Leider ist die Situation über (unsere) Nacht eskaliert, und in Daiichi 2, in dem gestern der Wasserspiegel stark abfiel (und spätere Berichte noch angaben auch nicht schnell zum Steigen zu bewegen war) ist der Sicherheitsbehälter anscheinend beschädigt worden. (Nachtrag: Klar ist nicht dass er beschädigt wurde, da ja durch den Brand in 4 Radioaktivität austrat und dort lokal die Strahlungsdosis sehr viel höher war). Es gab eine Explosion um 18:20 Uhr Ortszeit.
Zudem ist auch noch das Lager für verbrauchte Brennstäbe (?) beim eigentlich abgeschalteten Reaktor 4 in Brand geraten (mittlerweile gelöscht) und Radioaktivität sei frei geworden! Um das Kraftwerk 4 stieg kurzzeitig die Strahlendosis auf lebensgefährliche 400 Millisievert pro Stunde, zwischen 2 und 3 auf 30. Normalerweise wird eine Höchstdosis von 10 Millisievert pro Jahr erwartet, wer also noch in Fukushima arbeitet dürfte verstrahlt worden sein. Ich hoffe, dass Karten öffentlich gemacht werden wie sich die Strahlung verteilt und wie schnell sie abnimmt.
Nachtrag: Es ist gar nicht klar dass Behälter 2 beschädigt ist; die Quelle der Strahlung war vor allem der Brand bei Kraftwerk 4.
Update 9:35: Nach den Angaben von Nature spricht doch mehr für eine Beschädigung des Behälters 2, da die höchste Dosis bei Einheit 3 gemessen wurde, nicht 4; wobei wenn die Tabelle mit den Werten vom Tor der Anlage stimmt (die ist plötzlich in Mikrosievert), die Dosis mit 0.5-8 mS/h doch schon einen Faktor hundert niedriger war. Die Übersicht über Strahlenmessungen in Japan zeigt nur ein unbefriedigendes “under survey”. Ein kohärenteres Bild lässt sich nicht zusammenbasteln bis jetzt, leider.
Update 13:00: Lars bloggt zur Gefahr durch die abgebrannten Elemente in den Abklingbecken.
Der IAEA wurde gemeldet, dass die Strahlendosis vor Ort wieder stark gefallen ist.
Nachtrag: Das ist der Stand von heute morgen um 8 (unserer Zeit).
Update 19:15: Ein Beitrag zu Gesundheitsrisiken und Strahlendosen
Eine ziemlich geniale Zusammenfassung von allem, was wir bisher wissen im Economist.
It is too early to say how Fukushima fared with the calamity, all things considered. Much of the damage seems to have been caused by the tsunami wrecking the diesel generators–a single failure that resulted in a series of others, and was, in turn, compounded by them. Surely, though, planning for such contingencies can reasonably be considered part and parcel of the technology writ large. And this failed on too many fronts. Switching rooms were flooded. Auxiliary power systems failed. And that is before the full extent of the damage suffered by the reactors is known for sure. True, in accordance with safety regulations, these were designed to withstand tremors of magnitude 8.2. That they survived relatively unscathed through a magnitude 9.0 earthquake–ie, one that, given the scale’s logarithmic nature, was approximately 15 times more powerful–seems remarkable. But an expensive installation was ruined, lives were lost and hazardous levels of radiation leaked into the atmosphere. If no further harm is done, an amount of damage comparatively small when set against the many thousands of lives lost across all affected areas might be seen as a victory–but hardly one to celebrate.
Und auch Geoff Brumfiel hat in Nature News ein kritische Zusammenfassung der Geschehnisse und der (möglichen) Konsequenzen.
Ihr solltet auch nicht die Stellungnahme des DPG-Präsidenten drüben bei Christian übersehen.
Update 20:50: Ich habe mal versucht herauszufinden, wie stark das Erdbeben denn in Fukushima selbst war. Denn man liest ja immer, dass das Kraftwerk bis 8.2 ausgelegt war aber das Erdbeben 8.9 betrug (mittlerweile auf Magnitude 9.0 korrigiert). aber natürlich liegt Fukushima nicht im Epizentrum und hat daher ein Erdbeben geringerer Magnitude erfahren.
Der US Geological Survey bietet die Möglichkeit, selbst erlebte Erdbeben einzutragen und stellt die ausgewerteten Daten bereit. Die Meldungsdichte zum Erdbeben vom Freitag in Japan ist verständlich gering, was die Auswertung nicht sehr genau macht. Es finden sich nur vier Meldungen für die Region Fukushima, die auch auf ganze Intensitäten (Mercalliskala, da aus Beobachtungen) gerundet sind. In diesem Intensity Summary aber wird eine Intensität von 7.9 angegeben. Aber zudem sind Mercalliskala und die gemessene Momente-Magnituden-Skala auch nicht direkt umrechenbar.
In diesem Plot sind alle gemeldeten Beobachtungen eingetragen. Da lässt sich leider aus der Punktwolke auch wenig entnehmen, die Linien die da reingefittet sind…naja…
Aber Fukushima liegt 178 km entfernt. Wenigstens dass die Magnitude wohl in dieser Entfernung näher an 8 als an 9 liegt kann man vermuten. Ich hoffe, jemand kennt Quellen für bessere Karten der Stärke, dann bitte melden per Mail, Twitter, Facebook oder Briefschildkröte.
Update 16.03., 16:30: Eine Google Map mit einer Übersicht über Zeitserien an Strahlungsmessungen, zum Großteil inoffizielle Messungen (von Privtaleuten).
Und eine genauere Analyse und Darstellung der offiziellen Daiichi-Daten.
Eine Sammlung aller Nature-Artikel zum Thema.
Ein geleaktes Protokoll von 2008, in dem die IAEA die Erdbebensicherheit in Japan in Frage stellte.
Update 19:35: Das mit den 178 km vom Epizentrum stimmt nicht, die nächsten Stationen hier sind MYG012 und MYG013, und da war die Intensität schon 9.
Update 20.03., 15:00: In den letzten Tagen scheint die Kiste kurz vorm Abgrund abgebremst worden zu sein. Die Reaktoren sind einigermaßen stabilisiert. Die Hauptsorgen haben die Abklingbecken gemacht, weswegen auch die Wasserwerfer- und dann Feuerwehraktionen nötig wurden. Zunächst wurde – scheinbar wenigstens etwas erfolgreich – das Abklingbecken von Reaktor 3 wieder aufgefüllt (nicht der Reaktor, der wird doch mit Seewasser gekühlt). Die Wasserwerfer waren nicht kräftig genug, aber die Feuerwehr-Aktion scheint etwas Erfolg gehabt zu haben. Abklingbecken 4 soll folgen, worin übrigens nicht nur abgebrannte Brennstäbe lagen, nicht nur einzelne aktive, nein der GANZE VERDAMMTE KERN von Reaktor 4 liegt da drin m(
Positiver ist da, dass die externe Stromversorgung teilweise wiederhergestellt ist und wenigstens 5 und 6 wieder gekühlt werden.
Im japanischen Fernsehen hat man niedliche Dioramen der Reaktoren.
Einige Bemühungen gibt es, die Strahlenbelastung zu veranschaulichen. Hier etwas von BoingBoing, aber richtig richtig gut ist die Grafik von xkcd, und hier ist eine weitere crowdsourced Strahlungskarte.
Die Unfälle haben jetzt auf der INES-Skala teilweise Level 5 erreicht, den Status von Three Mile Island.
Update 21.03., 21:50: Die Zusammenfassung to end all Zusammenfassungen im physikBlog.
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