Angesichts des extremen Erdbebens von gestern, den noch nicht abschätzbaren Folgen (aber auch – das muss man erwähnen – den durch Forschung, Ingenieurskunst und strenge Bauauflagen vielleicht Millionen verhinderten Verletzten und Toten) ist es schon sehr schwierig, sich ordentlich zu informieren. Leider befinden sich zwei Atomkraftwerke in der Fukushima-Region in kritischem Zustand, und bei einem ist sogar das Außengebäude explodiert.
Leider ist es sehr schwierig, an gute Informationen zu kommen. Gerade die deutschen Medien scheinen begierig Greenpeace-Meinungen zu verbreiten. Diese überschlagen sich seit gestern in ihrer Schwärze und scheinen grad den Weltuntergang herbei zu schreien. Diese Instrumentalisierung der Katastrophe für primitive Anti-Atompropaganda finde ich einfach nur noch widerlich. Ehrlich, egal was dort passiert, wer nach dieser Panikmache noch zu Greenpeace hält ist nicht mehr mein Freund.
Stattdessen wäre es wichtiger denn je, ordentliche Informationen zu sammeln. Ich bin auch kein Experte und auch dieses Wochenende vermutlich wenig am Computer, aber vielleicht ist es ganz gut, hier Links zu echter Information zu sammeln.

Was z.B. nicht passieren kann ist eine Explosion wie in Tschernobyl, da der Reaktorkern (Graphitkern) brannte und deutlich schlechter eingepackt war. Bessere Vergleiche hört man zu Three Mile Island, wo es 1979 tatsächlich eine teilweise Kernschmelze gab, die aber mit Mühe und Glück in den Griff zu bekommen war.
In den Fukushima-Kraftwerken arbeiten die Leute auch noch und versuchen, die Situation in den Griff zu bekommen. Nochmal: Die Situation ist sehr ernst und kann Menschenleben kosten, aber Panikmache ist fehl am Platz und die Instrumentalisierung für Anti-Atomkraft-Stimmung ist absolut daneben.

Also, wenn ihr Links zu echten Informationen und Einschätzungen habt, ladet die doch bitte hier ab; ich werde versuchen den Beitrag unregelmäßig upzudaten. Vielleicht schaffen wir es gemeinsam, ein bisschen Einordnung zu betreiben.

Bei Nature’s The Great Beyond gibt es eine Übersicht zur Situation. Kritisch sind zwei Reaktoren in Fukushima Daiichi und einer in Fukushima Daini. Die Explosion hat sich in Daiichi 1 ereinigt, es ist unklar ob der Behälter beschädigt wurde, was von der Regierung aber als unwahrscheinlich angegeben wird.
Die Sueddeutsche hat eine gute FAQ-Sektion zur möglichen Lage in Fukushima.
World Nuclear News hat eine längere Einschätzung, aber die Seite ist überlastet.

Also, bitte, wenn ihr aktuellere Links habt her damit; wenn ihr echte Fragen habt her damit, es findet sich hoffentlich hier eine Antowrt dazu. Bitte postet mit Augenmaß.

Update 12:35:
Gute Berichterstattung gibt es grundsätzlich beim englischsprachigen Al Jazeera, das man online ansehen kann.

Update 13:20: Viele Informationen über Sicherheitskonzepte und Maßnahmen im Störfall hat arclight getwittert.

Update 13:30: Modellierungen der Windrichtungen ab Fukushima – aufs Meer hinaus.

Auch wenn sie “AntiAtompiraten” heißen, sie sammeln mit Augenmaß Nachrichten.

Vielleicht ganz interessant, hab ich mal vor ein paar Jahren geguckt, eine Dokumentation, wie die Katastrophe in Tschernobyl zustande kam (ist vierteilig, Link geht auf den ersten Teil).

Update 13:45: Die Meldungen sind uneins, zwischen Kernschmelze und “Es gab gar keine Explosion” in Daiichi ist alles dabei. Der letzte Stand war meines Empfindens weiterhin, dass der Reaktorbehälter unbeschädigt ist aber das Gebäude drumherum. Ich denke, es hilft jetzt nur mal eine halbe Stunde zu warten.

Wegen Überlastung der Server verteilt die IAEO auch auf Facebook Informationen.

Update 14:00: Unbedingt lesen! Wie Dampf- und Siedewasserreaktoren funktionieren im physikBlog.

Update 14:30Al Jazeera zitiert den Kabinettsprecher Yukio Edano:

The nuclear reactor is surrounded by a steel reactor container, which is then surrounded by a concrete building.

The concrete building collapsed. We found out that the reactor container inside didn’t explode.

Also, es stimmt, der Reaktorbehälter ist nicht beschädigt (ein Stahlcontainer), aber das Betongebäude drumrum ist kollabiert.

Anscheinend plant man Seewasser einzuleiten um den Kern zu kühlen. Das würde fünf bis zu Stunden dauern und insgesamt 10 Tage.
Die Explosion war eine Knallgasreaktion durch Wasserstoff, der durch den fallenden Kühlwasserspiegel entwichen ist.

Update 14:40: Hier kann man die Unterschiede zwischen dem Tschernobyl-Reaktor und Siedewasserreaktoren ansehen. Der hatte vor allem keinen Sicherheitsbehälter – eben der in Fukushima noch intakt ist.

Update 17:30: Keine neuen Nachrichten, auch die Fernsehberichte geben jetzt eigentlich den Stand von 14:30 wieder. Das CNN-Liveblog bietet auch eine gute Übersicht über alle Geschehnisse rund um die Naturkatastrophe.
Hier sieht man angeblich die Strahlungsmessungen um Fukushima. Weiß jemand mehr ob die angegebene Energiedosis größenordnungsmäßig Sinn macht?
Die Kommentare hab ich aufgegeben, poste meinetwegen jeder was er will für oder gegen Greenpeace und darüber was für eine Schande für die Scienceblogs ich bin.

Dass es immer noch heftige Nachbeben gibt kann man sich beim US Geological Survey ansehen, der sowieso zu allen Aspekten von Erdbeben tolle Informationen und Datenbanken bietet.

Wenn auch solche Katastrophen ein guter Anlass sind, etwas an Hilfsorganisationen zu spenden: Denkt dran dass z.B. Chile noch lange nicht mit den Folgen des Erdbebens vom letzten Jahr fertig geworden ist; wenn ihr spendet schickt es doch allgemein an eine Hilfsorganisation und nicht zweckgebunden, die wissen besser wie sie das Geld einsetzen sollten.

Schließlich noch eine Einschätzung beim Physikblog.

Update 17:50: Al Jazeera bringt jetzt (in ihrem Blog) leider auch mehr Spekulationen, aber ohne Belege.

Update 18:10: Etwas zur Kontroverse um die Analysen der Stabilität des Brennstoffes und des Sicherheitsbehälters bei Reuters, was aber kaum einzuschätzen ist, weil nicht dabei steht wie die verschiedenen Experten zu ihren Schlüssen gekommen sind. Ich würde eher konservativ sagen: Wer nicht vor Ort ist kann nur mutmaßen – also weiter Geduld.

Ein Querschnitt durch den einen Reaktor mit ähnlichem Sicherheitsbehälter.

Update 21:30: Auch der Internationalen Atomenergiebehörde ist gemeldet worden, dass die Explosion außerhalb des Sicherheitsbehälters stattfand und dieser unbeschädigt sei. Es wird auch bestätigt, dass bereits mit Seewasser gekühlt wird. In der Nähe des Kraftwerks seien die radioaktiven Substanzen Caesium-137 und Iod-131 gemessen worden und erhöhte Level an Radioaktivität, aber mit abnehmender Stärke.
Auf der Internationalen Skala für nukleare Zwischenfälle INES wird der Unfall als Stufe 4 (‘Accident with Local Consequences’) eingestuft. Die Skala läuft von 0 bis 7; Three Mile Island war 5, Tschernobyl eine 7.

Update 22:00: Prof. Paddy Regan hält die gemessenen Isotopen (Caesium-137 und Iod-131) für konsistent mit geringer Leckage durch Ablassen von Dampf aus dem Reaktor. Hinter dem Link gibt es weitere Informationen und Einschätzungen von Physikern, die konsistent mit den bisherigen Informationen sind.

Warum man Iodtabletten gibt – um durch die Iodblockade zu verhindern, dass radioaktive Iod-Isotopen in der Schilddrüse angereichert werden und dort Krebs verursachen kann.

Update 22:50: Anscheinend spricht grad ein Offizieller, BBC und Al Jazeera melden übereinstimmend, dass auch in Daiichi 3 die Notkühlung ausgefallen sei (1, dessen Hülle explodiert ist wird ja bereits mit Seewasser gekühlt). Außerdem wurde bekannt, dass bis zu 160 Personen verstrahlt sein könnten und bei 9 erhöhte Strahlung festgestellt wurde.

Sonntag, 13. März 2011, 10:55Eine sehr übersichtliche animierte Grafik bei der New York Times erklärt, was bislang passiert ist.

Der IAEA wurde gemeldet, dass wenigstens an den drei Daini-Reaktoren keine Notablassungen von Dampf vorgenommen werden mussten. Acht Arbeiter in Daiichi wurden verletzt: vier bei der Explosion, drei in anderen Unfällen, ein weiterer bekam eine erhöhte Strahlendosis ab. In Daini wurde ein Arbeiter bei einem Kranunfall getötet und vier weitere verletzt.

Update 11:05: Einige Überlegungen zu Strahlenschutzanzügen der Arbeiter.

Update 11:10BBC meldet in ihrem Live-Blog, dass die japanischen Behören in Daiichi 3 keine Kernschmelze annehmen, wie vorher behauptet wurde. Aber in 1 wird jetzt wohl offiziell eine partielle Kernschmelze angenommen – das würde wohl heißen dass die Messungen der Caesium- und Iod-Isotopen dies bestätigt haben müssen. Bleibt nochmal drauf hinzuweisen dass eine (partielle) Kernschmelze noch nicht unbedingt das Austreten aus dem Sicherheitsbehälter bedeutet (siehe auch Three Mile Island) oder eine gewaltige Explosion wie in Tschernobyl. Bleibt wohl aber auch wieder nur darauf zu warten, dass die IAEA die Meldung bestätigt.

Mehr als 2,5 Millionen japanische Haushalte sind ohne Strom und 1 Million ohne Wasser. Das ist die größere Gefahr für die Japaner, also ich befürchte, dass meine Sorgen um den Atomunfall sich vor allem um mich drehen und nicht um die Japaner!

Update 11:30: Eine Übersicht über die Geschehnisse in Three Mile Island. Fünf Tage hat es dort gedauert und 50% des Kerns schmolzen dabei.

Update 11:40: Auch in Daiichi 3 wurde Dampf abgelassen und jetzt wird mit Seewasser gekühlt, meldet World Nuclear News unter Berufung auf die Betreiber TEPCO. Weiß jemand wie die Kühlung mit Seewasser eingeplant war, war das immer als Notfallmaßnahme vorgesehen/vorbereitet?

Update 12:40: Ob die Kühlung mit Seewasser immer vorgesehen war habe ich nicht herausgefunden, aber warum man es nicht immer tut und wieso jetzt doch:

Saltwater is corrosive and can damage pipes so it has never been used for cooling a nuclear core, experts said. But when the explosion destroyed the system for circulating freshwater through the core, company officials thought they had little choice left but to inject cold seawater into the containment vessel. At this point, damage to the pipes is inconsequential.

von hier (Detroit Free Press/Los Angeles Times). Salzwasser kann die Rohre korrodieren, daher kann man es nicht immer einsetzen, aber jetzt wo die Kiste eh kaputt ist und nichts anderes mehr geht ist es folgenlos wenn die Rohre beschädigt werden.

Update 16:15: Um das Kraftwerk Onogawa, 155 km von Fukushima entfernt, wurden erhöhte Level Radioaktivität festgestellt, man sucht nach der Quelle. Es ist noch nicht klar, ob dies bedeutet dass der Reaktor in Gefahr ist.
Ein Diskussionsbeitrag von Josef Oehmen (der leider jetzt nach Astroturfing riecht, Nachtrag 15.03., 13:00), der ziemlich anschaulich und ruhig erklärt was vorgefallen ist und wie man vorgeht. Er ist der Ansicht, dass die Kühlung mit Seewasser klappt und da die Reaktoren ja abgestellt sind, es auch dabei bleiben wird; wo die gemessenen Isotopen Caesium und Iod herkommen (teilweise beschädigte Brennstäbe). Eine genaue Inspektion des Reaktors und der Brennstäbe wird 4-5 Jahre dauern.
Die Einleitung von Meerwasser war wohl laut Pressekonferenz gestern nicht vorgesehen gewesen.

Update 18:00: Es wird gemeldet, dass eine Pumpe in einem dritten (!) Reaktorkomplex, Tokai, ausgefallen sei. Das hieße aber dass die Notpumpen noch funktionieren/existieren?

Update 18:15 Tagesschau Newsticker:
“Der Betreiber des Atomkraftwerks Tokai hat Berichten über technische Probleme mit dem Kühlsystem dementiert. Zwar seien zwei Dieselgeneratoren, die Kühlpumpen antreiben, ausgefallen. Der dritte Generator laufe aber störungsfrei. Damit sei die Kühlung des Reaktorblocks 2 ausreichende gesichert. ”

Danke MartinB.
Also Vorsicht vor dem Reporting Bias, jetzt wird leider alles gemeldet was irgendwie in die Richtung geht, und vielleicht ohne ausreichende Prüfung.

Update 18:25: Noch zwei interessante Links aus der Mail gefischt, danke:

Wie entstand eigentlich der Wasserstoff der die Explosion der Außenhülle ausgelöst hat? Das findet sich in Kapitel 3 dieser Dissertation. Kurz: Der Wasserspiegel sinkt und legt Teile der Brennstäbe frei, und Wasser reagiert mit dem Zirkon der Hülle und wird reduziert.

Und bei Joe drüben auf den SciLogs gibt es Infos zur Bewertung des gesundheitlichen Risikos.

Update Montag, 14.03.2011, 09:25: Die Außenhülle ist explodiert aber der Sicherheitsbehälter intakt, bei der SB-Datenbank wie auch bei Daiichi Reaktor 3. Die SItuation schien ähnlich zu sein wie in Daiichi 1: Es ist Wasserstoff in der Außenhülle explodiert. Es wurden sechs Personen verletzt, aber der Kontrollraum blieb intakt, man kann vermuten dass es ähnlich wie bei Einheit 1 weiter geht mit der Seewasserkühlung; das klang wenigstens gestern abend vorsichtig positiv: Der Druck war im Reaktor gefallen, aber man war nicht sicher ob die Wasserstandsanzeige funktioniert.
Was mir noch nicht klar ist, wie der Wasserstoff aus dem Behälter in die Außenhülle gelangt, hängt das mit dem Druck ablassen zusammen? Hat da jemand etwas zu?

In Onogawa hat man keine Schäden am Reaktor gefunden, und vermutet dass die kurzfristig erhöhten Strahlenmessungen aus Fukushima stammen? Das kann schon sein da man ja Wind nach Nordosten erwartete und Onogawa nördlich von Daiichi liegt, aber immerhin 155 km!

Update 11:25: Mehr zum Aufbau des Reaktors und der Timeline der Geschehnisse. Ja, der hat ein “Atomkraft – Ja bitte”-Badge. Das finde ich genauso albern wie “Anti Atomkraft”-Sticker, aber der Artikel enthält doch gute Informationen. Und wo wir dabei sind: Der CDU/CSU-Twitteraccount hat hierher verlinkt, schön mit genehmen Zitat. Alles was die grad twittern ist Beschönigung in die andere Richtung. Auch nicht weniger widerlich.

Leider meldet jetzt auch Einheit Daiichi 2 Verlust der Kühlfunktion.

Update 11:40: Offizielles PDF mit dem aktuellen Status der Fukushima-Reaktoren.

Wie und wo der Wasserstoff herkam, scheint nicht ganz klar zu sein!

Update 13:25: Eine kleine Sammlung an Informationen des Bundesamt für Strahlenschutz.

An Daiichi 2 herrscht plötzlich Aufregung und sogar Vermutungen dass gar kein Wasser mehr im Reaktor sei und die Brennstäbe exponiert seien. Aber die Meldungen sind noch nicht einig und wahrscheinlich hilft wieder nur Warten, was tatsächlich vorliegt.

Update 17:00: Die offizielle Meldung an die IAEA bezüglich Reaktor 2 ist wenig ergiebig aber auch weniger dramatisch als manches was in der ersten Unsicherheit herumgeisterte (und vielleicht auch zu früh gemeldet wurde). Lediglich dass der Wasserstand abgesenkt vorgefunden wurde und mit Seewasser nachgefüllt wird. Es bleibt abzuwarten, wie so vergleichsweise plötzlich aus ersten Pumpenproblemen ein möglicher vollständiger Trockenlauf wurde.
Aber neu ist, dass gestern kurz der Seewasser-Vorrat für Einheit 1 und 3 knapp wurden – und die Einspeisung unterbrochen wurde, aber inzwischen wieder aufgeholt wurde.
Außerdem gibt es eine Liste der evakuierten Ortschaften. Etwa 185000 Einwochner wurden evakuiert.

Update 18:00: Die Situation in Einheit 2 scheint wirklich ernst gewesen zu sein, die Brennstäbe müssen je nachdem wo man liest ganz oder teilweise freigelegt worden sein; weil eine Seewasser-Pumpe kein Benzin mehr hatte. Man hat Druck abgelassen, und dann erhöhte Strahlungslevel gemessen die auf eine wenigstens teilweise Beschädigung der Brennstäbe schließen lassen. Wie stark die gemessene Strahlungsdosis war wird vielleicht im nächsten IAEA-Report stehen.

Update 18:35: Nature berichtet über das globale Radioaktivität-Messnetzwerk, das die Daten permanent bereitstellt, aber nur den Mitgliedsstaaten direkt. Nach dem Tsunami 2004 wurden die Erdbebendaten frei verfügbar, aber die Mitgliedsstaaten stellen die Radioaktivitätsmessungen leider noch nicht zur Verfügung!

Update 19:10: Snopes enttarnt die gefälschte Karte der Verbreitung möglichen Fallouts.

Dienstag, 15. März, 7:50: Leider ist die Situation über (unsere) Nacht eskaliert, und in Daiichi 2, in dem gestern der Wasserspiegel stark abfiel (und spätere Berichte noch angaben auch nicht schnell zum Steigen zu bewegen war) ist der Sicherheitsbehälter anscheinend beschädigt worden. (Nachtrag: Klar ist nicht dass er beschädigt wurde, da ja durch den Brand in 4 Radioaktivität austrat und dort lokal die Strahlungsdosis sehr viel höher war). Es gab eine Explosion um 18:20 Uhr Ortszeit.
Zudem ist auch noch das Lager für verbrauchte Brennstäbe (?) beim eigentlich abgeschalteten Reaktor 4 in Brand geraten (mittlerweile gelöscht) und Radioaktivität sei frei geworden! Um das Kraftwerk 4 stieg kurzzeitig die Strahlendosis auf lebensgefährliche 400 Millisievert pro Stunde, zwischen 2 und 3 auf 30. Normalerweise wird eine Höchstdosis von 10 Millisievert pro Jahr erwartet, wer also noch in Fukushima arbeitet dürfte verstrahlt worden sein. Ich hoffe, dass Karten öffentlich gemacht werden wie sich die Strahlung verteilt und wie schnell sie abnimmt.

Nachtrag: Es ist gar nicht klar dass Behälter 2 beschädigt ist; die Quelle der Strahlung war vor allem der Brand bei Kraftwerk 4.

Update 9:35: Nach den Angaben von Nature spricht doch mehr für eine Beschädigung des Behälters 2, da die höchste Dosis bei Einheit 3 gemessen wurde, nicht 4; wobei wenn die Tabelle mit den Werten vom Tor der Anlage stimmt (die ist plötzlich in Mikrosievert), die Dosis mit 0.5-8 mS/h doch schon einen Faktor hundert niedriger war. Die Übersicht über Strahlenmessungen in Japan zeigt nur ein unbefriedigendes “under survey”. Ein kohärenteres Bild lässt sich nicht zusammenbasteln bis jetzt, leider.

Update 13:00: Lars bloggt zur Gefahr durch die abgebrannten Elemente in den Abklingbecken.

Der IAEA wurde gemeldet, dass die Strahlendosis vor Ort wieder stark gefallen ist.
Nachtrag: Das ist der Stand von heute morgen um 8 (unserer Zeit).

Update 19:15: Ein Beitrag zu Gesundheitsrisiken und Strahlendosen

Eine ziemlich geniale Zusammenfassung von allem, was wir bisher wissen im Economist.

It is too early to say how Fukushima fared with the calamity, all things considered. Much of the damage seems to have been caused by the tsunami wrecking the diesel generators–a single failure that resulted in a series of others, and was, in turn, compounded by them. Surely, though, planning for such contingencies can reasonably be considered part and parcel of the technology writ large. And this failed on too many fronts. Switching rooms were flooded. Auxiliary power systems failed. And that is before the full extent of the damage suffered by the reactors is known for sure. True, in accordance with safety regulations, these were designed to withstand tremors of magnitude 8.2. That they survived relatively unscathed through a magnitude 9.0 earthquake–ie, one that, given the scale’s logarithmic nature, was approximately 15 times more powerful–seems remarkable. But an expensive installation was ruined, lives were lost and hazardous levels of radiation leaked into the atmosphere. If no further harm is done, an amount of damage comparatively small when set against the many thousands of lives lost across all affected areas might be seen as a victory–but hardly one to celebrate.

Und auch Geoff Brumfiel hat in Nature News ein kritische Zusammenfassung der Geschehnisse und der (möglichen) Konsequenzen.

Ihr solltet auch nicht die Stellungnahme des DPG-Präsidenten drüben bei Christian übersehen.

Update 20:50: Ich habe mal versucht herauszufinden, wie stark das Erdbeben denn in Fukushima selbst war. Denn man liest ja immer, dass das Kraftwerk bis 8.2 ausgelegt war aber das Erdbeben 8.9 betrug (mittlerweile auf Magnitude 9.0 korrigiert). aber natürlich liegt Fukushima nicht im Epizentrum und hat daher ein Erdbeben geringerer Magnitude erfahren.
Der US Geological Survey bietet die Möglichkeit, selbst erlebte Erdbeben einzutragen und stellt die ausgewerteten Daten bereit. Die Meldungsdichte zum Erdbeben vom Freitag in Japan ist verständlich gering, was die Auswertung nicht sehr genau macht. Es finden sich nur vier Meldungen für die Region Fukushima, die auch auf ganze Intensitäten (Mercalliskala, da aus Beobachtungen) gerundet sind. In diesem Intensity Summary aber wird eine Intensität von 7.9 angegeben. Aber zudem sind Mercalliskala und die gemessene Momente-Magnituden-Skala auch nicht direkt umrechenbar.

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In diesem Plot sind alle gemeldeten Beobachtungen eingetragen. Da lässt sich leider aus der Punktwolke auch wenig entnehmen, die Linien die da reingefittet sind…naja…

Aber Fukushima liegt 178 km entfernt. Wenigstens dass die Magnitude wohl in dieser Entfernung näher an 8 als an 9 liegt kann man vermuten. Ich hoffe, jemand kennt Quellen für bessere Karten der Stärke, dann bitte melden per Mail, Twitter, Facebook oder Briefschildkröte.

Update 16.03., 16:30: Eine Google Map mit einer Übersicht über Zeitserien an Strahlungsmessungen, zum Großteil inoffizielle Messungen (von Privtaleuten).

Und eine genauere Analyse und Darstellung der offiziellen Daiichi-Daten.

Eine Sammlung aller Nature-Artikel zum Thema.

Ein geleaktes Protokoll von 2008, in dem die IAEA die Erdbebensicherheit in Japan in Frage stellte.

Update 19:35: Das mit den 178 km vom Epizentrum stimmt nicht, die nächsten Stationen hier sind MYG012 und MYG013, und da war die Intensität schon 9.

Update 20.03., 15:00: In den letzten Tagen scheint die Kiste kurz vorm Abgrund abgebremst worden zu sein. Die Reaktoren sind einigermaßen stabilisiert. Die Hauptsorgen haben die Abklingbecken gemacht, weswegen auch die Wasserwerfer- und dann Feuerwehraktionen nötig wurden. Zunächst wurde – scheinbar wenigstens etwas erfolgreich – das Abklingbecken von Reaktor 3 wieder aufgefüllt (nicht der Reaktor, der wird doch mit Seewasser gekühlt). Die Wasserwerfer waren nicht kräftig genug, aber die Feuerwehr-Aktion scheint etwas Erfolg gehabt zu haben. Abklingbecken 4 soll folgen, worin übrigens nicht nur abgebrannte Brennstäbe lagen, nicht nur einzelne aktive, nein der GANZE VERDAMMTE KERN von Reaktor 4 liegt da drin m(
Positiver ist da, dass die externe Stromversorgung teilweise wiederhergestellt ist und wenigstens 5 und 6 wieder gekühlt werden.

Im japanischen Fernsehen hat man niedliche Dioramen der Reaktoren.

Einige Bemühungen gibt es, die Strahlenbelastung zu veranschaulichen. Hier etwas von BoingBoing, aber richtig richtig gut ist die Grafik von xkcd, und hier ist eine weitere crowdsourced Strahlungskarte.

Die Unfälle haben jetzt auf der INES-Skala teilweise Level 5 erreicht, den Status von Three Mile Island.

Update 21.03., 21:50: Die Zusammenfassung to end all Zusammenfassungen im physikBlog.

Kommentare (623)

  1. #1 Tomtom
    03/14/2011

    @inga
    “Natürlich wird der Super-GAU in der Risikoanalyse eines KKWs berücksichtigt.”

    Nein. Ich habe schon einige Risikoanalysen für die Industrie gemacht und Du weisst nicht von was Du redest.

    “Bei der Risikoanalyse von z.B. Autos wird auch ein Unfall berücksichtigt.”

    Ja, bis 64km/h nach EuroNCAP. Das ist der Störfall, für das ein Auto ausgelegt ist, der GAU. Der Super-GAU sind Unfälle bei Geschwindigkeiten über 64km/h – da weiss wohl auch der Hersteller nicht genau, was passiert.

    Tomtom

  2. #2 BreitSide
    03/14/2011

    Wo stehen wir gerade?

    Zwei große Explosionen – die aber “nur” Knallgasexplosionen waren.

    Eine Kernschmelze, da sämtliche Kühlsysteme ausgefallen sind:
    – die betriebsmäßige Kühlung durch Pumpen, weil das Stromnetz ausgefallen ist,
    – sämtliche Notstromaggregate, da ja mit einem Zunami nicht gerechnet werden musste,
    – sämtliche Batterien, die nur auf ein paar Stunden ausgelegt waren,
    *** Hier GAU-Grenze einziehen***
    – und sogar die behelfsmäßige letzte Rettung durch Seewasser fällt komplett aus; mehrere m3 pro Sekunde scheinen nicht möglich zu sein.

    Der Kern ist komplett trocken gefallen und hat schon angefangen zu schmelzen.

    Wann er “durch” ist, kann nur eine Frage der Zeit sein.

  3. #3 Christian 2
    03/14/2011

    Die Kraftwerke waren vom Epizentrum soweit entfernt, das die Stärke des Erdbebens nur etwa 7 entsprach. Die Katastrophe wurde durch den Tsunami ausgelöst, der die Kühlung ausfallen ließ.

    Erdbebensicher sind die AKW´s also in Japan.
    Tsunamisicher nicht, was aufgrund der notwendigen Lage in der Nähe der Küsten (Kühlung, Abwässer) ein echtes Problem darstellt.

    Dieses Problem stellt sich in Deutschland nicht in dieser Form. Tatsache ist aber, das unsere AKW´s überhaupt nicht erdbebensicher gebaut sind. Dort würden womöglich Zuleitungen bersten, was wiederum einen Ausfall der Kühlung oder ganz andere Zwischenfälle zur Folge haben könnte.

    Weltweit müssen die Kraftwerksbetreiber dieses Problem in den Griff kriegen. Was wohl kaum überall geschehen wird. Somit ist davon auszugehen, das bei vergleichbaren Tsunamis auch in Zukunft die Möglichkeit eines Supergaus bei allen AKW´s an Küstengebieten eine echte Gefahr darstellt.

    Statistisch geht alle 25 Jahre ein Atomkraftwerk hoch. Rechnet mal nach Tschernobyl zurück- Passt ziemlich gut!

    Ich persönlich finde es gut, das dieses Thema wieder Fahrt aufnimmt. Denn die alten Kraftwerke in Deutschland sind entgegen der Kanzlerin nicht sicher genug, um die Gefahr eines Supergaus größtenteils auszuschließen.
    Hier sind zu viele Risiken. Sei es in den alten Schweißnähten die im Reaktor selbst nicht mehr zugänglich erneuert und überprüft werden können. Oder andere Gefahren, die von außen drohen.
    Diese Kraftwerke sind realistisch betrachtet vielleicht zu 60-70% sicher- Das reichte der Kanzlerin letztes Jahr noch, um die alten Meiler ebenfalls in der Laufzeit zu verlängern.

    Dieses Problem wurde von der Atomlobby kleingeredet, und von der Politik mehr oder weniger ignoriert. Es ist daher immens wichtig, vor allem die alten Anlagen stillzulegen.

    Tsunamis und tausende Tote wird es immer geben. Das werden die Menschen überstehen. Ein Supergau würde, sollte er eintreten ganze Landstriche (In Japan wohl den ganzen Inselstaat) für immer unbewohnbar machen.
    Der wirtschaftliche Schaden ginge im Falle Japans dann in die Billionen. Gleiches gilt für Amerika und Europa. Das darf man nicht ignorieren.

    PS: Wir hoffen und beten, das Japan nochmal mit einem blauen Auge davonkommt!

  4. #4 BreitSide
    03/14/2011

    Auweh, jetzt sind offensichtlich schon 3 Blöcke ohne Kühlung?

  5. #5 BreitSide
    03/14/2011

    chris2: tatsächlich nur Stärke 7?
    Tatsächlich “nur” ein Wasserschaden?
    Umso schlimmer.

    Wollen wir wirklich warten, bis bei uns etwas passiert, womit “natürlich niemand hat rechnen können”?

  6. #6 zch
    03/14/2011

    @BreitSide:

    Immerhin ist der Autor des verlinkten Artikels, Dr. Klaus-Dieter Humpich, ein Ingenieur für Energie- und Verfahrenstechnik mit langjähriger internationaler Erfahrung im Bereich Energie und Kraftwerkstechnik. Manche technischen Vorgänge kann so jemand möglicherweise besser abschätzen als ein Physiker.

    Wie realistisch oder unrealistisch es ist, dass Kernschmelzen sich in den Boden “fressen”, wage ich als Laie natürlich nicht zu beurteilen. (Vorgekommen ist es aber noch nie, oder?)

    Haben Sie entsprechende Quellen, die Ihre Einschätzung zu dieser Frage belegen?

    Ich werde Dr. Humpich im Kommentarbereich des Liberalen Instituts die selbe Frage stellen.

  7. #7 Anton
    03/14/2011

    #Risikoanalyse/Auslegungsstörfall/Gau/Super-Gau

    In der Analyse ist der Gau (oder Auslegungsstörfall) miteinberechnet. Der Gau ist klassisch der Ausfall der kompletten Kühlung, aber noch nicht die Kernschmelze selbst (die aber die Folge ist, wenn die Kühlung auf Dauer fehlt).

    Der Auslegungsstörfall heisst schon so wie er heisst, weil darauf die Kernkraftwerke ausgelegt sein müssen. Also Kernkraftwerke müssen einen Totalausfall der Kühlung bewältigen können. Etwa durch mehrere Kühlkreise oder aber auch die Möglichkeit Meerwasser hineinzupumpen oder was auch immer.

    Was kein Auslegungsstörfall mehr sein kann ist der Super-Gau, also eine offene Kernschmelze, bei der größere Gebiete verseucht werden. Logischerweise kann das kein Auslegungsstörfall sein und wird damit auch nicht in der Risikoüberlegung bei Bau von AKWs berücksichtigt.

  8. #8 Frank Lübberding
    03/14/2011

    zch

    “Wie realistisch oder unrealistisch es ist, dass Kernschmelzen sich in den Boden “fressen”, wage ich als Laie natürlich nicht zu beurteilen. (Vorgekommen ist es aber noch nie, oder?)”

    Was brauchen wir die Theorie? Wir erleben unter Umständen gerade experimentell die Verifizierung dieser Frage. Nur abwarten und beten. Wenn das beten nicht geholfen haben wird, werden Experten die Ergebnisse der ungewollten Versuchsanordnung in Fukushima 1 sicherlich auswerten. Nur zur Erinnerung: Tschenobyl passierte wegen eines aus dem Ruder gelaufenen Experiments. Das war aber allerdins so geplant gewesen. In Fukushima ergibt sich die Versuchsanordnung aus den Umständen.

  9. #9 Michael Kober
    03/14/2011

    Noch einmal zur Risiko-Analyse:

    Es ist klar, dass man für Autounfälle eine Risikoanalyse macht. Dies ist nicht zynisch sondern Realität und pragmatisch, um Schaden zu minimieren. Alles andere wäre neben der Spur und unverantwortlich. Autounfälle sind für den Einzelnen furchtbar, aber sie gehören genauso wie Krankheiten zum Lebensrisiko. Und ich bin mir ziemlich sicher, ich werde auch nicht ewig leben, zumindest nicht in diesem Körper.

    Ebenso ist es klar, dass man für unabwendbare Naturkatastrophen entsprechende Szenarien durchspielt, um dann best möglich helfen zu können. Ist rein pragmatisch des einzih vernünftige und kanonische Vorgehen.

    Was für mich aber absolut inakzeptabel ist: dass das Szenarium eines Supergaus erkannt wird und sich anschließend völlig bewußt für dieses Risiko entschieden wird und man das Ganze dann als “sicher” bezeichnet. Hier kann ich nur sagen “todsicher”.

  10. #10 BreitSide
    03/14/2011

    @zch: das Irreale Deiner und der Betrachtung des “liberalen” Autors könnte Jörg ganz einfach zerpflücken. Will er aber – aus inzwischen bekannten Gründen – nicht.

    Kleiner Hinweis: Reaktorstäbe ohne Kühlung (was bei einem Reaktor schon definitiv der Fall ist) werden bis 2.000 Grad heiß. Kennst Du ein Material, was dem stand hält?

    Eine Kernschmelze ist bei 3 Reaktoren schon Realität (mehrfach dementiert und rückdementiert).

    Bei mindestens einem Reaktor ist die Kühlung definitiv endgültig ausgefallen. Eine Kernschmelze ist schon da, das Durchschmelzen ist nur noch eine Frage der Zeit.

    Geschickt spielt der “liberale” Autor mit dem Film “China Syndrom”. Nein, durch den Erdkern wird sich da nichts schmelzen.

    Aber es wird sich in den Erdboden schmelzen.

    Auch wenn das nicht in das liberale “Klimawandel-gibt-es-nicht-und-Kernkraft-ist-gut,-sicher-und-alternativlos”- Weltbild.

  11. #11 Michael Kober
    03/14/2011

    Bei allem Furchtbaren etwas erfreuliches:

    es scheint so, dass die Realität doch langsam auch in den Gehirnwindungen von “konservativen” Politikern Einzug hält. Merkel, entschuldigung Frau Dr. Merkel, scheint in Fragen der Laufzeitverlängerung doch zurückzurudern. Mal sehen.

    Da fällt mir ein ist schon irgendwie merkwürdig, dass ausgerechnet Kernkraftbefürworter ins “konservative” Lager gehören.

    Ich dachte immer “konservare” bedeutet bewahren, erhalten und nicht mittels AKW’s zerstören. Aber vielleicht habe ich da auch was falsch verstanden.

  12. #12 BreitSide
    03/14/2011

    @zch:

    Ich werde Dr. Humpich im Kommentarbereich des Liberalen Instituts die selbe Frage stellen.

    Das ehrt Dich (keine Ironie!).

    Postest Du dann auch bitte seine Antwort?

  13. #13 Guido
    03/14/2011

    Ich würde Jörg Rings zum Reaktor-Reinigen nach Japan schicken. Da kann er sich dann überlegen was von Forschung, Ingenieurskunst und strengen Bauauflagen wirklich zu halten ist. Und eine wichtige Erfahrung machen. Kostenlos.

  14. #14 Stefan K.
    03/14/2011

    Danke für die Übersicht!

    Ich empfehle noch einen Artikel der New York Times über die mittelfristigen Folgen – auch ohne Zerstörung des Reaktorbehälters…
    https://www.nytimes.com/2011/03/14/world/asia/japan-fukushima-nuclear-reactor.html

  15. #15 Hans Dampf
    03/14/2011

    Die Rants über die sogenannten “Linken” sind natürlich Quatsch, anbei trotzdem ein Link zur Kritik an der Panikmache von Spiegel und SPON, die ziemlich genau das treffen, was Jörg Rings meint wenn er sagt, “ch will nichts mehr von Greenpeace lesen hier”
    https://www.nusquam.de/?p=1969

  16. #16 zch
    03/14/2011

    @BreitSide:

    > Kleiner Hinweis: Reaktorstäbe ohne Kühlung (was bei einem Reaktor schon
    > definitiv der Fall ist) werden bis 2.000 Grad heiß. Kennst Du ein Material, was
    > dem stand hält?”

    Ich hab’ mal gelesen, dass der Schmelzpunkt von hitzebeständigem Beton bei bis zu 3000 °C liegen kann.

    In den Nachrichten habe ich zudem gehört, dass in Japan laut Gesetz alle Atomkraftwerke auf felsigem Untergrund gebaut werden müssen.

    Aber ich kann mir natürlich trotzdem auch vorstellen, dass Herr Humpich mit seiner Einschätzung falsch liegt und die besagte Gefahr tatsächlich besteht.

    > Postest Du dann auch bitte seine Antwort?

    Klar, wenn er denn antwortet.

  17. #17 Anton
    03/14/2011

    “Was für mich aber absolut inakzeptabel ist: dass das Szenarium eines Supergaus erkannt wird und sich anschließend völlig bewußt für dieses Risiko entschieden wird und man das Ganze dann als “sicher” bezeichnet. Hier kann ich nur sagen “todsicher”.”

    Wer entscheidet sich für das Risiko eines Super-Gaus?

    Der Auslegungsstörfall ist der Gau und der muss bewältigbar sein. Kraftwerke müssen so ausgelegt sein, dass sie einen Ausfall der Kühlung bewältigen können. Wenn ein Gau bewältigbar ist, dann kanns kein Super-Gau geben.

    Einen Super-Gau mitdenken ist eine politische Frage und kann nicht von TechnikerInnen oder ErbauerInnen von Atomkraftwerken oder Energieunternehmen miteingeplant sein. Die Entscheidung müssen PolitikerInnen und die Bevölkerung treffen. Und in Japan sind – und da spreche ich aus eigener Erfahrung – eine überwältigende Mehrheit für Atomenergie, ebenso wie die gewählten PolitikerInnen. Es ist also die Bevölkerung und die von ihnen gewählten PolitikerInnen, die das Risiko eines Super-Gaus eingehen.

    Aber es ist natürlich ein leichtes Japan zu sagen, sie sollen auf Atomkraftwerke verzichten, ein Land, eine Insel ohne Kohle, ohne Erdöl und mit dem Wissen, dass Alternativenergie noch immer keine große Alternative ist und auch kaum die Grundlastversorgung übernehmen kann. Für Deutschland und generell Europa schaut die Lage schon wieder etwas anders aus.

    Also hört auch euch groß aufzuregen, es waren die JapanerInnen die diese Politiker gewählt haben und die durch ihre Entscheidungen Atomfreundlich eingestellt sind und noch immer sind (davon kann man halten was man will, aber laut eines japanischen Senders sind sie das noch immer).
    Und in Deutschland (ich bin Österreicher, ich hab dafür andere Sorgen ;-)) wurde diese CDU gewählt, die für eine Laufzeitverlängerung ist. Bedankt euch bei deren WählerInnen und macht was dagegen, wenn ihr dagagen was habt, aber akzeptiert das es auch andere Meinungen gibt (das Gejammere hab ich schon hier in Österreich genug ;-)).

  18. #18 Evil Dude
    03/14/2011

    Ich würde Jörg Rings zum Reaktor-Reinigen nach Japan schicken. Da kann er sich dann überlegen was von Forschung, Ingenieurskunst und strengen Bauauflagen wirklich zu halten ist. Und eine wichtige Erfahrung machen. Kostenlos.

    “Ich bin dafür, aber nur, wenn er Dich zum aufwischen nehmen darf!”

  19. #19 Frank Lübberding
    03/14/2011

    Noch ein seriöser Kritiker der medialen Aufarbeitung des Geschehens in Fukushima:

    https://www.spiked-online.com/index.php/site/article/10292/

    Es betrifft nicht Deuschland.

  20. #20 inga
    03/14/2011

    @Tomtom:
    Danke für die Klarstellung der Begrifflichkeiten. Deine Beiträge hier finde ich sehr informativ. Dass ich nicht weiß, wovon ich rede, stimmt dennoch nicht. Was ich meinte ist Folgendes: Wenn ich mich in ein Auto setze, dann werde ich nicht nur das Risiko berücksichtigen, mit bis zu 64km/h zu fahren, sondern auch mit höheren Geschwindigkeiten. Und wenn ich mich entscheiden muss, ob ich eine Technologie einsetze oder nicht, dann muss ich eben auch die Möglichkeit eines Super-GAUs einberechnen. Die Ingenieure sagen also: Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Erdbeben > 8,0 stattfindet, danach ein Tsunami über die Notfallgeneratoren schwappt und diese außer Gefecht setzt, ist so gering, dass wir diese Bedingungen (Erdbeben <= 0,8, kein Tsunami) als Grenze für den GAU definieren. GAU heißt ja "größter anzunehmender Unfall" und bei Deinem Beispiel mit der Autoindustrie wird klar, dass dies reine Definition ist (oder gibt es allen Ernstes jemanden, der sagt, dass man keinen größeren Unfall annehmen kann als den bei 64 km/h?). Für diesen GAU wird also dann das Kraftwert ausgelegt. Wenn ich aber entscheiden soll, ob ich eine Technologie nutze, muss ich eben doch auch die Wahrscheinlichkeit eines Super-GAUs berücksichtigen. Wenn die bei 1x pro 1Mio Jahren liegt, kann ich, so zynisch das klingen mag, wohl damit leben. Bei einmal pro 25 Jahre, was sich derzeit abzuzeichnen scheint, obwohl die Atomindustrie anderes behauptet, eher nicht.

  21. #21 knorke
    03/14/2011

    @Michael Kober
    “Was für mich aber absolut inakzeptabel ist: dass das Szenarium eines Supergaus erkannt wird und sich anschließend völlig bewußt für dieses Risiko entschieden wird und man das Ganze dann als “sicher” bezeichnet. Hier kann ich nur sagen “todsicher”. ”

    Das Szenario eines Super-Gaus ist immer realistisch. Es ist zwar moralisch eherenwert, ein Null-Risiko zu fordern, aber damit wäre praktisch jede technische Anwendung seit der Erfindung des Rades potenziell tödlich und damit “abschaffenswert” (bitte keine Gegenbeispiele, ich weiß, dass dies nicht für alles gilt, ich übertreibe mit Absicht).

    Ein AKW soll für Störfälle gerüstet sein. Der extreme Störfall ist der GAU. Ein GAU muss bei der Konzeption eine Kraftwerkes berücksichtigt werden und der GAU muss handhabbar sein. Im Sinne dieser Definition ist ein modernes und sicheres AKW auch tatsächlich sicher. Ebenso wie Fliegen sicher ist. Statistisch gesehen sicherer als Autofahren (sagt man, habe keine Statistik zur Hand, halte das aber für wahr). Trotzdem können Flugzeuge abstürzen und Menschen töten.

    Das Ganze ist keine Frage des Begriffes “Sicherheit”. Sondern eine Frage des Risikos im Verhältnis zum Nutzen. Weiter oben hat irgendjemand geschrieben, dass es ca. alle 25 Jahre mal einen Störfall gibt, der als ernst einzustufen ist (so ab Stufe 6? Oder 7?). Der Mensch muss sich fragen lassen, ob die mit einem solchen Unfall verbundene Folgen (+ andere Folgen wie die Kosten der Subventionierung, die Frage der Endlagerung etc.) den Nutzen es Wert erscheinen lassen.

    Das zynische ist, dass man (=die Politik) sich dieser Frage (= öffentlich) nicht aufrichtig stellt. Im Jahr 2010 beispielsweise wird die Laufzeit noch verlängert. Ohne erkennbaren objektiven Grund (ausser der aufschreienden öffentlichen Meinung) wird nun überlegt zurückzurudern. Das ist nicht nur zynisch, sondern auch populistisch und bis zu einem gewissen Punkt ist es menschenverachtend.

    Themawechsel:
    Kernkraft ist – und dies ist nur meine persönliche und argumentresistente Meinung – ein für die zivile Nutzung völlig unsinniges Energiekonzept, nicht weil mal irgendwann eines hochgehen kann (was jeder weiß und alle verdrängen), sondern weil völlig kleingeredet wird, welche Schererein man kalkulierbar selbst nach dem Ausstieg daraus noch damit haben wird. Und weil es schlicht nicht notwendig ist.

  22. #22 Michael Kober
    03/14/2011

    Anton schrieb:
    “Es ist also die Bevölkerung und die von ihnen gewählten PolitikerInnen, die das Risiko eines Super-Gaus eingehen.”
    Genau so ist es. Und es sollte meiner Meinung nach daher von den Politikern auch so kommuniziert werden und nicht “Es ist sicher”.

    Anton schrieb:
    “Aber es ist natürlich ein leichtes Japan zu sagen, sie sollen auf Atomkraftwerke verzichten, …”
    Das ist es nicht, und das habe ich auch nicht behauptet. Im Gegenteil es ist sehr schwer. Aber genau darauf kommt es mir an, dass bewußt entschieden wird, “ja die Vorteile sind für mich so groß, also gehe ich das Risiko ein.” oder “Nein, das Risiko gehe ich nicht ein, es ist unvertretbar, egal was für Konsequenzen das dann bedeutet.”
    Das Problem bei Entscheidungen auch in einer Demokratie ist natürlich immer die Legitimation. D.h. in Japan gab (gibt) es eine Entscheidung für AKW’s. Aber die Leidtragenden sind natürlich auch diejenigen, die dagegen waren. Und auch hierfür gibt es keine Lösung.

    Aber jetzt sind bei uns Wahlen. Und da möchte ich mich in aller Deutlichkeit so positionieren, dass eine Entscheidung für AKW’s und Laufzeitverlängerungen automatisch bedeutet, dass ich mich auch für das Risiko entscheide und dies ganz bewußt mache.

    Von daher sehe ich keinerlei Dissens zwischen uns, sondern eigentlich sind wir doch der gleichen Meinung ?

  23. #23 Guido
    03/14/2011

    @ Evil Dude

    Ichfinde es nur fair wenn die fanatischen Befürworter dieses Wahnsinns auch direkt damit konfrontiert werden. Da können soie dann ihr Wissen in der Praxis erweitern.

  24. #24 Anton
    03/14/2011

    @j4k3…”Das mit dem Wasserstoff aus der Borsäure im Meerwasser macht keinen Sinn, die erste Explosion hat sich ja ereignet, bevor das Meerwasser zur Behelfsweisen Kühlung herangezogen wurde.”

    Stimmt, danke für den Hinweis und den Wiki-Artikel: https://de.wikipedia.org/wiki/Sicherheit_von_Kernkraftwerken

    Wobei doch relativ leicht Wasserstoff entsteht durch Borsäure und Wasser. Keine Ahnung ob die Menge dann auch schon egal ist, bei den vielen Reaktionen in untergekühlten Reaktoren die zu freien Wasserstoff führen können. Vielleicht hatten sie aber auch keine andere Wahl mehr und mussten den Versuch starten.

    Aber haben sie beim Reaktor 3, wo die zweite Explosion stattgefunden hat, überhaupt die Ventile geöffnet um Druck abzulassen? Habe ncihts davon gelesen. Ansonsten kann ja der Wasserstoff nicht entweichen oder es deutet auf einen offenen kern hin.

    Aber ich denke nicht, dass die Knallgasexplosion durch Wasserstoff aus der Spaltung von Wasser aufgrund der Strahlung auftritt. Im Wikipedia-Artikel steht auch, dass die Menge zu klein ist, selbst bei einer Kernschmelze.
    Aber der Wiki-Artikel macht doch eine interessante Aussage:

    “Hierbei entsteht neben Zirconiumoxid und gasförmigem Wasserstoff infolge der stark exothermen Reaktion Wärmeenergie von 576 kJ/mol H2. Die Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit ermittelte in einer Studie, dass im Fall einer Kernschmelze bei einem Zirconiuminventar eines Druckwasserreaktors (Containmentvolumen ca. 70.000 m3) von 20 Tonnen Zirconium innerhalb von 6 Stunden ca. 5.000 m3 Wasserstoff entstehen. “

    @TheBug: Das Borsäure als Absorbermaterial verwendet wird, weiss ich schon. Unter normalen Umständen wäre das auch kein Problem und der Wasserstoff kann auch relativ leicht abgeleitet werden – bei einem funktioneirenden Reaktorsystem. Das Problem sehe ich dann, wenn in einem Reaktorkern, der sowieso schon unter hohen Druck steht, eine weitere Komponente beigefügt wird, die das ganze destabilsieren kann (in dem Fall durch den entstehenden Wasserstoff es zu einer Knallgasexplosion kommt).

  25. #25 inga
    03/14/2011

    Da ist ein Absatz verschütt gegangen, daher noch mal:
    @Tomtom:
    Danke für die Klarstellung der Begrifflichkeiten. Deine Beiträge hier finde ich sehr informativ. Dass ich nicht weiß, wovon ich rede, stimmt dennoch nicht. Was ich meinte ist Folgendes: Wenn ich mich in ein Auto setze, dann werde ich nicht nur das Risiko berücksichtigen, mit bis zu 64km/h zu fahren, sondern auch mit höheren Geschwindigkeiten. Und wenn ich mich entscheiden muss, ob ich eine Technologie einsetze oder nicht, dann muss ich eben auch die Möglichkeit eines Super-GAUs einberechnen. Die Ingenieure sagen also: Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Erdbeben > 8,0 stattfindet, danach ein Tsunami über die Notfallgeneratoren schwappt und diese außer Gefecht setzt, ist so gering, dass wir diese Bedingungen (Erdbeben kleinergleich 0,8, kein Tsunami) als Grenze für den GAU definieren. GAU heißt ja “größter anzunehmender Unfall” und bei Deinem Beispiel mit der Autoindustrie wird klar, dass dies reine Definition ist (oder gibt es allen Ernstes jemanden, der sagt, dass man keinen größeren Unfall annehmen kann als den bei 64 km/h?). Für diesen GAU wird also dann das Kraftwert ausgelegt.
    Wenn ich aber entscheiden soll, ob ich eine Technologie nutze, muss ich eben doch auch die Wahrscheinlichkeit eines Super-GAUs berücksichtigen. Wenn die bei 1x pro 1Mio Jahren liegt, kann ich, so zynisch das klingen mag, wohl damit leben. Bei einmal pro 25 Jahre, was sich derzeit abzuzeichnen scheint, obwohl die Atomindustrie anderes behauptet, eher nicht.

  26. #26 Aragorn
    03/14/2011


    Oh je, Windkraft ist gefährlich -> bitte sofort abschalten

    https://www.n24.de/news/newsitem_5333103.html
    Oh je, Wasserkraft ist gefährlich -> bitte sofort abschalten

    3657 Verkehrstote alleine im Jahr 2010
    Oh je, Autos sind gefährlich -> bitte sofort stillegen

  27. #27 Michael Kober
    03/14/2011

    knorke schrieb:
    “…Das Szenario eines Super-Gaus ist immer realistisch.
    ….
    Das zynische ist, dass man (=die Politik) sich dieser Frage (= öffentlich) nicht aufrichtig stellt. …”

    Ja genau das ist der Punkt: Die Politik sagt immer noch, ein AKW sei “sicher”.
    Das ist der Punkt auf den ich hinaus will.
    Würde man jemanden eindringlich auf die Folgen hinweisen und einen Zettel unterschreiben lassen, auf dem er aktiv zustimmt, dass die Risiken bestehen und dass er sie wegen (vermeintlicher) Vorteile bewußt eingehen will und damit auch die Verantwortung für massenhaftes Sterben anderer auf sich nimmt, wieviele Leute würden das unterschreiben? Ich weiß es für Deutschland nicht.

  28. #28 Evil Dude
    03/14/2011

    Ichfinde es nur fair wenn die fanatischen Befürworter dieses Wahnsinns auch direkt damit konfrontiert werden. Da können soie dann ihr Wissen in der Praxis erweitern.

    Und ich finde es heuchlerisch wenn einer vorgibt, um die Sicherheit der Bevölkerung besorgt zu sein und dann mit einem solch menschenverachtenden “Vorschlag” daherkommt. Offensichtlich geht es also doch nur um Ideologie und Jörg hatte recht.

  29. #29 BreitSide
    03/14/2011

    @Anton:

    …und mit dem Wissen, dass Alternativenergie noch immer keine große Alternative ist und auch kaum die Grundlastversorgung übernehmen kann.

    Falsch. Nicht mit dem Wissen, sondern dem Willen, dass EEs “keine große Alternative” sind.

    Die Potenziale für Wind, Sonne (und auch Wasser?) sind da, nur nicht der Wille, sie auch zu nutzen. Windräder wären maximal umgeknickt, was ich noch nicht einmal glaube, die Hochhäuser stehen ja auch noch alle. Solarpanels wären in den nicht überschwemmten Gebieten auch noch sämtlich in Betrieb.

    Für Deutschland und generell Europa schaut die Lage schon wieder etwas anders aus.

    Richtig. Bei uns war schon frühzeitig der Wille da, sich nicht nur auf autoritäre Regierungen zu verlassen, sondern eine menschengerechte Energieversorgung aufzubauen.

  30. #30 walim
    03/14/2011

    Und ich finde auch, es liegt schon eine deutliche Wahrnehmungsstörung vor, dem Bloginhaber als fanatischen Befürworter dieses Wahnsinns anzusehen.
    (Zur Zeit übt er sich eben wohl in der Kunst buddhistischer Gelassenheit.)

  31. #31 Michael Kober
    03/14/2011

    Aragorn· 14.03.11 · 15:37 Uhr


    Oh je, Windkraft ist gefährlich -> bitte sofort abschalten

    https://www.n24.de/news/newsitem_5333103.html
    Oh je, Wasserkraft ist gefährlich -> bitte sofort abschalten

    3657 Verkehrstote alleine im Jahr 2010
    Oh je, Autos sind gefährlich -> bitte sofort stillegen
    ================================
    Wenn man postet sollte doch auch das Hirn eingeschaltet sein. :-((

    Es gibt immer ein Risiko. Will ich das nicht haben, so komme ich in meiner nächsten Inkarnation halt nicht mehr auf diese Erde und auch auf keinen anderen Planeten.
    Was soll der Quatsch.

    Aber ein Supergau ist in meinen Augen ein Risiko, das es nicht Wert ist eingegangen zu werden.
    Ist der Unterschied wirklich so schwer zu begreifen oder stellen sich Poster solcher Postings absichtlich dumm, um den Schmerz der eigenen Hilflosigkeit nicht ertragen zu müssen?

    Aragorn ich verstehe es nicht, kannst Du es mir bitte erklären?

  32. #32 Anton
    03/14/2011

    @inga: “GAU heißt ja “größter anzunehmender Unfall” und bei Deinem Beispiel mit der Autoindustrie wird klar, dass dies reine Definition ist (oder gibt es allen Ernstes jemanden, der sagt, dass man keinen größeren Unfall annehmen kann als den bei 64 km/h?). Für diesen GAU wird also dann das Kraftwert ausgelegt. ”

    Ein Kraftwerk kann auch nur für einen Gau ausgelegt sein, alles andere ist unsinnig. Ein Kraftwerk kann nicht für einen Super-Gau ausgelegt werden, das ist widersinnig.
    1. Ein Super-Gau ist die Verseuchung ausserhalb des Atomkraftwerk. Und damit hat ein Super-Gau nichts mehr direkt mit einen AKW zu tun (als Ursache schon, logischerweise), sondern hier müssen die Zivilkräfte einer Region einen Risikoplan erstellen und den haben sie auch. Also die Risikoplanung erfolgt durch die Katstrophenschutzkräfte einer Region und kann nciht Plan des Atomkraftwerkschutzs seins.

    2. Der viel wichtigere Punkt, als die logsiche Überlegung: ein Super-Gau kann nur erfolgen durch einen außer Konrolle geratenen Gau. Ein Gau muss bewältigbar sein. Nur einmal in der Geschichte wurde ein Gau nicht bewäligt, das ist der in Tschernobyl (durch fahrlässige Entscheidungen des Personals). Alle anderen – und von denen gab leider so manche – wurden bewältigt. Der Auslegungsstörfall ist hier die absolut richtieg Bezeichung und hat bisher auch immer funktioniert – für einen solchen Störfall (Gau) sind AKWs ausgelegt und haben diesen auch bisher bestanden. Und weil sie bisher diesen immer bestanden haben, gab es auch keinen Super-Gau (Tschernobyl war aufgrund der Dummheit des Personals und der Verantwortlichen ein Ausnahmefall). Mal abwarten ob das so bleibt.

    Und nein, ich bin kein Befürworter von Atomstrom, nur das ist unseriös wie hier argumentiert wird und ist auch wenig Erkenntnis fördernd, eher verschleiernd und ideologisiert.

  33. #33 Michael Kober
    03/14/2011

    walim· 14.03.11 · 15:51 Uhr

    “Und ich finde auch, es liegt schon eine deutliche Wahrnehmungsstörung vor, dem Bloginhaber als fanatischen Befürworter dieses Wahnsinns anzusehen.”

    Ach so, dann habe ich da wohl das Eingangsposting falsch verstanden. Danke 😉

    walim· 14.03.11 · 15:51 Uhr

    “(Zur Zeit übt er sich eben wohl in der Kunst buddhistischer Gelassenheit.)”

    Der Wind hat gedreht. Einschüchterungsparolen ziehen im Internet nur schwer.

  34. #34 Anton
    03/14/2011

    @BreitSide: “Falsch. Nicht mit dem Wissen, sondern dem Willen, dass EEs “keine große Alternative” sind. ”

    Eigentlich habe ich keine Lust mich mit jemanden zu unterhalten, der einen solchen Ton (siehe auch die restliche Diskussion) anschlägt. Dein Wahrheitsanspruch (Falsch) nervt einfach nur.

    Es mag ein großes Potential für Alternetivenergie geben, nur ist die technische Umsetzbarkeit bei weitem noch nicht so weit, dass ein Land wie Japan auch nur ansatzweise damit versorgt werden kann. Wer etwas anderes behauptet, hat schlicht wenig Ahnung vom Thema (und glaube es mir ich bin ein Befürworter dieser Energieformen, nur das ist nun mal ein Fakt).

    Hir wird politisert, dazu gibt es genügend Politforen. Also nicht, dass ich der Meinung bin Politik hätte hier nichts zu suchen, aber ich dachte doch, dass sei hier ein Blog der der Erkenntnis fördernd sein soll.
    Dein ideolgisiertes Herumgebrülle für deine eigen Wahrheit widerspricht dem ein wenig und schadet der sache, für die du eintrittst, mehr als sie nützt.

  35. #35 Aragorn
    03/14/2011

    @Michael Kober

    Aber ein Supergau ist in meinen Augen ein Risiko, das es nicht Wert ist eingegangen zu werden.

    Aha, dann sind ergo die 1,27 Millionen Verkehrstote je Jahr (weltweit) nicht der Rede Wert.
    Die Toten durch das Erdbeben und den Tsunami in Japan interessieren auch keinen.
    Nur jeder Tote, dem man ein Schild “Schuld war die Kernenergie” umhängen kann, muß tausendfach durch die Medien gejagt werden?

    Ist der Unterschied wirklich so schwer zu begreifen oder stellen sich Poster solcher Postings absichtlich dumm, um den Schmerz der eigenen Hilflosigkeit nicht ertragen zu müssen?
    Kober ich verstehe es nicht, kannst Du es mir bitte erklären?

  36. #36 foo
    03/14/2011

    schade. arclight wurde wohl mundtot gemacht. 🙁

  37. #37 walim
    03/14/2011

    @Michael Kober
    Ich habe da auch beim Wiederlesen keine besondere Begeisterung für Kernkraft selber entdecken können. Auch keinen Hinweis, die Atompolitik verteidigen zu wollen. Hast Du Dir die vielleicht dazugedacht, weil sie zur Abneigung gegen die Politiksüppchenkocherei des Politikpersonals dazuzugehören scheint?

  38. #38 Michael Kober
    03/14/2011

    @Aragon

    nein es tut mir leid, Du verstehst scheinbar wirklich nicht.
    Ich kann es Dir nicht erklären.

  39. #39 knorke
    03/14/2011

    @Michael Kober
    In deinen Comments mir, Anton und Aragorn gegenüber ist mir aufgefallen, dass wir drei dich wohl nur falsch verstanden haben. Jedenfalls haben wir Dir eigentlich auf unterschiedliche Weise das gleiche Argument entgegnet. Es ist möglich, dass du dich missverständlich ausgedrückt hast – dummerweise wird das hier häufiger auch mal sarkastisch kommentiert.

  40. #40 Hel
    03/14/2011

    @Aragorn

    Abgelutschter gings wohl nicht? Oh, Korrektur, ich sehe, es geht: Das unschlagbare “Argument”, noch sei schließlich kein Japaner noch an der Strahlung gestorben, hatte noch gefehlt.

    Nochmal ganz langsam für dich:

    Thema dieses Blogs = Quellen und seriöse Links zum Fukushimakraftwerkstörfall
    Thema dieses Blogs ≠ Beweinen der gesicherten Toten unter Ausblendung der Strahlungsgefahr

    Individualrisiko ≠ Kollektivrisiko
    Kurzzeitrisiko ≠ Langzeitrisiko

    Geringe Eintrittswahrscheinlichkeit ≠ Unmöglichkeit
    Unmittelbarer Schaden ≠ Folgeschaden
    Unfalltod Einzelner ≠ langes Sterben durch Verstrahlung

    @all

    Nach Risikotypifikation des WGBU ist es in Japan zum Zusammentreffen eines Risikos vom Typ “Zyklop” (Kombination von “Hohem Schaden im Eintrittsfall” und “unbekannter Wahrscheinlichkeit”) mit einem Risiko vom Typ “Damokles” (“Hohem Schaden im Eintrittsfall” und “geringster Wahrscheinlichkeit”) gekommen, vgl https://de.wikipedia.org/wiki/Risikotyp
    https://de.wikipedia.org/wiki/Risikotyp

  41. #41 BreitSide
    03/14/2011

    Anton: dies ist definitionsgemäß ein SuperGau.

    Alle Bewältigungsstrategien haben versagt.

    Das Einzige, was bleicht, ist pure Hoffnung, dass es nicht noch schlimmer wird.

  42. #42 Christian 2
    03/14/2011

    Das ist allein kein Vergleich. Ein Supergau ist bislang zwar in den meisten Fällen verhindert worden (Vermutlich aber nicht nur einmal nicht, Russland hat so einiges verschleiert und es gab wohl mind. einen weiteren von dem wir offiziell nichts wissen).

    Das Risiko ist zwar nicht so groß, das, sofern die richtigen Sofortmaßnahmen getroffen werden, es zu einem Supergau kommt. Es wird dabei aber vergessen, das dieses Risiko klar Bestand hat, und ein Supergau längst nicht in jedem Falle vermieden werden könnte.
    Es kann auch mal schiefgehen. Am Beispiel in Japan sehen wir, wie dramatisch eine solche Situation werden kann.
    Und wenn es in einem dicht besiedelten Gebiet schief geht, haben wir einen enormen wirtschaftlichen Schaden sowie Mio. verstrahlte Opfer.
    Das Ausmaß eines echten Supergaus in Japan überträfe außer dem 2ten Weltkrieg so ziemlich alles, was der Mensch bislang erleben durfte.

    Übrigens: Unsere alten Kraftwerke sind nicht so sicher wie die in Japan. Bei diesen hätte eine solche Wasserstoffexplosion ziemlich sicher ausgereicht, um den Supergau auszulösen (Wobei es ja immer noch fraglich ist, ob das geschah/nicht geschah, oder noch geschieht).

  43. #43 BreitSide
    03/14/2011

    @Anton: willst Du Fakten oder Meinungen? Jörg wollte Fakten. Und die Fakten sind:
    – wir haben mehrere Explosionen erlebt,
    – es werden noch weitere erwartet,
    – wir haben mehrere Kernschmelzen,
    – wir haben mindestens einen Reaktor mit völlig ausgefallener Kühlung.

    Das ist definitionsgemäß ein SuperGAU.

  44. #44 inga
    03/14/2011

    @Anton: Ich spreche ja auch nicht von der Auslegung des Kraftwerks. Der Sicherheitsstandard des Kraftwerk richtet sich natürlich nach dem GAU (der ist aber Definitionssache). Mir geht es um die politische Entscheidung, ob diese Technologie genutzt wird. Und hierbei muss ich sehr wohl berücksichtigen, wie wahrscheinlich es ist, dass die Rahmenbedingungen, die ich für die Berechnung des Risikos meines Kraftwerkes (also z.B. Erdbeben bis zu einer Stärke von 8,0) eben nicht zutreffen. Genauso wie es eine politische Entscheidung ist, Fahrzeuge zuzulassen, die schneller sind als 64km/h (verkürzt ausgedrückt).
    Und es ist auch generell eine politische Entscheidung, welche Störfälle man überhaupt mit einbezieht. Hier ist z.B. ein Flugzeugabsturz oder ein Terrorangriff zu nennen. Noch einmal: Was ein GAU ist, ist eine Definitionsfrage. Und was ich bei der Definition berücksichtige, hängt von unterschiedlichen Interessen (Wirtschaftlichkeit vs. Sicherheit) ab. Du kannst das Politische hier nicht einfach herauslassen, eben weil die Entscheidung, für welche Gefahrenlagen ein Kraftwerk ausgelegt sein muss, nicht einfach nur naturwissenschaftlichen Erkenntnissen folgt. Zu sagen, wir nehmen als schlimmstes Erdbeben den höchsten je gemessenen Wert plus ein paar Zerquetschte an, ist als Entscheidung zwar durchaus nachvollziehbar und plausibel, aber hat hier offenbar nicht gereicht.

  45. #45 rolak
    03/14/2011

    Hi Hel, der link zu den Risikotypen ist ein g’spaßiges Ding. Die sind ja ‘korrekt’ benamt^^

  46. #46 Anton
    03/14/2011

    @BreitSide: Es ging um deine Behauptung, dass einfach nur der “Wille” fehlt in Japan, um auf Alternativenergie umzusteigen. Das ist Unsinn, Alternativenergie kann noch nicht großflächig bisherige Energieformen ersetzen.

    Und nein, es ist kein Super-Gau. Ein Super-Gau ist die Freisetzung von großen Mengen (vergleichbar mit Tschernobyl) radioaktiven Materials ind er Umgebung.

    Gau ist definionsgemäß, das Ausfallen der Kühlung mit der Gefahr einer Kernschmelze (oder stattfindende). In der Definition steht nichts von “Explosionen”. Der Rest den du beschrieben hast, ist definitionsgemäß der “Auslegunsstörfall” – also ein Gau.

    Es wäre ein leichtes das herauszufinden und dann informiert zu schreiben oder falls nciht, nachzufragen und nciht einfach etwas zu behaupten.

  47. #47 BreitSide
    03/14/2011

    Ein interessantes Argument ist ja hier des öfteren: das sind ja gaaanz alte Reaktoren.

    Aber genau diese uralten Reaktoren sind die, die den billigen Strom produzieren. Neue Reaktoren könnten nur mit Milliardensubventionen gebaut werden. Keine Versicherung dieser Welt übernimmt die Deckung für neue AKWs.

    Strom aus neuen Reaktoren – so man sie denn noch will -, deren Sicherheitsstandard den Lehren der jüngsten Vergangenheit entsprechen, können keinen Strom zu einstelligen Centbeträgen pro kWh liefern. Wind kann es jetzt schon billiger.

  48. #48 knorke
    03/14/2011

    @ Aragorn
    “Aha, dann sind ergo die 1,27 Millionen Verkehrstote je Jahr (weltweit) nicht der Rede Wert.
    Die Toten durch das Erdbeben und den Tsunami in Japan interessieren auch keinen.
    Nur jeder Tote, dem man ein Schild “Schuld war die Kernenergie” umhängen kann, muß tausendfach durch die Medien gejagt werden?”

    Man könnte entgegnen, dass, sofern wir nicht in der Steinzeit leben wollen, die von Dir genannten Dinge nicht vermeidbar sind. AKWs schon.
    Ausserdem scheint es mir doch so zu sein, dass einzelne (d.h. seltene) Ereignisse mit großen negativen Auswirkungen subjektiv bedeutsamer für den Menschen zu sein scheinen, als in ihrer Wirkung (Eintrittswahrscheinlichkeit x Effekt) gleichwertige zahlreiche kleine Effekte.
    (Das mag daran liegen, das solche Ereignisse als zum Leben gehörig empfunden werden, während die seltenen, großen zu ungewöhnlich sind, und damit nicht unter das geistige Konto “Lebensrisiko” verbucht werden)
    Wäre wahnsinnig spannend, mal mit Psychologen die sich in dieser Thematik besser auskennen als ich darüber zu reden.
    Na jedenfalls habe ich einige Respekt vor der menschlichen (wenn auch irrationalen Einstufung) von Risiken und Auswirkungen. Was du, das muss ich ganz offen sagen, mit Deinen 1,27 Millionen Verkehrstoten als Argument dagegen tust, mag ja inhaltlich nachvollziehbar sein, aber es wird den subjektiven Befindlichkeiten meiner Meinung nach nicht gerecht.

    Die mediale Atom-Kuh durchs Dorf zu treiben ist eine andere Baustelle. Der gerade daraus entstehende Aktionismus auch. Eine weniger populistische Debatte würde der Thematik insgesamt guttun.

  49. #49 Thorsten
    03/14/2011

    > Ein Super-Gau ist die Freisetzung von großen Mengen (vergleichbar mit Tschernobyl) radioaktiven Materials ind er Umgebung.

    Und ich dachte, ein Super-GAU wäre, was den GAU übersteigt und nicht mehr kontrollierbar ist. In Anbetracht des widersprüchlichen Informationsflusses scheint mir das wahrscheinlich; ich gehe jedenfalls von einem Super-GAU aus, bis der Betreiber mir das Gegenteil beweist.

    https://de.wikipedia.org/wiki/Auslegungsst%C3%B6rfall

    Auch da wäre es ein leichtes, sich zu informieren vor dem Schreiben. Der GAU war 8.0 ohne Tsunami.

  50. #50 Michael Kober
    03/14/2011

    @Valim:
    Greenpeace das Wort verbieten zu wollen ist in meinen Augen das Gleiche, wie die Gegenposition einzunehmen. O.K. ist Interpretationssache, aber im Endeffekt auch nicht Wert darüber zu streiten.

    @knorke,

    die Diskussion ging doch gut hin und her.
    Wie beim PingPong.

    Ich habe jetzt nicht ganz verstanden, wo noch Missverständnisse sind, die noch nicht ausgeräumt sind. Sarkasmus und Ironie verwende ich natürlich auch, eine Art Galgenhumor, manchmal aber auch Methode, um die Sachen auf den Punkt zu bringen. Ist dann natürlich nicht immer ganz einfach zu wissen, wie es der andere gemeint hat, aber das ist sowieso immer eine Illusion zu glauben, dass das Gleiche beim anderen ankommt, wie man es selber gemeint hat. 😉

    So wie ich es verstanden habe, sind wir zwei und Anton in unseren Postings doch ziemlich auf den Punkt gekommen und unsere Meinung gar nicht so weit auseinander.

    Und bei Aragorn sehe ich halt das Problem, dass er zwischen einem Autounfall und einem Super-GAU keinen Unterschied macht und da kommen ich und Aragorn halt definitiv auf keinen gemeinsamen Nenner.