Die erste Generation an “Biokraftstoffen” sind zurecht umstritten, stehen sie doch in Konkurrenz zu Nahrungsmitteln. Neuere Energiepflanzen, die ausschliesslich fuer Kraftstoffproduktion entwickelt wurden, versprechen da schon mehr. Manche Arten an Mikroalgen bestehen aus bis zu 50% Trockengewicht aus Lipiden und koennten somit ein echter Star in der Oelproduktion werden, uebertraefen sie damit doch selbst die Sonnenblumen um einen Faktor 10.
Auch klar ist, dass solche Algenbecken viel Wasser brauchen. Zwar koennte dies durchaus Brauchwasser sein, aber ein Tradeoff zwischen Energieproduktion, Landbedarf und Wasserverbrauch ist klar vorhanden.
Aber auch oder gerade in den USA ist die Motivation gross, alternative, unabhaengige Kraftstoffquellen aufzutun; und ein Gesetz von 2007 (Energy Independence and Security Act) hilft da auch mit einem verordnendem Arschtritt nach, indem es vorschreibt, dass 2022 136 Gigaliter Kraftstoff aus erneuerbaren Quellen stammen muessen (etwa ein Zehntel des momentanen Jahresverbrauchs), davon etwa die Haelfte Biokraftstoffe die nicht aus Mais gewonnen werden. Irgendwo wenig beeindruckende Zahlen, aber auch da muss man erst mal hinkommen.
Wie weit man mit dem Platz und dem Wasser fuer Mikroalgen kommen koennte, haben sich jetzt Mark Wigmosta, Andre Coleman, Richard Skaggs, Michael Huesemann und Leonard Lane in einer gross angelegten und fein aufgeloesten Studie angesehen, die gerade in Water Resources Research veroeffentlicht wurde.
Grundlage ist also die verlockende Aussicht, dass Mikroalgen sehr viel Oel produzieren koennten; dass sie dabei Brauchwasser verarbeiten und gar filtern koennen und CO2 verbrauchen. Die Autoren haben sich zum Ziel gesetzt, sehr fein aufgeloest fuer die USA die Standorte fuer die “Biophotoreaktoren”, wie die offenen Becken fuer die Algen auf Wissenschaftssprech genannt werden, auszumachen und aufgrund der klimatischen Randbedingungen wie Temperatur, Sonneneinstrahlung, Wind und Niederschlag zu bewerten. Ihre Untersuchung beschraenkt sich dabei auf die nicht abgedeckten Raceway Ponds (wie auch immer die auf deutsch heissen, ‘Rennbahn-Teich’ jedenfalls nicht). Diese sind beliebter, weil sie schlicht billiger anzulegen sind und leichter auf groessere Flaechen ausgedehnt werden koennen.
Schlechter Boden – so what?
Der Knackpunkt an der Algenproduktion ist, dass die Qualitaet des Bodens egal ist. Oder andersrum – dass man die Algenteiche auf schlechten Boeden anlegen sollte, da sie keine Naehrstoffe aus dem Boden aufnehmen koennen/muessen und daher leicht ausser Konkurrenz zu Nahrungsmitteln produzieren kann.
Daher bestand der erste Schritt der Studie darin, die moeglichen Standorte USA-weit zu identifizieren. Dazu wurde eine nationale Datenbank auf der hoechsten Aufloesungsstufe (30 m) angezapft und passende Standorte ausgewaehlt, die ohne Gefaelle sind und sich ausserhalb von anderweitig nutzbarem oder geschuetztem Land befinden. Immerhin 5.5% der US-Landflaeche wuerde so fuer die Algenproduktion bereit stehen.
Dann wurden fuer alle diese Standorte die meteorologischen Randbedingungen in Modelle gesteckt, um zu ermitteln, wieviele Algen man denn dort so produzieren koenne, vor allem abhaengig von Temperatur und Sonneneinstrahlung. Schliesslich war dann noch die begrenzende Komponente zur Bewertung der Standorte, wieviel Wasser man benoetigt – als Bilanz des Niederschlags in Konfrontation mit der Verdunstungsmenge aus den Teichen.
Wasser!
Im Ergebnis stellt sich heraus, dass mit dem momentan verfuegbaren Stand der Technik (da sind die Algen dann nur noch etwa 4-5 mal produktiver als Sonnenblumen) bei Nutzung aller dieser Standorte 50% der US-Kraftstoffimporte ersetzt werden koennten.
Leider wuerde die dafuer benoetigte Wassermenge die momentan zur Bewaesserung eingesetzte um einen Faktor von fast 3 uebertreffen! Und dabei ist schon jetzt die Wassermenge zur Bewaesserung alles andere als gering, einfach zu gewinnen oder nachhaltig. Daher haben die Forscher sich angesehen, wieviel Kraftstoff realistisch zu gewinnen ist, indem sie auf die Standorte mit dem geringsten Wassereinsatz gesetzt haben. Um das Ziel fuer 2022 zu erreichen, waere dabei ein Einsatz von 25% des zur Bewaesserung eingesetzten Volumens noetig – wohlgemerkt um weniger als 10% des Kraftstoffbedarfs zu decken.
Man sieht also mal wieder, dass der Kraftstoffhunger der USA gewaltig ist (was man auch daran sieht, dass das kleine lauschige Davis bereits Fahrradmetropole der USA ist!) und ums Energie sparen weiterhin kein Weg vorbei fuehren sollte.
Aber man sieht auch durchaus das Potential der Mikroalgen, und dass man Biokraftstoffe ohne Konkurrenz zu Nahrungsmitteln erzeugen koennte. Die besten identifizierten Standorte wuerden sich an der Golfkueste befinden, an der Suedostkueste und an den Grossen Seen.
Die Forscher weisen aber auch darauf hin, dass weitere Studien das Fortschreiten der Technologie beachten muessen, geschlossene Produktionsbecken zu untersuchen seien und weitere begrenzende Faktoren durch Naehrstoffverfuegbarkeit, Landkosten und Logistik das wahre Potential der Technologie modifizieren werden.
Und natuerlich, dass jede Art der Energieproduktion immer ein Tauschhandel zwischen Ressourcen sein wird. Die benoetigte Wassermenge hier ist sicherlich gewaltig, und ist doch ein gewaltiger Daempfer fuer jeden Enthusiasmus, den man ob des Potentials der Algen entwickeln kann.
Wigmosta, M., Coleman, A., Skaggs, R., Huesemann, M., & Lane, L. (2011). National microalgae biofuel production potential and resource demand Water Resources Research, 47 DOI: 10.1029/2010WR009966
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