Der Aufbau der Erde im Inneren ist nicht besonders einfach herauszufinden. Einfach mal eben 3000 km tief bohren geht natürlich nicht, nachschauen können wir also höchstens in Tiefen die einem Kratzen an der Haut gleichen. Durch genaue Beobachtung aber können wir trotzdem etwas über das Innere erfahren – wie Wegener z.B., der durch Beobachtung der Kanten der Kontinente auf die Kontinentaldrift schloss; eine Theorie die sich erst in den 60ern durchsetzte, nachdem man die Geologie des Meeresbodens besser verstanden hatte.
Vor allem aber auch seismische Wellen lassen Rückschlüsse auf den Aufbau des Erdinneren zu – also die Vermessung von Erdbeben rund um den Globus. Was da so an Wellen vom gleichen Ausgangspunkt durch unterschiedliche Teile der Erde gewandert ist um an einem der Seismographen irgendwo anzukommen, bringt Informationen über das Material entlang des Weges mit sich.

Und so haben wir ein ganz gutes Bild vom generellen Aufbau der Erde:

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Kruste, Oberer und Unterer Mantel, Äußerer und Innerer Erdkern. Wir wissen etwas über die mechanischen Eigenschaften und welche Elemente sich so generell dort finden lassen. Aber die genauere Zusammensetzung der Schichten ist nicht sehr gut bekannt – z.B. der Anteil an radioaktiven Elementen und ihren Zerfallsprodukten.

Warm ists in der Erde

Und so existieren natürlich auch verschiedene Modelle über die genaue Zusammensetzung – die sich irgendwie experimentell oder an Messdaten unterscheiden lassen sollten. Bekannt ist das Bulk Silicate Earth (BSE)-Modell, das annimmt das die Erde sich wie der Rest des Sonnensystems aus der gleichen Urgaswolke geformt hat, und daher auch Kruste und Mantel in der Zusammensetzung hinsichtlich der radioaktiven Elemente derer aus Chondriten, der häufigsten Art an Steinmeteoriten, und an Peridotiten aus dem Erdmantel gleicht.

Diese Zusammensetzung wird wichtig, wenn man danach fragt wo die Wärme im Erdmantel herkommt. Grundsätzlich gibt es zwei mögliche Quellen: Übrig gebliebene Urhitze aus der Formung des Planeten und Energie die von radioaktiven Zerfallsketten freigesetzt wird (radiogene Wärme). Im BSE-Modell stammt etwa die Hälfte der Wärme aus radiogenen Quellen.
Das heißt, das wir besser verstehen, wo die Wärme der Erde herkommt, wenn wir den Anteil an radioaktiven Elementen vermessen könnten. Aber die Strahlung kommt niemals so weit heraus – wie sollte das also gehen?

Ein 1000 Tonnen Neutrinodetektor

Neutrinos sind extrem leichte Teilchen, die in Zerfällen entstehen. Der bekannteste Zerfall ist der des Neutrons in Proton, Elektron – und Antineutrino. Neutrinos werden auch in den Fusionsprozessen im Inneren von Sternen frei. Und da sie quasi ungehindert durch alle Materie durchkommen, bieten sie die Möglichkeit, ferne Prozesse zu untersuchen – und auch nähere aus dem Erdinneren. Dafür muss man sie erst einmal fangen.
Wer wissen will, wie das geht, kann auch mal in ältere Artikel hineinsehen. Die ersten Experimente machten sich auf die Suche nach Sonnenneutrinos, wie Homestake oder Kamiokande. die Detektoren waren große Tanks mit einer Flüssigkeit, umgeben von Photodetektoren. Wenn ein Neutrino dann dort drin selten einmal doch eingefangen wird, passiert der umgedrehte Neutronenzerfall, bei dem sich Proton, Elektron und das (Anti)neutrino zu einem Neutron kombinieren; außerdem wird ein Lichtblitz freigesetzt. Neuere Experimente wagen sich auch an Neutrinos mit deutlich höheren Energien, die uns einen Einblick in das ganz frühe Universum bieten könnten; oder auch niedrigere Energien, die Neutrinos im Zerfall radioaktiver Elemente im Erdkern mitbekommen. Diese nennt man Geoneutrinos.

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Ein Detektor der diese Geoneutrinos finden kann, ist KamLAND, ein 1000 Tonnen Tank mit Erdöl und Benzen. Er steht wie der Klassiker SuperKamiokande in der Kamioka-Mine unter dem Berg Ikenoyama in Japan. Er war der erste, der Geoneutrinos fand, gefolgt von Borexino in der Gran Sasso-Mine in Italien.

Neutrinos sortieren
ResearchBlogging.orgDas ist also unser Fenster in den Erdmantel – Neutrinos aus radioaktiven Zerfällen. Seit den ersten Messungen in 2002 hatte man erkannt, dass eine noch bessere Kontrolle des Untergrundes und Verbesserungen am Detektor notwendig waren – wie man es immer weiß und plant. Daher konnte man nach 2007 den etwa 20 gezählten Geoneutrinos etliche hinzufügen – und mit 106 erstmals eine Zahl präsentieren, die stattlich genug war um Modelle des Erdmantels zu testen.

106 ist eine verdammt kleine Zahl für so viele Jahre. Vor allem, wenn man bedenkt, dass sekündlich etwa 60 Milliarden Sonnenneutrinos jeden Quadratzentimeter treffen (ich weiß nicht genau, wie hoch der Geoneutrino-Fluss ist, vermutlich deutlich kleiner aber mmer gewaltig höher als 106 in 7 Jahren).
Da muss man aber erstmal hinkommen. Die gesuchten, mit KamLAND auffindbaren Antineutrinos, stammen aus Uran238 und Thorium-Zerfällen im Energiebereich zwischen 0.9 und 2.6 MeV. In diesem Bereich hat der Detektor 841 Antineutrinos gefunden. Da muss man alle heraussortieren, die aus anderen Zerfällen stammen und aus dem Hintergrund – alles Ereignisse, die die Geoneutrinos maskieren. Dazu gehörte neben “üblicher” Aufklärarbeit, also alle anderen Quellen abschätzen, auch die Einbeziehung aller japanischen Kernreaktoren mit den unterschiedlichen Arbeitenm die daran geschahen. Und da blieben eben 106 übrig.

BSE

Und, nein es ist nicht Rinderwahn, es ist immer noch das Bulk Silicate Earth-Modell BSE, das sich bewährte. Angesichts der kleinen Ausbeute an Neutrinos (trotz Zusatz der Borexino-Daten) konnte man natürlich nur eine sehr einfache Variante testen, mit Annahme gleicher Verteilung an Uran und Thorium überall im Mantel z.B.

Dann konnte aber mit sehr hoher Sicherheit gezeigt werden, dass z.B. dass die Neutrinos wirklich aus dem Erdmantel stammen, dass das BSE wohl stimmt, dass das angenommene Verhältnis von Thorium und Uran von 3.9:1 mit den Messungen vereinbar ist; und letztlich auch dass wie angenommen etwa die Hälfte der Wärme des Erdmantels aus radioaktiven Zerfällen stammt.

Mit zwei Detektoren hat man allerdings nur lokale Messungen. Daten weitere, genauerer Detektoren werden helfen, die Modelle des Erdmantels zu verfeinern.


Gando, A., Gando, Y., Ichimura, K., Ikeda, H., Inoue, K., Kibe, Y., Kishimoto, Y., Koga, M., Minekawa, Y., Mitsui, T., Morikawa, T., Nagai, N., Nakajima, K., Nakamura, K., Narita, K., Shimizu, I., Shimizu, Y., Shirai, J., Suekane, F., Suzuki, A., Takahashi, H., Takahashi, N., Takemoto, Y., Tamae, K., Watanabe, H., Xu, B., Yabumoto, H., Yoshida, H., Yoshida, S., Enomoto, S., Kozlov, A., Murayama, H., Grant, C., Keefer, G., Piepke, A., Banks, T., Bloxham, T., Detwiler, J., Freedman, S., Fujikawa, B., Han, K., Kadel, R., O’Donnell, T., Steiner, H., Dwyer, D., McKeown, R., Zhang, C., Berger, B., Lane, C., Maricic, J., Miletic, T., Batygov, M., Learned, J., Matsuno, S., Sakai, M., Horton-Smith, G., Downum, K., Gratta, G., Tolich, K., Efremenko, Y., Perevozchikov, O., Karwowski, H., Markoff, D., Tornow, W., Heeger, K., & Decowski, M. (2011). Partial radiogenic heat model for Earth revealed by geoneutrino measurements Nature Geoscience, 4 (9), 647-651 DOI: 10.1038/NGEO1205



Kommentare (25)

  1. #1 SCHWAR_A
    09/07/2011

    Hallo Jörg,
    schön, daß Du wieder dabei bist.

    Eine wahrscheinlich spekulative Frage zum (Anti-)Neutrino-Einfang:

    Dadurch, daß dabei eine e+ – e- – Annihilisation stattfindet, ist m.E. der Wirkungsquerschnitt so groß wie die Fläche πr²=λ_C²/(4π) mit der Compton-Wellenlänge des Elektrons. Also etwa 4.7·10^-25m².
    Bei 6·10^14 Sonnenneutrinos je Sekunde und m² sind das demnach etwa 3·10^-10 Neutrinos je Sekunde, also etwa 41000 Tage je Neutrino.
    Interessant ist jetzt, daß in KamLAND im Schnitt etwa 0.5 (Anti-)Neutrinos pro Tag detektiert werden und das ist der Faktor (α/2)² bzgl. der etwa 41000 Tage je Neutrino.

    Mit dem Bohr’schen Radius des Elektrons ist die Querschnitts-Fläche sogar sofort um α² größer: Könnte dann ein angeregter Zustand die Flächenvergrößerung um den Faktor 4 verursachen?

    Gibt es so einen oder einen ähnlichen Zusammenhang zwischen α/2 und dem Mechanismus des inversen Beta-Zerfalls?

  2. #2 SCHWAR_A
    09/07/2011

    Korrektur:
    …sogar sofort um α² größer.
    Sollte heißen_
    …sogar sofort um 1/α² größer.

  3. #3 Odysseus
    09/07/2011

    @SCHWAR_A: Die Wirkungsquerschnitte für Neutrino-Reaktionen sind deutlich kleiner, eher in der Größenordnung 10⁻⁴⁰ m² und abwärts. Ich habe deine Rechnung nicht wirklich verstanden, aber die Elektron-Positron-Annihilation hat erstmal nix mit dem inversen Betaprozess zu tun. Dass du dich gerade um (alpha/2)² verrechnet hast, ist reiner Zufall.

  4. #4 Jörg
    09/07/2011

    Odysseus hat Recht, der Einfang geschieht nach Schwacher Wechselwirkung und der Wirkungsquerschnitt ist sehr sehr klein.
    Die erwartete Rate je Proton liegt bei 3.8E-31 Neutrinoevents pro Jahr – bei 6E31 Protonen im Tank kommen da eben nicht viele bei rum…

  5. #5 Jan von nebenan
    09/07/2011

    @Jörg, SCHWAR_A: Ja, das wollte ich auch sagen. SCHWAR_A hat wohl die Anzahl der Targetteilchen in seiner Rechnung übersehen, das aber teilweise durch den zu großen Wirkungsquerschnitt ausgeglichen.

    Zum Thema: Neutrinos haben uns vor einer Weile auch erzählt, dass in der Sonne tatsächlich Kernfusion für die Energieerzeugung verantwortlich ist. Auch hier hatte man bis dato ja nur ein Modell und Indizien, aber nachgeschaut hatte noch niemand. 😉

    Ich bin auf jeden Fall sehr gespannt, was die großen Neutrino-Teleskope (IceCube etc.) uns noch für Überraschungen liefern!

  6. #6 Frank Wappler
    09/08/2011

    Jörg Rings schrieb (07.09.11 · 08:00 Uhr):
    > […] Homestake oder Kamiokande. die Detektoren waren große Tanks mit einer Flüssigkeit, umgeben von Photodetektoren.
    > Wenn ein [Anti-]Neutrino dann dort drin selten einmal doch eingefangen wird, passiert der umgedrehte Neutronenzerfall, bei dem sich Proton, Elektron und das (Anti)neutrino zu einem Neutron kombinieren; außerdem wird ein Lichtblitz freigesetzt.

    Ist in dieser Beschreibung des “umgedrehten Neutronenzerfalls” ausdrücklich ausgeschlossen, dass

    – zuerst das Antineutrino und ein Proton sich zu einem Neutron und einem Positron
    kombinieren, das anschließend mit einem Elektron zu (mindestens zwei) Photonen annihiliert, oder

    – zuerst das Antineutrino und ein Elektron sich zu einem Neutron und einem Antiproton kombinieren, das anschließend mit einem Proton zu (mindestens zwei) Photonen annihiliert, oder

    – zuerst ein Proton und ein Elektron sich zu einem Neutron und einem Neutrino kombinieren, das anschließend mit dem Antineutrino zu (mindestens zwei) Photonen annihiliert
    ?

    (Ist sowas bei den Einfängen von Antineutrinos in den Tanks von Homestake oder Kamiokande also ausdrücklich nicht passiert, oder nicht berücksichtigt worden?)

    Oder falls solche Vorgänge (u.a.) doch als “umgedrehte Neutronenzerfälle” (unter Freisetzung eines “Lichtblitzes“) gelten, erhält man dann durch Umdrehung ihrer Beschreibung jedenfalls wiederum die Beschreibung eines “Neutronenzerfalls” (ggf. unter “Einfang eines Lichtblitzes“);
    insbesondere hinsichtlich des Stoßparameters von Elektron und Proton?

  7. #7 Odysseus
    09/08/2011

    @Frank: Der entscheidende Prozess ist zumindest für Homestake und ähnliche Detektoren der inverse Betazerfall Antineutrino + Proton zu Neutron + Positron, also der erste von dir genannte. Der zweite geht allein deswegen nicht, weil die Energie der Neutrinos in der Regel nicht ausreicht (und selbst wenn du mit Mulit-GeV-Neutrinos ankommst, ist genau diese Reaktion stark unterdrückt, also nie zu sehen). Der dritte (Elektroneneinfang + Neutrinoannihilation) ist für bestimmte Radioisotope zwar theoretisch möglich, aber hart unwahrscheinlich. Die Wirkungsquerschnitte für Neutrino-Neutrino-Reaktionen sind vermutlich lächerlich klein, außerdem würde dabei fast null Energie frei.

    Ein wichtiger Prozess für Cherenkov-Detektoren wie Super-K ist übrigens die simple elastische Streuung von Neutrinos an Elektronen. Das Neutrino gibt einen Teil seiner kinetischen Energie ab und man beobachtet das schnelle Elektron. Keine Umwandlung (insb. kein Einfang), sondern einfache Kinematik.

  8. #8 Frank Wappler
    09/08/2011

    Odysseus schrieb (08.09.11 · 12:28 Uhr):
    > Der entscheidende Prozess ist zumindest für Homestake und ähnliche Detektoren der inverse Betazerfall Antineutrino + Proton zu Neutron + Positron, also der erste von dir genannte.

    Sicher — aber inwiefern ließe sich rechtfertigen, in diesem Zusammenhang von
    umgedrehtem Neutronenzerfall, bei dem sich Proton, Elektron und das (Anti)neutrino zu einem Neutron kombinieren; außerdem wird ein Lichtblitz freigesetzt
    zu schreiben, wie Jörg Rings im Blogartikel (07.09.11 · 08:00 Uhr)?

    > Der zweite […] stark unterdrückt, also nie zu sehen).
    > Der dritte […] zwar theoretisch möglich, aber hart unwahrscheinlich. […]

    Mag sein — das kommt wohl u.a. auf die Dichten der verschiedenen Teilchensorten in den jeweiligen “Tanks” an.
    Um Erwartungen darüber anzustellen, wie wahrscheinlich oder unwahrscheinlich etwas Bestimmtes passieren mag, muss man das Entsprechende doch jedenfalls überhaupt erst einmal in Betracht ziehen.

    > Ein wichtiger Prozess für Cherenkov-Detektoren wie Super-K ist übrigens die simple elastische Streuung von Neutrinos an Elektronen.

    Vergleichbar (wenn nicht sogar ähnlich relevant) ist sicherlich die simple elastische Streuung von Antineutrinos an Elektronen …

    > Das Neutrino gibt einen Teil seiner kinetischen Energie ab und man beobachtet das schnelle Elektron. Keine Umwandlung (insb. kein Einfang) […]

    Keine (unterscheidbare) Umwandlung (d.h. abgesehen von “W-minus-Austausch ohne
    Generationswechsel”), sicher —
    aber wieso eigentlich gar kein Einfang, insbesondere bei hinreichen großen und kalten “Tanks“?
    Nimmt denn der Wirkungsquerschnitt für simple elastische Streuung nicht sogar deutlich zu, je mehr seiner kinetischen Energie das betreffende Neutrino abgegeben hätte? …

  9. #9 SCHWAR_A
    09/08/2011

    @Odysseus:
    Danke für die Richtigstellung.
    Hier habe ich auch wieder gelesen, daß im inversen Beta-Zerfall ein Positron emittiert wird. Das wird dann wohl mit einem Elektron annihilieren und dessen Blitz wird gemessen.

    …simple elastische Streuung von Neutrinos an Elektronen. Das Neutrino gibt einen Teil seiner kinetischen Energie ab und man beobachtet das schnelle Elektron. Keine Umwandlung (insb. kein Einfang), sondern einfache Kinematik.

    Ist dabei bekannt, wieviele Neutrinos so einem Elektron je Sekunde ein wenig Energie übertragen? Wie könnte man die Gesamtsumme ausrechnen, auch, wenn sie effektiv zu gar keiner Beschleunigung führt, weil die Neutrinos ja von allen Seiten her kommen?

  10. #10 SCHWAR_A
    09/08/2011

    @Odysseus:
    Noch ein möglicherweise interessanter Gedanke:
    Wenn tatsächlich alle Neutrinos beim Durchgang durch Partikel ein wenig ihrer Energie abgeben, ist die “Oszillation” zumindest in einer Richtung, also von höher-energetischen zu niedriger-energetischen Neutrinos klar.
    Was hältst Du davon?

  11. #11 Odysseus
    09/08/2011

    Ich schätze, die Formulierung von Jörg im Artikel ist einfach eine Ungenauigkeit, dieser Prozess (drei rein, eins raus) sollte nur extrem selten auftreten. “Extrem selten” heißt hier wie auch bei Prozess zwei und drei, dass er nicht beobachtbar sein wird. Egal, wie groß dein Tank ist.
    Vergleichbar (wenn nicht sogar ähnlich relevant) ist sicherlich die simple elastische Streuung von Antineutrinos an Elektronen …
    Hier hatte ich in der Tat mit Neutrinos auch Antineutrinos gemeint, letztere streuen natürlich auch (aber schwächer). Bei Super-K ging es allerdings vorrangig um solare Neutrinos, ohne Anti. Atmosphärische und Geoneutrinos sind wieder ein ganz anderer Hut.
    aber wieso eigentlich gar kein Einfang, insbesondere bei hinreichen großen und kalten “Tanks”?
    Ich sehe gerade nicht, welchen Einfluss die Temperatur haben soll, aber der Einfang an Wasserstoffkernen ist nur für Antineutrinos erlaubt. Am Sauerstoff (oder anderen Kernen) ist er prinzipiell möglich, hat aber eine hohe Energieschwelle.
    A propos E: Der Wirkungsquerschnitt steigt i.A. tatsächlich mit der Energie, aber ich weiß nicht, worauf du da hinaus willst.

  12. #12 Odysseus
    09/08/2011

    Obiger Kommentar bezog sich auf Frank Wappler (15:56)

    @SCHWAR_A: Ein typisches Elektron wird alle 10²⁰ Jahre oder so* von einem Neutrino getroffen. Du darfst dir also keine Brown’sche Bewegung des Elektrons vorstellen, sondern einzelne, recht seltene Stoßereignisse, die nur dank sehr großer Detektormassen zu einer zählbaren Ereignisrate führen.

    Und es beileibe ist nicht so, dass Neutrinos beim Durchgang immer ein bisschen Energie deponieren (wie ionisierende Strahlung es tut — vermutlich kommt deine Vorstellung daher). In aller Regel passiert nichts und nur alle Jubeljahre mal ein Stoß. Und die Oszillation wird quantenmechanisch dann doch etwas anders erklärt, nämlich durch die Mischung von schwachen Eigenzuständen zu einem Energieeigenzustand. Dein Vorschlag würde ja auch ein Myon zu einem Elektron machen, wenn es genug Energie verloren hat. Davon abgesehen: Die Oszillation findet nachweislich in beide Richtungen statt.

  13. #13 Odysseus
    09/08/2011

    Jetzt habe ich glatt die Fußnote (*) vergessen. Die 10²⁰ Jahre sind blind geraten, aber eine große Zahl ist es auf jeden Fall.

  14. #14 SCHWAR_A
    09/09/2011

    @Odysseus:
    Danke für die guten Erklärungen.

    alle 10²⁰ Jahre

    Woher kommt diese Größenordnung?

    es … ist nicht so, dass Neutrinos beim Durchgang immer ein bisschen Energie deponieren (wie ionisierende Strahlung es tut…)

    Wieso wird denn die nieder-energetische EM-Welle, die ein Neutrino representiert, anders sein als die mit höherer Energie, die als ionisierende Strahlung bezeichnet wird?

    In aller Regel passiert nichts

    Ist das eine Annahme oder tatsächlich gemessen?

    Dein Vorschlag würde ja auch ein Myon zu einem Elektron machen, wenn es genug Energie verloren hat.

    Ich denke, genau das kann sogar sein: Ab einer gewissen Schwelle in Interaktion mit dem µ-Neutrino paßt die Energiedifferenz zum Elektron durch die Resonanz mit dem W-Boson: µ-Zerfall. Es gibt sogar Spekulationen, nach denen der Übergang µ+Z->e+Z möglich sei…

    die Oszillation wird quantenmechanisch … erklärt … durch die Mischung von schwachen Eigenzuständen zu einem Energieeigenzustand.

    Ist es möglich, das mit einfachen Worten zu erklären? Ich habe nämlich das Verständnis-Problem dabei, daß die Energie für einen erneuten Wechsel in einen höherenergetischen Zustand ja von irgendwoher kommen muß. Oder ist das ein Wechelspiel zwischen mindestens zwei Neutrinos, die mit ihrer Energie Ping-Pong spielen?

  15. #15 Frank Wappler
    09/09/2011

    Odysseus schrieb (08.09.11 · 18:57 Uhr):

    > Ich schätze, die Formulierung von Jörg im Artikel ist einfach eine Ungenauigkeit

    Gut, dass man (z.B. 08.09.11 · 11:46 Uhr) einfach mal nachfragen kann, ohne auf ausdrückliche Schätzungen oder Unterstellungen von “Ungenauigkeit” angewiesen zu sein …

    > dieser Prozess (drei rein, eins raus) sollte nur extrem selten auftreten.

    Immerhin wird diese Beschreibung, “drei rein, eins raus“, auch auf Prozesse angewandt, die (dennoch) durchaus wichtig sein können; z.b. “drei Alpha rein usw.”.

    > Ich sehe gerade nicht, welchen Einfluss die Temperatur haben soll

    Insbesondere den Zusammenhang mit der obigen Versuchsanordnung (und sofern es dabei um “Einfang in den Tank, durch elastische Streuungen mit dem Tankinhalt”) geht:
    Odysseus schrieb (08.09.11 · 12:28 Uhr):
    > Das Neutrino gibt einen Teil seiner kinetischen Energie ab

    Für (nahezu?) jede gegebene kinetische Energie eines Neutrinos bzgl. eines geeigneten Tanks ließe sich wohl eine Temperatur von Elektronen im Tank angeben, bei der das Neutrino in elastischen Streuungen stattdessen noch kinetische Energie aufnimmt (zumindest im Mittel);
    und — ich schätze — das ist schwierig(er) mit “Einfang” zu vereinbaren.

    > A propos E: Der Wirkungsquerschnitt steigt i.A. tatsächlich mit der Energie

    Oh — danke für den Hinweis, das war mir nicht klar. (Bin wohl zu oft mit “… goes like one over s” ausgekommen.)
    Das wirft meine Schätzung (“je kälter der Tank, mehr elastischer Fang”) vielleicht über
    den Haufen.

    > der Einfang an Wasserstoffkernen ist nur für Antineutrinos erlaubt.

    Mal ganz abgesehen von rein elastischen Prozessen:
    Überall wo “d-Quarks” vorliegen sollten, wie z.B. in einem Wasserstoffkern, muss man doch z.B. auch den (Teil-)Prozess

    Neutrino + d-Quark –> Lepton^{-} + u-Quark

    in Rechnung stellen; was sich z.B. in der (Gesamt-)Prozess-Beschreibung

    “Neutrino und Wasserstoffkern rein, Neutrino und Wasserstoffkern raus; außerdem wird ein Lichtblitz freigesetzt

    äußern mag.

    Odysseus schrieb (08.09.11 · 19:06 Uhr):
    > Oszillation wird quantenmechanisch […] erklärt, nämlich durch die Mischung von schwachen Eigenzuständen zu einem Energieeigenzustand.

    Lassen sich anhand dieser Erklärung die “Oszillation” von Neutrinos und die “Oszillation” geladener Leptonen voneinander unterscheiden?

  16. #16 2stein
    09/09/2011

    Kann man anhand der Neutrinos entscheiden ob die Wärme vom radioaktivem Zerfall oder von einem natürlichen Atomreaktor ( https://nuclearplanet.com ) kommt ?

  17. #17 Jörg
    09/09/2011

    @2stein: Hat man tatsächlich getan im Paper und eine Obergrenze dafür abgeschätzt, die glaube ich bei 3 TW liegt (also nur einige Prozente von den etwa 40 TW die entstehen)

  18. #18 Frank Wappler
    09/10/2011

    Jörg schrieb (09.09.11 · 20:39 Uhr):

    > 2stein [schrieb (09.09.11 · 12:39 Uhr)
    > > Kann man anhand der Neutrinos entscheiden ob … ]

    > Hat man tatsächlich getan […]

    Gehört das zur Beweisführung?

  19. #19 Odysseus
    09/15/2011

    @SCHWAR_A und Frank Wappler: Bitte nicht mit jeder Antwort meinen vorherigen Beitrag an Länge übertreffen. Zwei gegen einen ist unfair, und meine Zeit gerade sehr eingeschränkt. Deswegen nur ein paar Sachen ganz kurz.

    “Woher kommt diese Größenordnung? ”
    Nimm den Wirkungsquerschnitt Neutrino-Elektron (1E-40 m²) und den Neutrinofluss (der ist groß, aber der WQ auch sehr klein) durch die Erde miteinander mal, und du hast die Ereignisrate (Disclaimer: Vielleicht mache ich es mir hier zu einfach und man sollte über die Elektronendichte im Detektor gehen). Ich hatte das jetzt ganz grob abgeschätzt, weil ich die Ereignisrate bei Super-K im Kopf hatte (eine Hand voll pro Tag).
    “Wieso wird denn die nieder-energetische EM-Welle, die ein Neutrino representiert, anders sein als die mit höherer Energie, die als ionisierende Strahlung bezeichnet wird? ”
    Neinneinnein, ein Neutrino ist *keine* EM-Welle. Wellenfunktion im Sinne der Quantenmechanik, ja, aber es hat rein gar nichts mit elektromagnetischer WW am Hut. Deswegen ionisiert es auch nicht einfach so.
    “Ist es möglich, das mit einfachen Worten zu erklären?”
    Ich weiß nicht, ob es Neutrinooszillationen schon in die Populärliteratur geschafft haben, ich habe leider keine einfache Erklärung zur Hand. Auf jeden Fall es dieser Prozess fundamental anders als der Zerfall der geladenen Leptonen: beim Myonen-Zerfall entstehen noch zwei Neutrinos, und auch die Umkehrung µ->e findet nicht einfach so statt, das ist also ein echter Zerfall und kein Oszi.
    Das mit der Energieerhaltung verwirrt übrigens auch gestandene Physiker. Man muss sich klar machen, dass in der Sonne (oder beim radioaktiven Zerfall) immer ein Eigenzustand der schwachen WW entsteht, der eben keine genau definierte Energie hat.

    “Überall wo “d-Quarks” vorliegen sollten, wie z.B. in einem Wasserstoffkern, muss man doch z.B. auch den (Teil-)Prozess

    Neutrino + d-Quark –> Lepton^{-} + u-Quark

    in Rechnung stellen”
    Geht aber nicht immer. Proton + Neutrino -> Delta²⁺ + e ist möglich, braucht aber fast 300 MeV Neutrinoenergie. Kannst du also vergessen bei Sonnen- und Geoneutrinos.

  20. #20 Frank Wappler
    09/15/2011

    Odysseus schrieb (15.09.11 · 03:30 Uhr):
    > […] dass in der Sonne (oder beim radioaktiven Zerfall) immer ein Eigenzustand der schwachen WW entsteht, der eben keine genau definierte Energie hat.

    Das trifft (bzw. träfe) ja grundsätzlich auch auf geladene Leptonen und auf Quarks zu, die bei Prozessen der schwachen Wechselwirkung entstehen oder hinterlassen werden.

    Trotzdem hört man (im Zusammenhang mit SM-Teilchenphysik) z.B. weder von “Elektronen-Oszillation” noch “Protonen-Oszillation”. — Warum?

    (Was geladene Leptonen betrifft, glaube ich das recht gut zu verstehen; aber eine unabhängige sachkundige Meinung wäre mir willkommen. Was Quarks angeht … bleibe ich trotzdem eher verwundert.)

    > “[Neutrino + d-Quark –> Lepton^{-} + u-Quark in Rechnung stellen]” Geht aber nicht immer.

    > Proton + Neutrino -> Delta²^(+) + e ist möglich, […] aber […]

    Warum sollte man einen Prozess nur in Rechnung stellen, sofern dadurch der Übergang von “Startzustand” zu “Endzustand” ganz beschrieben wäre?

    Man kann und sollte doch “Neutrino + d-Quark –> Lepton^{-} + u-Quark” ggf. auch als Teilprozess in Rechnung stellen, z.B. für den Gesamtprozess
    “Neutrino + Proton –> Neutrino + Proton + γ γ”.

    p.s.
    > Bitte nicht mit jeder Antwort meinen vorherigen Beitrag an Länge übertreffen.

    Bitte Beiträge so schreiben, dass sie mehr Fragen beantworten, oder: wenigstens schon von selbst stellen, als einladen.

  21. #21 Odysseus
    09/15/2011

    “Das trifft (bzw. träfe) ja grundsätzlich auch auf geladene Leptonen und auf Quarks zu, die bei Prozessen der schwachen Wechselwirkung entstehen oder hinterlassen werden.”
    Nein, eben nicht.
    Bei den geladenen Leptonen stimmen die Masseneigenzustände mit denen der schwachen WW überein, deswegen gibt es dort keine Oszillationen. Die starken Eigenzustände der Quarks sind zwar keine Eigenzustände der schwachen WW (sondern über die CKM-Matrix verknüpft), nach meinem Kenntnisstand aber immer noch Masseneigenzustände. Mit anderen Worten, auch Quarks mit definiertem Flavour oszillieren nicht.

    “Man kann und sollte doch “Neutrino + d-Quark –> Lepton^{-} + u-Quark” ggf. auch als Teilprozess in Rechnung stellen, z.B. für den Gesamtprozess
    “Neutrino + Proton –> Neutrino + Proton + γ γ”.”
    Über welche Zwischenstufen soll dieser Prozess denn stattfinden? Sorry, aber auf Anhieb fällt mir da nichts Legales ein (Nachtrag: Okay, Prozesse dritter Ordnung und drüber gibt es wohl. Die wären dann aber nicht mehr d-Quark-spezifisch. ).

    Grundsätzlich stimmt es zwar, dass man alle möglichen Reaktionen einbeziehen muss, aber in der Regel sind die meisten verboten, weil die Energie nicht zur Erzeugung neuer Teilchen ausreicht und so nur elastische Streuung übrig bleibt (wie die Zwischenstufen auch immer aussehen, ist da nicht wichtig, im WQ sind die ja eingerechnet). Zwischenzustände mit einem Lambda++ zum Beispiel zerfallen unter Emission eines Pions, und selbst wenn du das (und das daraus entstehende µ) nur virtuell sein lässt, hast du am Ende mindestens noch ein Positron (und ein paar Neutrinos) erzeugt, und die Energie dafür musst du schon aufbringen. Darüber hinaus ist so ein Prozess gewaltig unterdrückt, wenn du mehrere schwere virtuelle Teilchen einbaust.
    Energetisch erlaubt ist tatsächlich die reine Photonenproduktion (wie du angegeben hast), aber man muss sich schon ziemlich verrenken, um Neutrinos zu einem EM-Prozess zu zwingen. Meine Vermutung: Falls es diesen Prozess gibt, hat jemand seinen WQ abgeschätzt und für vernachlässigbar befunden.

  22. #22 Frank Wappler
    09/16/2011

    Odysseus schrieb (15.09.11 · 22:53 Uhr):
    > “Neutrino + Proton –> Neutrino + Proton + γ γ.”
    >
    Über welche Zwischenstufen soll dieser Prozess denn stattfinden?

    Na — im Anschluss an den schon gezeigten Teilprozess
    “Neutrino + d-Quark –> Lepton^{-} + u-Quark”
    z.B.
    “u-Quark –> Neutrino + d-Quark + Lepton^{+}” und
    “Lepton^{-} + Lepton^{+} –> γ γ”.

    Oder, da es sich sowieso um virtuelle (Teil-)Prozesse handeln soll, gerne auch alles mit nur einem Photon.

    > […] Meine Vermutung: Falls es diesen Prozess gibt, hat jemand seinen WQ abgeschätzt und für vernachlässigbar befunden.

    Gewiss; aber eben nicht (ganz und gar) unerlaubt, wie von Odysseus (08.09.11 · 18:57 Uhr) beschrieben.

    > Bei den geladenen Leptonen stimmen die Masseneigenzustände mit denen der schwachen WW überein,

    Was sind denn “Eigenzustände der schwachen WW“, wenn nicht die Eigenvektoren der PNMS-Matrix? …

    (Ich halte die übliche Darstellung der schwachen WW im Leptonen-Sektor, mit “oszillierenden Neutronos” und “permanenten geladenen Leptonen” eher für eine Konvention. (Natürlich ein sehr naheliegende Konvention.))

    > Die starken Eigenzustände der Quarks sind […] nach meinem Kenntnisstand aber immer noch Masseneigenzustände.

    … nehmen wir’s mal so an; ich weiß das auch nicht besser …

    > Mit anderen Worten, auch Quarks mit definiertem Flavour oszillieren nicht.

    Diese “form(el)lose” Schlussfolgerung verstehe ich nicht.
    Die “im Vakuum” propagierenden/oszillierenden Neutrinos sind und bleiben doch offenbar auch “Masseneigenzustände“; mit konstantem Impuls, konstanter Energie, konstanter (Gesamt-)Masse und konstanten (Betrags-)Anteilen von verschieden “massereichen” Neutrinoarten an der (Gesamt-)Masse.
    Oder “erzwingt” die starke WW etwa ganz bestimmte Quark-Massen? …

  23. #23 Odysseus
    09/16/2011

    Ich hatte (18:57) geschrieben, dass der Einfang an Protonen nicht zulässig ist, an Streuprozesse mit zusätzlichen Teilchen (Photonen) am Ausgang hatte ich dabei nicht gedacht. Zugegeben, verboten ist diese Reaktionskette nicht. Aber das hat eben nicht mehr viel mit den Protonen zu tun, weil Neutrinos über die schwache WW ja an alle Fermionen koppeln.

    Die PMNS-Matrix bezieht sich nur auf Neutrinos, geladene Leptonen sind ein ganz anderer Hut. Und dass das Elektron nicht oszilliert, ist m.E. eher Beobachtung als Konvention.

    Konventionen kommen beim Quarksektor ins Spiel (es gibt d und d’, aber nur ein u-Quark), das ist hier aber nicht relevant. Entscheidend ist, dass “ein” Teilchen genau dann zwischen verschiedenen Zuständen der bestimmenden WW oszilliert, wenn diese sich von Masseneigenzuständen unterscheiden. Das ist der Fall bei den neutralen Kaonen und eben Neutrinos, und sonst nirgends (soweit ich weiß).

    Die ‘im Vakuum’ propagierenden/oszillierenden Neutrinos sind und bleiben doch offenbar auch ‘Masseneigenzustände’
    Genau so ist es. Und weil sich diese Zustände aus verschiedenen schwachen Eigenzuständen mischen, haben wir immer eine endliche Wahrscheinlichkeit, im Detektor den “falschen” Neutrinoflavour zu messen. Elektronen und u-Quarks (wobei diese ja eh nicht weit propagieren können) sind und bleiben Elektronen und u-Quarks, weil der Masseneigenzustand keine anderen Flavourzustände enthält.

    “Oder ‘erzwingt’ die starke WW etwa ganz bestimmte Quark-Massen?”
    Die Frage verstehe ich nicht ganz, aber nein. Woher die Massen kommen, weiß ja sowieso niemand.

  24. #24 Jörg
    09/16/2011

    “Oder ‘erzwingt’ die starke WW etwa ganz bestimmte Quark-Massen?”
    Die Frage verstehe ich nicht ganz, aber nein. Woher die Massen kommen, weiß ja sowieso niemand.

    Frank Wilczek beschreibt das ganze als Gleichgewicht zwischen der zur Verfügung stehenden Energiemenge und dem Bestreben der Starken WW in höheren Ordnungen immer mehr Quark-Gluon-Knäuel zu produzieren. Wieso jetzt dabei aber stabile Quarks rauskommen (und ob?), weiß niemand.

  25. #25 Frank Wappler
    09/17/2011

    Odysseus schrieb (16.09.11 · 18:42 Uhr):
    > […] weil Neutrinos über die schwache WW ja an alle Fermionen koppeln.

    Richtig. Mein Hinweis (09.09.11 · 12:31 Uhr) betraf die Möglichkeit
    des Koppelns von Antineutrinos an Protonen durch “charged current”.

    > Ich hatte (18:57) geschrieben, dass der Einfang an Protonen nicht zulässig ist

    (Und ich hätte wohl zuerst fragen sollen: “Für genau welche Definition
    von “Einfang´´?”.)

    > Die PMNS-Matrix bezieht sich nur auf Neutrinos, geladene Leptonen sind ein ganz anderer Hut.

    Es ist der PMNS-Matrix so weit ich weiß egal, ob man sie ganz im
    Neutrino-“Sektor” darstellt (als Beziehung zwischen Neutrinos
    bestimmter unterscheidbarer Massen und Neutrinos, die mit geladenen
    Leptonen bestimmter unterscheidbarer Massen schwach wechselwirken),
    oder ganz im “Sektor” geladener Leptonen (als Beziehung zwischen
    geladenen Leptonen bestimmter unterscheidbarer Massen und geladenen
    Leptonen, die mit geladenen Leptonen bestimmter unterscheidbarer
    Massen schwach wechselwirken),
    oder als Zusammenhang zwischen beiden “leptonischen Sektoren” (als
    Beziehung zwischen Neutrinos bestimmter unterscheidbarer Massen und
    geladenen Leptonen bestimmter unterscheidbarer Massen, durch schwache
    WW).

    Genauso wie man die CKM-Matrix sowohl im “d-Sektor” darstellen kann
    (als Beziehung zwischen Quarks mit Ladung -1/3 von bestimmten
    unterscheidbaren Massen und Quarks mit Ladung -1/3, die mit Quarks der
    Ladung 2/3 von bestimmten unterscheidbaren Massen schwach
    wechselwirken),
    als auch im “u-Sektor” (als Beziehung zwischen Quarks mit Ladung 2/3
    von bestimmten unterscheidbaren Massen und Quarks mit Ladung 2/3, die
    mit Quarks der Ladung -1/3 von bestimmten unterscheidbaren Massen
    schwach wechselwirken),
    als auch als Zusammenhang zwischen beiden “Quark-Sektoren” (als
    Beziehung zwischen Quarks mit Ladung -1/3 und Quarks mit Ladung 2/3,
    durch schwache WW).

    Kein Wunder: es geht dabei ja immer um Beziehungen zwischen “weak doublets”.
    Welche Darstellung man bevorzugt, ist Konventionssache; wobei manche
    Konventionen praktischer sein mögen, als andere.

    > Entscheidend ist, dass “ein” Teilchen genau dann zwischen verschiedenen Zuständen der bestimmenden WW oszilliert, wenn diese sich von Masseneigenzuständen unterscheiden.

    Das setzt auch messbar verschiedene “Zustände der bestimmenden
    WW
    ” voraus. Und darin liegt gewisse Konventionsfreiheit.

    > [Die ‘im Vakuum’ propagierenden/oszillierenden Neutrinos sind und bleiben doch offenbar auch ‘Masseneigenzustände’] Genau so ist es.

    > Und weil sich diese Zustände aus verschiedenen schwachen Eigenzuständen mischen, haben wir immer eine endliche Wahrscheinlichkeit, im Detektor den “falschen” Neutrinoflavour zu messen.

    Mit der selben Berechtigung (aber natürlich gänzlich unpraktisch) könnte man z.B. Elektronen als oszillierende Mischung von Zuständen auffassen, die jeweils an eine der (drei) verschiedenen Neutrinoarten bestimmter Masse koppeln.

    > Elektronen und u-Quarks (wobei diese ja eh nicht weit propagieren können) sind und bleiben Elektronen und u-Quarks,

    (Hast du das eigentlich in Kenntnis und unter Berücksichtigung z.B. von “D0-Oszillation” geschrieben? … Aber dabei geht’s ja um gebundene Quark-Antiquark-Paare und W-Exchange; nicht um je ein Quark als Einzelnes.)

    Richtig ist gewiss, dass man Quarks nicht als “einfach so dahinpropagierend” betrachtet, wie Neutrinos.
    Meine Frage: macht das irgend einen Unterschied hinsichtlich der Möglichkeit des Oszillierens (meinentwegen nur bzgl. Quarks mit Ladung -1/3)?