Wie ich erst heute in Natur gelesen habe, ist der deutsche Physik-Nobelpreisträger Rudolf Mößbauer Mitte September gestorben. Mößbauer hat im Alter von nur 32 Jahren den Nobelpreis 1961 für die Entdeckung des nach ihm benannten Mößbauer-Effektes erhalten.
Den Effekt hat er in seiner Dissertation von 1957 beobachtet, bei der er die Emission von Gammastrahlen aus Iridium-191 beobachtete. Gammastrahlen stammen aus Prozessen im Atomkern, wenn der angeregte Kern sich wieder in einen niedrigeren Energiezustand begibt und die Energiedifferenz als Photon hoher Energie, eben als Gammaphoton, abgibt.
Allerdings wird bei dieser Aussendung auch ein Teil der Energie in einen Rückstoß an das Atom selbst gehen, gerade so wie eine Pistole nach oben ausschlägt, wenn man sie abfeuert.
Die Folge ist, dass das Photon eine leicht geringere Energie hat als die Energiedifferenz. In Konsequenz heißt das auch, dass es nicht von einem anderen gleichen Atom absorbiert werden kann, da es zu wenig Energie hat für den Übergang und zusätzlich noch die zusätzliche Energie mitbringen müsste um den Rückstoß an das absorbierende Atom abzugeben.
Mößbauer hat aber festgestellt, dass Atome die in ein Gitter eingebaut sind, also in einem Festkörper-Kristall sitzen; statt an ein einzelnes Atom an das ganze Gitter rückstoßen, und da das solch eine gewaltige Masse ist folgt aus der Impulserhaltung dass der Rückstoß vernachlässigbar klein ist. Ein anderes Atom in einem Kristallgitter kann resonant das Gammaphoton wieder einfangen. Das ist der Mößbauer-Effekt. Es gibt noch eine weitere Möglichkeit, dass die ausgesandten Photonen Schockwellen (Phononen) im Kristall auslösen. Ein gewiss Anteil an Prozessen, der durch den Lamb-Mößbauer-Faktor angegeben wird, erfolgt aber ohne dies.
Nutzen kann man ihn z.B. um nachzuweisen, dass Photonen im Gravitationsfeld der Erde durch die Folgen der Allgemeinen Relativitätstheorie ihre Wellenlänge ändern, wenn sie vom Erdboden anch oben ausgesandt werden. Nach dem Mößbauer-Effekt müssten sie resonant oben wieder eingesammelt werden können – da sie aber durch die Gravitationsrotverschiebung ihre Wellenlänge verändert haben werden sie es nicht.
Da Gammastrahlen aus rückstoßfreier Emission besonders feine Spektrallinien haben, kann man Mößbauerspektroskopie einsetzen, um selbst kleinste Veränderungen in der Umgebung eines Atoms zu vermessen. Damit kann man z.B. die Hyperfeinstrukturen auflösen, die dadurch entstehen dass der Atomkern magnetisch auf mehrere Arten mit den Elektronenbahnen koppeln kann, jeweils mit leicht unterschiedlichen Energien. Gerade zur Untersuchung chemischer Bindungen ist diese Methode interessant.
Bleibt noch zu bemerken, dass der Mößbauer-Effekt eine der letzten großen Entdeckungen der Physik war, die auf deutsch publiziert wurde (gottseidank). Und dass Mößbauer nach Pasadena ging, aber schon bald von Bayern zurückgeholt wurde, aber nur auf Kosten eines Physikgebäude-Neubaus und 10 Professorenstellen. Sowas wäre heute wahrscheinlich nur für Fußballer denkbar…
Mehr zum Mensch Mößbauer im Nachruf im Tagesspiegel.
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