Manche Dinge liest man und denkt, wie das hat noch niemand erforscht. Aber die Strukturen komplexer Netzwerke gehören dazu, und insbesondere die Verknüpfungen zwischen internationalen Großkonzernen bilden ein solches, nicht sehr erforschtes Gebiet. Sollte man meinen, das wäre ganz gut zu wissen für Politik und Wirtschaft. Aber in einer neuen Studie haben S. Vitali, J.B. Glattfelder und S. Battiston von der ETH sich einmal die Vernetzung der Kontrolle zwischen 43060 internationalen Konzernen angesehen.
Zur Auswertung der Strukturen stellen die Forscher die Beziehungen der Konzerne in einem Graph dar. Hier sind die Konzerne die Knoten und die Kanten zeigen ausgehend von diesen Knoten zu den Konzernen, an denen dieser Konzern Anteile hält. So kann man durchgehend ausrechnen, welcher Konzern direkt und auch indirekt über Zwischenfirmen die Kontrolle über andere Firmen halten kann. Kontrolle heißt Stimmrecht, also ist der Wert der Firma erst einmal außen vor. Was das Ausrechnen der Netzstruktur so schwierig macht, sind Kreise im Graph. Der einfachste ist, wenn zwei Firmen sich einfach gegenseitig besitzen, dies kann aber durch aus größere Knäuel aus mehreren Konzernen bilden. Die Hauptleistung der Forscher und Forscherin war, Algorithmen zu entwickeln um die Kontrollstrukturen des Netzes unter Einbeziehung der Kreise auszurechnen ohne dass die Kreise die Ergebnisse verfälschen. Und sie sind zum Ergebnis gekommen, dass die Struktur der Kontrolle zwischen den Konzernen der des Internet ähnelt, man spricht von einer Bowtie-Struktur:
Es gibt dort Strukturen wie in der Mitte der Abbildung, wo ein Kern von Konzernen gemeinsam die Mehrheit der Kontrolle über die jeweils anderen Mitglieder das Kreise hält. Eine Art Superkonzern, der sich auch noch dadurch auszeichnet, wesentlich mehr auslaufende Arme zu haben als einkommende, also mehr Kontrolle zu halten als kontrolliert zu werden. Solche eng verknüpften Knäuel sind natürlich bedenklich, weil sie den Wettbewerb schwächen und andererseits anfälliger gegen die Auswirkungen von Krisen sein könnten.
Dass der Reichtum in der Welt sehr ungleich verteilt ist, ist ja bekannt; gerade hier in den USA. Aber auf der Seite der Kontrolle über internationale Konzerne ist die Ungleichheit noch gewaltiger: 737 Konzerne besitzen die Kontrolle über 80 % der gesamten studierten Konzerne (sind natürlich nicht alle, aber immerhin 43060!). Damit ist die Kontrolle um einen Faktor zehn stärker konzentriert als die Geldverteilung vermuten lassen würde!!
Noch weitergehend, 40 % des Besitzes internationaler Großkonzerne wird von einem Superkonzernknäuel mit lediglich 137 Mitgliedern kontrolliert! Und drei Viertel dieser 137 sind Großbanken. Sofern diese Kontrollstrukturen repräsentativ für das Netzwerk finanzieller Bindung steht, sieht man deutlich wie gefährlich die Bankenkrise wirklich ist: Da hängt schlichtweg ALLES dran. Und man weiß generell, dass dichte Netzwerke in guten Zeiten mehr Schutz bieten, aber in Krisen deutlich anfällig für Systemkollaps sind.
Und hier sind die 25 größten Spieler. Alleine der Erste, Barclays, kontrolliert 4% der Weltkonzerne, die 25 zusammen fast 30 %. Und beim Reichtumsgefälle der Welt ist das nicht weit von 30 % der Welt weg.
Barclays PCL, Capital Group Companies Inc, FMR Corp, AXA, State Street Corporation, JP Morgan-Chase&Co, Legal &General Group PLC, Vanguard Group Inc., UBS AG, Merril Lynch & Co., Welleington Management Co., Deutsche Bank, Franklin Resources, Credit Suisse Group, Walton Enterprises LLC, Bank of New York Mellon Corp., Natixis, Goldman Sachs Group, T. Rowe Price Group, Legg Mason, Morgan Stanley, Mitsubishi UFJ Financial Group, Northern Trust Corporation, Societe Generale, Bank of America Corporation
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