Wow, da bin ich doch etwas sprachlos. Daran, dass man bei OPERA wirklich überlichtschnelle Neutrinos gemessen hat, habe ich ja nie geglaubt, dafür gab es viel zu wenig Belege und auf der anderen Seite viel zu viel Physik die dagegen stand.

Aber jetzt ist die Lösung, was es war, doch ziemlich ernüchternd: Ein fehlerhaftes Kabel war es. Eine Glasfaser-Verbindung zwischen der GPS-Kiste und Elektronikkarte im Computer hatte eine Macke und die 60 ms ns Zeitverschiebung in Science Ficition-Regionen verursacht.

So einfach wars.

Das ist dann jetzt endgültig so richtig peinlich. Nach dem ganzen Trara um die angebliche Erkenntnis, lauten Vertrauensbekundungen, neueren Messungen hat man es nicht geschafft, einmal alle Kabel neu zu überprüfen? Nur ein weiterer Beleg, warum man sehr sehr vorsichtig sein muss mit all zu überraschenden Ergebnissen…

UPDATE: Uh, ich hoffe ich war nicht voreilig. Bislang ist es nur ein einzelner anonymer Bericht, ich hoffe dass es sich bestätigt und so auflöst.

UPDATE 2: Nature News hat ein offizielles Statement erhalten, und das bestätigt ein Glasfaserkabel als mögliche Quelle, gibt aber auch noch den Oszillator, der die Zeitstempel produziert hat, als weitere mögliche Ursache an:

The OPERA Collaboration, by continuing its campaign of verifications on the neutrino velocity measurement, has identified two issues that could significantly affect the reported result. The first one is linked to the oscillator used to produce the events time-stamps in between the GPS synchronizations. The second point is related to the connection of the optical fiber bringing the external GPS signal to the OPERA master clock.

Um diese Fehlerquellen zu erkennen oder auszuschließen, warte man auf weitere Messungen in 2012.

Kommentare (30)

  1. #1 Ben
    02/22/2012

    Find ich eigentlich schade. Hätte es mal witzig gefunden, wenn es doch etwas gibt, dass schneller als Licht ist.

  2. #2 Lars Fischer
    02/22/2012

    Überrascht mich nicht – weder dass sich das Ergebnis zerschlagen hat, noch dass die Ursache so ein blöder Fehler ist.

    Allerdings muss man zur Verteidigung der Forscher natürlich anerkennen, dass so eine Anlage ziemlich viele Glasfaserkabel enthält, in denen potentiell was faul sein kann. Peinlich ist es trotzdem.

  3. #3 Christian Berger
    02/22/2012

    60ms?????!!!!! Wow!
    Da kam ja doch was dabei heraus. Mit solchen Glasfaserleitungen könnte man beispielsweise Datenspeicher bauen. 60 ms sind eine ganze Menge.

  4. #4 ES
    02/22/2012

    Nanoseconds, not ms

  5. #5 foo
    02/22/2012

    nanosekunden, nicht milisekunden

  6. #6 Titus
    02/22/2012

    Peinlich, peinlich (sofern es sich bestätigt).

    Hoffentlich hat das keine allzugroßen, nachteiligen Einflüsse auf die Neutrinoforschung und deren Finanzierung weltweit.

  7. #7 Christian Berger
    02/22/2012

    Hmm, 60 ns wären OK. Das wären grob 10 Meter Glasfaserkabel. (ist ja ein Medium)

    Wenn die 10 Meter mehr Kabel als gedacht hätten, könnte das schon realistisch sein. Leider ist “bad connection” nicht wirklich spezifisch.

  8. #8 Jörg
    02/22/2012

    Upps, ns natürlich 🙂

  9. #9 maxfoxim
    02/22/2012

    irgendwie lustig 🙂

  10. #10 Theres
    02/23/2012

    Dümmster anzunehmender Experimentator? … nein, das war eine ganze Crew … Und die armen Relativitätsleugner, die zu früh jubelten :)))

  11. #11 rolak
    02/23/2012

    Och, den Fehler finde ich weder dumm noch peinlich, sondern eher natürlich – nichts ist fehlerfrei. Ärgerlich war nur, daß der betreffenden Verbindung just dieses Stück Faser mit dem Materialschaden zufiel und die Auswirkung das Ergebnis so nahe an den Zustand ‘höchst interessant’ gerückt hatte. Tücken der Fehlerwahrscheinlichkeit 😉

    Und wieder einmal ward demonstriert, wie Wissenschaft abläuft: Mit höchstem Aufwabd versuchen, das eigene Ergebnis zu widerlegen – und wenn das bedeutet, die Laufzeiten der verwendeten Übertragungsmedien abzuklopfen.

  12. #12 rka001
    02/23/2012

    Ich kann ehrlich gesagt auch nichts peinliches in dem Vorgang erkennen.

  13. #13 Rainer
    02/23/2012

    Sicher, niemand ist vor Fehlern gefeit. Kommt halt drauf an, ob man den Fehler entdeckt, bevor oder nachdem man der Welt erklärt hat, dass die Relativitätstheorie nicht stimmen kann!

  14. #14 MartinB
    02/23/2012

    Faszinierend, wenn’s stimmt. So schrecklich peinlich finde ich das auch nicht – die werden ja schon die Kabel in ihrer Rechnung berücksichtigt haben, aber wenn eins im Eimer ist, dürfte das nicht leicht zu merken sein, es sind ja vermutlich mehr als ne Handvoll Komponenten involviert.

    Die ersten RT-Leugner, die uns erzählen, dass das alles nur ein Vertuschungsversuch ist, in 4…3…2…

  15. #15 Frank Wappler
    02/23/2012

    Joerg Rings schrieb (22.02.12 · 20:30 Uhr):
    > Glasfaser-Verbindung zwischen der GPS-Kiste und Elektronikkarte im Computer […]
    > einmal alle Kabel neu zu überprüfen

    Wie überprüft man ein Kabel (bzw. Glasfaser), das zwei unterscheidbare Enden hat, während diese beiden Enden voneinander getrennt sind (wie in der Versuchsanordnung offenbar vorgesehen ist)?

    Das ist sicherlich kaum wesentlich einfacher, als Geschwindigkeiten zu messen …

    > Nature News hat ein offizielles Statement erhalten

    Danke für den Hinweis auf
    https://blogs.nature.com/news/2012/02/faster-than-light-neutrino-measurement-has-two-possible-errors.html?WT.mc_id=TWT_NatureNews

    Oben wurde nur der Anfangs-Absatz des offiziellen OPERA-Statements zitiert; offenbar setzt es sich folgendermaßen fort:

    These two issues can modify the neutrino time of flight […]

    Können die beiden genannten Angelegenheiten auch (oder vielleicht sogar eher) den Wert modifizieren, mit dem OPERA die “Neutrino time of flight” ermittelt oder abgeschätzt hat; bzw. den Wert des systematischen Vertrauensbereiches, den OPERA dafür angab?

  16. #16 ulfi
    02/23/2012

    Peinlich ist das nun wirklich nicht. Dass die verwendeten Messinstrumente unglaublich komplex ist, hat niemand bestreitet und schon auf den ersten berichten hier in den Blogs hieß es, dass wohl irgendwo ein Fehler zu finden sein müsste.

    Manchmal dauert es etwas länger, ihn zu suchen. Und wer bitteschön rechnet damit, dass ein Materialfehler solche systematischen Abweichungen erzeugt?

  17. #17 Rainer
    02/23/2012

    Ich finde das ganz und gar nicht peinlich. Es zeigt nur wie wunderbar Wissenschaft funktioniert. Nichts glauben, sondern fragen, fragen, fragen, fragen, fragen, …..

  18. #18 hajo
    02/23/2012

    @Rainer :
    > Sicher, niemand ist vor Fehlern gefeit. Kommt halt drauf an, ob man den Fehler
    > entdeckt, bevor oder nachdem man der Welt erklärt hat, dass die Relativitätstheorie
    > nicht stimmen kann!
    Haben die doch gar nicht. Wenn ich mich recht entsinne habe die Beteiligten sinngemäß gesagt : “Sieht so aus, kann aber egentlich nicht sein.”

    Wenn Sich das Team verhalten hätte wie Rainer es Ihene vorwirft, hätten sie den Fehler ja nicht gefunden …

    Hajo

  19. #19 Janichsan
    02/23/2012

    Wieso peinlich? Die Gruppe ist ja nicht nach vorne geprescht und hat behauptet, Einstein läge falsch und sie hätten’s bewiesen. Den Forschern waren die Ergebnisse ja selber höchst peinlich. Sie hatten die Daten erst nach einigem Zögern veröffentlicht und dann auch eher unter dem Gesichtspunkt, dass die Ergebnisse eigentlich nicht stimmen könnten, aber sie den Fehlern nicht finden könnten.

    Gut – dass es dann doch eher ein verhältnismäßig banaler Grund war, ist natürlich etwas enttäuschend, aber man darf auch nicht vergessen, dass die verwendeten Apparaturen etwas komplexer sind als ein Heim-PC und ein vollständiger Check aller Komponenten nicht mal eben in der Mittagspause gemacht werden kann.

  20. #20 Xpon
    02/23/2012

    @Rainer
    “Sicher, niemand ist vor Fehlern gefeit. Kommt halt drauf an, ob man den Fehler entdeckt, bevor oder nachdem man der Welt erklärt hat, dass die Relativitätstheorie nicht stimmen kann!”

    OPERA hat sich schon immer ausdrücklich von einer frühzeitigen Interpretation der Daten distanziert. Das rund um die RT wurde von den Medien zur Schlagzeile gemacht.

  21. #21 Eckbert
    02/23/2012

    Ein wunderbares Beispiel dafür, dass Wissenschaft funktioniert. Es werden nicht einfach Dogmen aufgestellt, sondern es wird getestet, getestet , getestet und dann nochmals gegengeprüft. Welche Religion oder Verschwörungstheorie kann ein solches Vorgehen für sich in Anspruch nehmen?

    Ich finde es jedenfalls beruhigend, dass dort Fachleute arbeiten, die jeden möglichen Fehler prüfen, auch wenn es in diesem Fall schon ziemlich ärger ist. 🙂

  22. #22 Frank Wappler
    02/23/2012

    Frank Wappler schrieb (23.02.12 · 09:05 Uhr):
    > https://blogs.nature.com/news/2012/02/faster-than-light-neutrino-measurement-has-two-possible-errors.html?WT.mc_id=TWT_NatureNews
    >

    […] These two issues can modify the neutrino time of flight […]

    > Können die beiden genannten Angelegenheiten auch (oder vielleicht sogar eher) den Wert modifizieren, mit dem OPERA die “Neutrino time of flight” ermittelt oder abgeschätzt hat; bzw. den Wert des systematischen Vertrauensbereiches, den OPERA dafür angab?

    Aus der CERN Press Release betreffend das OPERA- (bzw. CNGS-) Experiment,
    UPDATE 23 February 2012, https://press.web.cern.ch/press/PressReleases/Releases2011/PR19.11E.html

    The first possible effect […] could have led to an overestimate of the neutrino’s time of flight. The second […] could have led to an underestimate of the time of flight of the neutrinos.

    Na also …

  23. #23 Redfox
    02/23/2012

    Da paßt dieses Bild ganz gut. 😉

    Ich bin mir jetzt erlich gesagt nicht sicher wie man darauf rieagieren soll, loben weil die sich wissenschaftlich korekt verhalten haben oder sauer sein weil ein vermeidbahrer Fehler nicht vorher gefunden wurde. Noch dazu weil die ja Stein und Bein geschworen haben das sie sich sicher wahren das es kein technisches Problem bei ihnen gab.

  24. #24 Rainer
    02/23/2012

    O.k., das war überspitzt und auf einen Satz komprimiert. Und sollte wiedergeben, was wohl bei vielen wissenschaftlichen Laien hängengeblieben ist. Trotzdem haben die beteiligten Forscher deutlich gemacht, dass wenn sich ihre Ergebnisse bestätigen, die Relativitätstheorie zumindest unvollständig wäre (o.k., nicht widerlegt – schiebt es meinetwegen auf die Medien, dass diese Unterschiede so schnell unter den Teppich fallen).

    Immerhin: Zitat CERN press release:

    “If this measurement is confirmed, it might change our view of physics, but we need to be sure that there are no other, more mundane, explanations. That will require independent measurements.”

    Da man an der benutzten Technik trotz monatelanger Suche keinen Fehler entdeckt hat …

    After many months of studies and cross checks we have not found any instrumental effect that could explain the result of the measurement.

    muss der Fehler woanders liegen – also werden Kollegen aufgefordert, sich an der Fehlersuche zu beteiligen, dabei natürlich immer im Hintergrund die verständliche Hoffnung, so leise sie auch sein mag, doch einer grossen Entdeckung auf der Spur zu sein.

    Und nachdem man die Pferde scheu gemacht hat, wird der Fehler plötzlich doch gefunden – ganz ohne die Hilfe der anderen! Und zwar an einer Stelle, wo alle Wissenschaftlerkollegen zusammen ihn niemals hätten finden können!

    Sicher werden die Leute sich jetzt wünschen, sie hätten mit der Presseerklärung noch ein paar Monate gewartet, denn so wie’s gelaufen ist siehts halt doch recht peinlich aus! Mit dem Spott müssen sie nun eben fertig werden. Ist doch nicht schlimm…

  25. #25 opaque
    02/23/2012

    @Titus· 22.02.12 · 21:04 Uhr

    “Hoffentlich hat das keine allzugroßen, nachteiligen Einflüsse auf die Neutrinoforschung und deren Finanzierung weltweit.”

    Das kann man auch positiv sehen: Hoffentlich doch. Vor allem in den Köpfen der Wissenschaftler. Sonst ist diese – übrigens gar nicht peinliche – Entdeckung wertlos.

  26. #26 Ben
    02/23/2012

    “”Sicher, niemand ist vor Fehlern gefeit. Kommt halt drauf an, ob man den Fehler entdeckt, bevor oder nachdem man der Welt erklärt hat, dass die Relativitätstheorie nicht stimmen kann!””

    Ich bezweifle mal, dass auch nur irgendeiner der wissenschaftler rumopsaunt hätte die RT würde nicht stimmen.

  27. #27 Christian Berger
    02/24/2012

    @Frank Wappler:
    Das ist relativ einfach, man nimmt ein OTDR. Das ist ein Gerät, welches einen kurzen Laserpuls in die Leitung schickt, und hört, was zurück kommt. Das ist Standardequipment. Jede Institution die Glasfaserkabel verlegt hat so was. Bei Arcor sollen laut Angaben eines Mitarbeiters, sogar solcher OTDRs ständig laufen, damit die Kabelfehler schnell feststellen können.

  28. #28 Martin
    02/24/2012

    Sciencenews sind eben Sensations-News.

  29. #29 Frank Wappler
    02/24/2012

    Christian Berger schrieb (24.02.12 · 07:49 Uhr):
    > Das [Überprüfen von Kabeln bzw. Glasfasern] ist relativ einfach, man nimmt ein OTDR. Das ist ein Gerät, welches einen kurzen Laserpuls in die Leitung schickt, und hört, was zurück kommt.

    Und es empfiehlt sich gewiss zu prüfen, was zurück kommt (falls was zurück käme).

    Hinsichtlich unterscheidbarer, in einer bestimmten Reihenfolge angezeigter Pulse ließe sich z.B. vergleichen, ob was Entsprechendes in der gleichen Reihenfolge zurück kam, oder nicht.

    Vielleicht ließen sich auch die Dauern vergleichen, jeweils von der Anzeige eines bestimmten Pulses bis zur Anzeige, dass was zurück kam.

    Sofern es sich um Kabel mit zwei unterscheidbaren Enden, “A” und “B”, handeln sollte, ließe sich das womöglich sogar “so herum” mit “anders herum” vergleichen.

    Eben kaum wesentlich einfacher, als beim Geschwindigkeiten-Messen im Allgemeinen …

  30. #30 xpon
    03/19/2012