Graphen, eine zweidimensionale Struktur aus Kohlenstoffatomen, ist spätestens seit dem Physik-Nobelpreis 2010 für Andre Geim und Konstantin Novoselov weithin bekannt. Ein Material, das hart, elastisch und elektrisch extrem leitfähig ist, ist Hoffnungsträger für eine Vielzahl an Anwendungen. Aber gerade in der möglicherweise wichtigsten Funktion als Transistor, als die schnellen Schalter die milliardenfach die Bausteinchen unserer Computer-Chips bilden, hat man Graphen noch nicht richtig hinbekommen. Mehr Hoffnung bietet daher Silicen, die hypothetische zweidimensionale Silizium-Struktur. Und als Bonus setzt man Silizium ja eh in der Chip-Erzeugung ein und müsste daher nicht die komplette Industrie umstellen.
Silicen ist nicht länger hypothetisch, Mitte April hat ein Paper in den Physical Review Letters (DOI:10.1103/PhysRevLett.108.155501) die ersten gut abgesicherten Messungen eine Silicen-Schicht. Gut abgesichert sage ich, weil man einen besseren Nachweis mit zwei unterschiedlichen Messmethoden erzielt hat. Es gibt frühere mutmaßliche Beobachtungen von Silicen, die aber umstritten sind. Im Paper wird bespielsweise eine Arbeit aus
a) In allen Arbeiten wird die Silicenschicht als Ablagerung auf Silber erzeugt, was sich anbietet da dieses nicht besonders gerne mit Silizium reagiert. Es kann aber die Mikroskop-Messungen verfälschen, und da die gemessenen Atomabstände stark von theoretischen Werten abweichen (die wiederum aus verschiedenen Berechnungen dicht beisammen liegen), ist die Arbeit von 2010 zweifelhaft
b) Es gibt nicht, wie im neuen Paper, eine weitere Messmethode. Da bietet sich an, wie hier getan, die elektrischen Eigenschaften zu messen.
Und tatsächlich können Patrick Vogt und seine Ko-Autor_innen aus Deutschland, Frankreich und Italien zeigen, dass sowohl ihre gemessenen Atomabstände und Gitterstrukturen, wie auch die elektrischen Eigenschaften denen des Graphen sehr ähnlich sind, und gut mit theoretischen Berechnungen übereinstimmen.
Wer jetzt letztendlich als Erstentdecker benannt werden wird, weiß ich nicht und will ich nicht mitreden. Aber was zählt ist, dass die Belege in diesem Paper ausreichen sollte um die Existenz (und Erzeugbarkeit) von Silicen zu zeigen. Ob aus diesem Material etwas werden wird – die Zeit wird es zeigen.
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