Die Adventszeit scheint die Zeit zu sein, in der es noch einfacher ist, dumpfesten religiösen Quatsch unter dem Deckmantel der “Besinnlichkeit” in öffentlichen Medien unterzubringen. Im “poltitischen Feuilletton” des Deutschlandradios spricht/schreibt Esther Maria Magnis, eine vergleichende Religionswissenschaftlerin, darüber, was sie nicht zum Atheisten [sic] macht”. Der Artikel ist nur beim ersten Lesen einfach nur dumm, bei genaueren Hinsehen ist er tiefgehend erschreckend.

Wenn kein Gott die Welt geschaffen hat, kein Geist hinter den Dingen steht und Wahrheit nur ein kurzfristiges sich wandelndes Ergebnis von relativen Fakten ist, die jeden Tag mit einer neuen Supernova umgeballert werden könnte, dann ist es weder gut noch schlecht, dass wir da sind.

Selbstverständlich wird unser Verständnis der alltäglichen Welt nicht mehr von einem Moment auf den anderen umgeblasen werden, wir haben ein grundlegendes Verständnis von allem, was so an Physik jeden Tag passiert. Gravitation wird sich nicht mehr ändern, und das Sonnensystem sich auch nicht plötzlich als Lämpchen an einem blauen Teppich erweisen.
Aber die Folgerung ist richtig. Es ist weder gut noch schlecht, dass wir hier sind. Gut und schlecht sind menschenzentrische Begriffe aus unserem Erlebnishorizont, der nicht sonderlich weit ist wenn wir nicht mit Wissenschaft dahinter sehen. Und da muss man schon starke Behauptungen aufstellen, um noch Platz für Gott zu finden.

Es gibt Menschen, die sagen, man könne auch als Atheist feststellen, was ein gutes Leben sei und humanistische Werte finden, aber damit setzen sie bereits wieder voraus, dass Humanismus etwas Gutes ist.

Äh nein, damit lösen sie sich von einem archaischen Märchen von “gut” und “böse”, und verlangen Denkarbeit beim Finden von Werten, statt Autoritätshörigkeit.

Wenn es keinen Gott gibt, der die Menschen will, sondern nur Photonen und Zellen und physikalische Abläufe in der meinungslosen Stille des Alls, wo genau dazwischen ist die normative Stimme, die behauptet: Es ist gut, wenn die paar hoch entwickelten Säugetiere auf dem einen Planeten in Frieden zusammen leben. Richtig. Diese Stimme gibt es im Atheismus nicht. Die heißt nämlich Gott.

Ich kann manche Sachen nicht verstehen. Ich kann nicht verstehen, wie jemand der Bücher schreibt sich nicht die zwei Sekunden Zeit nehmen kann, zu reflektieren dass die Tatsache, dass Menschen eine Lebensform unter Millionen ist auf einem kleinen Staubfleck in einer nicht weiter bemerkenswerten Ecke eines unvorstellbar gewaltigen Universums sind, ausreichend beweist dass es den klassisch erzählten Gott nicht gibt. Aber gut, gegen Fakten und die Tatsache, dass wir Dinge wissen können hat sich Magnis mit ihrem postmodernen Armwischen in der Einleitung ja schon verschlossen.
Und außerdem möchte ich darauf hinweisen, dass Menschen komplex entwickelt sind, aber nicht hoch. “Hoch” würde in der Tat ein Werturteil feststellen, dass wir besser sind als andere.

Aber persönliche Meinungen und ein kategorischer Imperativ können Einem genauso egal sein wie das Fortbestehen der Menschheit auf einer Erde, die zufällig entstanden ist und eines Tages in die Sonne stürzen wird, es sei denn man hängt an seinem Leben. Es sei denn, man findet das Leben schön und erhaltenswert.

Ich finde das Leben schön und erhaltenswert, weil es so besonders ist, gerade eben weil es zufällig entstanden ist, weil wir die Vorgänge verstehen, die Gedanken erzeugen und die Photonen, die Milliarden Jahre altes Sternenlicht zu uns bringen, das uns hilft das Universum zu verstehen. Menschen sind eine phantastische Sache, unbedeutend im Universum und doch in der Lage, es zu verstehen und zu erkunden. Wir sind groß trotz unserer Schwäche, und das ist eine soviel tollere Erkenntnis als alles, was phantasieloses, beschränktes und gegen Kritik immunisierend substanzloses Plappern von Gott jemals gebracht hat und bringen wird.
Und es ist zweifellos eine maßlose Frechheit, wie Magnis hier und an anderen Stellen unterschwellig Atheisten Emotionslosigkeit, Lieblosigkeit und Verachtung für Leben vorwirft. Es gibt einen guten kleinen Test, um zu verstehen wie unverschämt dieser Text ist: Ersetzt doch einfach mal überall “Atheist” durch “Jude/Jüdin” und “Atheismus” durch “Judentum”. Denkt ihr, der Text wäre dann noch im öffentlichen Rundfunk aussendbar?

Ich fand das als 17-Jährige nach dem Tod meines Vaters nicht erhaltenswert. Er war qualvoll an Krebs gestorben, und ich hatte mit Gott gebrochen, ihn als Prinzip aus meinem Denken gestrichen und zu spät gemerkt, dass damit alle Dinge verloren gehen, die einen Glaubensakt voraussetzen. Jeder humanistische Wert setzt voraus, dass wir Menschen glauben, dass wir wertvoll sind. All das ging mir verloren nach dem Tod meines Vaters und für jemanden wie mich hatte mein Atheismus nur eine Antwort: Pech gehabt.

Das ist, Verzeihung, schon zum lachen entstellt. Zu unterstellen, dass Atheisten mit Tod so umgehen, ist ebenfalls eine Unglaublichkeit, aber stellt euch doch mal vor was sie da von sich gibt: Dass ein_e Atheist_in käme und einem trauernden Mensch* sagt: Tja Pech gehabt.
Mit Tod umgehen ist sehr schwierig. Wahrscheinlich nur ein Jahr nachdem Frau Magnis ihren Vater verlor, ist meine Mutter an Krebs gestorben. Aber es ist mir völlig undenkbar, dass himmelsfarbene flauschiger unspezifischer Glaube die Lösung wäre damit umzugehen.
Der Tod eines Elternteils reißt dir ein Loch ins Herz. Man weiß, diesen Menschen nie wieder zu sehen, obwohl er doch ein Teil von einem selbst ist. Und dieser Teil fehlt. Und er wird nie wieder gefüllt werden. Mit dem Tod eines Menschen umgehen lernen, heißt weiter das beste aus dem eigenen Leben machen, und das Loch im Herz mit sich herumtragen. Jeden Tag, immer wieder. Das ist der Preis, den wir für Liebe bezahlen. Einen Menschen zu lieben, ist sehr teuer, und der Preis ist jeden Tag das Loch im Herz auszuhalten.
Das ist nicht leicht, und viele Menschen brauchen dabei Hilfe. Durch Freunde, und vielleicht auch durch Therapie. Und das ist so ernst, dass ein solcher Text wie vom Deutschlandradio hier gefährlich ist. Statt dafür zu sorgen, dass jedem/r Trauernden Therapie mit echter Hilfe, also frei von Gott oder Glauben, zugänglich ist, wird behelfsmäßig mit Gottespflaster geflickt. Das echte Seelenleiden von Menschen wird nicht ernst genommen.
So schlimm auch ist, was Frau Magnis hier schreibt, macht es mich traurig wenn ich lesen muss:

Mein Vater ist gestorben, als ich 17 war und mein kleiner Bruder ein paar Jahre später. Ich habe nur eine einzige Hoffnung, und das ist die, dass dieses uralte Gerücht wahr ist: dass wir aufgehoben sind in Gott. Da, wo das Gute gedacht wird und die Wahrheit über unser Leben liegt.

Wenn das einzige, was einem am Leben hält, eine offensichtliche Illusion ist, braucht ein Mensch Hilfe. Das kann nicht gesund sein.

Aber jetzt hoffe ich, dass ihr Ironiemeter von mindestens Industriestärke habt, ansonsten lest besser nicht weiter:

Der Atheismus hat mir damals auch gesagt: Dein Leben fühlt sich nicht nur grauenhaft an, es ist noch dazu vollkommen sinnlos. Und die Atheisten, die das zu hart fanden, haben gesagt: Du musst deinem Leben eben selbst einen Sinn geben.

Aber ist das nicht einfach nur Getue – habe ich mich gefragt. Und die Antwort von ehrlichen Atheisten war: Ja. Das meiste im Atheismus ist ein: so tun als ob.

*Batsch* da hauts dem Ironiemeter die Sicherung raus. Ich hab euch gewarnt. Jawohl. Richtig gelesen: Wenn Atheist_innen ihrem Leben einen eigenen Sinn geben, dann ist das nur “so tun als ob”. Wenn man daran glaubt, dass ein wirrer unsichtbarer Sadist es so will, obwohl nichts, aber auch gar nichts dafür spricht, dass ist es richtig und wahr. Zum Schreien.
Ach, und überseht auch nicht die kleine unterschwellige Behauptung, dass normale Atheist_innen nicht ehrlich sind. Sehr schön herauszuarbeiten im Vergleich zu den “Manche Atheisten könnten sagen””-Formulierungen im Rest des Textes.

So tun, als hätten wir eine Würde, obwohl die empirisch genauso wenig messbar ist wie Gott. Ich liebe dich sagen, ohne zu glauben, dass es echte Liebe und nicht nur Gerüche und Endorphine gibt.

Genau so, wie ich jeden Tag zu meiner Frau sage: Ach wenn ich dich doch nur lieben könnte, und nicht nur deine Endorphine riechen würde.

Glaubte ich nicht an Gott, dann würde ich nicht lächeln, wenn es, so wie gestern Nacht, zu schneien beginnt und die Welt unterm Schnee stiller wird, dann würde ich am Fenster stehend nur denken: Der Planet ist kalt und bald sind wir tot.

Und wenn ich irrationalen Nonsens glauben müsste, um Freude zu empfinden, dann wäre ich ein trauriger, armer Mensch.

P.S.: Diax’s Rake zieht um! Noch gibt es die Artikel auf beiden Seiten, aber bald werdet ihr mich nur noch in meiner neuen Heimat lesen können!

Kommentare (110)

  1. #1 demolog
    12/28/2012

    spritkopf

    “Auch du verstehst nicht, dass, wer behauptet, gefälligst auch belegt. Und daran fehlte es nunmal bei threepoints.”

    -> Ich bin auch der Meinung, das man entweder zu faul sei oder gar nicht fähig sei, die Sache eigenständig zu betrachten, wenn man nach Belegen fordert. Ist ja auch so einfach – nicht wahr?

    Nach deiner Strategie gäbe es nie mehr neue Erkenntnisse, weil alle ja bereits belegt und beschrieben sind und keine neuen hinzu kommen könnten.
    Lustig auch dein Kraus Karl. Wo sich Unfähigkeit gesellt, könnte einer sich gezwungen fühlen, seine Unfähigkeit nicht preis zu geben (und fordert “Belege”). Der eine drückt aus, der andere fordert Belege. Und Threepoint hat reichlich versucht zu belegen – wenn das beim Fordernden nicht angekommen ist, kann es auch bei ihm liegen. Ich fordere jetzt nicht, dass der fordernde auch mal nachdenken solle. Er hat bewiesen, dass er nicht willig/fähig dazu ist.

    Das du die Hexenjagt veralberst, ist schon wieder der Beweis deiner formalen Denkstörung. Die Paranoia ist übrigens bei dir ausgeprägter, als bei mir. Du hättest sonst nicht davon erzählt (Esotherik usw.).

    Du packst günstigerweise deine 7 Sachen und wanderst aus. Alternativ tut es auch der Sprung von einem Monument mit Fallhöhe.

  2. #2 Spritkopf
    12/28/2012

    Nach deiner Strategie gäbe es nie mehr neue Erkenntnisse, weil alle ja bereits belegt und beschrieben sind und keine neuen hinzu kommen könnten.

    Was ist denn das für eine merkwürdige Schlussfolgerung? Es steht doch jedem frei, Hypothesen zu welchem Thema auch immer zu formulieren und dafür selber Belege zu erarbeiten. Was hat das mit den Arbeiten oder Vorarbeiten anderer zu tun?

    Und Threepoint hat reichlich versucht zu belegen

    Er wollte Behauptungen mit anderen Behauptungen belegen. Ein Versuch, ja, leider ein untauglicher.

    Im übrigen erinnern mich Diktion und Orthographie deines Kommentars an threepoints. Ob das wohl Zufall ist?

    Du packst günstigerweise deine 7 Sachen und wanderst aus. Alternativ tut es auch der Sprung von einem Monument mit Fallhöhe.

    Mir scheint, da gehen jemandem die Argumente aus.

  3. #3 Spritkopf
    12/29/2012

    Im übrigen erinnern mich Diktion und Orthographie deines Kommentars an threepoints. Ob das wohl Zufall ist?

    Keine Antwort? Treffer, versenkt.

  4. #4 demolog
    12/29/2012

    @ spritkopf

    >> Im übrigen erinnern mich Diktion und Orthographie deines Kommentars an threepoints. Ob das wohl Zufall ist? <<

    Du leidest an einer Wahnvorstellung.

    Mir gehen tatsächlich die Argumente aus, die jemanden wie dich erreichen würden. Weshalb mir das Suchen danach keinen Sinn ergibt.

    An einem wie dir widerlege ich an mir alle guten Vorsätze, die man so haben solle. Mir dämmerts natürlich, woran das liegt. Wer durchaus nachvollziehbare Argumente vorgelegt bekommt, aber nicht darauf eingeht, hat andere Ziele, als Kommunikation und Aufklärung.

    Der spritkopf ist gut geübt und daraus schmerzfrei hervorgegangen. Eine Eigenschaft, die was wert ist, aber eine Perspektive eröffnet, die sich öffentlich nicht rentiert, wie leicht assoziierbar zu entnehmen sei.

    Es ist ja durchaus bekannt, dass Dummheit nicht nur aus Unterlassung von Bildung entsteht, sondern Produkt sei, wie es Produkt ist, was du darstellst. Nur leider nicht populär genug.
    Deswegen muß ich mich tatsächlich geschlagen geben – hier im Kommentarbereich und häufig genug auch anderswo. Ein Segen für das totalitäre Herrschaftsinstrument zum Nationbuilding und Sozialstruktur. Um wenigstens noch ad hominem reagieren zu können, bleibt mir die Bitte, er solle angesichts endlich springen. Guten Flug dann.

  5. #5 Spritkopf
    12/29/2012

    Du leidest an einer Wahnvorstellung.

    Genau. Ist wahrscheinlich blanker Zufall, dass ihr beide in Gänsefüßchen quotet und anschließend eure Antwort mit einem Pfeil -> beginnt oder das Wort “individuell” mit nur einem L und “Esoterik” mit TH schreibt.

    Es ist ja durchaus bekannt, dass Dummheit nicht nur aus Unterlassung von Bildung entsteht, sondern Produkt sei, wie es Produkt ist, was du darstellst.

    Niedlich. Eine Sockenpuppe mit Dunning-Kruger-Syndrom.