Aber ich bleibe dabei: Mein billiger Lila-Glitzer Nagellack ist der Beste. Beim auftragen fließt richtig viel vom Pinsel und bildet eine dicke Schicht, so wie ich es gerne habe. Und der Vorteil vom Glitzer ist, dass sich der Lack kaum durch Kapillarkräfte zwischen Deckgläschen und Objektträger zieht. Wenn man ein Deckgläschen, mit seine Zellen darauf, an einen Objektträger kleben will, dann gibt es nichts besseres als Lila-Glitzer Nagellack. Wir haben einige spezielle Mikroskope, die manchmal eine wässrige Lösung an der Probe benötigen und manchmal eine ölige Flüssigkeit zwischen Deckgläschen und Objektträger voraussetzen. Genau für diese Fälle brauchen wir Nagellack. Ich möchte in einen Probenhalter keine Probe einspannen, aus der etwas heraus tropfen könnte. Schließlich sind die Mikroskope empfindlich und ziemlich teuer. Gerade wenn man eine Flüssigkeit ganz in der Nähe einer Stelle hat, die man lackieren oder kleben will, kann das problematisch sein. Selbst wenn man sehr vorsichtig und gewissenhaft arbeitet, kann nie sichergestellt sein, dass nicht doch irgendwo etwas hervor quillt. Und zwar durch das Auftragen des Nagellacks. Jedes bisschen Flüssigkeit zwischen Nagellack und Glas führt zu einer nicht-klebenden oder undichten Stelle.
Ich trage nur selten Nagellack, aber wenn ich ihn trage, dann neige ich zu einem kräftigen Lila, am besten mit Glitzer. Die meisten meiner männlichen Kollegen schwören eher auf den unauffälligen Klarlack, bis auf einen, der am liebsten etwas sehr Dickes, Gummiartiges aufträgt, dass kaum den Namen “Lack” verdient. Meistens halten sich die Damen bei uns im Labor aus unseren Diskussionen über Nagellack heraus, aber das ist nicht weiter überraschend. Die Top drei Nagellackverbraucher im Labor sind männlichen Geschlechts.
Neulich führt mich mein Weg wieder zum Drogeriemarkt meines Vertrauens, ich war knapp an Duschgel, brauchte ein neues Duftsteinchen für das WC und Nagellack war auch leer. Die Drogerie-Fachverkäuferin an der Kasse schien ein wenig überrascht zu sein, auf Grund meiner Warenauswahl. Nach einem Pinienduft-schwangeren Produkt für die heimische Toilette und einem Nachfüllbeutel Duschgel, zog sie zwei mal billigen, klaren Nagellack und drei mal billigen, Lila-Glitzer Nagellack über den Scanner. “Na das sieht ja nach einem lustigen Abend aus”, kommentierte sie. “Macht zwölf Euro zweiundfünfzig.” Ich war seltsame Kommentare im Bezug auf meinen Nagellackkonsum gewohnt. “Der Nagellack ist nicht nur für mich, auch für meine Kollegen.” gab ich zurück und trug den Nagellack aus dem Drogeriefachgeschäft. Auch wenn meine Kollegen und ich unsere Differenzen darüber haben, welcher Lack der Beste ist, wechseln wir uns doch beim einkaufen ab. Ich kann ja verstehen, dass manche meiner Kollegen lieber einen unauffälligen, klaren Nagellack benutzen. Wenn man ständig wechselnde Kollaborationspartner am Mikroskop zu Gast hat, könnte der Lila-Glitzer Nagellack schon zu dem Schluss führen, dass man nicht mehr alle Latten am Zaun hat.
Im oberen Bild ist der Nagellack gerade aufgetragen worden. Das farbige in der Mitte des Objektträgers ist blaue Testflüssigkeit*, um zu zeigen, dass da tatsächlich wässrige Lösung in der Mitte ist. Darauf liegt ein Deckgläschen, dessen Umrisse beim klaren Nagellack noch erkennbar sind. Der Objektträger (das untere, große Stück Glas) ist nicht vollkommen flach, er hat in seiner Mitte eine runde Vertiefung, die genau 0,1ml Flüssigkeit fasst. So sieht übrigens meine Proben-Präparation für SD-dSTORM** aus, auf die ich garantiert bei einem späteren Blogpost noch eingehe. Für heute reicht es zu wissen, dass diese Hochauflösungsmikroskopie-Technik einen speziellen Puffer benötigt, der nur unter vollständigen Sauerstoffabschluss funktioniert. Da kann man sich jetzt fragen, ob so eine kleine, undichte Stelle in einer Nagellack-Versiegelung große Auswirkungen hat, und die Antwort darauf ist “Ja”. Das Volumen der Lösung beträgt lediglich 0,1ml und für einen erfolgreichen Mess-Tag muss diese Lösung über acht bis zehn Stunden die gleichen Eigenschaften aufweisen. Da kann einem die undichte Stelle eine ganze Datenaufnahme verderben, vor allem, weil man erst einen Tag später sieht, dass da was schief gelaufen ist. Die Analyse der Daten dauert nämlich fast genau so lange wie die Aufnahme.
Aber warum schwöre ich jetzt auf den billigen Lila-Glitzer Nagellack? Die Probe muss dicht sein, damit nichts von den Flüssigkeiten heraus kommt, aber auch keine Luft von außen hinein geht. Beim oberen Bild ist der Nagellack noch frisch aufgetragen, da sieht es auf beiden Seiten schon ziemlich dicht aus. Der Vorteil vom Lila-Glitzer Nagellack zeigt sich erst, wenn er getrocknet ist.
Kommentare (9)