Und jetzt schreibe ich, dass die hellen Flecken Zellen sind, wo doch ein Phasenkontrastmikroskop eigentlich die Zellen dunkel darstellen sollte. Der Effekt vom Phasenkontrast ist bei dieser niedrigen Vergrößerung noch nicht sichtbar. Ich benutze ein 10fach Objektiv, bei dem die Vergrößerung noch nicht hoch genug, dass der Interferenzeffekt zum tragen kommt, also dass Gangunterschiede in den Lichtwellen zur Auslöschung führen. Auf der rechten Seite des Bildes kann man höchstens etwas von den Zellen erahnen. Warum also, erscheinen jetzt die Zellen in der Nähe der Münze als helle Punkte oder Umrisse? Das ist Dunkelfeldmikroskopie! Mit der Münze sorge ich dafür, dass nicht das ganze Licht direkt ins Objektiv hineinfallen kann. Als großes, etwas dunkles Band, zieht sich ein Halbschatten der Münze von oben bis unten durch das Bild. Hier werden die Zellen heller, weil sie durch Streuung und Beugung, Licht ins Objektiv lenken.
Übrigens hilft die Angabe, dass ich ein 10fach Objektiv benutze, an dieser Stelle nicht weiter um die Größe der Zellen abzuschätzen. Immer wieder liest man “Dieses Bild hat eine Vergrößerung von 200”, und ich frage mich dann immer “im Vergleich zu was denn, verdammt?”. Generell gilt eine Angabe von “Vergrößerung” auf einem Mikroskop nur für das direkte Reinschauen mit den eigenen Augen. Hat man ein Objektiv mit “10x” und ein Okular mit “2x”, dann ergibt das ein vergrößertes Bild um den Faktor zwanzig (10 mal 2). Mit Bild-Dateien kann man das aber nicht genau so machen, denn dann müsste man auch wissen wie groß die einzelnen Bildpunkte in einer Kamera sind. Das kann von Kamera zu Kamera ziemlich unterschiedlich sein. Mit der Vergrößerung des Linsensystems und der Pixelgröße des Detektors kann man dann ausrechnen wie groß ein Pixel im finalen Bild ist. Das gibt einem dann die Länge eines “scale bar”, der meist in einer Ecke des Bildes sitzt, wie ein Maßstab auf einer Landkarte. Das konnte ich aber in diesem Fall auch nicht machen. Ich hab das Bild mit meiner Handykamera aufgenommen, die ich einfach vor das Okular des Mikroskops gehalten habe. So bin ich dann überhaupt erst auf die Idee gekommen, die Münze unter den Probenbehälter zu kleben, damit man eine Ahnung von den Größenverhältnissen bekommt. Ich hab also etwas improvisiert, was sich dann ja am Ende auch als eine großartige Sache herausgestellt hat: Wenn ich die Münze nicht drunter geklebt hätte, dann hätten wir keinen Halbschatten bekommen, in dem ich auch nicht den Effekt der Dunkelfeldmikroskopie hätte zeigen können. Jetzt drehen wir aber mal am Revolver** und nehmen ein Objektiv mit einer höheren Vergrößerung.
Es ist nicht immer alles schwarz und weiß, im wahrsten Sinne des Wortes. Hier kommt also ein Kontrast durch die Phase des Lichts und durch die Dunkelfeldmikroskopie zustande. Drehen wir noch ein Objektiv weiter!
Die Krümmung der Münze ist im letzten Bild kaum noch zu erkennen. Als kleine Hilfe für die Größenabschätzung: Würden wir auf einen Stern am unteren Rand der Münze fokussieren (siehe erstes Bild), würde dieser Stern das gezeigte Blickfeld im letzten Bild mehr als ausfüllen. Ab und zu sieht man noch etwas hellere Umrisse, aber die meisten Zellen zeigen sich jetzt als dunkle Objekte im Bild, mit einem recht prominenten Zellkern in der Mitte und einem nicht so einfach zu erkennenden Randbereich. Das man in diesem Fall nur wenig erkennen kann, trotz der Phasenkontrastmikroskopie, liegt daran, dass dies hier besondere Zellen aus Bindegewebe waren, die relativ flach auf Glas anwachsen. Sie sind zehn bis zwanzig mal so breit und lang wie sie hoch sind. Hier stößt auch die Phasenkontrastmikroskopie an ihre Grenzen, genau wie der Dunkelfeldansatz. Um mehr über diese Zellen zu lernen als ihre bloße Struktur, muss man zu einer anderen Mikroskopietechnik wechseln.
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