Ich habe bereits hier erklärt was ein Durchlichtmikroskop ist. Noch einmal kurz zusammengefasst: Licht geht durch eine Probe, dann durch Linsen und schließlich ins Auge. Und das ist auch ein Problem, wenn die Probe “zu durchsichtig” ist (siehe “ins Auge gehen”). Gerade bei Zellen aus Menschen oder Tieren muss noch etwas getan werden, damit man überhaupt etwas sieht: Anfärben. Aber mit einigen Mikroskopietechniken kann das Hantieren mit Farbstoffen vermieden werden.
Das Dunkelfeldmikroskop hat mich immer schon fasziniert. Hier wird das Licht einer Lampe so geleitet, das zwar die Probe getroffen wird, aber nicht das Objektiv mit dem man beobachtet. Die bereits erwähnten, kleinen Zellen aus einem Menschen absorbieren kaum etwas von diesem Licht, lenken es aber durch Brechung und Streuung ab. Das führt dazu, dass man beim Dunkelfeldmikroskop einen schwarzen Hintergrund sieht und die Zellen (oder was immer man auch betrachtet) hell leuchten – ganz ohne Farbstoff. Ein besonderer Nebeneffekt ist dabei, dass man auch Teilchen sehen kann, die deutlich kleiner sind als die Wellenlänge des Lichts, weil eben auch sie Streuung verursachen. Das führte zur Entwicklung einer weiteren Mikroskop-Art, des Ultramikroskops. Es war dazu gedacht Partikel wie Rauch oder Nebeltröpfchen zu untersuchen, die deutlich kleiner waren als alles was man unter einem normalen Mikroskop erkennen konnte.
Eine etwas trickreichere Variante des Durchlichtmikroskops ist das Phasenkontrastmikroskop. Damit kann man sich das Einfärben von kleinen Zellen ebenfalls sparen. Es wird ausgenutzt, dass fast durchsichtig erscheinende Zellen einen anderen Brechungsindex besitzen als die Flüssigkeit drumherum. Ein unterschiedlicher Brechungsindex bedeutet immer auch, dass sich Licht mit einer klein wenig anderen Geschwindigkeit ausbreitet. Mit dem Ergebnis, dass bei einer kleinen Zelle die Wellenberge und -täler des Lichts etwas nach hinten gerückt werden, verglichen mit den Lichtwellen die nicht durch eine Zellen laufen. Diesen Phasenunterschied sorgt dann dafür, dass eine Dunkle Stelle im Bild entsteht. Man nennt das destruktive Interferenz (Wellenberg + Wellental an gleicher Stelle = dunkel).
Das Dunkelfeldmikroskop und das Phasenkontrastmikroskop nutzen ganz ähnliche Effekte. Im Dunkelfeld-Fall wird ausgenutzt, dass die Richtung des Lichts sich durch Brechung und Streuung ändern kann. Im Phasenkontrast-Fall wird die Phasenverschiebung des Lichts beim Durchlaufen der Zelle benutzt, und nicht die Richtungsänderung.
Ein Cent für meine Zellen
Im Labor benutze ich ein Phasenkontrastmikroskop in der Zellkultur. Dort will ich einen Blick darauf werfen, wie dicht meine Zellen auf den kleinen Deckgläschen gewachsen sind, quasi um zu entscheiden ob ich aus diesen Deckgläschen vielversprechende Proben für meine Arbeit am Hochauflösungsmikroskop machen kann. Ich habe davon Bilder für diesen Blogpost gemacht und darauf geachtet, dass ich immer eine Ein-Cent-Münze im Bild habe, damit man ein Gefühl für die Größenverhältnisse bekommt. Es sind unbehandelte Zellen zu sehen, die ich später, für andere Experimente, benutzt habe*. Daher befindet sich das Deckgläschen in einer Salzlösung, damit die Zellen, die darauf gewachsen sind, nicht austrocknen.
Auf dem ersten Bild sind noch keine Zellen auf dem Glas zu erkennen. Kein Wunder, wenn man schon etwas mit dem bloßen Auge sehen könnte, wäre das ja eine schlechte Probe für Mikroskopietechniken, die Zellen sichtbar machen sollten, die für ein Durchlichtmikroskop sogar angefärbt werden müssten, um sichtbar zu sein. Für das nächste Bild habe ich die Münze unter den Probenhalter geklebt. Sie erscheint daher immer ein wenig unscharf, da sie nicht in der selben Ebene liegt wie die Zellen auf dem Deckgläschen. Aber man kann den Verlauf der Rundung des Geldstücks erahnen, und ungefähr abschätzen wie groß die Zellen sind.
Und jetzt schreibe ich, dass die hellen Flecken Zellen sind, wo doch ein Phasenkontrastmikroskop eigentlich die Zellen dunkel darstellen sollte. Der Effekt vom Phasenkontrast ist bei dieser niedrigen Vergrößerung noch nicht sichtbar. Ich benutze ein 10fach Objektiv, bei dem die Vergrößerung noch nicht hoch genug, dass der Interferenzeffekt zum tragen kommt, also dass Gangunterschiede in den Lichtwellen zur Auslöschung führen. Auf der rechten Seite des Bildes kann man höchstens etwas von den Zellen erahnen. Warum also, erscheinen jetzt die Zellen in der Nähe der Münze als helle Punkte oder Umrisse? Das ist Dunkelfeldmikroskopie! Mit der Münze sorge ich dafür, dass nicht das ganze Licht direkt ins Objektiv hineinfallen kann. Als großes, etwas dunkles Band, zieht sich ein Halbschatten der Münze von oben bis unten durch das Bild. Hier werden die Zellen heller, weil sie durch Streuung und Beugung, Licht ins Objektiv lenken.
Übrigens hilft die Angabe, dass ich ein 10fach Objektiv benutze, an dieser Stelle nicht weiter um die Größe der Zellen abzuschätzen. Immer wieder liest man “Dieses Bild hat eine Vergrößerung von 200”, und ich frage mich dann immer “im Vergleich zu was denn, verdammt?”. Generell gilt eine Angabe von “Vergrößerung” auf einem Mikroskop nur für das direkte Reinschauen mit den eigenen Augen. Hat man ein Objektiv mit “10x” und ein Okular mit “2x”, dann ergibt das ein vergrößertes Bild um den Faktor zwanzig (10 mal 2). Mit Bild-Dateien kann man das aber nicht genau so machen, denn dann müsste man auch wissen wie groß die einzelnen Bildpunkte in einer Kamera sind. Das kann von Kamera zu Kamera ziemlich unterschiedlich sein. Mit der Vergrößerung des Linsensystems und der Pixelgröße des Detektors kann man dann ausrechnen wie groß ein Pixel im finalen Bild ist. Das gibt einem dann die Länge eines “scale bar”, der meist in einer Ecke des Bildes sitzt, wie ein Maßstab auf einer Landkarte. Das konnte ich aber in diesem Fall auch nicht machen. Ich hab das Bild mit meiner Handykamera aufgenommen, die ich einfach vor das Okular des Mikroskops gehalten habe. So bin ich dann überhaupt erst auf die Idee gekommen, die Münze unter den Probenbehälter zu kleben, damit man eine Ahnung von den Größenverhältnissen bekommt. Ich hab also etwas improvisiert, was sich dann ja am Ende auch als eine großartige Sache herausgestellt hat: Wenn ich die Münze nicht drunter geklebt hätte, dann hätten wir keinen Halbschatten bekommen, in dem ich auch nicht den Effekt der Dunkelfeldmikroskopie hätte zeigen können. Jetzt drehen wir aber mal am Revolver** und nehmen ein Objektiv mit einer höheren Vergrößerung.
Es ist nicht immer alles schwarz und weiß, im wahrsten Sinne des Wortes. Hier kommt also ein Kontrast durch die Phase des Lichts und durch die Dunkelfeldmikroskopie zustande. Drehen wir noch ein Objektiv weiter!
Die Krümmung der Münze ist im letzten Bild kaum noch zu erkennen. Als kleine Hilfe für die Größenabschätzung: Würden wir auf einen Stern am unteren Rand der Münze fokussieren (siehe erstes Bild), würde dieser Stern das gezeigte Blickfeld im letzten Bild mehr als ausfüllen. Ab und zu sieht man noch etwas hellere Umrisse, aber die meisten Zellen zeigen sich jetzt als dunkle Objekte im Bild, mit einem recht prominenten Zellkern in der Mitte und einem nicht so einfach zu erkennenden Randbereich. Das man in diesem Fall nur wenig erkennen kann, trotz der Phasenkontrastmikroskopie, liegt daran, dass dies hier besondere Zellen aus Bindegewebe waren, die relativ flach auf Glas anwachsen. Sie sind zehn bis zwanzig mal so breit und lang wie sie hoch sind. Hier stößt auch die Phasenkontrastmikroskopie an ihre Grenzen, genau wie der Dunkelfeldansatz. Um mehr über diese Zellen zu lernen als ihre bloße Struktur, muss man zu einer anderen Mikroskopietechnik wechseln.
Fußnoten:
* man soll ja nix verkommen lassen.
** nicht nur das Schießeisen heißt Revolver, auch das Teil am Mikroskop, an dem mehrere Objektive angebracht sind, heißt so.
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