Beispiel III: BOGOF
Wer sich noch daran erinnert das Thomas Gottschalk mal im Fernsehen Werbung für BOGOF gemacht hat, dem gratuliere ich recht herzliche Opfer von gutem Marketing geworden zu sein – so wie ich. BOGOF ist kurz für “Buy one, get one free”. Gottschalk hat damals Werbung für eine Amerikanische Buletten-Braterei gemacht, ich meine in diesem Fall aber einen Vorteil von µManager. Da wir unsere Mikroskope mit dieser offenen und freien Software ansteuern, müssen wir nicht unbedingt ein Komplettpaket eines Mikroskopieherstellers kaufen sondern können von verschiedenen Herstellern genau das einkaufen was wir brauchen. Das drückt den Preis ungemein und am Ende standen wir mit der Erkenntnis da, dass wir für das Geld eines Bestellen-Auspacken-Aufstellen-Geht-Mikroskops auch zwei Mikroskope selbst basteln können. Gut, die waren in einigen Aspekten nicht so Benutzerfreundlich und auch nicht so Idiotensicher wie das Rundum-Sorglos-Paket, aber es waren zwei Mikroskope und nicht bloß eins.
Basteln kann, muss nicht
Über die Zubereitung von Grog:
“Rum muss,
Zucker darf,
Wasser kann (alles verderben)”
aus der Wikipedia über Grog
Wenn Wissenschaft ein Grog ist, dann ist Basteln das Wasser. Niemand muss das machen, es kann zu Schwierigkeiten führen wenn man es damit übertreibt*, aber es ist eine Option die man erwägen sollte. Es gibt gute Gründe für viele Forschungsgruppen sich Bestellen-Auspacken-Aufstellen-Geht-Mikroskope zu kaufen und ich sehe das auch nicht generell als Geldverschwendung an. Die Auffassung, dass dies aber den einzigen Weg darstellen soll, teile ich ganz entschieden nicht. An der Bastelei ist nichts schmutziges oder amateurhaftes, sie sorgt dafür, dass es in einigen Jahren eben neue Geräte auf dem Markt gibt, die Dinge tun können die sich jetzt gerade Wissenschaftler ausdenken.
Manchmal gibt es auch einfach verwaltungstechnische Hürden, die man durch kostengünstige Bastelei umgehen kann, wie es in Beispiel II beschreiben ist. Ich habe jetzt gerade, beim schrieben dieser Zeilen, auch die lieben Kollegen von Methodisch Inkorrekt im Ohr**. Das sind zwei Physiker die in ihrem PodCast über Wissenschaft quatschen und des öfteren darüber berichten, dass es einfacher ist selber in den Baumarkt zu gehen und ein paar Wasserschläuche zu kaufen, bevor man den Papiertiger Verwaltung mit Anträgen über 50 Meter Wasserleitung behelligt.
Einfach mal laut nachdenken
Lasst uns mal den Gedanken der Bastelei weiter treiben: Was brauchen wir denn alles für ein Mikroskop? Eigentlich nicht viel. Ein gutes Objektiv, eine Kamera, optische Filter, Licht zur Anregung, einen Probenhalter und eine Probe. Das muss alles gut aufeinander abgestimmt sein, damit es auch gute Bilder macht, aber so viel ist das jetzt ja eigentlich nicht. Es gibt zu diesem Gedankengang einen wissenschaftlichen Artikel von der Uni Würzburg. “A Blueprint for Cost-Efficient Localization Microscopy” ist ein Artikel von meinem Kollegen Thorge Holm der detailliert beschreibt wie man für wenig Geld ein Hochauflösungsmikroskop bauen kann. Wenn man bedenkt das für die moderne Lokalisationsmikroskopie ein kommerzieller Hersteller einen Preis im Bereich von einer Million Euro aufruft sind die 22000 Euro für diesen Eigenbau ein starker Kontrast. Etwas mehr als 2% des Preises für ein kommerzielles Mikroskop. Allerdings muss man hier auch sagen, dass die Leistung nicht ganz das ist, was man bei einem fertigen Mikroskop bekommt. Die Auflösung dieses Eigenbaus ist ungefähr 40nm, die eines kommerziellen Mikroskops liegt bei 25nm – das ist in diesem Bereich nicht wenig. Auch ist die Benutzerfreundlichkeit nicht unbedingt die gleiche, dieser Blueprint sieht nicht mal Okulare zum durchschauen vor, aber die sind auch nicht zwingend nötig sondern fallen für mich eher unter das Schlagwort “nice to have”.
Ein anderer Aspekt dieser Geschichte fasziniert mich. Die Autoren des Artikels schreiben, dass dies eine kostengünstige Möglichkeit darstellt um Studenten an die Hochauflösungsmikrokopie heran zu führen. Keine Uni hat das Geld übrig für ein Fortgeschrittenen-Praktikum ein Gerät für hunderttausende von Euro zu kaufen, aber dieser Eigenbau kann diese Funktion erfüllen. Das ist eine sehr gute Idee. Ich musst an dieser Stelle allerdings noch an etwas anderes denken. Labore die keine große Finanzierung haben könnten so auch im Feld der Hochauflösungsmikrokopie mitspielen oder auch Forschungsgruppen aus Schwellenländern, die nicht über die Förderung verfügen, die wir in unseren Breiten gewohnt sind. Man muss ja nicht der Bauanleitung eins zu eins folgen, in diesem Artikel wird auch aufgezeigt an welchen Stellen Abstriche gemacht wurden. Nimmt man für diesen Eigenbau ein wenig mehr Geld in die Hand kann man auch die Leistung dieses Gerätes erhöhen.
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