“Moment mal! Basteln?” wird da jetzt der ein oder andere ausrufen. Kann das wirklich was mit Wissenschaft zu tun haben? Die kurze Antwort darauf: Ja! Die lange Antwort darauf: der Rest dieses Artikels.

Am fünften Mai 2015 hab ich bei der re:publika einen Vortrag gehalten mit dem Titel “A small world made better by the internet – an example with microscopes”. Es ging darum wie der open-source-Gedanke, also frei zugängliche und offene Software, die Welt der Mikroskopie nachhaltig beeinflusst hat. Vor allem wie wichtig die Bildauswertungssoftware ImageJ für ein ganzes Forschungsfeld gewesen ist. Darüber habe ich auch schon ausführlich gebloggt: Die Frage nach der Software.

Folie aus meinem re:publika Vortrag

Folie aus meinem re:publika Vortrag

Aber es ging nicht nur um Software und um eine Community aus Forschern, die diese Software immer weiter verbessern und auf die aktuellen Bedürfnisse anpassen. Es ging auch um das Basteln, das Herumprobieren, Do-It-Yourself, Hacking oder wie man das gerne nennen möchte. Für mich ist das alles ein wichtiger Teil der Forschung, oder, noch präziser: ein notwendiger Teil von Forschung. Ein Sozialwissenschaftler bastelt sich seine Fragestellung für die Erhebung von Daten selbst, ein Chemiker bastelt seine Reaktions-Apparatur, ein Biologe bastelt sich seine Genetik für Zellexperimente und Physiker basteln sich den LHC. Ganz normale Nummer, das Standard-Forscher-Programm.

Forschungsgerätemanufaktur?

In meinem Vortrag habe ich mich etwas aufgeregt über kritische Stimmen zu Do-It-Yourself aus der Wissenschaft. Persönlich ist sie mir auch schon begegnet, die Haltung das man für gute Geräte auch gutes Geld auf den Tisch legen muss und das Selbst-gemachtes ein Zeichen von mangelnder Finanzierung sei. Und diese Auffassung begegnet einem auch in Fachzeitschriften wie dem Laborjournal, ganz konkret in der englischen Ausgabe dieser Zeitschrift, hier kommentiert von Björn Brembs.

Ja, was fällt diesen Forschern ein einfach mal was selber zu basteln anstatt den nächsten Katalog für Laborausrüstung zu konsultieren und sich was ordentliches zu bestellen? Denen fällt etwas neues ein. Manchmal kann man eben nicht das Gerät bestellen das man für sein nächstes Experiment braucht, weil noch niemand die Idee zu einem solchen Experiment hatte. So funktioniert Wissenschaft. Aber selbst wenn nicht das absolut neue Experiment im Kopf des Forschers herum geistert sondern es “nur” darum geht an der ein oder anderen Stelle Geld zu sparen, erschließt sich mir das nicht als Vorwurf. Die Wissenschaft ist immer noch zu großen Teilen durch die öffentliche Hand finanziert. Warum ist dann Sparsamkeit ein Makel? Oft geht es in erste Linie nicht um die Sparsamkeit sondern um einen Vorteil für den Forscher. Ich hatte dazu ein paar Beispiele im Vortrag angeführt:

Beispiel I: Billiges Licht

Wir wollten im Labor für eines unserer Mikroskope eine Laser-Box haben. Das ist eine Kiste aus der einfach Licht mit verschiedenen Wellenlängen in Form eines Laserstrahls raus kommt. Der Hersteller unseres Mikroskops hatte so etwas auch im Sortiment, als zusätzliches Zubehör. Der aufgerufene Preis hätte aber deutlich unser Budget gesprengt mit knapp 200k Euro. Da wir das Mikroskop sowieso mit der freien und offenen Software µManager angesteuert haben, waren wir nicht auf Hardware beschränkt die nur vom ursprünglichen Hersteller kam. So haben wir dann eine Laser-Box eines anderen Herstellers gefunden die nur gut ein achtel gekostet hat. Die konnten wir sofort kaufen und mussten nicht auf den nächsten Jahreswechsel warten um eine viel größere Investition zu beantragen.

Folie aus meinem re:publika Vortrag

Folie aus meinem re:publika Vortrag

Beispiel II: Billige Zeit

Ein Kollege im Labor hatte eine tolle Idee für ein neues Experiment. Er würde dafür einen recht genauen Zeitgeber benötige um im richtigen Moment Bilder mit dem Mikroskop machen zu können. Die einfachste Möglichkeit das zu tun wäre eine Trigger-Karte, eine Platine zum einbauen in einen Computer, die mehrere, sehr genaue Zeitsignale ausgeben kann. So ein Schätzchen kostet gut 2500 Euro. Nicht gerade wenig für ein Experiment das zunächst nur eine Idee war, und das so noch niemand gemacht hatte. Spontan kann man in unserem Verwaltungssystem an der Uni nicht schnell mal auf so viel Geld zugreifen, also entschloss sich mein Kollege für einen anderen Weg. Da die Kamera des Mikroskops auch einen Zeitgeber hat und die Software zur Kontrolle des Mikroskops eigentlich jede Art von Hardware unterstützt, bastelte er einfach einen Zeitgeber. Und zwar aus einem Arduino, Kostenpunkt ca. 25 Euro.

Folie aus meinem re:publika Vortrag

Folie aus meinem re:publika Vortrag

Beispiel III: BOGOF

Wer sich noch daran erinnert das Thomas Gottschalk mal im Fernsehen Werbung für BOGOF gemacht hat, dem gratuliere ich recht herzliche Opfer von gutem Marketing geworden zu sein – so wie ich. BOGOF ist kurz für “Buy one, get one free”. Gottschalk hat damals Werbung für eine Amerikanische Buletten-Braterei gemacht, ich meine in diesem Fall aber einen Vorteil von µManager. Da wir unsere Mikroskope mit dieser offenen und freien Software ansteuern, müssen wir nicht unbedingt ein Komplettpaket eines Mikroskopieherstellers kaufen sondern können von verschiedenen Herstellern genau das einkaufen was wir brauchen. Das drückt den Preis ungemein und am Ende standen wir mit der Erkenntnis da, dass wir für das Geld eines Bestellen-Auspacken-Aufstellen-Geht-Mikroskops auch zwei Mikroskope selbst basteln können. Gut, die waren in einigen Aspekten nicht so Benutzerfreundlich und auch nicht so Idiotensicher wie das Rundum-Sorglos-Paket, aber es waren zwei Mikroskope und nicht bloß eins.

Folie aus meinem re:publika Vortrag

Folie aus meinem re:publika Vortrag

Basteln kann, muss nicht

Über die Zubereitung von Grog:

“Rum muss,
Zucker darf,
Wasser kann (alles verderben)”
aus der Wikipedia über Grog

Wenn Wissenschaft ein Grog ist, dann ist Basteln das Wasser. Niemand muss das machen, es kann zu Schwierigkeiten führen wenn man es damit übertreibt*, aber es ist eine Option die man erwägen sollte. Es gibt gute Gründe für viele Forschungsgruppen sich Bestellen-Auspacken-Aufstellen-Geht-Mikroskope zu kaufen und ich sehe das auch nicht generell als Geldverschwendung an. Die Auffassung, dass dies aber den einzigen Weg darstellen soll, teile ich ganz entschieden nicht. An der Bastelei ist nichts schmutziges oder amateurhaftes, sie sorgt dafür, dass es in einigen Jahren eben neue Geräte auf dem Markt gibt, die Dinge tun können die sich jetzt gerade Wissenschaftler ausdenken.

Manchmal gibt es auch einfach verwaltungstechnische Hürden, die man durch kostengünstige Bastelei umgehen kann, wie es in Beispiel II beschreiben ist. Ich habe jetzt gerade, beim schrieben dieser Zeilen, auch die lieben Kollegen von Methodisch Inkorrekt im Ohr**. Das sind zwei Physiker die in ihrem PodCast über Wissenschaft quatschen und des öfteren darüber berichten, dass es einfacher ist selber in den Baumarkt zu gehen und ein paar Wasserschläuche zu kaufen, bevor man den Papiertiger Verwaltung mit Anträgen über 50 Meter Wasserleitung behelligt.

Einfach mal laut nachdenken

Lasst uns mal den Gedanken der Bastelei weiter treiben: Was brauchen wir denn alles für ein Mikroskop? Eigentlich nicht viel. Ein gutes Objektiv, eine Kamera, optische Filter, Licht zur Anregung, einen Probenhalter und eine Probe. Das muss alles gut aufeinander abgestimmt sein, damit es auch gute Bilder macht, aber so viel ist das jetzt ja eigentlich nicht. Es gibt zu diesem Gedankengang einen wissenschaftlichen Artikel von der Uni Würzburg. “A Blueprint for Cost-Efficient Localization Microscopy” ist ein Artikel von meinem Kollegen Thorge Holm der detailliert beschreibt wie man für wenig Geld ein Hochauflösungsmikroskop bauen kann. Wenn man bedenkt das für die moderne Lokalisationsmikroskopie ein kommerzieller Hersteller einen Preis im Bereich von einer Million Euro aufruft sind die 22000 Euro für diesen Eigenbau ein starker Kontrast. Etwas mehr als 2% des Preises für ein kommerzielles Mikroskop. Allerdings muss man hier auch sagen, dass die Leistung nicht ganz das ist, was man bei einem fertigen Mikroskop bekommt. Die Auflösung dieses Eigenbaus ist ungefähr 40nm, die eines kommerziellen Mikroskops liegt bei 25nm – das ist in diesem Bereich nicht wenig. Auch ist die Benutzerfreundlichkeit nicht unbedingt die gleiche, dieser Blueprint sieht nicht mal Okulare zum durchschauen vor, aber die sind auch nicht zwingend nötig sondern fallen für mich eher unter das Schlagwort “nice to have”.

Ein anderer Aspekt dieser Geschichte fasziniert mich. Die Autoren des Artikels schreiben, dass dies eine kostengünstige Möglichkeit darstellt um Studenten an die Hochauflösungsmikrokopie heran zu führen. Keine Uni hat das Geld übrig für ein Fortgeschrittenen-Praktikum ein Gerät für hunderttausende von Euro zu kaufen, aber dieser Eigenbau kann diese Funktion erfüllen. Das ist eine sehr gute Idee. Ich musst an dieser Stelle allerdings noch an etwas anderes denken. Labore die keine große Finanzierung haben könnten so auch im Feld der Hochauflösungsmikrokopie mitspielen oder auch Forschungsgruppen aus Schwellenländern, die nicht über die Förderung verfügen, die wir in unseren Breiten gewohnt sind. Man muss ja nicht der Bauanleitung eins zu eins folgen, in diesem Artikel wird auch aufgezeigt an welchen Stellen Abstriche gemacht wurden. Nimmt man für diesen Eigenbau ein wenig mehr Geld in die Hand kann man auch die Leistung dieses Gerätes erhöhen.

Zusammen mit dem Artikel Die Frage nach der Software ist das hier eine Zusammenfassung von den Dingen gewesen, die ich auch in meinem Vortrag auf der re:publika angesprochen habe. Den Vortrag habe ich auf Englisch gehalten. Freundlicherweise wurde er aufgezeichnet. Den Link dazu findet ihr hier.

Am Ende hoffe ich, dass man das Folgende aus meinem Vortrag mitgenommen hat:

  • Die Namen ImageJ und µManager sollte ich vielleicht im Hinterkopf behalten
  • Basteln und Erfinden IST Wissenschaft
  • Forscher können Geld sparen wenn sie Mikroskope selber bauen
  • man braucht kein besonders gut finanziertes Labor im Mikroskopie-Feld
  • cutting-edge Technologie muss nicht teuer sein
  • dies ist ein schönes Beispiel für eine Community und open source
  • hinter Mikroskopen steckt mehr als ich bisher dachte

Fußnoten:

* Weil man dann zu nichts mehr kommt bzw. der Grog nur noch nach Wasser schmeckt.

** Ich möchte hier auch eine ausdrückliche Hörempfehlung für den PodCast Methodisch Inkorrekt aussprechen!

Kommentare (11)

  1. #1 tobalt
    26. Mai 2015

    da sprichst du mir aus der seele. an unserem doch finanziell gut ausgestatteten institut geht diese tugend leider ein. es kommen viele leute für kurze zeit. Aber ein mein eindruck ist, dass jemand der bastelt und seinen aufbau in und auswendig kennt, auch nur imstande ist sich wirklich revolutionäre experimente auszudenken und die möglichkeiten der experimente bis zum maximum auszureitzen.

    gerade in der physik, wo ich arbeite, ist programmieren/automatisieren so extrem wichtig, dass heutzutage das eigentlich pflicht im studium sein sollte.

  2. #2 strahlenbiologe
    26. Mai 2015

    Eines muss man aber auch im Kopf behalten bei all den von dir genannten Vorteilen. Nicht jeder Chef (Prof.) mag es wenn seine Leute Zeit mit “basteln” verschwenden. “Die sollen lieber Versuche machen”. Leider selbst schon erlebt …….

    • #3 André Lampe
      26. Mai 2015

      Ja, du hast recht. Meine Hoffnung ist auch immer, dass man einen Chef mit “guck mal, das kostet Zeit aber wenig Geld” überzeugen kann.

  3. #4 Böx
    https://boexbooks.wordpress.com/
    26. Mai 2015

    Bei uns steht schon länger ein Life Cell und Confocal von Leica rum und wir hätten auch niemanden, der die Kompetenz hätte, sowas zu bauen. Abgesehen davon: wenn man grad keinen Großgeräteantrag schreibt, sind die Personalkosten (=Kosten pro Arbeitszeit) halt ein Hauptpunkt bei der Finanzierung. Das wiederum ist, glaube ich, vielen Wissenschaftlern nicht bewusst – und mögen sie noch so billig sein und 50% Stellen haben. Aber wir benötigen bei uns auch kaum oder gar keine teure “cutting edge” Technologie. Deswegen ist die Situation vermutlich kaum vergleichbar…

    • #5 André Lampe
      26. Mai 2015

      Hallo Böx,
      ich denke schon das die Situation vergleichbar ist. Wenn du heute ein Life Cell Mikroskop bestellen würdest, einfach weil dein Labor eins braucht, dann wäre der weg des Selbst-Zusammenstellens ein Weg den ich nicht schnell abtun würde. Der Antrag dafür kostet eh Zeit und das warten auf die Angebote ebenso, da könnte man nebenbei doch evtl. schauen wie teuer ein einzelner Probentisch, Anregungslampe, Inkubator etc sind. Auch wenn man mal die Hersteller durch geht und fragt helfen die einem dabei sogar weiter. Wenn vielleicht ein halber Tag mehr Arbeit dann das Stück vom bewilligten Antrag verkleinert, kann man dafür andere Dinge beschaffen. So etwas zu “bauen” ist auch nicht wirklich schwierig, teilweise wird man dabei auch von Mikroskopieherstellern unterstützt. Ich will hier nicht vorschreiben das man das tun muss, sondern das man es ernsthaft in Erwägung ziehen sollte. Ich bitte dich nur, dass du nicht gleich davon ausgehst das “die Situation vermutlich kaum vergleichbar…” ist. Die Mikroskope aus dem Beispiel III sind unsere Standard-Arbeitstier-Mirkoskope. Selbst wenn wir uns da auf Simple Epi-Floureszent mit Inkubator beschränkt hätten, hätten wir gespart.

      Der Kostenfaktor der Stellen ist mir durchaus bewusst. Aber es ist doch auch so, das wohl kein/e DoktorandIn, auch wenn sie/er eine 50% Stelle hat, lediglich 25 Stunden die Woche arbeitet, oder? Ich würde sogar postulieren, wenn man etwas hat, bei dem man etwas basteln muss, dann schiebt man eher noch zusätzlich Stunden und es kann auch nachhaltig motivieren. kann…

      Auch wollte ich hier nicht einen flammenden Vortrag für “cutting edge” halten, ich wollte nur aufzeigen das es auch mit Geräten der Forschungsgrenze möglich ist. Auch bei Standard-Geräten lässt sich da etwas finden. Ich würde aber gerne deine Meinung zum Artikel Die Frage nach der Software diesbezüglich hören.

      Da du ein Life Cell und ein Confocal Mikroskop aufzählst vermute ich dich einfach mal in einem Biolabor. Dort bastelt man sich doch auch seine Konstrukte einfach selbst, so funktioniert ja die biologische Forschung. In dem Bereich gibt es jetzt auch immer mehr Firmen die einem diese Arbeit auch abnehmen, wenn man das nötige Geld übrig hat. Aber selbst wenn man Geld wie Onkel Dagobert in einem alten -80er bunkert, würde man doch das ein oder andere “mal eben schnell” selber machen – nicht unbedingt weil es Kosten spart, sondern weil man es morgen braucht. Wenn man mal dieses Bild auf Hardware ummünzt, ist dieses “morgen” evtl erst der Jahreswechsel wo es erst wieder Geld für neue Geräte gibt – das kann Zeit kosten und ist genauso ein finanzieller Faktor, wie du ja selbst gesagt hast. (siehe Beispiel II)

      Danke für den Kommentar und deine Meinung!

  4. #6 Böx
    https://boexbooks.wordpress.com
    27. Mai 2015

    Hallo André,
    danke für Deinen langen Kommentar – ich merke schon, dass Du da mit viel Herzblut bei der Sache bist 🙂
    Zunächst: 1) Ich will auf KEINEN Fall sagen, dass das Basteln Quatsch ist. 2) Mit Biolabor hast Du mich richtig verortet.
    Zur Software: ich nutze ImageJ und auch in Sachen Kloniersoftware bin ich einer der wenigen hier, die ApE nutzen. Praktisches Teil. Aber ich könnte mir keine Software selbst schreiben, weil ich nicht programmieren kann.
    Und da wären wir beim nächsten Problem, was ein durchschnittlicher Biologe kann. Programmieren gehört nicht zu den Standardfähigkeiten.
    Und auch ein Mikroskop zu bauen, würde ich mir nicht zutrauen. Ich kenne jemanden, der sowas als Biologe gemacht hat. Der war ewig damit beschäftigt, in Zusammenarbeit mit ein oder zwei Physikern. Es war ein Zeitraum, wo sicher ein Antrag durchgehen kann. Und es waren Postdocs. Das macht die Zeit nochmal teurer 😉 Nach dem was ich da gehört habe, würde ich mir sowas sicher nicht zutrauen (Zusatzinfo: das war aber in den Gruppen von Stefan Jakobs/Stefan Hell; also bestimmt nicht nur mal ein Epi-Mikroskop zusammenschrauben).
    Zum Basteln von “Konstrukten”: Du meinst Stämme, Zelllinien, Plasmide? Ja, das machen wir alles selbst. Die Fähigkeiten, sowas herzustellen, gehören aber eben auch zu den Standardkompetenzen von den Biologen hier. Aber oft haben wir die dann nicht “morgen”. Doktoranden sind nicht selten MONATE beschäftigt, ein Plasmid oder nen Stamm mit verschiedenen Strategien herzustellen, von denen aus irgendeinem Grund erstmal keine funktioniert. Wenn es die Möglichkeit gibt, solche Problemfälle fertig zu bekommen und dafür etwas mehr an Geld zu investieren, würden wir das vermutlich machen (könnte ich nicht entscheiden, bin auch nur Doktorand).
    Nächster Punkt, warum ich sowas nicht machen wollte: ich gehe davon aus, so ein Teil zu bauen, ist ein Full-Time Job für ein halbes Jahr oder so? Wie tobalt oben angemerkt hat, ist man in der Wissenschaft nur kurz auf einer Stelle. Nach dem Bau kommt die Validierung und Etablierung des Geräts und der Assays, die man damit durchziehen will. Das geht alles von der Promotionszeit ab, in der ich effektiv Daten produziere. Ich habe zwei Projekte gesehen, in denen Assays etabliert werden sollten mit Geräten, die schon da waren. Kommerziell erstanden. Funktionierten auch. Das Etablieren hat so gut wie die ganze Promotionszeit der Doktoranden in Anspruch genommen. Die Methoden waren dann etabliert, die Doktoranden ohne viel Output weg und evtl. können die Assays dann eben von der nachfolgenden Generation verwurstet werden. Wenn da noch der Bau dazukommt, wirds irgendwann eng…Keine Ahnung, wie man “Ich hab ein Epifluoreszenz-Mikroskop gebaut” in seiner Dissertation unterbringen kann…
    Um’s deutlich zu machen: ich sehe alle Vorteile, die Du aufzählst. Ich will hier nicht derjenige sein, der sagt, alles muss gekauft werden. Das is Quatsch. Aber es gibt Gründe, die dagegen sprechen, sowas in Angriff zu nehmen. Es ist riskant. Und nicht jeder kann’s (vor allem in einem vertretbaren Zeitrahmen).

    • #7 André Lampe
      27. Mai 2015

      Hey Böx,

      ich glaube wir sind da auf einer Linie, was mich sehr freut.
      Meine Erfahrung ist: Ein EPI zu bauen dauert knapp eine halbe Woche, wenn man Komponenten der Größenordnung Probentisch, Stativ, Lampe, Inkubator einzeln kauft, inklusive Setup von µManager. Wenn es kleinteiliger wird es deutlich länger. Das waren bei uns auch eher die Biologen die das gemacht haben, zugegeben, die etwas technikaffineren, aber programmieren konnten die auch nicht.
      Aber wo du das mit dem Programmieren ansprichst: Ich hoffe das bald mal ein paar Einführungen in Makros und Computertechnik Einzug in Grad-Schools Einzug halten, weniger mit Fokus auf Programme schreiben, eher darauf bedacht die Grundlagen der EDV von Bilddaten zu lernen. Das würde Biologen, Physikern und jedem anderen im Labor weiter helfen. Aber auch bei Kursen in einer Grad-School hab ich schon im Kopf das manch einer sagt, dass das Zeit ist die man auch lieber an der Bench verbringt, man kann es mit der Zeiteffektivität auch übertreiben 😉

      In meiner Doktorarbeit habe ich ein Hochauflösungsmikroskop gebaut, und die meiste Zeit ging eher für das Protokoll zur Probenvorbereitung und Testen der Parameter drauf als für den Bau und das Programmieren. Von letzterem habe ich nur rudimentäre Kenntnisse und ohne die Hilfe meines talentierten Tastendrücker-Kollegen Georgi wäre ich ich jetzt sicher nicht so weit gekommen. Rückblickend betrachtet war das Bauen und Programmieren ein weiter Schritt raus aus meiner confort zone – ich habe aber gewaltig davon profitiert. Als Physiker lernst du nämlich auch nicht wie man sowas macht – aber vielleicht ist man als Physiker technikbegeisterter als ein Biologe, der lieber an DNA schraubt als an Geräten. Eigentlich ein Grund mehr, warum die Bereich ruhig mal näher aneinander heran rücken sollten, vielleicht schon vorm Doktor. LG!

  5. #8 Böx
    https://boexbooks.wordpress.com
    27. Mai 2015

    Hi André!

    “Ich hoffe das bald mal ein paar Einführungen in Makros und Computertechnik Einzug in Grad-Schools Einzug halten, weniger mit Fokus auf Programme schreiben, eher darauf bedacht die Grundlagen der EDV von Bilddaten zu lernen. Das würde Biologen, Physikern und jedem anderen im Labor weiter helfen. Aber auch bei Kursen in einer Grad-School hab ich schon im Kopf das manch einer sagt, dass das Zeit ist die man auch lieber an der Bench verbringt, man kann es mit der Zeiteffektivität auch übertreiben”

    DA gebe ich Dir absolut recht. Und da kann eigentlich auch keiner sagen, dass es verschwendete Zeit ist, weil es im Endeffekt Zeit spart und jeden weiterbringen würde. Sowas kommt definitiv zu kurz!

    Mit dem Arbeitsaufwand ein Epi-Mikroskop zusammenzuschrauben hab ich mich offensichtlich ganz schön vertan 🙂 Bleibt das Problem, dass ich möglicherweise mit µManager das Mikroskop nicht zum Laufen bringen würde 😉
    Gruß!

  6. #9 Lukas
    29. Mai 2015

    Hi André,

    Danke für deinen Blog, ich lese ihn immer wieder gerne und zum Thema; ich baue hauptberuflich Hochauflösungsmikroskope zusammen und würde auch sagen das das doch etwas länger dauert 😉 gerade als Biologe sehe ich da viele Probleme auf einen zukommen. Aber ansonsten hast du natürlich recht, möglich ist es aufjedenfall.

    Grüße

    • #10 André Lampe
      29. Mai 2015

      Hallo Lukas,

      Ich bin in meinem Beispiel von lediglich ein paar Teilen (Stativ, Probentisch, Lampe, Inkubator je einzelnd) asugegangen – man kann die Sache natürlich auch kleinteiliger gestalten und dann dauert es auch länger. Ich würde Biologen allerdings nicht unterschätzen (und sicher selber schonmal gar nicht :-)) und auch nicht über einen Kamm scheren. 😉

      Aber vielleicht bin ich auch ein hoffnungsloser Optimist und unterschätze die Zeit.

      Herzlichen Dank für das Lob und ich freue mich das dir dieses Geschreibsel gefällt.

  7. […] eine Kurzform von dem was ich auch schon auf der re:publika 2015 erzählt habe, was man im Artikel Basteln ist auch Wissenschaft (#rp15) nachlesen kann. Auf jeden Fall waren die pitches, also die Vorschläge von einzelnen Teilnehmern […]