In der Forschung bringt ein vergrößertes Bild einer Zelle die Wissenschaftler nicht wirklich weiter, jedenfalls in den meisten Fällen. Das grundsätzliche Aussehen von Zellen ist bekannt, man möchte vielmehr genauer verstehen wie die Prozesse in einer Zelle ablaufen. Dafür muss man sich anschauen was die verschiedenen Eiweiße in einer Zelle genau tun und wo sie sich befinden. Leider kann man nicht einfach dabei zusehen und so etwas über alle Eiweiße gleichzeitig lernen, Eiweiße sind viel zu klein um sie zu sehen oder bilden Strukturen mit so geringem Kontrast das auch die Phasenkontrastmikroskopie nicht weiterhelfen kann. Und genau dafür gibt es Farbstoffe, über die ich in Das bringt Farbe ins Leben schon ein wenig geschrieben habe.
Das Problem mit der Farb-Kamera
Ich glaube das überraschenste an einem Fluoreszenzmikroskop ist die Verwendung einer schwarz-weiß Kamera. Dieses Mikroskop, dass so wundervolle, farbenfrohe Bilder liefert, ist eigentlich farbenblind. Damit man verstehen kann warum gerade das extrem wichtig ist, müssen wir uns kurz mit Farben auseinander setzen. Hierbei geht es dann allerdings nicht um die Farbwahrnehmung des Menschen, die ohne Frage auch spannend ist, sondern um die Technik in digitalen Kameras.
Damit eine Digitalkamera Farben detektieren kann, besitzt sie verschiedene Detektoren, meistens für rotes, grünes und blaues Licht. Die Mischung dieser Farben sorgt dann später wieder dafür, dass wir am Bildschirm den Eindruck von vielen Millionen Farben haben, und um Fotos zu machen ist das auch vollkommen ausreichend. In der Mikroskopie möchte man aber nicht nur schöne Bilder machen sondern auch nachprüfbare Aussagen treffen, zum Beispiel wie unter diesen oder jenen Umständen das Eiweiß A im Verhältnis zu Eiweiß B in der Zelle vorkommt.
Markiere ich jetzt Eiweiß A mit einem roten Farbstoff und Eiweiß B mit einem grünen Farbstoff, hätte ich bei einer Farb-Kamera trotzdem ein Problem. Die Farbstoffe sind nämlich nicht rot oder grün sondern decken einen bestimmten Bereich des sichtbaren Spektrums ab. Das kann man hervorragend bei dem Graphen sehen, den ich schon im Artikel Das bringt Farbe ins Leben benutzt habe.
Am unteren Rand des Graphen, an der x-Achse sieht man einen Regenbogen, der darstellen soll welche Farbe welcher Wellenlänge des Spektrums entspricht. Man sieht das der Farbstoff Alexa Fluor 568 schon im gelb-grünen Bereich Photonen aussenden kann, und das sein Emissionsspektrum sich weit bis in den roten Bereich hinein zieht. Würde man die Sensitivitäts-Kurven einer digitalen Farbkamera hier einzeichnen, würden sich die Bereich für grün und rot dieser Kamera überlappen, und zwar an der Stelle, bei der der Farbstoff Alexa Fluor 568 von oben, schon sehr viele Photonen abgibt, nämlich bei 588nm. Das heißt also, dass eine Farb-Kamera diesen roten Farbstoff als eine Mischung aus rot und grün detektieren würde. Man könnte jetzt meinen, dass man das Problem umgehen kann, wenn man einen roten Farbstoff und einen blauen Farbstoff benutzt, aber auch da muss ich leider enttäuschen. Sowohl ein blauer Farbstoff als auch ein roter Farbstoff würden auf einer Farb-Kamera Grünanteile aufweisen.
Wie macht man aus schwarz-weiß Farbe?
Die enttäuschende Antwort: überhaupt nicht. Bei einem Fluoreszenzmikroskop macht man für jede Farbe ein einzelnes Bild. Das geht auch kaum* anders, schließlich muss man einen Farbstoff mit einer definierten Wellenlänge anregen, sonst sendet er kein Fluoreszenzlicht aus. Dieses Fluoreszenzlicht ist gegenüber dem Anregungslicht etwas rot-verschoben, wie man oben in dem Graphen sehen kann. Vor der schwarz-weiß Kamera sitzt dann ein optischer Filter, der eben nur dieses Fluoreszenzlicht auf die Kamera fallen lässt. Und da sowohl Kamera als auch Mikroskop von einem Computer gesteuert werden, sagt die Software beim speichern des Bildes, dass dieses eine Bild die Farbe XY hat. Wenn man mag kann man dieses Bild rot sein lassen, damit es zur wirklichen Farbe des Farbstoffs passt, aber das ist kein muss. In einigen Fällen ist es sogar sehr sinnvoll von den eigentlichen Farben der Farbstoffe abzuweichen. Einige meiner Kollegen sind rot-grün-Farbenblind, und die freuen sich immer besonders, wenn ich ein Mikroskopiebild zeige, auf dem die interessanten Strukturen in rot und grün dargestellt sind. Mittlerweile haben das auch einige wissenschaftliche Journale erkannt, und schreiben vor, dass man zum Beispiel magenta-grün Darstellungen wählen soll. Ich habe das mal beispielsweise für das Mirksokopiebild von oben gemacht.
Dieser Anblick ist für mich etwas gewöhnungsbedürftig, aber offen gesagt, wenn damit rot-grün-farbendblinde Menschen erkennen können worum es in diesem Bild geht, gewöhne ich mich sehr gerne an diese Farbpalette. Wenn man statt der Kamera seine eigenen Augen benutzt um das Fluoreszenzlicht zu betrachten, sieht man natürlich die “echte” Farbe des Farbstoffs. An dieser Stelle kam es des öfteren zu Missverständnissen zwischen meinen Kollegen und mir. Der oben angesprochene Farbstoff Alexa Fluor 568 erscheint beim Blick ins Okular rot/orange, und wird daher folgerichtig von meinen Biologen-Kollegen als roter Farbstoff bezeichnet. Mein Blickwinkel auf Farbstoffe ist ein anderer. Da ich von der Aufbauseite aus denke, haben Farbstoffe für mich immer die Farbe, die sie zur Anregung benötigen. Im Fall von Alexa Fluor 568 ist das grün. Über unterschiedliche Sichtweisen in verschiedenen Wissenschaftsdisziplinen habe ich etwas in Die Frage nach der Wissenschaft, der Kommunikation und dem ganzen Rest geschrieben.
Ob man nun die Farbstoffe nach Anregungsfarbe oder Fluoreszenzfarbe benennt kommt also auf die Sozialisation im jeweiligen Wissenschaftsfeld an. Vermutlich werden die meisten hier sagen, dass die Farbstoffbenennung nach der Fluoreszenzfarbe wohl die praktikabelste ist, schließlich sieht man diese Farbe wenn man mal durch das Mikroskop schaut. Aber damit macht ihr euch die Sache ein wenig einfach. Ich will damit nicht sagen, dass meine Farbinterpretation von der Anregungsseite besser ist, ich würde euch hingegen gerne zeigen wie die Farbstoffe aussehen, wenn man sie in die Probe bringt.
Um wieder das Beispiel von oben aufzugreifen: Der Farbstoff Alexa Fluor 568 wird mit grünem Licht angeregt, fluoresziert orange/rot und hat als Substanz die Farbe magenta. Ich würde behaupten, dass jede Farbbezeichnung ihre Berechtigung hat. Welche am sinnvollsten ist hängt dann stark davon ab was man mit den Farbstoffen macht.
Das Fluoreszenzmirkoskop
Bevor ich mich aber in philosophischen Fragen über Farben verliere möchte ich noch kurz den generellen Aufbau eines Fluoreszenzmirkoskops beschreiben. In den meisten Fällen besteht so ein Mikroskop aus einer weißen Lichtquelle, einem Anregungsfilter, einem Strahlteiler (dichroitischer Spiegel), Objektiv, Probe, Sperrfilter, Okular und Detektor. Das weiße Licht fällt auf den Anregungsfilter, der nur Licht durchlässt, dass für die Anregung eines Farbstoffs geeignet ist. Der Strahlteiler ist speziell beschichtet, so dass er für bestimmte Wellenlängen als Spiegel funktioniert und andere Wellenlängen durch lässt. Für das Anregungslicht wirkt der Strahlteiler als Spiegel und schickt es durch das Objektiv auf die Probe. Das Fluoreszenzlicht kommt von der Probe durch das Objektiv und wird vom Strahlteiler durchgelassen. Der Sperrfilter blockt nun jede Wellenlänge die nicht zum Fluoreszenzlicht passt. Das ist Notwendig, da das Fluoreszenzlicht weitaus schwächer ist als das Anregungslicht und ein Teil von zuletzt genanntem auch von der Probe reflektiert wird. Schließlich geht das Fluoreszenzlicht durch das Okular auf den Detektor, der entweder eine schwarz-weiß Kamera ist oder das Auge. Visuell zusammen gefasst ist das im folgenden Bild von Wimox.
In so gut wie allen Forschungsmikroskopen sind Anregungsfilter, Strahlteiler und Sperrfilter in einem Filterwürfel verbaut. Diese Filterwürfel können von einem Karussell sehr schnell ausgetauscht werden, so dass man für jeden Farbstoff einen passenden Filtersatz verwendet. Wie diese optischen Filter und Strahlteiler genau funktionieren ist im wahrsten Sinne des Wortes eine Wissenschaft für sich und verdient einen eigenen Artikel.
Abschließend noch ein kleines Spiel: Wer mir in den Kommentaren als Erste/Erster erklären kann, warum denn die Farbstoffe als Substanz so eine ganz andere Farbe haben, verglichen mit der Farbe des Anregungslichts und des Fluoreszenzlichts, die oder der darf sich eine Probe für Dinge unter’m Mikroskop wünschen. Es darf auch geraten werden – schließlich ist der Holzweg manchmal auch sehr unterhaltsam.
Fußnoten:
* Man könnte Filter mit mehreren Banden benutzen, die unterschiedliche Farben durch lassen. Für manche Anwendungen macht das schon Sinn, stellt aber schon eine größere Ausnahme dar.
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