tl;dr Nadeln sind weniger spitz als Kanülen, veranschaulicht an Mikroskopbildern.
Am Ende des Artikels Farbe und das Fluoreszenzmikroskop durfte sich der liebe Kommentator Ludger was für die Dinge unter’m Mikroskop wünschen. Seine Wahl ist auf Injektions-Kanülen gefallen und ich habe mir einfach mal die Freiheit genommen, noch Bilder der Spitze einer kleinen Sicherheitsnadel oben drauf zu legen. Der Vergleich ist tatsächlich mehr als interessant. Los geht es mit der Sicherheitsnadel.
Auf den ersten Blick, mit dem bloßen Auge, wirkt die Spitze der Sicherheitsnadel… nun ja, auf keinen Fall so abgeflacht, wie sie sich dann unter dem Mikroskop zeigt. Auch fühlt sich die Spitze relativ glatt an, und ich war dann doch überrascht über die raue Struktur der Spitze.
Aber kommen wir mal zu ganz anderen Spitzen, wie im Titel eigentlich schon auf zwei Arten angekündigt. Natürlich steht ganz klar drin das es auch um Kanülen geht, aber dies ist auch der vierte Artikel von Dinge unter’m Mikroskop, und die römische Zahl IV könnte man auch als i.v. lesen, die Abkürzung für intravenös, also “in die Vene hinein”. Dafür benutzt man Kanülen, die eigentlich nichts anderes als Hohlnadeln sind. Ich habe zwei Exemplare aus dem Labor mitgenommen, deren Haltbarkeitsdatum bereits überschritten ist, die also eh entsorgt worden wären. Im Labor benutzen wir die Kanülen meistens in der Zellkultur, nicht um einzelne Zellen zu pieksen, die wären zu klein dafür, sondern um sie von einander zu trennen. Zellen kleben häufig in kleinen Haufen zusammen und um sie davon zu überzeugen sich zu trennen müssen wir manchmal die Zellen in ihrer Nährlösung durch ein enges Rohr hin und her spülen. Kanülen eigenen sich dafür hervorragend, schließlich müssen diese auch steril sein, damit ein Arzt damit einen Menschen stechen darf, und genau diese Sterilität ist es weswegen wir Kanülen auch in der Zellkultur benutzen. Benutzt man etwas Unsteriles läuft man Gefahr, dass man irgendwas in die Zellkultur einschleppt was da nicht hingehört und man seine schönen Experimente wiederholen muss.
Diese Kanüle ist schon deutlich spitzer als es die Sicherheitsnadel von oben. Eigentlich auch keine große Überraschung, Sicherheitsnadeln werden ja sicher nicht dafür gemacht, um sie irgendwo in Gewebe rein zu stecken. Auch die leichte Klingenform ganz vorne kann man bei dieser etwas dickeren Kanüle auch schon mit dem bloßen Auge erahnen. Bei dieser Kanüle handelt es sich um eine Hohlnadel mit 0,8 mm (800µm) Außendurchmesser. Aber in der Medizin wird man öfter die Bezeichnung 2,4 Charrière, 21G oder schlicht “grün” für diese Nadel hören. Die verschiedenen Bezeichnungen für die Größe einer Kanüle sind schon interessant, die Einteilungen kann man im Artikel Kanüle bei Wikipedia nachlesen. Wer jetzt meint, dass 0,8 mm Durchmesser schon ganz schön heftig sind, war noch nie Blutspenden, Kanülen gibt es bis zu einem Außendurchmesser von 3,4 mm. Aber wie man sieht, ist die Spitze noch etwas zu groß, um sie im USB-Mikroskop komplett scharf abzubilden. Also nehmen wir mal eine kleinere Kanüle.
Das hier ist eine deutliche schmalere Kanüle und auch eine deutlich Kürzere. Wenn man sich schon einmal selbst Heparin geben musste, also einen Gerinnungshemmer, weil ein Bein eingegipst war zum Beispiel, dann kennt man diese Größe von Kanülen. Auch die Spitzen von Epi-Pens oder für die Insulingabe sind teilweise so groß, wobei es da mittlerweile auch noch schmalere gibt. Weil man hier nicht wirklich alle Details sehen kann, habe ich die Spitze auch noch einmal von der Seite abgebildet.
In der Seitenansicht kann man erkennen, dass auch hier nicht alles so hundertprozentig glatt ist wie man vermuten würde. Aber ein kleiner Vergleich mit der Sicherheitsnadel vom Anfang zeigt schon, dass hier ein deutlicher und großer Unterschied besteht. Die feinen Linien, die zur Spitze hin verlaufen sind Schleifspuren, die beim Herstellungsprozess entstanden sind.
Die Bilder von den Kanülen zu machen war eine gehörige Fummelei. Hab ich mich noch bei der Sicherheitsnadel immer um einen dunklen Hintergrund bemüht, hörte das bei den Kanülen auf, nachdem ich mir mehrere, schöne, scharfe Bilder der Spitzen aus dem Blickfeld geschoben habe, als ich den schwarzen Karton in den Hintergrund stellen wollte. Teilweise musste ich auch noch von zwei Seiten mit Taschenlampen beleuchten, dass man auch die Details sehen kann. Ich würde euch ein Foto davon zeigen, aber ich hatte keine Hand mehr frei. Und bevor jemand fragt: Das Bild hab ich dann durch einem klick mit der Nase auf die Maustaste gemacht. Aber ich hatte Spaß. Der nächste Teil von Dinge unter’m Mikroskop wird eine haarige Angelegenheit. Ich bin immer offen für Vorschläge, gerne in die Kommentare schreiben oder über Twitter. Auf der Liste habe ich noch verschiedene Papiersorten, Drucktechniken, Kaffee, Elektronische Schaltungen und ein paar Dinge mehr.
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