Ob ein Wissenschaftsfeld relevant ist, war auch ein wichtiger Punkt. Dazu kann man aus dem Gespräch festhalten, dass Relevanz vor allem vom Bürger kommt und man die Rückmeldung auch nicht einfach ignorieren kann. Empfohlen wurde auch, dass die Politik Abstand von ihren Leuchtturmprojekten nehmen sollte. Wenn man Bürger erreichen will, dann muss man das vor Ort, kleiner und zielgerichtet tun, und nicht ein riesiges Konzept mit Geld bewerfen. Es wurde klar gesagt, dass der Wettbewerb in der Hochschullandschaft ganz grundsätzlich viele Bestrebungen der Wissenschaftskommunikation antreibt und das KommunikatorInnen, besonders die in den Institutionen, auch die Rückendeckung der Politik brauchen, wenn sich gegen ein stumpfes “geben sie das mal an die Presse raus, wir haben nämlich gerade Geld bekommen” gewehrt werden soll. Auch wurde eine Warnung ausgesprochen: Ruhen sie sich nicht auf dem Wissen aus, dass die Digitalisierung jetzt da ist, das dicke Ende kommt noch! Was immer größere Rechenleistung und das Internet für Auswirkungen auf die Wissenschaft und die Wissenschaftskommunikation haben werden, ist zur Zeit kaum ab zu sehen.

Es wurden noch einige andere Sachen angerissen, aber ich beschränke mich jetzt auf diesen kurzen Ritt durch mein Gedächtnisprotokoll. Der Vollständigkeit halber möchte ich noch erwähnen, dass die Punkte open access, Wissenschaftskommunikation an Kinder und die Befähigung von Wissenschaftlern zur Kommunikation auch angesprochen wurden, allerdings viel zu kurz für meinen Geschmack. Aber ihr müsst euch nicht nur auf meine paar Zeilen Text verlassen, ihr könnt euch das komplette Fachgespräch als Video ansehen. Kurz nachdem die Sitzung zu Ende war, stand die Aufzeichnung schon im Netz zur Verfügung*.

Da ich einige Probleme mit dem einbetten des Videos hatte, ist hier der Permalink zum Video in der Mediathek des Bundestags.

Eins noch…

Eine Sache habe ich allerdings noch, aber die wollte ich mir für den Schluss aufbewahren. Es wurde von Jan-Martin Wiarda gesagt, dass man sich Sorgen machen muss um die Situation des Wissenschaftsjournalismus, dass sich darum gekümmert werden muss. Er wies dabei auf Bestrebungen hin, den Wissenschaftsjournalismus in Deutschland mit einer Stiftung zu unterstützen. Wenn Verlage sich diese Art von Journalismus nicht mehr leisten wollen, dann muss von irgendwo anders Geld kommen. Weiter führte er aus, dass viele Fernsehformate (oder Massenmedien, wie es hieß) ihre Themen aus den großen Printmedien bekommen würden und er sagte auch, dass für die großen Zeitungen ein science media center für Deutschland wohl keine Bedeutung hat, das es aber praktisch für kleinere Lokalzeitungen sein könne. Übrigens wird das scence media center für Deutschland Anfang 2016 seinen Betrieb aufnehmen.

Dem möchte ich etwas entgegnen, denn diese Aussagen haben mich ein bisschen aufgeregt. Man sollte sich vielleicht auch einmal trauen darüber nachzudenken, ob der sehr präsente Wissenschaftsjournalismus der letzten zwei Jahrzehnte nicht nur ein Extremfall war, und wir aktuell nicht mit einem schwachen Wissenschaftsjournalismus umgehen müssen, sondern das wir es mit dem Normalfall zu tun haben. Nur mal als kleines Gedankenexperiment. Damit will ich nicht sagen, dass ich das toll finde, dass große Zeitungen ihren Wissenschaftsteil ausdünnen – ich will damit nur sagen, dass es sich auch mal lohnt zu überlegen wie man ein unabhängiges Korrektiv, was die Presse ja ohne Zweifel ist, eventuell auch anders erreichen könnte. Ein Lösung habe ich dafür nicht, aber ein permanenter Ruf nach alternativer Finanzierung wenn Zeitungen ihren Wissenschaftsteil verkleinern stört mich irgendwie. Vor allem könnte das deutsche science media center viel in diesem Bereich tun, und ich bin gespannt auf das Wirken der dort arbeitenden Damen und Herren, wenn 2016 der Betrieb aufgenommen wird.

Jan-Martin Wiarda hat noch andere Sachen gesagt, die mir sehr gefallen haben. Besonders hat er an vielen Punkten die Dinge, die andere ExpertInnen gesagt haben, klug zusammen gefasst und Probleme klar benannt. Ich war sehr froh, dass er einer der geladenen Gäste war. Ich war nicht in allen Punkten seiner Meinung, aber er hat es auf jeden Fall geschafft, dass ich mir erneut Gedanken um diese Sache mit dem Wissenschaftsjournalismus machen werde, und ich mich in den Vorschlag einer Stiftung mal einlese*.

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Kommentare (10)

  1. #1 BreitSide
    Beim Deich
    14. Oktober 2015

    Ich lese ja öfters SpiegelOnline, und dessen Wissenschaftsteil scheint mir auch immer dünner zu werden. Qualitätsmäßig. Der ist ja mit der Initiative media science center gerade nicht gemeint?

    • #2 André Lampe
      15. Oktober 2015

      Das Science Media Center (SMC) hat sich die folgende Aufgabe gegeben:

      Das SMC beliefert Redaktionen von Zeitungen, Zeitschriften, Rundfunk- und Fernsehsendern sowie Nachrichtenagenturen vor allem dann, wenn neuartige, ambivalente oder umstrittene Erkenntnisse aus der Wissenschaft Schlagzeilen erwarten lassen oder wenn wissenschaftliches Wissen helfen kann, aktuelle Ereignisse im öffentlichen Diskurs einzuordnen.

      Als gemeinnützige Institution fördert das SMC den aufgeklärten Dialog zwischen Wissenschaft, Massenmedien und Bürgergesellschaft und trägt zu einer verantwortungsvollen, sachgerechten und von Partikularinteressen unabhängigen Berichterstattung über Themen mit Wissenschaftsbezug bei.

      Zitiert aus http://www.sciencemediacenter.de.

  2. #3 BreitSide
    Beim Deich
    14. Oktober 2015

    Wie kriegt man hier ein Abo?

    • #4 André Lampe
      15. Oktober 2015

      An der Seite, rechts oben, sollte man einen schönen kleinen Bereich “Abonnieren” finden können, wo du mit RSS oder Atom den Blog – ja – ähh, abonnieren kannst. Wird dir das nicht angezeigt?

  3. #5 Jens Rehländer, VolkswagenStiftung
    15. Oktober 2015

    Dass es Bestrebungen gibt, Wissenschaftsjournalismus über eine Stiftung zu finanzieren, ist mir neu. Aber ich werde mir Wiardas Beiträge heute noch im Video angucken. Vielleicht spielt er ja auf eine Erklärung an, die der Expertenkreis Stiftungen und Qualitätsjournalismus am 22.9. publiziert hat: https://www.stiftungen.org/uploads/tx_leonhardtdyncontent/downloads/Aufruf_Qualitaetsjournalismus.pdf
    (Ich gehöre zu den Initiatoren dieses Kreises.)

    • #6 André Lampe
      15. Oktober 2015

      Herzlichen Dank für die Präzisierung und den Link.

  4. #7 Stefan Gotthold
    15. Oktober 2015

    Toller Artikel Andre, vor allem finde ich die Diskussion zur Wissenschaftskommunikation sehr wichtig im Hinblick auf die Pläne, unter anderem von BdW, zum Streichen der Wissenschaft (einiger Teile – Astronomie steht hier oben auf der Streichliste) aus den Schulplänen. (siehe Blog von Markus Pössel – https://www.scilogs.de/relativ-einfach/kein-blick-tellerrand-baden-wuerttemberg/)
    Sicherlich nicht nur Verantwortlich für die Reduzierung von Wissenschaftsressorts in den (Print-)Medien, aber eben auch, ist das Desinteresses/Desinformationen der Bürger. Dieses entsteht eben auch im Kindes- und Jugendalter. Viele der heutigen Wissenschaftler berichten von tollen Erfahrungen mit Ihrer Wissenschaftslehrer (Physik, Biologie, Chemie, Astronomie (Wahlfach), Mathematik) und wie Sie dadurch zur Wissenschaft gekommen sind. Wissenschaftskommunikation, also das Kommunizieren von Wissenschaft, fängt oftmals in der Schule an. Hier überregional in die Schulpläne einzugreifen und die Themen wieder aufzunehmen oder zu intensivieren halte ich für einen sehr wichtigen Schritt auf dem Weg zur guten Wissenschaftskommunikation und eben auch um den Nachwuchs in der Wissenschaft und der Kommunikation zu stärken.
    Ich habe das Video noch nicht durch. Vielleicht wird das Thema noch behandelt. Leider konnte ich nicht zu dieser Diskussionrunde kommen. Hätte mich sehr interessiert.
    Viele Grüße
    Stefan

  5. #8 Romy Höhne
    15. Oktober 2015

    Leider werden Hochschulen immer noch als geschlossene Systeme betrachtet, die von Außen oder Oben (durch die Hochschulleitung) gesteuert werden könnten. Die Hochschulen sind jedoch eher unterteilt in kleine Subsysteme, die sich voneinander abkapseln im Wettbewerb um Gelder, Ideen und Prestige. Aus diesem Grunde bin ich skeptisch, inwieweit sich externe Initiativen mit dem Alltag der überlasteten und häufig genug prekär beschäftigten Mitarbeiter/Innen vereinbaren lassen.
    Dass dies geht und an vielen Hochschulen bereits tolle Arbeit geleistet wird, um sich regional/gesellschaftlich zu vernetzen, zeigen Beispiele. Ohne intrinsische Motivation und externe Stärkung solcher Ideen wird die Umsetzung jedoch schwierig.

    Aus der Hochschulforschung kommend, habe ich zudem in den letzten Jahren viele Studierende auf dem Weg des wissenschaftlichen Arbeitens begleiten können. Gute Wissenschaft benötigt m.E. Feuer, Idealismus, Neugier und Kreativität. Zunehmend fallen mir da eklatente Mängel auf. Teilweise wissen sie noch nicht einmal, was sie da eigentlich studieren. Basale Kompetenzen haben kaum mehr Platz . Wie soll denn da Feuer im Schulunterricht oder aber in der Außendarstellung aufkommen?

  6. #9 Manfred Ronzheimer
    Berlin
    15. Oktober 2015

    Die Erwähnung des “partizipativen Journalismus” in der Anhörung ist Leinfelder hoch anzurechnen! Das ist ebenfalls – für den Journalismus – ein “gesellschaftliches Bindesmittel”. Zugleich kann er WJ und WK zusammenführen. Ich bleibe aber dabei, dass die Hauptfunktion von Presse die gesellschaftliche Wächterfunktion ist, das ist unser Grundrechtsauftrag, nicht narrative Forscherstories und literacy-Volksbildung. Diese genuine Presse-Funktion ist dem heutigen WJ völlig verloren gegangen. Hier muss eine Rückbesinnung stattfinden. Das ist die Qualitätsdebatte auf unserer Seite der Journalisten

    13.10.2015
    Wissenschaftskommunikation im Bundestag
    Ein Blick in die Stellungnahmen der Sachverständigen
    https://www.innomonitor.de/index.php?id=132&be=3862

    12.10.2015
    Frag-würdige Wissenschaftskommunikation
    Antworten von Manfred Ronzheimer, Wissenschaftsjournalist
    https://www.innomonitor.de/index.php?id=132&be=3861

  7. #10 Joseph Kuhn
    17. Oktober 2015

    Bei diesem Thema sehe ich immer, wenn ich dazu etwas lese, viele Parallelen zu meinem Arbeitsgebiet, der Gesundheitsberichterstattung, die zu einem wesentlichen Teil auch aus Wissenschaftskommunikation besteht, aber irgendwie sind das Paralleluniversen.