Die lange Liste der Irrungen
Allerdings gibt es viele Produkte die einen gehörig in die Irre führen wollen. Gerade bei USB-Mikroskopen sind die folgenden Dinge IMMER gelogen: “HD”, “2 Megapixel”, “5 MegaPixel”, “Plug and Play”, “einfach zu installieren” “bis zu 500x Vergrößerung”, die Liste könnte man fast endlos Fortsetzen. Meine Erfahrung ist: In jedem Teil, das weniger als 80 Euro kostet, ist immer ein 640×480 Pixel chip drin. Wenn mehr Pixel drauf stehen, dann nur weil die Kamera das Bild künstlich aufbläht – mehr erkennen kann man deswegen nicht. Kauft euch eins für unter 20 Euro, dann tut es auch nicht weh, wenn es nicht genau das zeigt, was ihr euch vorgestellt habt. Mit mehr investiertem Geld wird sich das Ergebnis kaum ändern.
“Plug and Play” und “einfach zu installieren” ist nicht wirklich eine Lüge – man steckt das Mikroskop rein und es geht, weil es als WebCam erkannt wird. Wenn ihr dann keine passende Software dafür habt… Schade. Software, die bei liegt, hat in der Regel nichts mit dem Mikroskop zu tun, erkennt oft das Gerät gar nicht und falls doch, beschränkt sich die Funktionalität auf “Bild speichern unter…”. Ein solches billiges Mikroskop steuert man am besten mit µManager (mikro-manager.org) an. Für WebCams kann man dort den Treiber “openCVgrabber” benutzen. Ansonsten kommt man an die Bilder aber auch mit VirtualDub (capture AVI) oder mit Fiji. Softwareempfehlungen nehme ich gerne!
Das Ding mit der Vergrößerung
Es macht nicht wirklich Sinn bei einem Mikroskop ohne Okulare von einer Vergrößerung wie “256-fach” zu sprechen. Die Angabe von “XXX-fach” oder “XXXx” macht nur Sinn wenn man selbst mit dem Auge durchs Okular schaut. Ohne Kenntnis davon zu haben wie große die Pixel des Chips in dem Mikroskop sind, macht eine solche Angabe aber keinen Sinn. Bei meinem Mikroskop erreiche ich bei der sogenannten 500-fachen Vergrößerung eine Abbildung von ca. 1,2 µm pro Pixel, ich kann also Details ausmachen die so ca. 10 µm groß sind. Ich lehne mich zwar damit aus dem Fenster, aber ich würde sagen, dass kein Mikroskop für unter 80 Euro mehr liefern kann.
Reality-Check
Alles was ich oben über USB-Mikroskope schrieb, sollte einem klar machen, warum ich solche Dinger nicht für Kinder empfehlen kann. Wenn man aber selbst auf der Suche nach ein bisschen mehr Vergrößerung und doch ein paar mehr Bildpunkten ist, hilft logisches Denken. Wenn man Preise für HD-WebCams mal mit Preisen für USB-Mikroskope vergleicht, stellt man schnell fest, dass es wohl kaum möglich sein kann, dass in einem USB-Mikroskop für schon 50 Euro ein HD-Chip drin steckt – schließlich muss noch irgendwo die Optik für die Vergrößert bezahlt werden. Es lohnt sich immer in den technischen Spezifikationen nach der Größe des Chips zu suchen oder darauf zu achten welche Auflösung bei Video erreicht wird. Steht bei Video irgendwas mit 640×480 oder 0,3 MegaPixel, dann sind 2 oder 5 Megapixel immer gelogen – das wird dann künstlich über binning gemacht, was nur das Bild größer zaubert und nicht die Auflösung oder die Vergrößerung besser macht.
Gute Optiken und gute Chips haben ihren Preis. Selbst ein Mikroskop für 80 Euro von Conrad, dass vermutlich wirklich einen 2 Megapixel Chip drin hat, wird nur unwesentlich bessere Bilder liefern, als mein Billigding aus dem Reich der Mitte. Mir waren die 80 Euro allerdings bisher immer zu teuer für “mal ausprobieren” und daher habe ich das nie getestet. Ich würde mich gerne eines besseren Belehren lassen und daher diesen Artikel an Conrad schicken – vielleicht wird mir ja Exemplar für ein Review zur Verfügung gestellt. Dagegen würde ich mich nicht wehren.
Obskures
Es gibt auch Mikroskope in “schmaler Bauform” oder mit der Bezeichnung “Endoskop”. Lasst die Finger davon. Die Handhabung ist wirklich sehr sehr fummelig. Ich bin ein geduldiger Mensch und ich war nicht in der Lage auch nur ein brauchbares Bild damit zu fabrizieren. Wenn euer täglich Brot nicht das inspizieren von engen Rohren oder Spalten ist, denkt erst gar nicht darüber nach. Aber selbst dann: Der Bereich in dem ein scharfes Bild entsteht ist kürzer als 1 mm. Wenn ihr nicht eine so ruhige Hand habt wie ein Neuro-Chirurg und es gewohnt seid Dinge zu tun wie “Flur tapezieren durch den Briefkastenschlitz” werdet ihr an etwas, das dünn und stiftförmig ist und irgendwo die Silbe “endo” im Namen trägt, nicht wirklich viel Freude haben. (So etwas in einem stabilen Stativ kann gut funktionieren, siehe Kommentare).
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