Mein günstiges USB-Mikroskop, dass ich bisher immer für Dinge unter’m Mikroskop verwendet habe, hat das zeitliche gesegnet. Ich vermute einen Wackelkontakt im Kabel – aber ich kann das erst nach einer Autopsie mit Sicherheit sagen. Der ein oder andere Twitter-Nutzer hat vielleicht dieses tragische Ende mitverfolgt. Die vergangene Woche habe ich nämlich auf Twitter nicht nur unter meinem Account gezwitschert sondern mir wurde auch die Ehre zuteil den Real Scientist DE Account zu kuratieren.

Dort fragte ich, was denn mal mikroskopiert werden soll, und die Wahl von den meisten entfiel auf ein Flöckchen Rasiergel. Ich hatte das zur Auswahl gestellt weil es mir schon häufiger aufgefallen war, dass dieses Kosmetikprodukt die interessante Eigenschaft besitzt über viele Stunden, aus nur einer Spur Gel, eine deutlich größere Menge Schaum zu bilden. Eigentlich eine gute Probe um erneut einen Zeitraffer aufzunehmen, wie ich das Bereits bei “süß oder slazig?”, “Wassertropfen trocknen” oder “Klebstoff trocknen” getan habe. Auf Twitter führte das dann zu etwas, dass ich in diesem “Moment” zusammengefasst habe:

Ich dokumentierte wie ich das USB-Mikroskop aufbaue habe und fing mit der ersten Datennahme an. Nach knapp anderthalb Stunden schaute ich mal grob über die Bilder, die micro-manager bisher gesammelt hatte, und ich stellte fest, dass gerade am Anfang ein paar Wackler drin waren und die Probe immer mal wieder abgeschattet wurde – anscheinend immer dann, wenn ich ein Foto für die Twitter-Berichterstattung gemacht habe. Daher brach ich die erste Datennahme ab, die immerhin schon 4,18 GB Rohdaten geliefert hatte, und baute das Mikroskop, besser beleuchtet und schwingungstechnisch entkoppelt von meinem Schreibtisch, auf meinem Sofa auf. Und dort bekam ich dann keine Bilder mehr von dem Mikroskop. Nachdem andere USB-Kameras ohne Probleme Bilder in mikro-manager lieferten (und auch nach zwei mal booten), blieb mir wohl nichts anderes als mit einer Träne im Knopfloch an die schönen Bilder aus Dinge unter’m Mikroskop zurück zu denken, und ein Zeitraffer-Video aus der ersten Rasiergel-Messung – und wie sich herausstellte – der letzten Messung meines günstigen USB-Mikroskops zu machen.

Ich hatte die Flocke Rasiergel auf einen Objektträger gegeben und mit dem USB-Mikroskop von unten jede Sekunde ein Bild gemacht. Die Zeitanzeige in der linken, oberen Ecke des Videos gibt also Stunden:Minuten:Sekunden an. Wie das Setup aussah kann man auch im folgenden Bild erkennen.

Rasiergel auf objektträger, start der Messung und nach 30 minuten

Rasiergel-Flocke auf einem Objektträger. Kurz nach dem Start der Messung und nach 30 Minuten (Bild: CC-BY 4.0 André Lampe).

Bereits zum Beginn der Messung kann man erkennen, dass die Rasiergel-Flocke etwas geschäumt hat. Rasiergel hat die Eigenschaft selbst nicht zu schäumen, sondern benötigt Wasser um einen Schaum zu bilden. Wenn man nur ein klein wenig Gel nimm – ich hab eine ca. 4 mm große Rasiergel-Flocke auf dem Objektträger platziert – bildet sich trotzdem recht schnell Schaum. Das liegt daran, dass das Rasiergel mit der Feuchtigkeit aus der Luft anfängt Schaum zu bilden und das geht besonders effizient, wenn die Oberfläche im Vergleich zum Volumen recht groß ist. Eine kleine Flocke bildet also recht schnell einen Schaum, der Prozess verlangsamt sich allerdings mit wachsender “Schaumhülle”.

Im Nachgang wurde ich auf Twitter auch gefragt, was denn meine Erwartungen an diese Probe gewesen sind:

Eine berechtigte Frage! Und ich freue mich sehr über meine Antwort darauf: Ich weiß es nämlich nicht. Ich genieße es sehr, einfach mal Dinge unter (oder in diesem Fall “auf”) das Mikroskop zu legen und zu schauen ob dabei etwas spannendes heraus kommt. Ich hab viele Bilder auf meinem Rechner von Proben wo die Vergrößerung nicht etwas neues zeigt, dass interessant ist zu besprechen. Über diese Proben habe ich nie gebloggt. Aber andere Proben, wie zum Beispiel die Nadeln und Kanülen, lieferten so spannende Bilder, dass ich darüber dann einen Blogbeitrag verfasst habe.

Im Gegensatz zur Wissenschaft, bei der man mit einer Fragestellung und einigem an Vorbereitungszeit ans Mikroskop tritt, mag ich es hier zu Hause sehr gerne einfach mal meiner Neugier zu folgen und einfach etwas das mir in den Sinn kommt durch ein Mikroskop zu betrachten. Wenn sich dabei ein überraschendes oder faszinierendes Bild offenbart, ist das wieder ein Ansatzpunkt um sich in ein Thema einzulesen, dass man vorher eventuell gar nicht mit der Mikroskopie in Verbindung gebracht hat. Mir macht es jedenfalls unglaublich Spaß. Und selbst wenn eine Probe nicht sofort etwas spannendes offenbart, behalte ich die Bilddateien trotzdem, denn wie ich schon bei meinem Vortrag auf dem #33c3 sagte: Rohdaten sind geil. Wer weiß, wozu man die noch gebrauchen kann – und wie es scheint ist diese Botschaft auch schon bei dem ein oder anderen angekommen:

Die Serie Dinge unter’m Mikroskop wird weiter gehen, wenn auch mit einem anderen Gerät als meinem günstigen USB-Mikroskop. Aber dazu wird es hier bald mehr auf dem Blog zu lesen geben. Zum Abschluss gibt es den Twitter-Moment, den ich aus der Dokumentation des #Rasiergel-Vorhabens gebastelt habe in voller Länge:


Kommentare (1)

  1. #1 Dichter
    23. Mai 2017

    Super, diese USB – Kameras.
    Im übrigen gibt es zwei Möglichkeiten. Entweder man nimmt ein teures Mikroskop und kauft dazu einen USB- Videoaufsatz. Da muss man bei den billig angeboten darauf achten, dass dessen Software kompatibel ist mit dem benutzten Windows. Ich konnte meinen alten Viedeoaufsatz nicht mehr benützen, weil es kein update für dessen Software gibt.
    Die zweite Möglichkeit ist ein usb-Mikroskop. Da ist der Videoaufsatz in das Mikroskop integriert.
    Wer naturwissenschaftlich interessiert ist, für den eröffnet sich ein Wunderland.