Nach zwei Rezensionen von Mikroskopkästen (KOSMOS und Bresser), wollte ich mir mal etwas vornehmen, dass man zu einem Mikroskop „dazu“ kaufen kann, aber auf keinen Fall nur als „Zubehör“ angesehen werden sollte. Eine kleine Kamera, die statt eines Okulars auf ein Mikroskop gesteckt werden kann und Bilder auf den heimischen Computer zaubern kann.
WICHTIGER HINWEIS (oder DISCLOSURE, wenn man auf Anglizismen steht): Ich habe die Kamera gratis zur Verfügung gestellt bekommen. Ich bin im folgenden um ein neutrales Urteil bemüht, kann aber nicht ausschließen, dass allein schon so eine Kamera „geschenkt“ zu bekommen, um sie zu rezensieren, mich befangen sein lässt. Ich habe Bresser angefragt, die Firma ist nicht auf mich zugekommen. Ich habe keine weiteren Zuwendungen oder ähnliches von Bresser erhalten.
Die kurzen Fakten
BRESSER MikrOkular Full HD Okularkamera, Artikel-Nummer: 5913650, Preis direkt beim Hersteller: 59,00€. Der Link zu der Seite des Herstellers: hier. Und so sieht die Kamera aus:
Der Lieferumfang
Die Kamera hat ein Metallgehäuse, und besitzt einen Deckel aus Gummi zum Schutz der Optik. Es liegt ein USB-Kabel bei, der Anschluss auf der Rückseite der Kamera ist ein USB 2.0 Mini-B Anschluss. Bei der Kamera selbst handelt es sich um eine 1920×1080 Pixel Kamera, mit variabler Belichtung – oder anders gesagt: mit einstellbarer Zeit pro Bild. Im Video-Modus schafft sie 30 Bilder pro Sekunde, aber dazu später mehr. Es liegen auch noch Adapter bei für verschiedene Mikroskope oder auch Teleskope: 30mm, 30,5mm, 31,7mm, letzterer ist ein Teleskopadapter mit Gewinde für 1,25 Zoll Filter, den ich für diesen Test nicht angefasst habe – Teleskope sind nicht mein Fachgebiet. Schließlich liegt noch eine Software bei: CamLabLite, die tatsächlich auf Deutsch und brauchbar ist – um das gleich vorweg zu schicken. Mit Software für andere USB-Dinge hatte ich schon einen heiden Spaß, wie man hier nachlesen kann.
Die Kamera passt ohne Adapter in jedes meiner Mikroskope, sowohl in das fast 70 Jahre alte Zeiss, das ich mein eigenen nenne, als auch in ein Zellkultur-Olympus, ins KOSMOS-Mikroskop und in das Mikroskop von Bresser. Der Tubus eines Mikroskops, da wo das Okular rein kommt, hat eine Standardgröße – das die Kamera also überall passt ist nicht verwunderlich. Was mir dabei sofort aufgefallen ist: Das Gehäuse der Kamera passt recht präzise, ohne viel Spiel. Allerdings liegt hier Metall auf Metall, eine kleine Bewegung am USB-Kabel kann die Kamera leicht verdrehen. Gefahr, dass man die Kamera versehentlich herauszieht besteht zwar nicht – da sie recht weit in den Tubus hinein reicht – aber dass das Bild recht leicht verdreht werden kann ist nicht so schön. Allerdings war ich auch überrascht davon, wie wie Problemlos alles funktioniert hat. Vom Auspacken über das Einstecken und der Softwareinstallation bis zu einem ersten Live-Bild auf dem Computer verging nur eine Minute. Das sollte zwar auch so sein, aber da wohl jeder schon einmal Probleme mit dem ein oder anderen USB-Device gehabt hat, finde ich das schon erwähnenswert. Weiter geht es mit dem Sichtfeld.
Sichtfeld und Farbe
Aber wie viel kann man überhaupt sehen, mit dieser Kamera? Das Sichtfeld der Kamera ist im Zentrum des Mikroskops, und zwar auch so, dass man keine Vignette vom sonst runden Sichtfeld eines Mikroskops hat, wie zum Beispiel wenn man ein Bild mit dem Smartphone durch das Okular macht (Das kann man sich beispielsweise bei den Rezensionen vom KOSMOS und Bresser-Mikroskop ansehen). Das heißt aber auch, dass man ein bisschen weniger sieht im Vergleich zu einem direkten Blick mit dem Auge durch das Okular. Ich habe das versucht zu verdeutlichen mit Screenshots von einem Live-Bild in der Software CamLabLite und in µManager (mehr über diese Software hier und hier) und einem Bild das ich mit meinem Smartphone durch das Okular gemacht habe.
Man kann also nur einen Ausschnitt erkennen. Das macht die Sache an Mikroskopen aus Experimentierkästen nicht einfacher, denn diesen fehlt oft ein Kreuztisch, so dass man die Probe von Hand hin und her schieben muss, was nicht gerade sehr präzise ist. Ich muss aber auch dazu sagen: Es geht im Bild oben nur um das Sichtfeld und nicht um die Qualität der Bilder selbst. Darauf gehe ich weiter unten ein. Die Bilder der Kamera sind größer, als es in den Screenshots den Anschein hat. Im Fall von µManager ist das Bild auf 33% seiner Größe skaliert.
Was bei den Bildern von oben noch auffällt: Die Darstellung im Mobiltelefon und in µManager ist farbenfroher als in der mitgelieferten Software CamLabLite. Letztere ist zwar gut zu bedienen, aber lässt hier und da ein paar Einstellung zu wünschen übrig. Mit einem Klick in µManager kann man das Bild der Kamera automatisch justieren, so dass die Farben besser heraus kommen – für einen Ambitionierten Bastler ist das definitiv eine Option. Für den Gelegenheits-Mikroskopierer muss man sich dafür allerdings schon recht tief einarbeiten, und ich würde es nicht unbedingt empfehlen. Wirklich schön ist, dass die Kamera eine Standard USB-Kamera ist, sie also mit jeder erdenklichen Software angesprochen und ausgelesen werden kann.
Bildqualität und Bildgröße
Die Größe und Auflösung des Bildes aus der Bresser Kamera ist besser als Bilder die man mit dem Smartphone aufnimmt. Das mag sich erst einmal nicht verwunderlich anhören, wenn man es aber anhand von Zahlen ausdrückt kann man sich schon wundern: Die Auflösung und Bildgröße der 2 Megapixel Kamera ist besser als die der 20 Megapixel Kamera. Ich hab ein Bild mit meinem Handy durch das Okular meines Olympus Mikroskops gemacht, mit der 20 Megapixel Einstellung, oder anders gesagt: 5248 x 3936 Pixel. Die Kamera von Bresser hat 2 Megapixel, also 1920 x 1080 Pixel. Aber bevor ich mich weiter Textlich versteige, hier die beiden Bilder wie sie aus den Geräten gekommen sind – ich sollte noch drauf hinweisen, dass das Sichtfeld meines Olympus Mikroskops deutlich größer ist als das des Bresser Mikroskops von oben.
Der Größenunterschied liegt vor allem daran, dass die Bresser Kamera eine eigene Optik hat die das Okular ersetzt, und so “näher” an der Probe ist. Dementsprechend ist die Auflösung der Bresser Kamera höher, und mit Auflösung meine ich immer die Größe der Pixel im Maßstab der Probe. Die Haare auf dem Fliegenbein sind in der Bresser Kamera einige Pixel breiter als im Bild vom Mobiltelefon. Das geht leider deutlich auf die Größe des Sichtfeldes. Weiter geht es mit möglichen Anwendungen dieser Kamera und für wen so ein Teil wohl ein nützlicher Kauf ist.
Anwendung
Wenn man ab und zu mal ein Bild von einer Mikroskopieprobe machen möchte, reicht eigentlich eine Smartphonekamera, die sowieso die meisten in der Tasche haben – oder eventuell sogar eine andere Digitalkamera. Wenn jemand ein Auge auf ein Mikroskop mit integrierter Kamera geworfen hat, oder sogar auf ein Mikroskop mit Kamera und Display, das gar keine Okulare für das bloße Auge mehr besitzt, dem würde ich zu einem “normalen” Mikroskop und dem kauf dieser Kamera raten, anstatt ein Gerät mit Display zu kaufen (wie zum Beispiel Frank in diesem Kommentar). Einmal, weil man sich nie die Gelegenheit des “selber mal durchguckens” nehmen lassen sollte, und zum Anderen, weil man sich nie darauf verlassen sollte, dass Bildschirm und Kamera eines Gerätes für knapp 200 Euro eine gute Qualität aufweisen und Wartungsfrei sind, wenn ein vergleichbares Mikroskop ohne Display und Kamera knapp 140 Euro kostet. Ich habe noch nie ein Mikroskop mit integriertem Bildschirm getestet, und würde das auch nicht tun wollen, denn ich rate jedem sich niemals die Gelegenheit eines Blicks durch ein Okular zu verbauen.
Diese kleine Kamera könnte aber auch für Labore in der Wissenschaft interessant sein. Durch ihre Standardmaße sollte sie eigentlich in jeden Mikroskoptubus passen und könnte eine günstige Möglichkeit darstellen Bilder an Zellkulturmikroskopen zu machen, oder an Mikroskopen die keinen Kameraport haben. Das vielleicht nur als Anregung – ich hätte mir in meiner Doktorarbeit in unserer Zellkultur eine Möglichkeit gewünscht Bilder machen zu können, dann hötte ich nicht mit dem Handy vorm Okular rumfummeln müssen, wie ich das bei den Bildern in Dunkelfeld und Phasenkontrast getan habe.
Fazit
Die Kamera macht gute Bilder und die Pixelanzahl ist mit 1920 x 1080 nicht schlecht. Vor allem lässt sich die Kamera aber an jedem Computer mit vielerlei Software betreiben, da es sich um eine Standard USB 2.0 Kamera handelt, aber selbst die mitgelieferte Software (für Win 7/8/10) ist nicht schlecht. Leider ist das Sichtfeld der Kamera recht beschränkt und den richtigen Bildausschnitt einer Probe im Sichtfeld der Kamera zu haben kann wirklich fummelig sein. Ich finde das Preisleistungsverhältnis vollkommen OK, eine Web-Cam mit 1080p kostet in etwa das gleiche wie diese Kamera von Bresser.
tl;dr
Gutes Ding, angemessener Preis, etwas für den ambitionierten Hobbyforscher und nice-to-have als Option für einen Profi. Ein bisschen besser als eine Mobiltelefonkamera, mit der man auch schöne Bilder durch ein Mikroskopokular machen kann.
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