Was die Kamera und die Beleuchtung angeht war ich überrascht. Die Kamera ist ein einfacher CMOS, mit einem Sony-Chip, also kein Eigenbau sondern ein so gekauftes Teil. Verbunden ist sie mit dem Rechner über eine PCI-Express-Schnittstelle, was dann zu einer maximalen Bildrate von 40 Bildern pro Sekunde bei 3000 x 3000 Pixeln führt. Zum Vergleich: Full-HD heißt 1920 x 1080 Pixel, UHD 4k heißt 3840 x 2160 Pixel. Die Beleuchtung der Probe übernehmen vier LEDs in verschiedenen Farben: violett, blau, grün-gelb und rot. Vor diesen LEDs befinden sich Fluoreszenz-Anregungsfilter, die nur in einem recht schmalen Wellenlängen-Fenster durchsichtig sind, ca. 20nm. Das führt dazu, dass mit diesen LEDs Fluoreszenz-Farbstoffe oder fluoreszente Proteine bei folgenden Wellenlängen angeregt werden können: ca. 400nm, ca. 470nm, ca. 550nm und ca. 640nm. Das passt für viele gängigen fluoreszenten Marker (mehr dazu auch unter Farbe und das Fluoreszenzmikroskop).

Was kommt nach dem Demonstrator?

FLUMINAS Experimentehalter-Konzept, mit freundlicher Genehmigung des DLR.

FLUMIAS Experimentehalter-Konzept, mit freundlicher Genehmigung des DLR.

Welche Techniken und Fähigkeiten später bei FLUMIAS (ohne Demonstrator) auf die ISS fliegen werden, wird gerade untersucht, und ist natürlich auch abhängig von den Ergebnissen des Demonstrators. Was man aber definitiv sagen kann – also was sich das DLR vorgestellt hat – wäre Folgendes: Ein ständiges Gerät mit wechselbaren Experiment-Blöcken. In jedem Block ist eine Probe, auch lebende Zellen, mit eigenem Lebenserhaltungssystem. Letzteres besteht bei lebenden Zellen vor allem aus kleinen Pumpen, die das Zellmedium in regelmäßigen Abständen tauschen und einer Gasversorgung für die Zellen. Im finalen Experiment wird die LED-Beleuchtung durch eine Vierfarben Laser-Beleuchtung ersetzt, und die Kamera wird eine sCMOS (scientific CMOS) sein, die noch etwas schneller und empfindlicher ist als die Kamera im Demonstrator.

Die ganze Geschichte, also der Experimenthalter mit den einzelnen Experiment-Blöcken, das Mikroskop und wohl auch der eingebaute Rechner zur Datennahme und Auswertung werden auf einer Zentrifuge montiert sein, und zwar so, dass die Proben unterschiedliche Beschleunigungen erfahren können. Damit kann man Kontrollmessungen machen, um Vergleichbarkeit mit der Erde herzustellen (0g – 1g – 0g) und auch Schwellwerte bestimmen, also feststellen, ab wann bestimmte Beschleunigungen bestimmte Prozesse in Zellen auslösen und schnelle interne Effekte bei Änderung der Beschleunigung beobachten.

FLUMIAS Experimentblock-Konzept, mit freundicher Genehmigung des DLR.

FLUMIAS Experiment-Block-Konzept, mit freundlicher Genehmigung des DLR.

Das DLR hat das FLUMIAS als multi-user Experimentanlage konzipiert. Wie das im Detail später aussehen wird ist noch nicht klar. Ich würde mir wünschen, wenn das Gerät etwas wird, für das jede*r Wissenschaftler*in einen Antrag schreiben kann, einen Experimentblock baut und dann Zellbiologie bei verschiedenen Beschleunigungen und Schwerelosigkeit machen (lassen) kann. Ein Bild des Experiment-Block-Konzepts habe ich hier eingefügt – mit etwas Mühe kann man auch erkennen, dass in diesem Block ein Objektiv integriert ist. Das finde ich eine sehr kluge Idee, führt das doch zu der Möglichkeit verschiedene Vergrößerungen für die Experimente auf der ISS benutzen zu können. Und wer weiß, vielleicht kommt jemand noch auf eine Idee ein Objektiv zu bauen, dass die positiven Eigenschaften der Öl-Immersion besitzt, ohne diesen nervigen Öltropfen, der auf der ISS verboten ist.

Also:

Am Freitag, 29.06.2018 um 11:42 Mitteleuropäischer Sommerzeit soll eine Falcon9 von SpaceX den FLUMIAS Demonstrator zur ISS fliegen. SpaceX wird auf ihrem YouTube-Kanal den Start live übertragen.

Update: Der Start war erfolgreich. Das Andocken der SpaceX-Dragon-Kapsel wird am Montag den 02.07.2018 live auf NASA TV übertragen: Link.

Update: Die SpaceX Dragon Kapsel ist mittlerweile an die ISS gekoppelt und die Ladung wurde/wird ausgeladen. Ich hab dazu einen Tweet vom Astronauten Ricky Arnold, der zur Zeit gerade auf der ISS ist, ganz unten verlinkt, mit einem schönen Video.

Ich bemühe mich hier, Neues über FLUMIAS zu schreiben und hoffe, dass ich etwas von den ersten Messungen auf der ISS mitbekomme und euch hier zeigen kann.

Danke

Mein Dank geht an Dr. Anna Carstens und Dr. Markus Braun vom DLR, an Dr. Christian Seebacher von der TILL I.D. GmbH und an Prof. Ullrich und Team für die sehr ausführlichen Gespräche und die Bereitstellung der Bilder.

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Kommentare (5)

  1. #1 Michael
    29. Juni 2018

    “Funktioniert es, auf der ISS, von lebenden Zellen Fluoreszenz-Bilder mit einem automatisierten Mikroskop zu machen?”

    Wieder einmal übernimmt ein herausragendes Forscherteam der bemannte Raumfahrt die Lösung eines Problems, das die Welt seit Jahrtausenden bewegt.

    Vorschau: Nächste Woche wird vom gleichen Forscherteam untersucht, ob eine Teflonpfanne auf der ISS zum Zubereiten bretonischer Eierkuchen geeignet ist.

    • #2 André Lampe
      29. Juni 2018

      Herzlichen Dank für diesen konstruktiven Kommentar.

  2. #3 wereatheist
    29. Juni 2018

    Der gute Michael hat offensichtlich einen Brast auf die Raumfahrt, insbesondere auf die bemannte.
    Ich selbst bin auch kein Fan der bemannten Raumfahrt (zuwenig bang for the buck), aber in diesem Fall passt es schon: da die Daten zuviel für eine Übertragung per EM-Spektrum werden (kein Wunder bei detaillierten 3D-Aufnahmen von vielen Zellen), ist es schon gut, eine Station zu haben, die regelmäßig angeflogen wird.
    Ich winke gerne der ISS zu, wenn sie sich mal wieder über Berlin sehen lässt 🙂
    Und ob sie sich sehen lässt, erfährt man z.B. hier.

  3. #4 michael
    29. Juni 2018

    Ist die ISS-Mission nicht 2024 beendet? Wieviele Experimente mit einem Mikroskop kann man denn dann noch machen?

    • #5 André Lampe
      29. Juni 2018

      Hallo Michael,
      so weit ich weiß ist erstmal bis 2024 der Betrieb von allen Seiten weiter geplant und Mittel zugesichert – was nicht heißt, dass es zwingend 2024 ein Ende hat. Aber zu deiner Frage: Wenn die letzte Ausbaustufe von FLUMIAS 2020 hoch geht, dann sind dort Kapazitäten für 6 verschiedene Experimente-Blöcke vorhanden. Diese könnten dann mit jeder resupply mission theoretisch ausgetauscht werden. Also bestimmt einige dutzend Experiment-Blöcke bis 2024. Wobei man auch dazu sagen muss, dass in einem Experiment-Block a) nicht zwangsläufig nur eine Probe sein muss, mehrere sind sogar fest eingeplant und b) lange Messungen von lebenden Zellen so viele Bild-Daten liefern, dass man da nicht von einem einzelnen Experiment sprechen sollte – das würde der Sache nicht gerecht werden. Zumal große Teile der Datennahme automatisch gestaltet werden sollen. Aber ich werde mir deine Frage merken. Bestimmt gibt es bald einen weiteren Artikel zu den ersten Ergebnissen und ein bisschen mehr zur Biologie – da werde ich dann versuchen auch darauf näher einzugehen.

      Liebe Grüße, André