Alle haben jahrelang hart trainiert. Alle haben sich wochenlang akribisch auf das sportliche Großereignis vorbereitet. Doch am Ende wird nur ein Athlet auf die oberste Stufe des Siegerpodests steigen dürfen. Worin liegt das Geheimnis der Sieger? Was unterscheidet den Gewinner vom Zweitplazierten? Und welche Rolle spielt dabei das Gehirn?
Zugegeben: Es ist eine Binsenweisheit, daß sich die entscheidenden Dinge im Kopf abspielen. Das gilt für den sportlichen Wettkampf genauso, wie für das Kochen oder den Sex. Dennoch wirft eine aktuelle Studie über den leistungssteigernden Effekt von Energydrinks ein interessantes Licht auf die Art und Weise, wie wir – im Sport, in der Küche oder im Bett – funktionieren.
Dem leistungsfördernden Effekt von Energydrinks auf der Spur
Die Sportmediziner Edward S. Chambers, Matt W. Bridge und David A. Jones von der Uni Birmingham haben für ihre kleine Studie eine interessante Versuchsanordnung gewählt. Als Probanden wählten sie gut trainierte Radfahrer, die ein Zeitfahren absolvieren mußten. Den Radfahrern stellten sie dabei drei Getränke zur Verfügung: einmal einen zuckrigen Glukose-Drink, das andere mal einen Mix aus Wasser und Maltodextrin (also einem Kohlenhydrat), das dritte mal gab es pures Wasser. Allerdings schmeckten – dank künstlichem Süßstoff – alle drei Getränke gleich.
Allerdings durften die Radfahrer diese Pseudo-Energydrinks nicht wirklich trinken, sondern durften nur ihren Mund damit ausspülen. Das erstaunliche Ergebnis: die Leistungsfähigkeit unter Einnahme der beiden zuckrigen bzw. kohlehydrathaltigen Drinks war signifikant höher, als unter der Placebo-Lösung.
Energydrinks nutzen auch dann, wenn man sie sofort wieder ausspuckt
Das heißt also nichts anderes, als daß Energy- oder Elektrolytdrinks auch dann wirken, wenn man sie sofort wieder ausspuckt. Das Forscherteam um Ed Chambers stellt fest:
“Die Wirkung von Kohlehydraten in Energydrinks besteht vor allem darin, dass sie Signale direkt ins Gehirn senden und weniger darin, dass sie Energie für die Muskeln liefern.”
Um diesem Verdacht nachzugehen, haben sie mittels funktioneller Magnetresonanztomographie die Hirnaktivität der Sportler untersucht, während sie die verschiedenen Energydrinks zu sich nahmen (und wieder ausspuckten). Dabei zeigte sich, daß kurze Zeit nach den Mundspülungen mit Glukose und Maltodextrin die Belohnungszentren des Gehirns aktiviert wurden.
“Mentale” Leistungsreserven anzapfen
Die naheliegende Schlußfolgerung lautet: Die – bislang noch unbekannten – Rezeptoren im Mund- und Rachenraum melden dem Gehirn die Versorgung mit wertvollen Energieträgern. Das Gehirn “bedankt” sich mit der Ausschüttung bestimmter Hormone. In der Folge fühlen sich diese Sportler wenig angestrengt und mobilisieren so zusätzliche muskuläre Kraftreserven, die Konkurrenten (weil sie sich bereits hinreichend erschöpft fühlen) erst gar nicht angreifen.
Sport-Drinks nutzen auch, wenn man sie ausspuckt. Denn nicht die vermeintlich klar vorgebene physische Leistungsfähigkeit ist der limitierende Faktor, sondern das kognitive System.
Diese Befunde illustrieren wieder einmal, wie zentral die Bedeutung des Gehirns ist. Nicht die vermeintlich klar vorgebene physische Leistungsfähigkeit (was vereinfacht die Organsysteme Herz, Lunge und Muskelsystem umfasst) ist der limitierende Faktor, sondern doch das kognitive System. Oder eben die mentale Leistungsfähigkeit.
Und Sieger wissen ganz offenbar, wie man es anstellt, um sich selbst bzw. sein Gehirn “auszutricksen” – wobei Energydrinks im Leistungssport sowieso an der Tagesordnung sind. Insofern hat keiner der Topathleten dadurch einen wirklichen Vorteil. Aber es gibt natürlich auch andere Tricks, um sich selbst und den allzu schnell ermüdenden Organismus zu überlisten.
- Edward S Chambers, Matt W Bridge, and David A Jones: Carbohydrate sensing in the human mouth: effects on exercise performance and brain activity, in: Journal of Physiology (doi: 10.1113/jphysiol.2008.164285).
Kommentare (6)