Eines meiner liebsten Geräusche ist ja das Prasseln von Regentropfen, die gegen Dach oder Fenster trommeln. Und wenn es einen richtig tollen Regenschauer gibt, dann schaue ich auch gerne aus dem Fenster und sehe gebannt zu, wie die Regentropfen auf dem Boden zerplatzen oder in Pfützen malerische Blasen erzeugen. Auf die Idee, diesen Vorgang genauer zu untersuchen, bin ich allerdings nicht gekommen.
Jetzt ist es dafür zu spät: Forscher der Harvard University haben eine interessante Studie zur Physik des Regentropfens vorgelegt.
Ich finde es ja ganz wunderbar, wenn Wissenschaft alltägliche Phänomene genauer unter die Lupe nimmt und dabei – das ist dann natürlich ganz besonders spannend – feststellt, daß sich die Dinge letztlich doch anders verhalten als gedacht. Und Regentropfen sind hier ganz besonders geeignete Kandidaten. Woran das wohl liegt?
Gibt es die Tropfenform wirklich?
Letztes Jahr verblüffte mich ja Frank vom weatherlog mit seinen Erläuterungen zur Form der Regentropfen. Denn mit der klassisch-idealisierten Tropfenform, die sich ja eher wie eine Träne aussieht, hat die fast gar nichts zu tun.
Zwei physikalische Kräfte (einerseits die Oberflächenspannung des Wassers, andererseits der Luftwiderstand) sind dafür verantwortlich, daß der gemeine Regentropfen (aspergo vulgaris) eher in Sandwich-Form durch die Luft saust.
Und heute stellt Jürgen Schönstein die Frage aller Fragen: Lohnt es sich bei einem Regenschauer zur nächsten Unterstellmöglichkeit zu rennen? Bietet man im Sprinttempo nicht viel mehr Angriffsfläche? Oder bleibt man am Ende doch trockener, wenn man losrennt?
Wie kommt man halbwegs trocken durch den Regenguß?
Die Antwort kann ich hier natürlich nicht verraten; um die optimale Strategie für den nächsten Regenschauer zu haben, muß man schon zu Jürgen rüberklicken. Zum Trost habe ich allerdings die Antwort auf die eingangs gestellte Frage parat: “Zerplatzen die Regentropfen eigentlich am Boden?”
Ehrlicherweise klingt die Frage etwas seltsam. Denn wo bitteschön sollten die Tropfen denn sonst zerplatzen, zerstäuben, zerspringen? Die Antwort haben Shreyas Mandre und Kollegen nun u.a. mittels Computersimulationen gefunden. Die relevanten Kräfte sind wieder einmal die Oberflächenspannung und der Luftwiderstand.
Die Physik des Regentropfenaufpralls
Und der Luftwiderstand und die Fallgeschwindigkeit führen zunächst dazu, daß die Tropfen (wie oben erläutert) als Sandwich heruntersausen. Und dann, einige Mikrosekunden vor dem eigentlichen Aufschlag bildet sich zwischen Tropfen und Oberfläche ein Luftpolster, das dann (siehe Fallgeschwindigkeit) so komprimiert wird, daß der Regentropfen zerplatzt bevor (!) er mit dem Boden bzw. der Oberfläche Kontakt hat. Die Autoren schreiben:
We demonstrate that, neglecting intermolecular forces between the liquid and the solid, the liquid does not contact the solid, and instead spreads on a very thin air film.
Gleichzeitig sei dieses Phänomen (also dieses winzige Luftpolster zwischen Tropfen und Oberfläche zum Zeitpunkt des Zerplatzens) auch der Grund dafür, daß die Tropfen häufig mit der charakteristischen Krönchenform zerspringen.
Ich werde in Zukunft das Prasseln der Regentropfen mit anderen Augen sehen. 😉
Links:
- Shreyas Mandre, Madhav Mani, and Michael P. Brenner: “Precursors to Splashing of Liquid Droplets on a Solid Surface“, in: Physical Review Letters, 102, 134502 (2009), doi/10.1103/PhysRevLett.102.134502
- GeoGraffitico: Gehen oder rennen im Regen?
- weatherlog: Welche Form haben Regentropfen?
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