Mit dem Malerpinsel gegen die Klimaerwärmung!? So ähnlich lautet jedenfalls ein Konzept, das US-Energieminister Steven Chu am Mittwoch in London vorstellte. Und Steven Chu, 1997 mit dem Physik-Nobelpreis dekoriert, meint es ernst: Hausdächer, Straßen und Plätze sollen mit weißer Farbe bemalt werden, um die Folgen des Klimawandels einzudämmen.
In den letzten Tagen war der ehrwürdige St. James’s Palace in London Treffpunkt von rund 20 Nobelpreisträgern und einigen dutzend Klimawissenschaftlern. Auf Einladung von Hans-Joachim Schellnhuber (Direktor des Potsdam Instituts für Klimafolgenforschung) waren hochrangige Wissenschaftler zusammengekommen, um über Fragen des Klimaschutzes und Lösungsstrategien zu beraten. Als Schirmherr fungierte Prinz Charles, da konnte dann ja fast nichts mehr schiefgehen.
Abschlußmemorandum mit Handlungsaufforderung an die Klimapolitiker
Ob der Appell der Klima-Wissenschaftler bei der Politik Gehör finden wird?
Gestern endete das Symposium mit einem Memorandum, das als dringender Appell an die Politik zu verstehen ist. Die Forscher fordern darin u.a. eine Verringerung der weltweiten Treibhausgasemmissionen ab 2015. Bis 2050 soll mindestens eine Reduzierung der Emmissionen um 50% im Vergleich zum Jahr 2000 erzielt werden.
Das Memorandum formuliert freilich wünschenswerte Postionen (u.a. wird wieder einmal die essentielle Bedeutung der tropischen Regenwälder betont), allein scheinen die Forderungen (zumal unter Bedingungen der Wirtschaftskrise) derzeit kaum durchsetzbar. Diese Einschätzung teilt auch Joachim Müller-Jung, der während der Tagung in London war.
Weiße Dächer und Straßen für den Klimaschutz?
Für einen spannenden und unkonventionellen Vorschlag zur Minderung der Folgen des globalen Temperaturanstiegs sorgte am Mittwoch Steven Chu.
Das Anpinseln von Dächern und Straßen mit weißer Farbe bringt CO2-Einsparungen in Höhe des weltweite Straßenverkehrs von elf Jahren…
Steven Chu erläuterte in seinem Vortrag, daß ein nenneswerter Effekt dadurch erzielt werden könnte, wenn alle Dächer, Straßen und Plätze mit weißer bzw. heller Farbe gestrichen würden. Es sei eine Änderung der Bauvorschriften notwendig, so daß Flachdächer mit weißer Farbe bepinselt würden, sichtbare (geneigte) Dächer mit heller Farbe, ebenso die Straßen. (Dieses farbliche Zugeständnis, um Blendeffekte zu vermeiden.)
Durch diese Malerarbeiten könnten einerseits deutliche Energie-Einspareffekte erzielt werden (da bspw. weniger Energie für Klimaanlagen benötigt wird), außerdem strahlen weiße Oberflächen bis zu 80% der Energie zurück in den Weltraum. Dunkle oder schwarze Flächen nur 20%.
In der Summe ließen sich – so erläuterte Chu, der sich den Berechnungen seines Kollegen Arthur H. Rosenfeld bediente – allein in den 100 größten Städten der Welt etwa 44 Milliarden Tonnen CO2 eingespart werden. Insgesamt seien Einspareffekte in einer Größenordnung möglich, die dem weltweiten Straßenverkehr von 11 Jahren entsprechen.
In Kalifornien wurden übrigens 2005 gemäß den Empfehlungen von Art Rosenfeld die Bauvorschriften modifiziert; dort sind die Flachdächer inzwischen weiß. Die Malerinnung dürfte sich jedenfalls die Hände reiben, wenn – was ich allerdings für unwahrscheinlich halte – dieser Vorschlag flächendeckend (!) umgesetzt wird.
Dennoch eine interessante Idee – warum nehmen wir uns also kein Vorbild an der Farbgebung, wie sie in Städten im mediterranen Raum schon immer üblich ist?
- Das St. James Palace’s Memorandum (als PDF im Volltext)
- TimesOnline: Professor Steven Chu: paint the world white to fight global warming, 27.5.2009
- Christopher Schrader: Kampf gegen Klimawandel – Die Umwelt weißwaschen, SZ, 29.5.2009
- Joachim Müller-Jung: Klimawandel in London (1), Planckton-Blog, 27.5.2009
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