Dickere Kinder sind schlechtere Schüler. Das ist eines der interessanten Ergebnisse einer aktuellen Studie. Allerdings wartet die Untersuchung auch mit einer hoffnungsvollen Botschaft auf: wenn Grundschüler gezielt in ein kontinuierliches Sportprogramm eingebunden werden, dann purzeln die Pfunde und die Noten werden besser.
Das ist – leicht verkürzt – das Fazit einer Längsschnittstudie, die Forscher der Deutschen Sporthochschule Köln im Auftrag des Vereins “Klasse in Sport” durchgeführt haben. Und die Bekanntgabe der (vorläufigen) Ergebnisse fällt in eine Zeit, in der viel darüber diskutiert wird, wie das Idealgewicht der Fetisch unserer Zeit wurde und wer davon profitiert.
Das Idealgewicht oder: Der Tanz um den goldenen Body-Mass-Index
Fest steht: noch nie zuvor wurde der Frage nach den Ernährungsgewohnheiten und dem Körpergewicht so viel Platz eingeräumt. Und fest steht auch, daß übergewichtige Menschen pauschal als undiszipliniert und Belastung für das Gesundheitssystem angesehen werden. Wer den BMI-Wert von 25 übertrifft, gilt vielen Gesundheitspolitikern schon als Problemfall.
Es ist gut, daß Autoren wie der Soziologe Friedrich Schorb dieses Zerrbild nun gerade rücken und mit dem Vorurteil aufräumen, daß dick, doof und arm zwingend zusammengehören.* Es bleibt aber dennoch richtig und wichtig, daß untersucht wird, welche Effekte körperliche Fitneß hat – in gesundheitlicher und sozialer Hinsicht.
In diesem Kontext ist die eingangs erwähnte Studie spannend. Insgesamt 2.807 Kinder im Grundschulalter nahmen an der Untersuchung teil (darunter 48,2% Mädchen und 51,2% Jungen). Die Evaluation der Auswirkungen eines Sportprogramms wurde von 2006-2009 durchgeführt.
Körpergewicht korreliert mit der Schulleistung
Aus vielen, vielen anderen Untersuchungen ist bekannt, daß passive Freizeitbeschäftigungen, Bewegungsmangel und eine mangelhafte körperliche Leistungsfähigkeit zusammenhängen. Wen wundert’s, daß viele Kinder große SWchwierigkeiten haben einen Ball zu fangen und die Aufgabe den Ball prellend einen Parcours zu durchlaufen zur unlösbaren Aufgabe geworden ist.
Computer- und Videospiele mögen manche Fähigkeiten fördern, die Koordination und die Ausdauer werden nicht besser.
Insofern ist einer der Befunde der Kölner Studie nicht überraschend:
Bei der Betrachtung der Grundgesamtheit ist festzustellen, dass die übergewichtigen Kinder gegenüber den unter- und normalgewichtigen Kindern schlechtere Leistungen im sportmotorischen als auch im kognitiven Bereich aufweisen. So weisen sie im Bereich der Ausdauerleistungsfähigkeit deutlich schwächere Ergebnisse aus.
Je älter, desto dicker.
So weit, so gut. Ein anderer Befund ist da interessanter (aber genauso unerfreulich): je älter die Kinder werden, desto größer wird der Anteil der übergewichtigen Kinder. (Bei den 6-jährigen gelten – der Studie zufolge – 15% als übergewichtig, bei den 12-jährigen fallen 26% in diese Gruppe).
Wirklich interessant wird es beim Vergleich der kognitiven Parameter: beim Konzentrationstext schnitten die übergewichtigen Kinder jeweils deutlich schlechter ab als die Kinder der anderen BMI-Gruppen. Und das bestätigt sich auch im Vergleich der Schulnoten:**
Nun stellt sich natürlich die Frage, welche Effekte es hat, wenn die Kinder ein regelmäßiges Sportangebot wahrnehmen. Nach drei Jahren zeigte sich zunächst (was weniger verwundert), daß der Anteil der übergewichtigen Kinder sich deutlich reduziert hat. (In der Grundgesamtheit der 11-jährigen sind 36% übergewichtig, unter den Kindern, die 3 Jahre lang (Schul-)Sport gemacht haben, reduziert sich dieser Anteil auf 14%).
Allerdings hat der Sport auch positive Effekte auf die schulischen Leistungen. Die Kinder, die das Sportprogramm über drei Jahre lang durchlaufen hatten, erzielten letztlich eine Durchschnittsnote in Deutsch von 2,33, in Mathe von 2,26. Diese Noten sind zwar nicht ganz gravierend, aber doch sichtbar besser als die Deutschnote von 2,52 bzw. Mathenote von 2,49 bei den anderen (nicht sportlich geförderten) Kindern.
Dieses Ergebnis ist natürlich ein starkes Argument für mehr Schulsport (anstatt einer weiteren Reduktion der Sportstunden). Ein wenig bedauerlich ist nur, daß lediglich 252 Kinder das gesamte Programm mitgemacht haben und somit die Evaluation doch ein wenig auf wackligen Füßen steht. Nichtsdestotrotz sind die Ergebnisse interessant.
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* Schorb, Friedrich: Dick, doof und arm: Die große Lüge vom Übergewicht und wer von ihr profitiert. Droemer, 2009.
** Schaubild aus den Ergebnissen der Studie: „Klasse in Sport – Initiative für täglichen Schulsport” – Evaluation 2006 bis 2009, erarbeitet von Prof. Dr. Jürgen Buschmann et. al., DHS Köln in Kooperation mit “Klasse in Sport”
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