Und wieder einmal liegt Max Weber richtig. “Die Politik bedeutet ein starkes langsames Bohren von harten Brettern mit Leidenschaft und Augenmaß zugleich.” Diese Feststellung Max Webers stammt vom 28. Januar 1919 und ist heute so aktuell wie vor 91 Jahren.
Mit jeder Menge Leidenschaft und politischer Begeisterung ging es nämlich auch bei der zweitägigen “Bürgerkonferenz zur Energienutzung” zur Sache. Doch auch Augenmaß und Kompromißfähigkeit waren gefragt. Schließlich sollten sich die knapp 200 Teilnehmer ja auf ein gemeinsames Empfehlungspapier verständigen. Einige Anmerkungen am Ende des zweiten Tages…
Es waren zwei wirklich vollgepackte Tage hier in Berlin. Es gab hitzige Diskussionen, Koalitionsbildungen an den Tischen und strategisch formulierte Statements und Formulierungen: eigentlich war es einfach nur Politik, was im geschützten Rahmen dieser Bürgerkonferenz stattfand. Das war vermutlich auch nicht anders zu erwarten. Und doch war die Veranstaltung hochinteressant. Denn die Teilnehmer waren ja eben keine (Berufs-)Politiker, sondern ganz normale Bürger. Und die können ganz offenbar auch Politik.
Wenn man während der zwei Tage die Diskussionen in großen und kleinen Gruppen beobachtet hat, wenn man zugehört hat, wie die Experten an den Tischen befragt wurden und wenn man gesehen hat, wie die Teilnehmer hochkonzentriert bei der Sache waren, dann kann man nur hoffen, daß solche Formate künftig häufiger durchgeführt werden (egal ob sie nun unter dem Etikett “Bürgerkonferenz” durchgeführt werden oder anders heißen).
Vermutlich wäre es vermessen, wenn man von einer solchen Veranstaltung die Lösung für die Energiefragen der Zukunft erwarten würde.
Ganz klar: es ist jede Menge Arbeit, um überhaupt eine solche Veranstaltung zu organisieren. An den zwei Tagen waren ca. 30 Helfer direkt vor Ort tätig, das kleine Organisationsteam war natürlich schon viele Monate zuvor aktiv. Und die 20 Tischmoderatoren leisteten wirklich Schwerstarbeit. Aber dieser Aufwand lohnt sich: das zeigt sich an der Ernsthaftigkeit, mit der die Teilnehmer hier diese Möglichkeit wahrgenommen haben. Und das zeigt sich auch an den Ideen und Thesen, die während der zwei Tage erarbeitet wurden.
Keine Neuerfindung des Rades
Wirklich neu, spektakulär, gar revolutionär ist kaum etwas davon. Manche Positionen sind vielleicht auch nicht bis zur letzten Konsequenz durchdacht, manche möglicherweise auch naiv.
Aber vermutlich wäre es auch vermessen, wenn man von einer solchen Veranstaltung an zwei verregneten Tagen im September die Lösung für die Energiefragen der Zukunft erwarten würde. Darüber zerbrechen sich schließlich Heerscharen von Experten seit Jahren die Köpfe. Aber kreative Ideen gab es eben schon. Und die Möglichkeit zu Beteiligung. Und das ist doch schon was.
Was aber wurde heute debattiert und an Empfehlungen erarbeitet? Das PDF mit der Bürgererklärung (einer Topliste an Forderungen bzw. Empfehlungen an die Adresse von Wissenschaft, Politik und Wirtschaft) steht auch online und auf der Website kann in den nächsten 14 Tagen auch diskutiert werden.
Am meisten Zustimmung erhielten Forderungen, die sich auf die Bereiche energieeffizientes Bauen und Altbausanierung (hier insbesondere Dämmung etc.), die Energieerziehung und Aufklärungskampagnen oder den Bereich des Verkehrswesens (Stichwort: intelligente, nutzerfreundliche Verzahnung von ÖPNV, Rad und Car-Sharing-Angeboten).
Was haltet Ihr von solchen partizipativen Verfahren? Hättet Ihr Lust, an einer solchen Bürgerkonferenz teilzunehmen?
Man könnte an der Stelle sicher noch viele weitere Einzelforderungen vorstellen, die erhoben wurden. Wer daran Interesse hat, der wird hier fündig: Empfehlungen zur Zukunft der Energienutzung in Deutschland.
Jetzt aber spiele ich den Ball nochmal an Euch zurück: Was haltet Ihr von solchen partizipativen Verfahren? Hättet Ihr Lust, an einer solchen Bürgerkonferenz teilzunehmen? Ist das Modell geeignet, um den Dialog zwischen Politik (der die Ergebnisse ja weitergeleitet werden sollen) und Bürgern zu verbessern? – Wortmeldungen wie immer gerne in den Kommentaren.
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Und hier noch zwei Eindrücke vom heutigen Tag:
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