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Man hatte einen Blick auf einen wolkenfreien Himmel, ein blauer Horizont, wie er (fast) nur aus Photoshop kommen kann. Und wo sollte da die böse Asche sein? Was war im Frühjahr 2010 wirklich über uns, und was macht man beim nächsten Mal?


Auf der Wissenswerte gab es eine Podiumsdiskussion zu dem Thema “Warnen wir uns zu Tode? Oder: Was lernen wir aus der Berichterstattung zu Schweinegrippe, Klimawandel und Aschewolke?”
Bei dem Thema Aschewolke war ein Fazit – Die “Experten” wussten auch nichts genaues, dann kann man auch nichts berichten (grob vereinfacht).
Tja, jetzt nach der Aschewolke, weiß man denn mehr? Ich habe mal verschiedene davon Betroffenen angefragt.

“Was wissen Sie jetzt mehr? Was sind Ihre Lehren aus der Aschewolke von Eyjafjallajökull?”

Nicht alle haben reagiert, daher hier nur ein (nicht repräsentativer) Auszug der Reaktionen:


Der Flughafen Düsseldorf:
Letztlich “nur” ein Betroffener, der sich den Regelungen und Anweisungen beugen muss. Ein solcher Fall ist bisher einmalig gewesen, dennoch gab es dafür einen Notfallplan. Größtes Ziel war und wird es weiterhin sein, die Fluggäste optimal zu informieren und Alternativen auszuarbeiten, sprich Bahnverbindungen.

Die Situation hat generell sicherlich die Notwendigkeit von verbindlichen und gemessenen Grenzwerten gezeigt, ab denen der Flugverkehr eingestellt werden muss. Außerdem sind für den europäischen Luftraum aus unserer Sicht einheitliche Kriterien und Handlungsanweisungen notwendig. Als Systempartner müssten die Flughäfen aus unserer Sicht zudem auch in die Entscheidungsfindung eingebunden und Teil des Krisenstabs sein.

Das Luftfahrt-Bundesamt
Verweist mich nur auf die Pressemitteilungen des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, auf das DLR und weitere mögliche Ansprechpartner, die ich eh schon angefragt habe. Toll.
Auf telefonische Nachfrage hin erhalte ich zumindest eine Mail vom Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung.
Man hat sich vor allem auf internationaler Ebene bemüht und es wurde eine Arbeitsgruppe eingerichtet, die weitere und bessere Grenzwerte durchsetzen soll. Die Prozesse im Fall einer weiteren Krise sind jetzt wesentlich klarer und transparenter festgelegt worden.
Aha.

Die Deutsche Lufthansa
Super schnelle Reaktion, telefonisch gibt man mir ähnliche Infos wie der Flughafen D, man sei an die Vorgaben gebunden, die Notfallpläne lagen bereits fertig in der Schublade und müssen jetzt im Grunde auch kaum erweitert werden, Priorität habe die optimale Information der Kunden.
Bemerkenswert finde ich das Medium, dass seinerzeit verwendet wurde: Twitter! Während Call-Center und Homepage zeitweise überlastet waren, konnten die neuesten Entwicklungen und Infos über die Tweets optimal (weiter-)verbreitet werden.
Eine der wichtigen Fragen bleibt leider unbeantwortet:
Welche Einbußen hatten die Tomatensaft-Hersteller erleiden müssen? Im Jahr werden etwa 1,5 Mio Liter (alleine bei der Lufthansa) getrunken. In dieser Zeit der Aschewolke muss es also ein beachtliches Volumen gewesen sein.

Air Berlin
Eigentlich ähnlich wie der blaue Kranich, Kommunikation über Social Media, um die Kunden zeitnah zu informieren. Was anderes kann eine Fluglinie kaum machen, wenn die Anweisungen kommen, nicht mehr zu fliegen.

Das Deutsche Zentrum für Luft und Raumfahrt, DLR
Hier wurden Testflüge gemacht, um die bis dahin in Simulationen erwarteten Aschewolken dann mal auch real zu messen. Die Ergebnisse wurden hier veröffentlicht.

Die Auswertung hat ergeben, dass die Massenkonzentration in der Aschewolke auch in der Anfangsphase der Ereignisse unterhalb von zwei Milligramm pro Kubikmeter lag.
Im Nachhinein kann daher festgestellt werden, dass die Aschewolke über Deutschland zu keinem Zeitpunkt eine Konzentration erreichte, die über dem heute akzeptierten Grenzwert von 2 Milligramm liegt.

Das wesentliche Problem war tatsächlich, dass man nicht genau wusste, wieviel ist da oben, und ab wann ist die Vulkanasche (VA) gefährlich. Es gab eine Einteilung in 3 Zonen, je nach VA-Konzentration. Letztlich ist man auf Nummer sicher gegangen – und nichts ging mehr. BTW, ich fand diesen komplett Wolken und Flugzeugfreien Himmel sehr interessant. Sieht man nicht oft, zumindest in unseren Breiten.

Und was sind jetzt die Lehren und die Erfahrungen aus Eyjafjallajökull?
Es werden bessere, genauere und mehrere Vorhersagen berechnet, mit dem KIT Karlsruhe zusammen wird ein eigenes Verfahren entwickelt. Zudem werden Flugzeuge reale Messungen machen, deutsche Flugzeuge werden dafür gesondert ausgestattet.
Unterstützt wird es weiterhin durch bodengestützte Fernerkundungssystem und Satellitenmessungen.
Neben der reinen, nunmehr viel besseren Messung der aktuellen, realen Werte hat man auch das Verhalten in einem fiktiven erneuten Krisenfall verbessert.
Die Flugaschenexperten (jetzt gibt es sowas) des Deutschen Wetter Dienstes werden in die Leitzentrale der Deutschen Flugsicherung integriert. Klingt eigentlich nur logisch, hat sich aber bisher, vor Eyjafjallajökull, scheinbar keiner Gedanken drum gemacht.
Vielen Dank an dieser Stelle an Andreas Schütz vom DLR!

Von verschiedenen Autovermietern habe ich kein Feedback bekommen, bei der Bahn frage ich erst gar nicht nach …


Also, fassen wir mal zusammen: Man ist deutlich schlauer als wie zuvor. Die Aufgaben sind sinnvoller verteilt, die Zusammenarbeit ist klar geregelt und Testflüge können zeitnah und effizienter durchgeführt werden.
Hoffentlich erinnert sich da auch noch jemand dran, wenn das nächste Mal ein Vulkan den Luftraum zupustet…

Bild: Wikicommons/NASA

Kommentare (3)

  1. #1 CCS
    Januar 28, 2011

    Wie immer scheint sich ja in den Medien wie gewohnt keiner mehr daran zu erinnern (ist halt nicht mehr in), danke für die Nachbetrachtung!

  2. #2 Marc B.
    Januar 29, 2011

    Die Aussage, dass die Sperrung aus Gründen der Vorsicht mangels Daten notwendig und richtig war, kann so nicht stehen bleiben.

    Die US-Behörden haben aus Alaska seit Jahrzehnten Daten und ein funktionierendes System mit Grenzwerten und Sperrzonen. Bei Anwendung von deren Kriterien wäre vom ersten Tag an nur der unmittelbare Bereich des südlichen Islands gesperrt worden. Das wäre angemessen gewesen.

    Die Eskalation war Zeichen des vollkommenen Versagen der Politik im Umgang mit Risiken, national und im europäischen Rahmen. Die ist es auch, die uns den “Nanny”-Staat vom Warnaufkleber bis zur Vorratsdatenspeicherung einbringt.

  3. #3 Sebastian
    Januar 31, 2011

    Also ich fand die Sperrungen ja im Grunde auch albern, aber interessant war es die Reaktionen auf die Sperrung zu beobachten, wie schnell das ganze System brüchig wurde, nur weil ein Transportsystem ausfiel. Das führt einem sehr deutlich vor Augen, wo die Abhängigkeiten liegen.