Neulich bin ich im Einkaufszentrum beim Vorbeigehen auf eine sehr empfehlenswerte Ausstellung gestoßen:

Marum

Wie die alte Weisheit schon sagt, wenn der Prophet nicht zum Berg kommt, kommt die Wissenschaft zum Bürger. Sehr viele Angebote, bei denen Wissenschaft verständlich erklärt und dem nicht-Experten schmackhaft gemacht werden soll, leiden unter einem ganz wesentlichen Problem: Die interessierte Zielgruppe – die Bürger, die Schüler, die Patienten, die Kunden, wer auch immer sich eigentlich nicht freiwillig mit den komplexen, ihm eigentlich fremden Themen beschäftigen soll – muss erstmal das Angebot wahrnehmen. Er muss irgendwie davon erfahren UND dann auch noch in die Uni, das Unternehmen, das Museum, das Science Center oder welche Lokalität auch immer kommen.

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Hier macht der Absender das anders, er kommt dahin, wo der normale Bürger, der nicht-Experte sich mit recht hoher Wahrscheinlichkeit aufhält, in ein Einkaufszentrum. Die Fußgängerzone würde ähnlich praktisch sein, hier wird nachts aber nicht abgeschlossen und auch das Wetter wird u.U. wenig hilfreich sein. Mehrere Stände wurden aufwendig konzipiert und attraktiv umgesetzt. Zu verschiedenen Themen kann sich der Gast im Vorbeigehen mal eben informieren. Findet das Angebot sein Interesse, verweilt er vielleicht auch noch an den anderen Ständen und informiert sich. Mich hat der erste Stand direkt überzeugt, sodass ich mir ganz bewusst auch den Rest der Wander-Ausstellung angeguckt habe.

In mehreren großen runden Becken tummelten sich ein paar Krebse, Miesmuscheln, Algen und Seesterne. Für Norddeutsche und erfahrene Küstenurlauber vermutlich kalter Kaffee. Dennoch haben sicherlich nicht wenige Kinder noch nie aus einer solchen Nähe einen gemeinen Krebs in Ruhe beobachten können. Bei den Erwachsenen traue ich mir keine Vermutung zu, die Erfolgsquoten von diversen TV-Formaten lassen jedoch ähnliches erahnen.

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Es sind Spekulationen und Vorurteile, wie groß der Anteil der angeblich „bildungsfernen” Bürgerpopulationen wirklich ist. Der Erfolg von Galileo & Co. zeigt aber, das „Wissenschaft” (oder das, was als solches deklariert wird) scheinbar doch wieder attraktiv geworden ist und beim gemeinen Publikum auf Interesse stößt. Eine solche Ausstellung ist meines Erachtens DIE Chance, direkt mit dem Publikum in Kontakt zu treten und seine Themen zu übermitteln, ohne es durch Redaktionen weich kochen zu lassen. Es ist eine Sache, im Fernsehen eine künstlich aufgebauschte Einspielung über Tiefsee-Roboter zu sehen, oder beim Einkaufen nebenbei mal einen kleinen Tauchroboter selbst gelenkt zu haben. Hier kann ich mir direkt einen Eindruck davon machen und es wortwörtlich be-greifen.

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Diesem Beispiel sollten viel mehr Wissenschaftsorganisationen folgen. Auch wenn es den Science-Zug und das Science-Boot gibt, hier muss das Publikum erstmal zu dem Gleis oder zu dem Hafen gehen, um sich die Wissenschaft anzugucken. Ich betitel das gerne als die „Bekehrung der Katholiken”, denn wer sich erstmal freiwillig die Mühe macht, zum ausrangierten Nebengleis zu gehen, um sich einen ganzen Zug voll Wissenschaft anzugucken, der ist schon interessiert und würde auch ins Museum oder ins Institut kommen – der hat schon Interesse. (Was anderes sind die Schulklassen, die da hingekarrt werden und gezwungenermaßen alles über sich ergehen lassen. Die Lehrer hätten sehr viel mehr Aufwand, zu einem Institut etc. zu kommen).
Ich kann das Projekt nur empfehlen. Hier geht es zu den Tourdaten. Den Vulkan mit Schaum fand ich nicht ganz so prickelnd, aber Geschmack ist Bandbreite.


Nein, ich habe dieses Projekt nicht konzipiert und bekomme hierfür kein Geld. (Ich habe zwar ein vergleichbares Konzept erstellt, das aber leider nie realisiert wurde)

Kommentare (7)

  1. #1 WolfgangK
    November 2, 2011

    “(Ich habe zwar ein vergleichbares Konzept erstellt, das aber leider nie realisiert wurde).”
    Wie schade. Warum nicht?

  2. #2 Chris
    November 2, 2011

    Kunde hat sich dann am Ende anders entschieden…

  3. #3 WolfgangK
    November 2, 2011

    Achso, das war ein Auftragsprojekt. Dennoch schade, dass man das nicht auf anderem Wege verwirklichen kann. Ich bin der Ansicht, dass Wissenschaft viel mehr dem normalen Menschen angetragen und dessen Interesse geweckt werden muss. Deshalb finde ich solche Wanderausstellungen in Einkaufszentren oder Fussgängerzonen hinein gut, aber viel zu wenig. Die Wissenschaft und die Natur haben soviel zu bieten. Es ist eine Schande, dass viele Menschen im Laufe ihres Lebens nichts davon erfahren.

  4. #4 BreitSide
    November 3, 2011

    xxx

  5. #5 noch'n Flo
    November 4, 2011

    Gibt mittlerweile mehrere Projekte dieser Art, z.B. die “Phenomenta”.

  6. #6 WolfgangK
    November 6, 2011

    @Chris

    Sorry, wenn ich nochmal nachfrage, aber irgendwie lässt mich die Idee nicht los. Wie könnte man ein solches Projekt mit relativ geringen finanziellen Mitteln auf die Beine stellen? Welchen Umfang müsste das haben, damit es Sinn macht? Wie müsste es aussehen und was sollte es enthalten? Für eine Antwort kannst Du auch die (hier erforderliche) Emailadresse benutzen, wenn Du möchtest.

  7. #7 Ina
    November 7, 2011

    Naja wissenschaft im TV ist solange interessant, bis man sich wirklich auchmal anstrengen muss und selbst nachdenken soll, dann vergeht den meisten die Lust!