Dieser Roman behandelt den Venustransit (natürlich nicht den aktuellen), aber eben als Roman, nicht als Sachbuch. Florian hat nebenan schon ausgiebig über die wissenschaftlichen Hintergründe berichtet, daher verweise ich jetzt nur auf ihn.
Ich war schon immer ein begeisterter Leser von solchen Romanen, sei es eine Reise-Tieratlas, oder auch ein gar nicht so unwahrscheinlicher Virenanschlag; eben wissenschaftliche Sachverhalte mal etwas anders verpackt.
Der aktuelle Venustransit war genug Anlass, mal in der Geschichte zurück zu blicken. Wie war das damals, wie hat vor vielen Jahrzehnten Wissenschaft funktioniert, und wie hat man damals das Sonnensystem vermessen, als es noch nicht einmal von der Erde verlässliche Karten gab?
Der Roman behandelt dabei sowohl die astronomischen Hintergründe, vor allem aber die historischen Umstände, unter denen die Astronomen der Zeit arbeiten mussten. Es beginnt mit dem ersten Arbeiten von Halley, der seine nachkommende Generation von Fachkollegen aufrief, die Chance zu nutzen. Darauf folgend dann die Bemühungen der verschiedenen Nationen, gemeinsam unter dem Dach der Wissenschaft eine Koordinierung zu schaffen, die vor dem Hintergrund der politischen Kriege schlicht unmöglich war.
Es werden dann verschiedene Expeditionen illustriert, die mit ihren ganz eigenen Problemen zu kämpfen haben, die einen kämpfen gegen Sturm und enternde Marineflotten, die anderen gegen Eis und Frost. Jeder versucht, rechtzeitig einen geeigneten Platz zu finden, um eine optimale Sicht auf die Sonne zu haben und die bestmöglichen Messungen durchführen zu können.
Die Autorin beschreibt auch die Motivationen und die Argumente, mit denen die Astronomen ihre jeweiligen Staatshäupter überzeugt haben. Die einen gewannen die Drittmittel mit Eitelkeit (aber die machen das, und dann stehen wir dumm da), die anderen mit finanziellen Vorteilen (dann haben wir genauere Karten/können besser navigieren und können effizienter Handel betreiben).
Parallelen zur aktuellen Wissenschaftslandschaft ziehe ich hier jetzt besser nicht.
Es sind viele kleine Fundstücke, die von der Autorin recherchiert und zusammen gesetzt worden sind. (Ein nicht unwesentlicher Expeditionsbestandteil waren Spirituosen!) Es macht die Situation sehr anschaulich und gibt dem Leser eine Ahnung davon, wie strapaziös damals Wissenschaft war, welches Abenteuer und Risiko die Astronomen auf sich genommen haben.
Was mir ganz persönlich aber fehlt, ist ein Bezugsperson. So anschaulich Andrea Wulf auch ihre Recherchen zu einer großen Geschichte gepuzzelt hat, es ist immer noch ein gepimptes Geschichtsbuch. Ich bleibe die ganze Zeit der neutrale Beobachter, der bei allem lediglich zuguckt. Mangels Material weiß man sicherlich nicht, was die einzelnen Forscher selbst gedacht und empfunden haben. Einzelne Zitate aus Briefen geben zwar einen kleinen Einblick, aber es fehlt etwas.
Dennoch eine gelungene Art, Wissenschaftsgeschichte zu vermitteln, WENN ich es denn mal schaffe, werde ich es definitiv auch zu Ende lesen. Mit dem bevorstehenden aktuellen Transit wollte ich jetzt aber schon mal meine ersten Eindrücke liefern.
Ob Florian sich vorstellen könnte, etliche Monate auf Segelschiffen um die Welt zu segeln, um die Daten zu sammeln?
Nachtrag: OK, bei der Flut kann man mal ein Posting überlesen. Aber, wer hätte es gedacht, Florian hat es auch schon empfohlen.
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