Die Dokumentation tut vieles, aber nicht informieren. Lange hält sie sich mit der Entstehungsgeschichte des WWFs auf, als ob sie heute eine Rolle spielt. Welche Motivation irgendein Prinz bei der Gründung des WWFs hatte, spielt nur eine Rolle, wenn die Motivation auch heute noch die gleiche ist. Und das ist sie offensichtlich nicht mehr, da jeder geschossene Tiger von Prinz Philip wahrscheinlich auf unzähligen Tageszeitungen landen würde.

Die bösen Gene

Ein großer Teil handelt von Gentechnologie und der inkonsistenten Einstellung des WWF International dazu. Hier auf den ScienceBlogs finden sich einige interessante Artikel zu der Thematik (ein guter Start ist der Artikel hier bei WeiterGen und die anschließende Linksammlung), die zeigen dass auch das keine Schwarz-Weiß-Geschichte ist. Gen-Food is here to stay. Kann man sich da so einfach offiziell von distanzieren?

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Der ursprüngliche Zea mays (links) aus Mexiko neben seinem kultivierten, weltweit verbreiteten Bruder. © John Doebley, verändert.

Fast alles, was wir heute in großem Maße essen, ist “Gen-Food”. Ob Mais, Apfel oder Tomate, die wilden Varianten sehen ganz anders aus. Denn die Früchte dienten nicht dazu, bei Rewe in der Gemüseabteilung zu glänzen. Zur Weiterverbreitung der Samen reichen auch Maiskolben von der Größe eines Zeigefingers. Damit diese Produkte aber attraktiv und sättigend für uns sind, haben wir das Genom nach und nach verändert. Durch Transport um die Welt haben wir nicht-heimische Pflanzen eingeführt, ohne uns groß darum zu kümmern, ob sie ein Problem für unsere Gesundheit oder unser Ökosystem darstellen könnten.

Transgene Pflanzen wie Mais und Soja sind nicht viel anders. Die Genveränderungen werden einfach nicht mehr über langwierige Kreuzungen sondern durch Integration bestimmter Gene vorgenommen, die Resistenz gegen Schädlinge und/oder Pestizide verleihen. So können wir immer mehr und mehr Nahrung für eine immer mehr und mehr wachsende Weltbevölkerung produzieren. Ob neu genmanipulierte Pflanzen größere Gefahren darstellen als alt genmanipulierte, kann man allerdings heute besser beantworten als damals, denn eine Maissorte muss eine Vielzahl an Hürden überwinden bevor sie überhaupt in einem Land angepflanzt wird.

Das Problem ist aber doch gar nicht ob Genmais gut oder schlecht ist, und auch nicht ob der WWF für oder gegen Genmanipulation ist. Der WWF setzt sich für den Naturschutz ein, nicht für den Erhalt von Agrarflächen. Da transgene Mais- und Sojaarten nun mal überall auf der Welt angepflanzt werden, finde ich die Argumentation des WWFs, sie wollen mit Organisationen diskutieren, die sowohl “normale” wie transgene Produkte anbauen, völlig nachvollziehbar. Statt als Reaktion auf die Doku zu beteuern dass einzelne Mitglieder des WWFs in Bezug auf Gen-Food nicht die “offizielle” Stellung der Organisation vertreten, sollte der WWF es lieber ausnutzen und die Rolle (und Gefahren) von Genmanipulation im 21. Jahrhundert erörtern. Es darzustellen, als wäre es einfach nur schlecht und “Dies sind einzelne Außenseitermeinungen; der WWF hat international eine klar ablehnende Meinung zu Gentechnik” ist genauso schwach wie die Schwarz-Weiß-Malerei einer Dokumentation a la “Pakt mit dem Panda”.

Während gentechnisch veränderte Pflanzen nicht einfach verteufelt werden können, fällt es einem (zu Recht) einfacher bei einem Konzern wie Monsanto. Aber auch hier ist Monsanto ein nichtwegzudiskutierendes Problem. Kann man einer Naturschutzorganisation vorwerfen, sie verhandele mit dem Feind und verkaufe damit ihre eigenen Ziele? Man kann, wenn diese Verhandlung darauf hinaus läuft, dass sich die Naturschutzorganisation nur selbst bereichert. Doch wenn der WWF tatsächlich – wie sie beteuern – eine Kommunikation mit den Firmen der Agrarwelt zu Stande bringen möchte, gehört Monsanto genauso an den Tisch wie jede andere. Es ist naiv zu glauben, man könnte die Probleme einer dermaßen konsumorientierten Welt lösen, indem man sich in eine Abseitsposition stellt und erklärt wie schlecht das alles ist. Der WWF kommuniziert mit dem Feind aus dem einfachen Grund, dass der Feind momentan die Welt kontrolliert (leicht überspitzt ausgedrückt).

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Kommentare (6)

  1. #1 Jürgen Schönstein
    Juli 26, 2011

    Das ist halt auch ein bisschen wie mit den Realos und den Fundis bei den Grünen – die letzteren haben sicher moralisch die stabilere Position, aber ohne erstere hätte es vielleicht nie eine “grüne Politik” (im Sinn von realer politischer Beteiligung der Grünen) gegeben. Aber eine kleine Korinthe muss doch noch kacken: Trader Joe’s ist keine Kette von Bioläden in den USA, sondern eine sehr populäre Discount-Supermarktkette (hab’ gerade selbst drei Tüten von Trader Joe’s nach Hause geschleppt), die zur Aldi-Nord-Gruppe gehört. Allerdings gibt es in US-Supermärkten generell – also nicht nur bei Trader Joe’s, sondern auch bei Tengelmanns A&P, bei Shaws, ShopRite, Whole Foods und wie sie alle heißen – ziemlich gut bestückte “Organic”-Abteilungen, und auch beim Obst und Gemüse sind inzwischen fast aller Produkte in “conventional” und “organic” (= “Bio”) zu finden.

  2. #2 michael
    Juli 27, 2011

    Vielleich fangen Organisationen irgendwann mal an, ein Eigenleben zu entwickeln und sich von den ursprünglichen Zielen zu entfernen. Koorperieren mit den Reichen und Mächtigen, werden korrumpiert und verlieren ihre Ideale.

  3. #3 Nils
    Juli 27, 2011

    @Jürgen:
    Ich hab Trader Joe’s irgendwie immer als den Bioladen unter den Discountern gesehen. Aber du hast Recht, er ist in erster Linie eine Supermarktkette, die sich auf die “besonderen” Produkte spezialisiert. Und da mittlerweile in jedem Supermarkt “organic food” groß angeboten wird, ist das wahrscheinlich auch nichts besonderes mehr. Doch abgesehen vom recht guten Biosortiment ist er auch sonst stark auf “Bio” ausgerichtet: Kassen aus Holz ohne Rollbänder, so gut wie keine Plastiktüten, vegane und vegetarische Lebensmittel, Eigenprodukte ohne GM Food, Plakate die zu nachhaltigerem Einkauf aufrufen, und letztendlich Verkäufer in Sandalen. 🙂

    Interessanterweise hat sich der WWF sogar mit Trader Joe’s angelegt, weil die den schwarzen Seehecht verkauft haben. Seit 2005 ist der aber auch bei TJ nicht mehr im Sortiment …

  4. #4 Jürgen Schönstein
    Juli 29, 2011

    @Nils
    … und manchmal singen die Kassierer mit den Kunden (heute passiert, das Duett – Melodien aus Mahagonny – bestand aus meiner Frau und Daniel an Kasse 15) 😉 Ich wollte mit meiner Anmerkung nur eventuelle Missverständnisse aufklären, nicht etwa Kritik an der Kette üben – sie hat sicher enorm dazu beigetragen, dass beispielsweise Plastiktüten durch wiederverwendbare Einkaufstaschen ersetzt werden und dass Kunden umweltbewusster kaufen.

  5. #5 Nils
    Juli 29, 2011

    Ich hatte dich schon verstanden. Aber du hast ja Recht – auf deren Webseite steht nichts von “Bio,” sie wollen vielmehr als eine Art Feinschmecker-Discount-Supermarkt gesehen werden. Es ist nur interessant, dass ein großer Teil des Klientels tatsächlich daran interessiert ist, biologische und nachhaltige Produkte einzukaufen. Und Singen an der Kasse … ich verstehe warum die Kette so beliebt ist. 😉

  6. #6 Jesi
    September 5, 2011

    danke für die infos zum kakaposchutz. ich finde das das ein toller vogel ist, und ich finde es gut das du nicht nur über kleinere projekte schreibst, sondern diese auch verlinkst. =)